Was können Sie tun, wenn Ihrer Ehe das Aus droht? Wenn Sie kurz davor stehen, die Segel zu streichen, oder sich vielleicht sogar schon getrennt haben? Geben Sie nicht auf, rät der erfahrene Paarberater Gary Chapman. In »Lass es uns noch mal versuchen!« beleuchtet er die Probleme und Streitfragen, die Paare auseinandertreiben, und zeigt Lösungsmöglichkeiten auf. Außerdem bietet er Antworten auf Fragen wie: Wie viel Sinn macht eine Trennung auf Zeit? Wie findet man wieder zueinander? Wie kann man mit verletzten Gefühlen, Wut oder Frustration umgehen? Wie baut man nach einem Seitensprung wieder Vertrauen auf? Profitieren Sie von den Erkenntnissen aus jahrelanger Beratungsarbeit und geben Sie Ihrer Ehe noch eine letzte Chance!
Basiert auf dem Vorgängertitel »Getrennt – für immer?«.
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Einleitung:
„Ich halte das nicht länger aus!“
Emily hatte eine scharfe Zunge. Zu scharf. Mit Worten hatte sie schon immer gut umgehen können, doch jetzt, da sie und ihr Ehemann Tim, mit dem sie seit fünfzehn Jahren verheiratet war, immer häufiger stritten, wurde ihre Kritik zunehmend verletzender. Geld. Tims Arbeitsstelle.
Der Stress mit ihrem adoptierten Kind, das unter emotionalen Problemen litt. All das türmte sich vor ihnen auf, dazu kamen noch verdrängte Verletzungen aus der Kindheit.
Tim, der eigentlich eher unbekümmert war, stellte sich zunehmend die Frage, wie lange er das noch aushielt und ob es das alles noch wert war. Einige seiner Freunde rieten ihm zur Trennung. Sein Pastor drängte ihn dazu durchzuhalten. Ein Seelsorger, den er fragte, schlug vor: „Du solltest dir eine ‚Auszeit‘ gönnen, um zur Ruhe zu kommen und Heilung zu finden.“
Tim war verwirrter als zuvor …
* * *
Ellie spielte an ihrem Handy herum, während sie Fernsehen schaute. Es war schon sehr spät, doch Luke war immer noch nicht zu Hause. Es war sein Job als Küchenchef eines Hotels, der schuld daran war, dass es immer wieder mal spät wurde, vor allem während der Hauptsaison. Doch … da war noch mehr. Eine Entfremdung.
Bald fand sie heraus, woran es lag. Und an wem.
* * *
Kevin konnte nicht fassen, dass er diese Worte von seinem Pastor hörte. „Kevin“, riet ihm der Pastor, „du und Tricia, ihr solltet euch auf Zeit trennen, um eure Ehe zu retten.“
„Wie bitte? Du schlägst mir vor, dass ich ausziehe? Meine Kinder verlasse? Nur noch ein ‚Wochenendpapa‘ bin wie mein Arbeitskollege?“
„Ja“, sagte der Pastor. „Mir sind die Punkte, mit denen ihr zu kämpfen habt, nicht unbekannt, und ich weiß, dass ihr beide in ständigem Konflikt lebt. Ich glaube, eine vorübergehende Trennung ist genau das, was ihr braucht.“
Kevin protestierte weiter, als er sich vorstellte, wie er allein in einer kleinen Wohnung hauste. Doch – das musste er zugeben – es musste sich etwas ändern. Tricia und er stritten die ganze Zeit, außer wenn sie nicht in einem Raum waren. Das konnte für die Kinder nicht gut sein. Vielleicht war der Vorschlag des Pastors doch einen Versuch wert.
* * *
Natürlich gibt es in allen Ehen Höhen und Tiefen. Doch manche Probleme sind grundlegender Natur und erfordern mehr als nur eine kleine Kurskorrektur oder ein ruhiges Wochen-ende ohne die Kinder.
In den meisten Fällen heißt das, einen professionellen Therapeuten zu Rate zu ziehen. Ich habe viele Jahre damit verbracht, Menschen mit Beziehungsproblemen zu helfen. Viele Paare kamen erst, als sie schon kurz vor einer Trennung standen. Der Stresslevel in ihrer Ehe hatte einen Punkt erreicht, an dem einer der Partner schon ausgezogen war. Der Trennungsschmerz und die drohende Scheidung brachten sie dazu, Hilfe zu suchen.
Andere waren zwar noch nicht so weit, dass sie sich getrennt hatten, doch sie sprachen bereits über Scheidung. Egal, wo die Paare auch standen: Fast alle hatten schon die Hoffnung für das Überleben ihrer Ehe verloren. Sie waren an einem Punkt, an dem sie es „nicht mehr länger“ aushielten.
Eine meiner Aufgaben als Therapeut ist es, den Ratsuchenden Hoffnung zu vermitteln. Egal, ob Sie schon getrennt leben oder nur das Gefühl haben, Ihre Ehe sei am Auseinanderbrechen – Sie sollten wissen, dass Sie nicht allein sind und dass es noch Hoffnung gibt. Es lohnt sich, für Ihre Ehe zu kämpfen. Ich werde Ihnen nicht versprechen, dass das einfach ist. Ein Therapeut formulierte es einmal treffend: „Es ist einfach, sich zu verlieben, doch es ist sehr schwer, für die Liebe zu kämpfen.“
In unserer Gesellschaft geht das völlig gegen den Trend. In diesem Buch möchte ich Ihnen aufzeigen, warum das Zusammenbleiben der bessere Weg ist. Doch ich werde auch offen ansprechen, was zu tun ist, wenn eine Ehe nicht mehr gerettet werden kann. Ich erzähle Ihnen die Geschichte von Paaren, die ihre Ehe kurz vor dem Abgrund gerettet haben.
Dieses Buch enthält keine billigen Antworten oder starre Regeln. Es gibt keine einfachen Lösungen für eine Ehe, die kurz vor dem Aus steht. Doch denjenigen von Ihnen, die wirklich nach Hilfe suchen – auch wenn die Medizin bitter und schwer zu schlucken ist –, rate ich, weiterzulesen. Ihre Chancen auf Rettung stehen gut.
Für Pastoren, Seelsorger, Therapeuten oder Angehörige, die denjenigen helfen wollen, die mit Eheproblemen oder einer Trennung zu kämpfen haben, habe ich versucht, praktische, hoffnungsvolle, allgemeinverständliche Antworten zu geben. Es wurden schon viele hilfreiche Bücher für Paare geschrieben, die bereits geschieden sind, doch meiner Meinung nach gibt es zu wenig gute Literatur für diejenigen, die mit Ehe- oder Trennungsproblemen zu kämpfen haben oder eine Scheidung in Erwägung ziehen.
So wie Kevin es von seinem Pastor hörte, heißt eine Trennung nicht automatisch, dass man nun unausweichlich auf eine Scheidung zusteuert. Eine Trennung kann auch zu einer erneuerten, besseren, stabileren Ehe führen – doch das muss von den beiden Partnern, die es direkt betrifft, auch gewollt werden. Man sollte nicht davon ausgehen, dass eine Ehekrise – bei der einer der beiden Partner das Gefühl hat, er könne „es nicht länger aushalten“ und eine Trennung ernsthaft in Erwägung zieht – direkt zu einer Scheidung führt.
Natürlich kommt die Rettung nicht allein durch das Lesen von Büchern, sondern Sie müssen aktiv werden, sich der Wahrheit stellen und mit der Arbeit beginnen. Ein altes Sprichwort sagt: „Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.“
Ich hoffe, dass dieses Buch Ihnen dabei helfen kann, diesen Schritt zu gehen.
Anmerkung der Übersetzerin:
Wir verwenden in der Übersetzung den Begriff „(Ehe-)Partner“ auch an den Stellen, wenn nicht eindeutig ist, ob von der Ehefrau oder dem Ehemann die Rede ist. Um der besseren Lesbarkeit willen haben wir auf die Formulierung „Partner/in“ verzichtet. Es soll jedoch nicht der Eindruck entstehen, dass die Aussagen sich ausschließlich auf den männlichen Partner beziehen. Genauso können sie auch auf die Ehefrau bezogen werden.
Kapitel 1
Was ist aus Ihren Träumen geworden?
Julia saß im Vorzimmer des Schuldirektors und wartete da-rauf, dass ihr Gespräch begann. Ihr Sohn war in Schwierigkeiten – mal wieder. Dieses Mal war es wirklich ernst. Sie hatte ihrem Mann eine SMS geschickt. Tom arbeitete in unmittelbarer Nähe zur Schule. Seine Antwort kam prompt. „Sorry, wichtiges Meeting, kann nicht kommen.“ Julia schäumte vor Wut. Typisch Tom, nie da, wenn seine Familie ihn brauchte. Das war ein Verhaltensmuster von ihm – und Julia begann sich ernsthaft zu fragen, ob sie noch länger so leben wollte.
Dieses Ehepaar hat eine Mauer zwischen sich errichtet. Jeder einzelne Stein steht für ein Ereignis in der Vergangenheit, bei dem der eine den anderen enttäuscht hat.
Da war Mike. Er hatte es immer geliebt, sein Leben mit Jenny zu teilen, und hatte den anderen gegenüber damit geprahlt, dass seine Frau sein „bester Freund“ war. Doch mittlerweile hatten sie ein paar Kinder und es schien, als würde Jenny in ihrer Rolle als Mutter völlig aufgehen und nicht mehr viel Zeit für ihn übrig haben. Mike fühlte sich alleingelassen und vernachlässigt und begann, immer mehr Zeit mit seinen Kumpels in der Sportkneipe zu verbringen. Darüber stritten er und Jenny häufig. Und langsam wuchs die Mauer zwischen ihnen.
Manche Paare können nicht aufhören, sich zu streiten. Überall, so scheint es, lauern Konflikte. Sie streiten, bis sie so erschöpft sind, dass sie sich körperlich krank fühlen. Irgendwann sind sie sich nicht mehr sicher, ob sie den Partner überhaupt noch mögen. Vielleicht, schlussfolgern sie, wären sie besser dran, wenn sie sich trennen würden.
„Mein Vater war ein sehr jähzorniger Mensch“, erinnerte sich eine Frau. „Er und meine Mutter stritten viel – er schrie sie an und meine Mutter reagierte verschreckt oder verschloss sich. Das Leben bei uns war sehr turbulent, auch wenn es immer wieder friedliche Phasen gab. Wäre es für uns besser gewesen, wenn sie sich getrennt hätten? Das ist schwer zu sagen und damals war eine Scheidung noch eher unüblich. Doch die Konflikte haben eindeutig Spuren hinterlassen.“
Ein bisschen Sterben
Wenn Ihre Ehe mehr von Streit als von Freundschaft geprägt ist, fragen Sie sich: „Was ist geschehen? Was ist aus unseren Träumen von lebenslanger Liebe und Treue geworden?“
Wenn Sie sich schon getrennt haben, fühlt es sich vielleicht ein bisschen so an wie Sterben. Jeder Tag, an dem Ihr Partner nicht da ist, erinnert Sie an das, was Sie verloren haben. Wenn Sie zwar noch unter einem Dach zusammenleben, sich aber emotional voneinander entfremdet haben, kann es sich ebenfalls so anfühlen, als ob etwas allmählich abstirbt – ein Traum, eine Hoffnung. Wir sprechen von einem Tal, dem „Schatten des Todes“. Doch ein Schatten ist nicht dasselbe wie der Tod an sich. Ihre Ehekrise, ob Sie nun getrennt leben oder nicht, kann auch das Tal der Heilung sein und der Schmerz, den Sie verspüren, ist vielleicht der Geburtsschmerz, der Ihrer Ehe neues Leben schenkt.
In anderen Fällen ist eine Trennung allerdings der Anfang vom Ende. Was nach Ihrer Trennung kommt, wird von dem bestimmt, was Sie und Ihr Partner in den nächsten Wochen und Monaten sagen und tun.
In einem bildhaften Vergleich könnte man sagen, dass eine kriselnde Ehe auf der Intensivstation liegt, so wie ein Mensch mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf die Intensivstation verlegt wird. Der Zustand Ihrer Ehe ist „äußerst kritisch“. Er kann sich jeden Moment verschlechtern, aber auch verbessern. Die richtige Behandlung entscheidet über Leben und Tod, und genau das ist die Absicht dieses Buches. Eine Notoperation ist überlebenswichtig, deshalb sollten Sie einen Therapeuten oder Seelsorger aufsuchen. Was Sie in den nächsten Wochen tun oder lassen, hat entscheidenden Einfluss auf Ihre Lebensqualität in den nächsten Jahren. Sie können davon ausgehen, dass Gott sich sehr für das Ergebnis interessiert und Sie in diesem Prozess unterstützt.
Jetzt ist nicht die Zeit, um zu resignieren und aufzugeben. Der Einsatz für Ihre Ehe ist erst dann vorbei, wenn die Sterbeurkunde ausgestellt worden ist. Die Träume und Hoffnungen, die Sie hatten, als Sie geheiratet haben, sind es immer noch wert, dass Sie dafür kämpfen. Sie haben geheiratet, weil Sie damals bis über beide Ohren verliebt waren (oder zumindest glaubten, es zu sein). Sie haben von der perfekten Ehe geträumt, in der jeder Partner den anderen glücklich macht. Was ist aus diesem Traum geworden? Was ist falsch gelaufen? Was können Sie tun, um das Geschehene zu korrigieren?
Dieser Traum kann wieder zum Leben erweckt werden. Doch das geht nicht ohne harte Arbeit: Zuhören, Verständnis, Disziplin und Veränderungsbereitschaft – Arbeit, die damit belohnt werden kann, dass Ihr Traum wahr wird.
Ich weiß, dass jetzt einige von Ihnen sagen: „Das klingt gut, aber es wird nicht klappen. Das haben wir schon so oft versucht. Außerdem glaube ich nicht, dass mein Partner es noch einmal mit mir versuchen würde.“
Vielleicht haben Sie recht, doch Sie sollten nicht davon ausgehen, dass die ablehnende Haltung Ihres Partners für immer so bleibt. Ein Geschenk, das Gott uns Menschen gemacht hat, ist die Freiheit, dass wir uns frei entscheiden dürfen. Wir können uns ändern; wir können uns sogar zum Besseren ändern. Vielleicht sagt Ihr Ehepartner im Moment noch: „Ich bin damit durch. Ich habe das Thema abgeschlossen. Darüber will ich nicht mehr reden!“ Doch in zwei Wochen oder zwei Monaten ist Ihr Partner vielleicht doch bereit, das Gespräch mit Ihnen zu suchen. Viel hängt davon ab, wie Sie sich in der Zwischenzeit verhalten und wie Ihr Partner auf das Wirken des Heiligen Geistes reagiert.
Andere von Ihnen wenden ein: „Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich noch an dieser Ehe arbeiten will. Ich habe es schon so oft versucht und so viel investiert. Es wird schiefgehen, deshalb kann ich genauso gut jetzt die Brocken hinschmeißen!“ Für solche Gefühle habe ich großes Verständnis. Ich weiß, dass man nach vielen vergeblichen Versuchen irgendwann nicht mehr den Wunsch verspürt, es noch einmal zu probieren. Man sieht keinen Hoffnungsschimmer mehr und ist davon überzeugt, dass man keine Chance mehr hat. Die eigenen Gefühle ermutigen einen nicht gerade, noch mehr in die Ehe zu investieren. Das ist der Grund, weshalb ich niemals frage: „Wollen Sie an Ihrer Ehe arbeiten?“ Sondern ich stelle die Frage: „Werden Sie an Ihrer Ehe arbeiten?“ In einer Krisenzeit wollen wir meistens nicht mehr. Doch wir sollten uns an unsere Werte erinnern, an das Versprechen, das wir einander gegeben haben, und an unsere Träume – und wir sollten uns bewusst dafür entscheiden, alles dafür Nötige zu tun, um diesen Werten, Versprechen und Träumen treu zu bleiben.
Wo sollen wir uns Hilfe suchen? Für diejenigen unter uns, die Christen sind, gibt es eine zuverlässige Quelle, an die wir uns wenden können, wenn wir Orientierung brauchen. Diese Quelle ist die Bibel. Vielleicht werfen auch nicht-religiöse Menschen mal einen Blick in die Bibel, doch als Christen werden wir durch den Heiligen Geist dazu gedrängt. In der Bibel finden wir nicht nur Orientierung, was wir zu tun haben, sondern auch die Aufforderung, es wirklich in Angriff zu nehmen. Auch Menschen, die nur zufällig in der Bibel blättern, können von solchen Aussagen wie diesem Paulus-Zitat ermutigt werden: „Alles kann ich durch Christus, der mir Kraft und Stärke gibt“ (Philipper 4,13). Wenn wir zu Christus gehen, finden wir fremde Hilfe, wenn unsere eigenen Kraftreserven erschöpft sind.
Der falsche Weg!
Wenn wir in der Bibel nach Richtlinien für unsere Ehe suchen, entdecken wir zwei Straßenschilder: Auf dem einem steht Falscher Weg, auf dem anderen Umleitung. Auf dem Schild, das den falschen Weg markiert, steht als Ziel Scheidung. Auf dem Umleitungsschild steht als Ziel Ehegemeinschaft. Lassen Sie mich die Bedeutung und Richtung dieser beiden Schilder erklären.
Nach den Richtlinien des Alten und des Neuen Testaments ist eine Scheidung immer der falsche Weg. Als Gott in der Schöpfung zu Adam und Eva sagte: „Vermehrt euch, bevölkert die Erde und nehmt sie in Besitz!“ (1. Mose 1,28), gab er auch nicht den kleinsten Hinweis darauf, dass die Ehebeziehung nicht auf eine lebenslange Dauer angelegt sein sollte. Der erste Hinweis auf eine Scheidung steht in den Schriften des Mose. Mose gab die Erlaubnis zur Scheidung, doch das wurde von Gott niemals gebilligt oder unterstützt. Jesus erklärte später den Pharisäern, dass Mose die Scheidung nur deshalb erlaubt habe, „weil er euer hartes Herz kannte“ (Matthäus 19,8), dass jedoch von Anbeginn der Zeit die Scheidung nicht zu Gottes Plan gehörte. Jesus unterstrich, dass Gottes Vorstellung für uns Menschen eine monogame, lebenslange Ehebeziehung ist. Als Gott die Ehe schuf, war Scheidung keine Option. Gott schuf die Scheidung genauso wenig, wie er sich die Polygamie ausdachte. Das sind menschliche Erfindungen. Und in Gottes Augen sind diese Erfindungen falsch.
Andererseits zeigt das Umleitungsschild, auf dem als Ziel Ehegemeinschaft steht, dass Sie weder das Ziel aus den Augen verloren haben noch vom Weg abgekommen sind. Stattdessen nehmen Sie gerade den umständlichen Weg der Trennung, da die Brücke Ihres Zusammenlebens eingebrochen ist. Streitigkeiten haben Ihre Ehe-Brücke geschwächt und der Weg zu einer neuen Gemeinschaft in Ihrer Ehe ist nicht länger eine direkte, gerade Straße.
Vielleicht fügt Ihnen das Umleitungsschild auch gerade Leid zu und Sie sind verzweifelt, doch hinter diesem Leid wartet die Hoffnung. Es gibt zumindest ein paar Hinweise darauf, dass Sie auf den richtigen Weg zurückfinden könnten – auf den Weg, der Sie zu einer erneuerten Ehe führt. Wenn Sie diesen Hinweisen folgen, stehen die Chancen gut, dass Sie den richtigen Weg finden.
Momentan haben Sie das Gefühl, dass Sie auf Ihrem Lebensweg mitten im Nebel stehen. In den nächsten Monaten müssen Sie entscheiden, welchem Weg Sie folgen wollen. Wir haben darüber gesprochen, dass Gott eine Scheidung zwar niemals unterstützt, doch dass er uns Menschen immer noch die Freiheit gibt, selbst Entscheidungen zu treffen. Im Laufe der Menschheitsgeschichte wurden schon viele falsche Entscheidungen getroffen. Doch Gott hat uns Menschen nach einer falschen Entscheidung nicht sofort zerstört. Hätte er das getan, wäre die Menschheit schon vor Tausenden von Jahren ausgelöscht worden. Gott gewährt uns echte Freiheit – auch die Freiheit, uns von ihm abzuwenden und unseren eigenen Weg zu gehen. Die Bibel weist uns darauf hin, dass wir alle – mal mehr, mal weniger – aufgrund dieser Freiheit ins eigene Verderben rennen (Jesaja 53,6).
Das Prinzip der menschlichen Freiheit, die Gott uns gewährt, wird in Galater 6,7 beschrieben: „Macht euch nichts vor! Gott lässt keinen Spott mit sich treiben. Was der Mensch sät, das wird er auch ernten“ (Neue Genfer Übersetzung). Gott gestattet uns Menschen, dass wir die Ernte dessen einfahren, was wir gepflanzt haben, weil er hofft, dass wir es lernen, gute Saat zu säen: „Wer auf den Boden seiner selbstsüchtigen Natur sät, wird als Frucht seiner Selbstsucht das Verderben ernten. Wer dagegen auf den Boden von Gottes Geist sät, wird als Frucht des Geistes das ewige Leben ernten“ (Galater 6,8; NGÜ).
Gottes Plan für seine Menschen ist gut. Er hat niemals etwas erschaffen, das uns Leid bringt. „Denn ich allein weiß, was ich mit euch vorhabe: Ich, der Herr, werde euch Frieden schenken und euch aus dem Leid befreien. Ich gebe euch wieder Zukunft und Hoffnung“ (Jeremia 29,11). Wenn Gott sagt, dass Scheidung der falsche Weg ist, dann will er uns damit keine Steine in den Weg legen, die unser Leben verkomplizieren. Er zeigt uns den Weg zur Hoffnung.
„Aber wir haben keine Hoffnung“, wenden Sie jetzt ein. Das mag stimmen, doch die Fehler aus der Vergangenheit müssen nicht unsere Zukunft bestimmen. Der Mangel an Erfüllung, den Sie in Ihrem Leben und in Ihrer Ehe verspüren, hat vermutlich eine dieser drei Ursachen: Ihre persönliche Beziehung zu Gott war gestört; die Beziehung zu Ihrem Ehepartner war gestört; Ihre Beziehung zu sich selbst war gestört. Die Beziehung zu Gott und sich selbst kann ohne die Mithilfe Ihres Ehepartners verändert werden. Doch der zweite Punkt verlangt selbstverständlich den Einsatz von beiden Partnern. Eine radikale Veränderung in allen drei Bereichen ist tatsächlich möglich und die Wahrscheinlichkeit für einen Neuanfang in Ihrer Ehe ist dann ziemlich hoch.
In den folgenden Kapiteln zeige ich Ihnen Wege, wie Sie Veränderungen in allen Bereichen beginnen können. Doch zuvor möchte ich noch einmal deutlich machen, dass das biblische Ideal für eine kriselnde Ehe die Versöhnung ist. Vielleicht fühlen Sie sich nicht nach Versöhnung. Vielleicht sehen Sie keine Hoffnung für einen Neubeginn oder Sie haben Angst vor dem Veränderungsprozess, der vor Ihnen liegt. Darf ich Sie trotzdem dazu auffordern, dem Beispiel und Vorbild Gottes zu folgen?
Reue und Versöhnung
Gottes Liebesbeziehung zu seinem Volk zieht sich durch die ganze Bibel – im Alten Testament mit dem Volk Israel und im Neuen Testament mit seiner Gemeinde. Immer wieder kam es zu einer Trennung zwischen Gott und seinen Menschen, weil Menschen – nicht Gott! – falsche Entscheidungen getroffen hatten. Eigentlich geht es in der ganzen Bibel nur darum, dass Gott sich darum bemüht, sich mit seinem Volk zu versöhnen. Das Buch des Propheten Hosea zeigt das in besonders anschaulicher Weise.
Gomer, die Ehefrau von Hosea, ist ihm wieder und wieder untreu, doch Gott sagt zu ihm: „Obwohl deine Frau deine Liebe nicht erwidert hat, sondern ständig die Ehe bricht, sollst du sie wieder bei dir aufnehmen und sie lieb haben. Denn auch ich liebe die Israeliten, obwohl sie anderen Göttern nachlaufen und deren Opfermahlzeiten essen“ (Hosea 3,1). Trotz Israels Götzendienst und Untreue hofft Gott immer noch: „Doch dann werde ich versuchen, sie wiederzugewinnen: Ich will sie in die Wüste bringen und in aller Liebe mit ihr reden“ (Hosea 2,16).
Im Neuen Testament drückt Jesus den Schmerz der Trennung so aus: „Jerusalem! O Jerusalem! Du tötest die Propheten und erschlägst die Boten, die Gott zu dir schickt. Wie oft schon wollte ich deine Bewohner um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt! Aber ihr habt es nicht gewollt! Und nun? Von eurem Tempel werden nur noch Trümmer bleiben!“ (Matthäus 23,37-38).
Im Buch Jeremia erinnert Gott an die Treue Israels, auch in schwierigen Zeiten, und dass er Israel vor den Feinden geschützt hatte. Doch dann erkaltete die Beziehung, es kam zur Trennung. „Vergisst ein Mädchen seinen Schmuck oder eine Braut ihr Hochzeitskleid? Mein Volk jedoch hat mich seit langer Zeit vergessen!“ (Jeremia 2,32).
Der Rest des Buches ist eine einzige Bitte um Versöhnung: „So spricht der Herr: Komm zurück zu mir! Du warst mir untreu, doch ich will nicht länger zornig auf dich sein! Denn ich bin ein barmherziger Gott und werde dir vergeben“ (Jeremia 3,12).
Gott lädt seine Kinder ein, zu ihm zurückzukehren, doch er fordert sie auch auf, ihr sündiges Verhalten zu ändern: „Wirf deine abscheulichen Götzen weg und wende dich nicht länger von mir ab“ (Jeremia 4,1). Versöhnung ist ohne Reue nicht möglich. In einer Ehebeziehung müssen beide Seiten um Vergebung bitten, denn fast immer sind beide Partner an den Spannungen beteiligt.
Ich möchte keinesfalls all den Schmerz, die Verletzungen, die Enttäuschung, die Wut, den Ärger oder die Einsamkeit kleinreden, die Sie verspüren. Ich nehme auch Ihre bisherigen Bemühungen, Ihre Ehe wieder in Ordnung zu bringen, nicht auf die leichte Schulter. Ich möchte Sie mit diesem Kapitel vielmehr dazu herausfordern, den Kampf um Ihre Ehe anzugehen und – wenn Sie getrennt leben – diese Zeit zu nutzen, um innerlich zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.
Manchmal bringt eine Trennung eine Art inneren Friedens mit sich. Dieser Frieden wird dann fälschlicherweise so gedeutet, dass eine endgültige Trennung und eine Scheidung doch der richtige Weg seien. Ein Ehemann sagte zu mir: „Das ist die erste Woche ohne Streit, die ich seit Jahren erlebt habe.“ Dieser Friede resultiert daraus, dass Sie sich vom Kampfgeschehen zurückgezogen haben. Natürlich verspüren Sie Frieden; Sie haben ja auch das Konfliktfeld verlassen! Rückzug ist trotzdem niemals der Weg zum Erfolg. Aus diesem Rückzug sollten Sie mit neuer Entschlossenheit zurückkehren, um all das, was Ihre Ehe bedroht, zu bekämpfen.
Der Pastor, den ich in der Einleitung erwähnt habe, hatte zum Glück begriffen, dass eine vorübergehende Trennungsphase Sie aus dem immerwährenden Druck des Konfliktes herausholt. Dadurch können Sie sich auf biblische Wahrheiten besinnen, um Ihre Ehebeziehung zu verbessern. Ein vorübergehender Rückzug erlaubt es Ihnen, sich selbst zu hinterfragen und Ihre Gefühle von Ihrem Verhalten zu trennen. Vielleicht erreichen Sie dadurch eine Offenheit in Ihrer Kommunikation, die vorher nicht möglich war. Ein Rückzug ermöglicht es Ihnen, ein neues Verständnis von sich selbst und von Ihrem Ehepartner zu gewinnen. Daher ist eine Trennung nicht notwendigerweise der Anfang vom Ende, sondern sie kann auch der Anfang von einem Neubeginn sein.
Und wenn Sie noch nicht getrennt leben, es aber in Erwägung ziehen, weil Sie sich fragen, welche Zukunft Ihre Ehe noch hat, dann stehen Sie am Anfang einer langen, herausfordernden, doch vermutlich sehr lohnenden Reise. Entscheiden Sie sich dazu, diese Herausforderung als eine Einladung anzunehmen, um in Ihrer Zuneigung füreinander und in Ihrer Liebe zu wachsen.
Lassen Sie uns beginnen!
ÜBUNGEN UND FRAGEN, DIE WEITERHELFEN
Wenn Sie in Trennung leben oder in einer Ehekrise stecken, dann lesen Sie das nächste Kapitel mit der inneren Bereitschaft, etwas verändern zu wollen. Überprüfen Sie Ihre Einstellung und Ihr Verhalten kritisch!
Dr. Gary Chapman
Dr. Gary Chapman hat Anthropologie studiert und war viele Jahre in der Paarberatung tätig. Er ist der Autor zahlreicher Bücher und als Experte für Beziehungsfragen international bekannt. Mit seinem New York Times-Bestseller "Die 5 Sprachen der Liebe", der in über 60 Sprachen übersetzt wurde, hat er einen neuen Schlüssel zur Kommunikation gefunden und ein Millionenpublikum erreicht. Zusammen mit seiner Frau Karolyn lebt er in North Carolina.
Webseite (de): www.diefuenfsprachenderliebe.de
Webseite (en): www.5lovelanguages.com
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