Julia stand auf. Die Dekanin war allein. Ihre stahlgrauen Haare waren zu einem strengen Knoten hochgesteckt, ihr Ausdruck wirkte verkniffen.
Sie schloss die Tür hinter sich. »Miss Broeder, das Kuratorium ist einstimmig zu dem Schluss gekommen, dass Ihnen die Reife und das Urteilsvermögen fehlen, um Ihr Studium hier fortzusetzen. Sie werden aufgefordert, das College unverzüglich zu verlassen.«
Mit nicht mehr als zwei alten Reisetaschen verließ Julia am nächsten Morgen das College. Sie fuhr mit dem Zug nach New York City und von dort aus mit einem Raddampfer vierzig Meilen auf dem Hudson River flussaufwärts nach New Holland, einem Dorf, das so klein war, dass man es auf kaum einer Landkarte fand. Auf der Landstraße marschierte sie zu dem historischen Anwesen Dierenpark, in dessen Gärtnerhaus sie zur Welt gekommen war.
Ihre eng geschnürten Stiefel waren nicht dafür gemacht, darin längere Strecken zurückzulegen. Nach den drei Kilometern vom Dorf zum Anwesen schrien ihre Füße vor Schmerzen. Die Reisetaschen wurden immer schwerer und ihr graute davor, ihrem Bruder zu gestehen, dass sie nur sechs Monate vor ihrem Studienabschluss von der medizinischen Fakultät geflogen war. Emil war ein gutmütiger Mann, aber er hatte auch, ohne dass seine jüngere Schwester in Schande heimkehrte, schon genug um die Ohren.
Emil stand in der Küche an den Tisch gelehnt. »Julia? Du kennst doch den alten Mr Hofstad, der auf der Straßenseite gegenüber von Dierenpark wohnt? Den Ziegenbauern?«
Natürlich erinnerte sie sich an Mr Hofstad.
»Er hat sich im letzten Monat den Arm gebrochen und bei seinen Ziegen beginnt bald das Ablammen. Er hat gefragt, ob ich ihm helfen kann, aber, nun ja … mit den Zwillingen und da es Claudia nicht gut geht …«
»Ich kann ihm gerne helfen!«, fiel ihm Julia ins Wort. Sie hatte noch nie einer Ziege beim Ablammen geholfen, aber sie freute sich darauf, etwas Sinnvolles zu tun, während sie sich überlegte, wie sie den Rest ihres Lebens verbringen wollte.
Die Ziege, die allein in einer Bucht war, stand kurz vor dem Lammen. Sie hatte sich aufs Stroh geworfen und meckerte vor Schmerzen. Julia eilte zu ihr und häufte frisches Heu um das Hinterteil der Ziege auf. Sie war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie hochschreckte, als sie plötzlich eine Stimme vom anderen Ende des Stalls vernahm: »Hallo, Miss Broeder.« Es gab nur einen Menschen, der mit einer solchen Höflichkeit und Kultiviertheit in der Stimme sprach. Ungläubig schüttelte sie den Kopf, fuhr herum und staunte, als sie den Anwalt Ashton Carlyle im offenen Türrahmen des Ziegenstalls stehen sah. Er trug einen seiner üblichen gestärkten Kragen, auf Hochglanz polierte Schuhe und eine kanariengelbe Weste, deren Satinstoff im schwachen Licht des Stalls glänzte.
Sie richtete sich auf und stützte die Unterarme auf das oberste Brett der Abtrennung. »Haben Sie sich verirrt? Dierenpark befindet sich auf der anderen Straßenseite.«
Seine Mundwinkel hoben sich etwas, aber zu wenig, als dass es als Lächeln hätte gelten können. Als er sich im halbdunklen Inneren des Stalls umsah, rümpfte er missbilligend die Nase. »Ich bin Ihretwegen nach Dierenpark gekommen. Man hat mir mitgeteilt, dass ich Sie hier finden würde. Wenn Sie Ihre Arbeit hier beenden und mit mir in die Bibliothek kommen könnten? Ich muss dringend mit Ihnen sprechen.«
Ohne den Blick von ihm abzuwenden, beugte sie sich nach unten, um die Ziege zu streicheln, die mitleiderregend meckerte.
»Ich habe leider keine Zeit«, sagte sie und hatte Mühe, ihre Belustigung zu verbergen.
Kundenstimmen
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18.09.2024Kristina Ein schöner Roman für eine kleine Auszeit
Pennsylvania 1897: Julia studiert Medizin und möchte als Missionsärztin in die Welt ziehen. Doch nachdem sie heimlich einen Hund operiert und anschließend versteckt, wird sie von der Fakultät verwiesen. Nach Hause zurückgekehrt erhofft sie sich Hilfe vom Anwalt ihres reichen Gönners, doch der reagiert ungehalten und schickt sie weg. Während Julia überlegen muss
wie es weitergeht, hilft sie auf der Nachbarfarm aus. Und dann steht plötzlich Anwalt Ashton Carlyle in dem Stall...
„Dorthin, wo der Tag anbricht“ ist ein Kurzroman aus der „Kleine- Auszeit“-Reihe. Er hat 171 Seiten und ist 2020 bei Francke-Buch erschienen. Ich mag diese Reihe sehr gern... genieße die kleinen Auszeiten. Die Autorin Elisabeth Camden war mir bisher unbekannt, aber ich mochte ihren Schreibstil auf Anhieb und die Geschichte von Julia und Ashton hat mir gut gefallen.
Julia ist eine kluge, junge Frau mit einem großen Herz für Mensch und Tier. Allerdings handelt sie recht spontan ohne über die Folgen nachzudenken. Gut gefiel mir, dass sie nicht aufgibt, sondern dort anpackt, wo sie gerade gebraucht wird und das sie am Ende „über ihren Schatten springt“ und sich entschuldigt. Ashton erschien mir anfangs unnahbar und schroff, doch je besser ich ihn kennen lernte, umso sympathischer wurde er mir. Das Ende der Geschichte hat mir sehr gut gefallen.
Ich habe „Dorthin, wo der Tag anbricht“ sehr gern gelesen und die Auszeit genossen. Gern empfehle ich das Buch weiter.
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20.04.2020maerchens.buecherwelt Julia Broeder hat ein aufrichtiges, gutes Herz und als angehende Missionsärztin setzt sie sich ein, wo immer es geht und saugt alles auf, was sie für ihre Ausbildung bekommen kann. Doch genau dieses gute Herz wird ihr zum Verhängnis und sie wird vom College verwiesen. Da sie auf dem Grundbesitz des reichen aber auch sehr exzentrischen Nickolaas Vandermark leben,
ist sie nun von seiner Gunst abhängig und sucht umgehend seinen vertretenden Anwalt Ashton Carlyle auf, doch hier stößt sie auf Granit und nun muss sie sich in ihr tragisches Los ergeben, was jetzt so völlig sinnlos geworden ist.
Diese Geschichte hat mich sehr begeistert, weil man hier das aufeinander prallen von unterschiedlichen Welten sehr intensiv mitbekommt. Hoffnungen und Wünsche zerplatzen, obwohl man sich nicht schuldig fühlt, sondern doch nur etwas Gutes tun wollte, man ist auf Gnade angewiesen, aber diese wird einem verwehrt und jetzt steht man da und braucht eine Alternative, die sich in der damaligen Welt gar nicht so einfach auftut. Doch die herrlich frische Variante, Julias Erlebnis ist so genial umschrieben, mit viel Humor, aber auch Dingen, die ans Licht kommen, die auf einmal ganz anders wirken und mich als Leser total überrascht aber auch berührt haben.
Menschen, die nie etwas über Gott hören wollten oder die Hoffnung aufgegeben haben, dass er jemals ein Ohr für sie hätte, erleben auf einmal Situationen, wo ihnen bewusst wird, worin er sich überall zeigt und wie wichtig es ist, aufmerksam zu sein. Diese Mischung aus einer ausweglosen Situation, teilweise auch traurigen Erlebnissen, hin zu emotionalen und etlichen lustigen Situationen ist sehr gut und unterhaltsam, denn als Leser denkt man sich ja seinen Teil, doch der weitere Verlauf überrascht einen doch immer wieder.
Ich habe schon viele Bücher der Autorin gelesen und ich muss immer wieder feststellen, mit welch angenehmer, unaufdringlichen Art sie in ihre jeweiligen ganz eigenen Geschichten den Glauben einfließen lässt, worüber man immer wieder nachdenken muss und sich selbst hinterfragt, wie hätte ich wohl reagiert?
Sowohl die Charaktere, als auch Cover und Titel sind gut gewählt, denn am Ende weiß man, warum genau dieser Titel so passend ist.
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07.03.2020claudi-1963 Nichts ist so hoffnungslos, dass wir nicht Grund zu neuer Hoffnung fänden. (Niccoló Machiavelli)
Pennsylvania, 1897: Julia Broeder eine Medizinstudentin kümmert sich rührend um einen verletzten Kampfhund und wird dafür aus ihrer Fakultät für Medizin ausgeschlossen. Wieder einmal hat sie ihr starker Gerechtigkeitssinn für Schwächere sie in diese Misere gebracht. Doch sie konnte nicht einfach den armen Hund wieder an
seinen unbarmherzigen Besitzer zurückgeben. Nun steht sie kurz vor ihrem Abschluss, mit nichts da und muss ihren Traum Missionsärztin zu werden wohl aufgeben. Dabei hat sie ihr Gönner Nickolaas Vandermark doch so lange unterstützt, was wird er nun von ihr denken" Aber vielleicht ist er selbst der Einzige, der ihr nun noch weiterhelfen kann" Deshalb macht sich Julia zu seinem Anwalt Ashton Carlyle auf, doch dieser serviert sie eiskalt ab. Jetzt bleibt ihr wohl keine andere Möglichkeit mehr, als im Ziegenstall von Mr. Hofstad zu arbeiten.
Meine Meinung:
Ein Roman der "Kleinen Auszeit-Reihe" bringt mich nach Pennsylvania ins Jahr 1897, als es noch recht ungewöhnlich ist, das Frauen Medizin studieren. Die Historikerin und Autorin Elizabeth Camden kenne ich bisher noch nicht. Ihr Schreibstil ist flüssig, locker, unterhaltsam und in kürzere Kapitel eingeteilt. Dabei geht es im Plot um eine junge Medizinstudentin, die durch ihr eigenes Verschulden in eine missliche Lage geraten ist. Nur gut, dass die Broeder so ein gutes Ansehen bei der Familie Vandermark besitzen. Doch hier kommt gleich mein kleines Problem, das ich mit diesem Buch hatte. Den weshalb die Familie Broeder so ein Ansehen bei dieser Familie hat, erfährt der Leser leider nicht, was mich etwas enttäuschte. Julia selbst wollte schon immer Gutes tun und die Welt kennenlernen. Deshalb ist ihr größter Traum Missionsärztin zu werden. Ebenso hat Ashton Carlyle schon immer ein Faible für Marco Polo und seine Reisen, jedoch diesen hat er schon längst in seinem Alltag aufgegeben. Eine recht eigenwillige Geschichte, bei der es um Tierliebe, Hilfsbereitschaft, Mitgefühl, Starrsinn, Ängste und Unsicherheit geht und sich die Liebe in einem Ziegenstall findet. Ich selbst jedoch fand das, das Thema Glaube, für das diese Bücher eigentlich stehen, zu wenig ausgeprägt dargestellt wurde. Da hätte ich schon ein wenig mehr erwartet, als lediglich Mission und Hilfsbereitschaft in den Vordergrund zu stellen. Ansonsten hat mir Julia mit ihrem Dickkopf gut gefallen, sie hat meiner Meinung nach ihr Herz am rechten Fleck und setzt sich für Menschen und Tiere in Not ein. Ashton dagegen war zu Beginn recht arrogant und unsympathisch, wurde jedoch gegen Mitte des Buches für mich freundlicher und sympathischer. Irgendwo kann ich ihn ja verstehen seine eigene Verbitterung, dass seine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind. Dazu kommt noch die Arbeit unter einem Patriarchen, das macht sein Leben nicht schöner. Doch wie schon oben erwähnt fehlt mir hier, dass man das Geheimnis um diesen Patriarchen nicht lüftet und ich als Leser so im Ungewissen bleibe. Zwar wird, wie ich gelesen habe in ihrem Roman "Das Anwesen" weiter über Dierenpark, dem Anwesen der Familie Vandermark berichtet, doch darin scheint es sich hauptsächlich um Julias Freundin Sophie zu handeln. Doch Sophie kommt in dieser Geschichte nur als Nebendarsteller, vor was mich daraus schließen lässt, dass es im Folgeroman nicht mehr von Julia und dem Geheimnis erfahren werde. Selbst wenn die Geschichte um Julia und Ashton ein gutes Ende fand, lässt mich die Geschichte diesmal ein klein wenig unbefriedigt zurück, darum von mir nur 4 von 5 Sterne.
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10.02.2020dorli Pennsylvania, November 1897. Die Medizinstudentin Julia Broeder hat ein großes Herz für Tiere. Als sie einen übel zugerichteten Hund operiert und danach vor seinem Besitzer versteckt, weil dieser das Tier bei brutalen Hundekämpfen starten lässt, wird Julia vom College verwiesen und kann damit ihren Traum, als Missionsärztin zu arbeiten, ad acta legen. Da die reichen Vandermarks Julias Familie schon
immer großzügig unterstützt haben, bittet Julia in ihrer Verzweiflung deren Anwalt um Hilfe, wird aber von dem geschniegelten Ashton Carlyle barsch abgewiesen. Als Nickolaas Vandermark davon erfährt, ist er erbost und fordert Ashton auf, alles daranzusetzen, dass Julia ihr Studium unverzüglich fortsetzen kann, doch das ist leichter gesagt als getan, denn Julia hat mittlerweile andere Pläne...
"Dorthin, wo der Tag anbricht" ist in der Reihe "Kleine Auszeit" des Verlags der Francke-Buchhandlung erschienen. Das Büchlein ist so etwas wie eine Vorgeschichte zu dem bereits 2018 erschienenen Roman "Das Anwesen".
Elizabeth Camden hat einen angenehm zu lesenden Schreibstil und versteht es ganz ausgezeichnet, den Leser in den Bann ihrer Geschichte zu ziehen. Schon nach wenigen Seiten war ich mit den Akteuren vertraut und habe gespannt das Geschehen verfolgt.
Die Autorin hat ein ungewöhnliches Setting für ihre Protagonisten vorbereitet - während Julia und Ashton eine Woche lang gemeinsam einer Ziegenherde beim Ablammen helfen, lernen die beiden einander besser kennen, sprechen über Verantwortung, ihre Kindheitsträume und ihre Pläne für die Zukunft.
"Dorthin, wo der Tag anbricht" hat mir sehr gut gefallen - ein unterhaltsamer Kurzroman, der mir ein paar kurzweilige Lesestunden beschert hat.
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09.02.2020peedee Eine schöne Vorgeschichte zu "Das Anwesen"
Until the Dawn, Vorgeschichte: Pennsylvania, 1897: Julia Broeder will Missionsärztin werden, um sich in christlicher Nächstenliebe, Selbstlosigkeit und Demut zu üben. Ein halbes Jahr vor dem Abschluss wird Julia ihre Tierliebe zum Verhängnis: Sie operiert einen misshandelten Hund und bringt diesen vor seinem Besitzer in Sicherheit - es erfolgt der Verweis vom College.
Julia erhofft sich von Ashton Carlyle, dem Anwalt von Mr Vandermark, der ihr das Studium ermöglicht, Hilfe. Doch dieser lehnt ab. Muss sie ihre Träume nun aufgeben"
Erster Eindruck: Das Cover der Edition "Kleine Auszeit" des Francke Verlages lädt zum Träumen ein - gefällt mir sehr gut.
"Manchmal reichen zehn Sekunden, um den Lauf eines Lebens zu verändern." Das ist verrückt, aber so ist es tatsächlich.
Julia ist ehrgeizig, aber auch impulsiv. Als sie die Not des verletzten Hundes sieht, wägt sie nicht zuerst das Für oder Wider ab, nein, sie handelt einfach und hilft dem Hund. Die nachfolgenden Konsequenzen sind heftig, da sie vom Studium am College ausgeschlossen wird. Somit kehrt sie nach Dierenpark, wo ihr Bruder Emil mit seiner Familie im Gärtnerhaus wohnt, zurück. Als sie den Anwalt Ashton Carlyle, der Dierenpark für die Vandermarks verwaltet, aufsucht, stösst sie auf Ablehnung. Was soll Julia jetzt machen" Zurück auf Dierenpark sucht sie eine Beschäftigung, bis sie sich das weitere Vorgehen überlegt hat. Der benachbarte Ziegenbauer ist verletzt und braucht Hilfe beim Ablammen. Julia zögert nicht und hilft erneut. Nach einer Woche bekommt sie unerwarteten Besuch aus New York"
Ashton Carlyle hat mir sehr gut gefallen. Die Liebe, die Ashton für seine Familie hat, ist sehr gut spürbar. Sein Vater ist für ihn das "wunderbare, grosszügige Fundament seines Lebens". Das ist eine sehr schöne Aussage. Der berührendste Moment war für mich das Gespräch von Vater Carlyle mit Sohn Ashton. Um nicht zu spoilern, kann ich hier keine Details dazu verraten.
Diese Geschichte über Träume, Verantwortung und Liebe ist die Vorgeschichte zu dem bereits früher veröffentlichten Buch "Das Anwesen". Sie hat sich flüssig lesen lassen und hat mir sehr gut gefallen. Von mir gibt es 5 Sterne.
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06.02.2020N. B. Julia Broeder hat es geschafft. Sie ist aus ihrem kleinen Heimatdorf an die medizinische Fakultät für Frauen gegangen. Eine unüberlegte Aktion kostet ihr wohl allerdings den Abschluss und ehe sie sich versieht, findet sich Julia schon in ihrem Heimatdorf wieder. Ihre Tierliebe - wegen der sie scheinbar alles verloren hat - verschafft ihr einen Job im Ziegenstall, um sich
neu zu orientieren. Völlig unerwartet taucht Ashton Carlyle dort auf. Aber warum" So hat er doch deutlich abgelehnt, sie alt Anwalt wieder an die Fakultät zu bringen. Unterschiedlicher können ihre Ansichten und Ziele wohl kaum sein. Beide verbindet jedoch ihre Begeisterung für Marco Polo. Ob sie wohl durch ihre großen Träume doch noch zusammen finden und die Welt erkunden werden"
"Dorthin, wo der Tag anbricht" von Elizabeth Camen gehört zu der Reihe der "Kleine Auszeit"-Romane vom Verlag der Francke-Buchhandlung und ist von der Länge her gut für einen freien Nachmittag geeignet.
Elizabeth Camen hat einen flüssigen Schreibstil, der einen gut in die Geschichte finden lässt. Leider baut sie - für mein Empfinden recht viele - Rückblicke ein, die den Erzählfluss etwas stören. Auch wenn sie für die Handlung meist nicht unwichtig sind, so kamen sie an den Stellen für mich immer recht abrupt. Die Autorin hält sich dafür nicht seitenlang mit Orts- und Personenbeschreibungen auf. Dadurch konnte man immerhin seiner Fantasie freien Lauf lassen.
Julia und Ashton - als Hauptpersonen dieser Geschichte - wie auch alle kleineren Charaktere waren sympathisch und jeder hatte seine markanten individuellen Eigenheiten. Julia wird getrieben von ihrem Wunsch, die große weite Welt zu erleben. Sie hat es ja schließlich auch bereits aus ihrem kleinen Dorf an die medizinische Fakultät für Frauen geschafft. Man kann sie durchaus als recht unkonventionell und unabhängig bezeichnen, auch wenn es sie fast den Studienplatz gekostet hat. Ashton Carlyle, Anwalt ihres Gönners, ist auf den ersten Blick so ziemlich das komplette Gegenteil. Für sein Alter ist er schon recht steif und hat scheinbar seine Träume bereits aufgegeben. Das tolle an dem Roman ist, dass Ashton die Initiativer ergreift und sein Leben umwirft. In vielen Romanen folgt eher die Frau dem Mann. Es mal umgekehrt zu lesen fand ich gut.
"Dorthin, wo der Tag anbricht" ist ein netter Roman, der von mir eine Leseempfehlung und 4 Sterne bekommt.
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06.02.2020Smilla507 / S. Degenhardt Pennsylvania, 1897: Die Medizinstudentin Julia fliegt kurz vor Abschluss ihres Studiums von der medizinischen Fakultät für Frauen. Ausgerechnet ihre Tierliebe ist Ursache für den Rausschmiss: Sie hilft spontan einem Hund, operiert ihn und sucht anschließend eine gute Unterkunft für ihn. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als zu ihrem Bruder und dessen Frau zurückzukehren. Doch die haben keinen Platz und
so landet sie auf dem von den Vandermarks verlassenen Anwesen "Dierenpark". Sie hofft, dass der Anwalt der Vandermarks ihr helfen kann, ihr Studium wiederaufzunehmen. Ashton hingegen hat eigentlich keine Zeit für solche Kleinigkeiten.
Viel kann man bei solch einem schmalen Roman, der zum kurzen Lesen und Entspannen - eine keine Auszeit vom Alltag - gedacht ist, nicht schreiben. Er liest sich gut und flüssig und ich konnte mich tatsächlich prima dabei entspannen. Das Meer auf dem Cover ist vielleicht etwas irreführend, denn es hat nicht so viel mit der Romanhandlung zu tun.
Da ich bereits alle Romane der Autorin gelesen habe, ist mir aufgefallen, dass "Dorthin, wo der Tag anbricht" sehr schön den Bogen zu dem Roman "Das Anwesen" schlägt. Wer also den Kurzroman liest, wird sicherlich auch neugierig werden auf die Geschichte um Sophie und ihre Liebe zum Wetter, die natürlich ausführlicher und ausgereifter ist.
Ich habe es vermisst, dass der Glaube an Gott keine oder keine nennenswerte Rolle zu spielen scheint. Jedenfalls kann ich mich an nichts erinnern - Deswegen bekommt der Kurzroman 4,5 Sterne.
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