9 von 10 Menschen in der Welt werden von ihrer Familie zum Glauben an Jesus geführt. Familien sind somit der bei Weitem effektivste Agent der Evangelisation und Mission. Nichts wirkt sich so positiv auf die Evangelisation aus wie missionarische Familien und nichts so negativ wie der Zerfall gesunder familiärer Strukturen. An der Entwicklung der Familie kann man die Zukunft der Kirche festmachen. Das ist jedenfalls eine der Hauptthesen dieses provozierenden Buches von Johannes Reimer. Der Autor entfaltet die Beziehung zwischen Mission und Familie und zeigt praktische Wege auf, wie Familien missionarisch aktiv werden können.
€ 15,95
Preise inkl. MwSt., keine Versandkosten innerhalb Deutschlands ab € 10,00.
€ 0,00 inkl. MwSt.
1 Eine überraschende Entdeckung
1.1 Wo kommen Menschen zum Glauben?
Das Evangelium ist eine Botschaft an alle Menschen. Wie keine andere Philosophie, Ideologie oder Religion wendet sich das Evangelium den Bedürfnissen aller Menschen, in allen Kulturen und Kontexten zu. Und deshalb sind Christen und die Gemeinde Jesu aufgerufen, „... das ganze Evangelium in die ganze Welt zu tragen“. Aber wie tun sie das effektiv? Wo, wie und durch wen kommen Menschen zum Glauben an Jesus Christus? Welche Methoden der Evangelisation und Mission sind besonders geeignet?
Man könnte annehmen, es seien vor allem die großen Evangelisationswerke, wohlklingende Namen von Evangelisten, die jetzt an erster Stelle genannt werden müssten.
Und tatsächlich kann man für jeden Menschen, den diese gesegneten Diener und Dienerinnen Gottes zum Glauben führen, dankbar sein. Nein, ich will keineswegs den Wert und die Bedeutung der großen nationalen und internationalen Evangelisationswerke herunterspielen. Gott sei Dank, dass es sie gibt. Aber durch sie kommen die meisten Menschen nicht zum Glauben, auch wenn ganze Bibliotheken über das Leben und Werk solcher großer Männer und Frauen berichten.
Oder sind es evangelistisch begabte Pastoren und ihre Gemeinden, die eine gewisse evangelistische DNA besitzen? Sind sie es, die die meisten Menschen zu Jesus rufen und führen? Immerhin beschäftigen sich unzählige Bücher, Manuale und Anleitungen mit dem Thema Gemeinde und Evangelisation. Diese Gemeinden sind wichtig, aber auch sie sind es nicht.
An erster Stelle stehen weder Werke noch Gemeinden und ihre Amtsträger. Die meisten Menschen kommen weltweit durch ihre Verwandten und Familienmitglieder zum Glauben an Jesus, obwohl ausgerechnet zu diesem Thema kaum geforscht und gearbeitet worden ist. Die wenigen Untersuchungen, die in dieser Richtung gemacht worden sind, bestätigen allerdings diese Aussage.
Nach C. B. Samuel, einem indischen Gemeinde- und Missionsleiter, kommen 9 von 10 indischen Konvertiten durch ihre eigene oder eine befreundete Familie zum Glauben an Jesus. Jakob Zweininger, der sich mit den Bekehrungen von Muslimen im zentralasiatischen Kirgisien beschäftigt hat, bestätigt diese Annahme genauso wie Heinrich Klassen, der sich mit der Bekehrung der Menschen in der ehemaligen Sowjetunion auseinandergesetzt hat. David Gitari beschreibt den geistlichen Aufbruch unter den Gabbras im nördlichen Kenia als eine rein kommunale und auf Familien zielende Missionsarbeit. Arnold Motz und Donald Posterski postulieren diese Tatsache für Kanada. Sie haben eine Reihe empirischer Befragungen ausgewertet und stellen fest, dass nur 8% der Menschen über eine kirchliche Veranstaltung zum Glauben gefunden haben. Dem gegenüber stehen 67%, die ihren Glauben auf persönliche Beziehungen im Familien- und Freundeskreis zurückführen. Und auch bei uns in Deutschland ist die Situation keineswegs eine andere. Auch hier sind es allen anderen voran die Mitglieder der eigenen Familie, nahe Verwandte, die dem oder der Suchenden einen ersten Hinweis auf den rettenden Glauben geben. Der amerikanische Missiologe und Gemeindewachstumsexperte Elmer L. Towns fasst die vorhandenen Statistiken zur Evangelisation zusammen und schreibt: „Die Statistik lässt keinen Zweifel – die meisten Neubekehrten kommen durch das Zeugnis ihrer Familienmitglieder oder guter Freunde zu Christus.“
Überraschend deutlich äußern sich katholische Würdenträger und Theologen zum Thema. Papst Johannes Paul II., der sich intensiv für die Neuevangelisierung Europas einsetzte, nannte die Familie als „erstes Subjekt der Evangelisierung“. Andere reden von der Familie als Keimzelle des Glaubens, einem Ort der Gotteserkenntnis. Kardinal Kaspers macht an der Familie gar das Evangelium selbst fest. Deutlicher kann man wohl nicht werden. Familie und Evangelisation gehören wesensmäßig zusammen. Das bezeugen Menschen in unterschiedlichen Ländern und auch in unterschiedlichen christlichen Traditionen.
Wie kommen die Menschen in ihren Familien zum Glauben? Sebastian ist an dieser Stelle ein Beispiel für viele. Er kam als Erster in seiner Familie zum Glauben an Jesus. In einem Gespräch berichtet er:
„Ich habe vom ersten Tag an für meine Familie gebetet und sie – wo immer möglich – auf meinen Glauben angesprochen. Einfach war das nicht. Meine Eltern sind im kommunistisch geprägten Osten aufgewachsen. In ihrer Weltanschauung gab es keinen Platz für Gott. Aber sie müssen wohl von meinem Lebenswandel so angesprochen worden sein, dass sie eines Tages ihren Widerstand aufgaben und mit mir zur Gemeinde gingen. Gleich nach dem ersten Gottesdienst hatten die Eltern beschlossen wiederzukommen. Und heute sind sie beide treue Nachfolger Jesu.“
Auch sie fingen an, für ihre nahen Verwandten zu beten. Weitere Personen aus Sebastians Familie kamen zum Glauben. Und auch diese beteten von da an für die Verwandtschaft und sprachen mit ihnen über den Glauben. Nur wenige Jahre später freute sich Sebastian über viele seiner Verwandten in der Gemeinde. Sein Zeugnis hatte Frucht getragen. So breitete sich das Evangelium aus.
Geschichten dieser Art finden wir in allen evangelistisch aktiven Gemeinden. Menschen kommen zuerst und vor allem durch eigene Familienmitglieder zum Glauben. Das ist bei uns in Deutschland und erst recht in den Ländern mit starker Familienbindung der Fall. Bryan Green hat recht, wenn er in Verbindung mit der sogenannten Kleingruppen-Evangelisation postuliert: „Da ist eine Form der Zellenidee, die heute den größten evangelistischen Einzelagenten ausmacht, und das ist das christliche Heim.“ Und John E. Apeh, der den Erfolg der Mission unter den Igala-Stämmen in Zentralnigeria untersucht, schreibt:
„Evangelisation in der Gründung von Gemeinden zielt auf Haushalte. Ein Haushalt besteht aus dem Haupt der Familie, einer Ehefrau und Kindern ... Welche Rolle auch immer die Empfänger des Evangeliums in ihren Familien haben, es ist ihre Familienstruktur, die den Kontext für Evangelisation setzt. Der Gemeindegründer muss die Bedeutung der Familienstruktur und des häuslichen Lebens erkennen. Er sollte verstehen, was eine Familie in der Kultur konstituiert, und die sozialen Bewegungen innerhalb der Familie verstehen.“
Diese Beispiele können beliebig ergänzt werden. Und sie alle machen klar: Die Familie ist ein ganz wichtiger Träger der Evangelisation und Mission in der Welt, vielleicht sogar der wichtigste überhaupt. Wer über die rechte Strategie und gute Methoden der Evangelisation nachdenkt, der sollte sich mit dem Institut der Familie beschäftigen.
1.2 Wo verlieren Menschen ihren Glauben?
Die oben gestellte Frage nach dem Wachstum des Glaubens in der Gesellschaft kann man natürlich auch umkehren und fragen: Wo verlieren Menschen ihren Glauben am ehesten? Immerhin verlassen im sogenannten „christlichen“ Westen seit Jahrzehnten Hunderttausende ihre Kirchen und Gemeinden. Viele von ihnen kehren dem christlichen Glauben für immer den Rücken. Was bewegt sie dazu? Wo liegen die Ursachen für das Verschwinden des Glaubens in der westlichen Welt?
Der britische Missionsexperte Eddie Gibbs hat sich mit dem Namenschristentum in der westlichen Welt auseinandergesetzt und weist darauf hin, dass das Namenschristentum unter anderem durch das Fehlen einer funktionierenden Kleingruppenarbeit in den Gemeinden ausgelöst wird. Denn hier in der Kleingruppe, oft im Raum der Familie, wird ein positives und tragfähiges geistliches Vorbild aufgebaut. Fehlt aber eine solche Struktur, versagen die Mechanismen des Glaubenserhalts in der Gemeinde. Schon im Alten Testament, so Gibbs, kann der Nominalismus unter den Juden vor allem auf die Unfähigkeit der Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation zurückgeführt werden. Der gleiche Trend lässt sich auch im Neuen Testament beobachten und stellt eine der Hauptursachen für die Entwicklung des Namenschristentums dar.
Eddie Gibbs bespricht in seinem Buch leider nicht die Rolle der christlichen Familie, was gerade angesichts seiner Argumentation angezeigt wäre, weist doch die Heilige Schrift gerade der Familie die Hauptverantwortung für die religiöse Erziehung der nächsten Generation zu. Man kann somit mit Fug und Recht behaupten: Die Unfähigkeit der Familie, den Glauben an Gott positiv zu leben, resultiert in der Glaubenslosigkeit der nächsten Generation.
Die Situation in Nordamerika ist dabei bezeichnend. Hier verlassen Millionen junger Menschen ihre Kirchen. Das Glaubensvorbild der Eltern scheint nicht mehr zu tragen. Reggie McNeal verweist auf Studien in Amerika, die schon 2003 anzeigten, dass 90% der Kirchenjugend nach dem Abschluss ihrer Schulbildung die Kirchen verlassen. Für Deutschland sehen die Zahlen vermutlich ähnlich aus.
Somit kommt der Familie auch aus der Sicht des Glaubenserhalts, der Glaubensbewahrung eine besondere missionarische Verantwortung zu, die wir im weiteren Verlauf des Buches näher erforschen wollen.
1.3 Verantwortungsvolle Evangelisation
Evangelisation ist, einfach gesprochen, die Weitergabe des Evangeliums, der Guten Nachricht von Jesus Christus, der uns Menschen Leben gebracht hat, und zwar „Leben in Fülle“ (Joh. 1,12). Christen haben das Evangelium erfahren. Sie wissen von der Guten Nachricht. Das hat sie zur Gemeinde gebracht. Dafür danken sie Gott und feiern gemeinsam seine Gegenwart in ihrer Mitte. Gemeinsame Erfahrung, gemeinsame Anbetung Gottes befähigen und verpflichten sie, die Gute Nachricht zu allen Menschen in allen Völkern dieser Welt zu tragen. Und das in Wort und Tat. So will es Gott, so hat sie Jesus, ihr auferstandener Herr, gesandt (Mt. 28,19-20). Sie sind das Salz der Erde und das Licht der Welt (Mt. 5,13-15). Ihre Werke werden die Menschen sehen und Gott im Himmel preisen. Evangelisation ist somit ein ganzheitlicher Prozess.
Einen so verantwortungsvollen Prozess kann man nicht im Vorbeigehen gestalten. Man kann nicht einfach mal „losevangelisieren“, etwa nach dem Motto: Wir haben schon so lange nicht mehr evangelisiert, lass uns mal wieder ... Wenn es um das wichtigste Anliegen Gottes geht, wenn es um den eigentlichen Auftrag Gottes an die Gemeinde Jesu geht, dann muss Evangelisation als verantwortungsbewusste Haltung und Aktion der Gemeinde wahrgenommen werden, als „responsible evangelism“, wie Christopher Walker es mit Recht fordert. Nach Walker schließt eine solche Haltung zur Evangelisation (a) biblisches Verständnis des Sachverhalts, (b) adäquate Darstellung des Wesens und der Absichten Gottes und seiner Offenbarung in Jesus Christus, dem Erlöser der Welt, (c) die Korrelation zwischen dem Individuum und der Gemeinschaft, wie sie in der Heilsökonomie Gottes vorgesehen ist, und (d) die Aussicht auf ein Leben im Glauben, Hoffnung und Liebe ein.
Die von Walker gesetzten Parameter erlauben uns, nach dem Platz und der Rolle der Familie in der Evangelisation der Gemeinde zu fragen. Wir suchen zu verstehen, wie Gott Familie im von ihm gedachten Lebenszusammenhang auf der Erde sieht und wo diese ihn in seinem missionarischen Selbstverständnis spiegelt. Wie steht Jesus zur Familie und welche Rolle teilt er ihr in seinem Missionsbefehl zu? Und schließlich klären wir die Korrelation zwischen dem Individuum vor Gott und dem Kollektiv – allem voran der Familie –, in das eine Person eingebunden ist, und die entsprechenden Auswirkungen für ihre konkrete Lebensgestaltung. Die spannende Frage im Raum ist damit gestellt: Kann es sein, dass die Berichte von der enormen Effektivität der Evangelisation durch die Familie nicht zufällig sind und wir es hier mit einer von Gott eingesetzten Regelmäßigkeit zu tun haben? Und wenn ja, wie müssten dann unsere Gemeinden aufgebaut werden, um dieser Tatsache Rechnung zu tragen? Wie evangelisiert eine Gemeinde, die ihren Schwerpunkt auf Familie legt? Diese und ähnliche Fragen werden uns im Laufe der hier dargelegten Überlegungen beschäftigen.
1.4 Familie – kein großes Thema in der Handlungstheorie der Mission
Menschen kommen vor allem durch das Zeugnis ihrer nahen Verwandten zum Glauben an Jesus Christus. Diese Tatsache kann wohl kaum jemanden wirklich verwundern. Genauso wenig verwundert die Rolle der Familie bei der Sozialisation von Kindern in die christliche Gemeinde. Daher ist es verwunderlich, wie selten das Institut Familie als Frage und Problem der missionarischen Kommunikation thematisiert wird. Die angedeutete Rolle, die der Familie in der Mission und Evangelisation weltweit zukommt, steht in keiner Relation mit der Reflexion dieser Rolle in der Literatur. Große Teile evangelistischer und missionarischer Literatur schweigen sich über die Bedeutung der Familie für die Mission aus. Sogar David J. Bosch, der einen sehr differenzierten Begriff der Mission und missionarischen Kommunikation vorschlägt, sagt nichts zur Bedeutung der Familie in der Mission. Und im Lexikon zur Weltmission taucht der Begriff „Familie“ erst gar nicht auf. Das Thema kommt zwar in der Literatur zur Mission der Urgemeinde vor, neuere Entwürfe zur Missiologie dagegen glänzen eher durch Abwesenheit jeglicher Reflexion der Rolle der Familie in der Verkündigung des Evangeliums in der Welt. Nur selten, wenn überhaupt, wird da über eine „Missiologie des christlichen Hauses“ gesprochen, wie das Annke Strasson tut. Ihre Behauptung, es handle sich dabei um eine wichtige Kategorie der protestantischen Missionstheorie überhaupt mutet dagegen befremdlich an, wenn man sich das Schweigen gerade der protestantischen Autoren zum Thema ansieht. Das verwundert erst recht da, wo man unter Mission all das verstehen will, was den Absichten Gottes mit der von ihm geschaffenen Welt dient, sogar in Kirchen, die die Mission zu den notae ecclesiae zählen, wie die Baptisten mit ihrem Kampfruf „Jeder Baptist ein Missionar“.
Ganz ähnlich sieht es auch im Bereich der Entwürfe zum Thema Evangelisation aus. Aus der Perspektive der Evangelisationsstrategen, so scheint es, kommt der Masterplan, Menschen zum Glauben zu führen, weitgehend ohne das Thema Familie aus. Weder in der Theologie der Evangelisation noch in der Praxis wird die Rolle der Familie gebührend gewürdigt. Man beschreibt zwar viele Wege zur Evangelisation, verschweigt jedoch konsequent die Familie. Wenn überhaupt, dann wird sie als Zielgruppe für Evangelisation genannt. In einer Festschrift für den bekannten deutschen Evangelisten Gerhard Bergmann machen sich die Autoren denkbar kreative Gedanken darüber, wie man evangelisieren kann. Man bemüht Medien und Kunst, Werbung und Wissenschaft, sagt aber wiederum nichts zum Thema Familie.
Auch in der neueren Literatur zum Thema Evangelisation wird das Thema Familie verschwiegen. Martin Werth beklagt zwar die Tatsache, dass die Familie als entscheidende Säule in der Glaubensvermittlung der Kirche ausgefallen ist, aber eine wie auch immer geartete Theorie der Familienevangelisation fehlt auch bei ihm völlig. Nicht einmal da, wo wie John Finney es tut, man scheinbar verstanden hat, dass Evangelisation im 21. Jahrhundert vor allem anderen in Gemeinschaften vonstattengehen muss, wird die Rolle der Familie thematisiert. Ganz ähnlich wie in dem viel besprochenen Buch John Wimbers „Evangelisation in der Kraft des Heiligen Geistes“. Familie ist offensichtlich kein Thema in der Literatur zur Evangelisation. Nur wenige Hilfen für missionarische Familie sind bis dato auf den Markt gekommen. In deutscher Sprache ist mir keine solcher Hilfen bekannt. Die Neuentdeckung der Familie als missionarischer Agent Gottes scheint vonnöten.
Das Gleiche gilt auch für die Gemeindeaufbauliteratur. Familie kommt darin nicht vor.
Warum ist das so? Was hindert die Theoretiker der Evangelisation und Mission daran, das Thema aufzunehmen? Warum wird die Rolle der Familie in Gottes missionarischem Plan mit der Welt so selten reflektiert? Oder ist es so selbstverständlich, dass sich jede Beschäftigung und Problematisierung mit dem Thema erübrigt? Und warum setzen sich Praktiker der Mission nicht stärker mit dem Thema auseinander? Warum investiert man enorme Summen Geld in andere Zweige der Evangelisation und übersieht das Offensichtliche? Wie kommt es, dass die Familie von den Missionsstrategen so stiefmütterlich behandelt wird? Diese und ähnliche Fragen warten auf eine tief gehende Erörterung.
1.5 Aus der Missionsgeschichte lernen
Die christliche Familie muss als Dreh- und Angelpunkt, als „Eckstein der missionarischen Arbeit“ der anglo-amerikanischen missionarischen Theorie und Praxis gesehen werden, behauptet die Missionshistorikerin Dana Robert. Die protestantischen Missionsgesellschaften legten regelrecht Wert darauf, dass die Einheimischen am Leben der Missionarsfamilie christliche Werte ablasen und somit dem christlichen Glauben näherkamen. Rufus Anderson, der Generalsekretär des American Board of Mission (ABM,) verlangte 1836 von seinen Missionaren: „Die Heiden müssen die Möglichkeit erhalten, christliche Familien zu sehen.“ Die Entdeckung der Familie als Missionsagent führte schließlich dazu, dass protestantische Missionen vor allem verheiratete Missionare aufs Missionsfeld sandten. Es ist allerdings kaum auszumachen, wie man diese Ehepaare auf die missionarische Rolle ihrer Familie vorbereitete. In der Regel gar nicht, was nicht selten zu einer angestauten Frustration führte, besonders auf der Seite der weiblichen Missionare.
Aber es gab natürlich auch positive Beispiele, wie Annete Stasson exemplarisch am Missionarsehepaar Walter und Ingrid Trobisch anschaulich zeigt, wenn auch nur in den Anfangsjahren ihres Dienstes in Afrika. Das Ehepaar Trobisch glaubte an die gottgegebene Kraft des Paares. Ingrid Trobisch verwies auf die Tatsache, dass Gott Mann und Frau schuf, um somit durch sie gemeinsam sein Ebenbild in der Welt zu leben. Und sie glaubten, dass die eheliche Einheit nicht nur rein familiären Zwecken diene, sondern Missionsziele Gottes verfolge, die weiter gesteckt seien. Stasson schreibt:
„Für die Trobisch stellte die Kraft des Paares nicht nur ein solides Fundament für die Ehe dar, sondern die eigene Ehe wurde gebraucht als Segen für andere.“ Und so „begannen die Trobisch ihre eigene Ehe öffentlich zu leben, weil sie darin die beste Chance sahen, das Evangelium zu verkündigen“.
Stasson schließt daraus, dass die Idee, das christliche Heim verfüge über enormes missionarisches Potenzial, typisch ist für die Geschichte der protestantischen Mission. Sie sieht darin gar eine Art implizite Missiologie des christlichen Heimes verankert. Eine solche Missiologie schließt die Frau und die Ehe an sich als essenziellen Agenten der Mission mit ein. Hier wird Mission ganzheitlich verstanden und das Vorleben christlicher Werte und Umgangsformen in der Familie ist ein wesentlicher Bestandteil der missionarischen Verkündigung. Eine Haltung, die auch von anderen Missionshistorikern geteilt wird. Dana Robert verdeutlicht die positive Rolle der Familie für die Mission mit dem Satz: „Die klassische Strategie der Missionarsfrauen war es, ihr tägliches Leben zu einer Gegenstandslektion zu machen.“
Wie schwer ein solches Ideal durchzuhalten war, zeigt die Darstellung von Mary Carol Cloutier zu den Spannungen, denen eine Missionarsfamilie ausgesetzt war, wenn es um die Geburt und die ersten Lebensjahre ihrer Kinder ging. Die Geburt eines Kindes unter den primitivsten Umständen im äquatorialen Afrika erwies sich nur zu oft als eine tödliche Falle für Mutter und Kind. Da war dann die Versuchung groß, die Ehefrau zur Geburt des Kindes nach Hause zu schicken, was dann aber wiederum die privilegierte Stellung der Missionare im Vergleich zu der einheimischen Bevölkerung untermauerte und auch dem Zeugnis schadete. Denn wie unter den Missionaren so war auch die Sterblichkeit unter den einheimischen Frauen und ihren Kindern groß.
In diesem Zusammenhang kann und muss auf die Idee und Praxis der Familienmission, wie sie von Willem Carey entwickelt und gelebt wurde, hingewiesen werden, ohne diese jedoch im Detail diskutieren zu können. Auch Carey ging mit seiner Familie durch die typischen Anpassungsschwierigkeiten im fremden Ausland, die ihn an den Rand der Verzweiflung brachten und seine Frau Dorothy ihre mentale Gesundheit kostete. Der Missionar fand weder Wege, seine große Familie materiell zu unterstützen, noch Möglichkeiten, mit seiner Familie gemeinsam das Evangelium zu verkünden. Seine Lösung war schließlich eine Art christliche Missionarskommune, in der alles gemeinsam verwaltet und betrieben wurde. Eine solche „missionarische Familie“ würde die gegenseitige geistliche, soziale und finanzielle Unterstützung der Missionare und ihrer Familien gewähren, aber auch eine alternative Gemeinschaft leben, in der Carey ein enormes Verkündigungspotenzial sah. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass Careys Konzept aufging. Sowohl die Missionsarbeit seiner Missionsgesellschaft, der Baptist Missionary Society (BMS), als auch seine eigene viel geplagte Familie profitierten von der eingerichteten Kommune. Der kontextualisierte Versuch, Gemeinde als Ashram aufzubauen, wie es der berühmte indische Evangelist Sadhu Sundar Singh (1889–1929) praktizierte, wurde von der „Familienmission“ Careys inspiriert.
1.6 Die Wiederentdeckung der Familie als missionarischer Agent
Menschen kommen durch ihre Familienangehörigen zum Glauben an Jesus. Deren Geschichte kennen sie. Sie gehören natürlich zum Erfahrungshorizont dazu. Sie müssen sich weder an die Kultur noch an die Sprache ihrer Angehörigen anpassen. Sie sind ganz natürlich im Blickwinkel ihrer Verwandten. Ihren persönlichen Lebenswandel zu übersehen ist nahezu unmöglich.
Und das ist nicht erst heute so. Wie ein roter Faden zieht sich die Bedeutung der Familie für die Evangelisation durch die Jahrhunderte der Kirchen- und Missionsgeschichte. Schon der Apostel Paulus lobte die Großmutter und Mutter seines Mitarbeiters Timotheus, die diesen im Glauben unterwiesen hatten (2Tim 1,3). Und der große Kirchenvater Augustinus verdankte seinen Glauben der eigenen Mutter Monica. Glaubensvermittlung ist in weiten Teilen der Welt durch Zeit und Raum eine Familienangelegenheit.
Der bekannte englische Erweckungsprediger Charles H. Spurgeon glaubte, dass die Familie eine wichtige Rolle in der Geschichte der Gemeinde Jesu und ihrer Mission einnimmt. Nicht zuletzt deshalb beklagte er die Laschheit der Christen in der Glaubenserziehung der Kinder in ihren Familien. Spurgeon schrieb:
„Wir wünschen uns von Herzen die Erneuerung einer Familienreligion. Die christliche Familie stellte eine Feste der Frömmigkeit in der Zeit der Puritaner dar, heute in unseren bösen Tagen sind es Hunderte von christlichen Familien, die keinen Familiengottesdienst mehr kennen, die ihre heranwachsenden Söhne nicht gesund erziehen. Wie hoffen wir da ein Wachstum des Reiches unseres Herrn zu sehen, wenn seine eigenen Jünger das Evangelium an ihre Kinder nicht weitergeben. Oh ihr christlichen Männer und Frauen, passt auf, was ihr tut und lehrt! Erzieht eure Familien in der Furcht Gottes und lebt selbst heilig vor dem Herrn, so werdet ihr wie ein Fels in der Brandung der Irrlehre und Gottlosigkeit stehen.“
Spurgeons Wehklage kann heute sowohl auf die Praxis der Gemeindeevangelisation als auch auf die wissenschaftliche Reflexion der Rolle der Familie in der Mission und Evangelisation bezogen werden.
Klagte der Mann Gottes über das Fehlen der Familienorientierung in der Kirche, so beklagten die Feinde des Evangeliums im kommunistischen Russland z. B. die entscheidende Rolle der Familie in der christlichen Sozialisierung der Jugend. Wladimir Iljitsch Lenin und seine militanten Atheisten versuchten gar die Abschaffung des gesellschaftlichen Instituts der Familie. Das führte in den 20er-Jahren in der noch jungen Sowjetunion zu einer Armee elternloser Kinder, die zu einer regelrechten Plage für den Staat wurden. Schließlich besann sich die Regierung unter Stalin und begann erneut, die Familie als Basisinstitut des Staates zu unterstützen, auch auf die Gefahr hin, dass sich hier das religiöse Gedankengut festsetzte. Und das setzte sich fest. Trotz der nahezu völligen Zerstörung der christlichen Gemeinden bis zum Jahr 1940 blühte das christliche Gemeindeleben sofort nach seiner Legalisierung in den Zeiten des 2. Weltkrieges wieder auf.
Freunde wie Feinde haben somit die herausragende Rolle der christlichen Familie in der Mission und im Gemeindebau unterstrichen. David Watson konstatiert: „Das private Haus ist der wichtigste strategische Ort, an dem die Gute Botschaft von Jesus Christus verkündigt wird.“ Und Bryan Green schreibt:
„Ich nutze das christliche Heim als Einheit in der Evangelisation der Gemeinde Christi. Dabei denke ich nicht an allgemeine Vorteile eines ‚netten Hauses‘. Ich denke an einen Mann und Frau, die in einer tiefen Einheit miteinander leben und dabei nicht zuerst um das eigene Wohl, sondern um das Reich Gottes besorgt sind. Als solche sehen sie ihr eigenes Haus als offen für jedermann. Gastfreundschaft ist für sie nicht eine Haltung unter anderem, sondern die eigentliche Essenz ihres Daseins. Das sind Häuser, in denen Männer und Frauen zu Gott finden. Der Schlüssel dazu ist dreifach: eine glückliche Ehe, ein Haus, das Gottes Gegenwart atmet, und die Fähigkeit des Mannes und der Frau, das Evangelium weiterzugeben, sodass der Fremde zum Glauben findet. Warum ist eine solche Einheit so wichtig für das Gemeindeprogramm? Weil es unbegrenzt multipliziert werden kann. Es bedarf weder besonderer Kenntnisse noch finanzieller Ressourcen, sondern nur Liebe. Ich bin überzeugt, dass ein so qualifiziertes Heim das Beste ist, was die Gemeinde der Welt anbieten kann, und es ist die sicherste Garantie, dass die Pforte der Hölle nichts gegen sie ausrichten kann. In einem Familienkreis, der niemals geschlossen ist, in dem es immer einen freien Platz gibt, findet sich jener Mikrokosmos einer wahren Gemeinschaft wieder, der die Nachbarschaft transformieren, die Nation erneuern und die Welt retten kann.“
Das ist ein erstaunliches Plädoyer für die Wiederentdeckung der missionarischen und evangelistischen Kraft der Familie. In diesem Buch stelle ich mich dem Thema. Klaus Schäfer formuliert treffend: „Wofür man [...] keine Sprache hat, das bleibt unbegriffen und findet schließlich gar nicht mehr statt.“ Ich will mit diesem Buch versuchen, dem Thema eine Sprache zu geben, es sowohl theologisch als auch praktisch zu begreifen, um so die Evangelisation und Mission der Kirche und Gemeinde zu beflügeln. Dabei werde ich mich in allen christlichen Traditionen umhören. Hat man doch anderswo in den Kirchen längst begonnen zu begreifen, dass die klassische individualistische Missionspraxis des Westens nicht nur Segen, sondern auch viele Probleme mit sich gebracht hat. So fordern asiatische Theologen und Missionswissenschaftler einen radikalen Wechsel der Missionsstrategie in Richtung familienbezogener Mission. Und in der römisch-katholischen Kirche stellt man sich seit dem Vaticanum II die Frage, welche Bedeutung die Familie für die Kirche und ihre Mission haben kann und muss. Papst Johannes Paul II. verlangte für seine römisch-katholische Kirche gar eine radikale Neuorganisation der Kirche um die Familie herum. Für den Papst stand fest: „Geht die Familie, geht die Welt“, und als Konsequenz: „[...] die Kirche [...] die Zukunft der Kirche verläuft entlang der Familie“.
Das Bewusstsein für die notwendige Integration der Familie in die Mission der lokalen Gemeinde wächst auch unter den evangelischen Christen, vor allem im Ausland. So haben sich eine Reihe baptistischer Gemeinden in den USA als Familien integrierende Gemeinden (Family Integrated Church – FIC) zusammen eine Art Deklaration gegeben, in der sie sich ausdrücklich zur Integration der Familie ins Gemeindeleben und in die Mission bekennen.
In den FIC-Gemeinden gehören ganze Familien in den Gottesdienst der Gemeinde. Der Direktor des National Centers for Family Integrated Churches (NCFIC) Scott T. Brown sieht in der Desintegration der Familien für die gottesdienstliche Veranstaltung eine wesentliche Verletzung biblischer Grundsätze des Gemeindelebens.
Und auch in der evangelikalen und freikirchlichen Landschaft findet man vereinzelt Versuche, sich der Familie evangelistisch und missionarisch zu nähern. In seinem überaus lesenswerten Buch zu einer biblischen Theologie der Familie konstatiert Andreas Köstenberger: „Die Familien sind das Rückgrat einer gesunden Gemeinde.“ Ausdrücklich begrüßt der Autor eine intensive theologische Beschäftigung mit der Rolle der Familie in der Mission Gottes. Köstenberger warnt jedoch davor, die Familie als Institut der Gemeinde gegenüberzustellen, was er in Bewegungen wie die der FIC vermutet. Diese und ähnliche Stimmen dienen mir als Leitfaden auf meiner Suche nach einer Theologie der Familie in der Mission. Dabei folge ich einem übersichtlichen Plan.
In den ersten Kapiteln beschäftige ich mich grundsätzlich mit der Frage nach der Familie und ihrer Bedeutung im Licht der Heiligen Schrift. Dabei versuche ich, Familie von Gott her zu begreifen. Gott ist ein dreieiniger Gott. Der trinitarische Rahmen, der so gesetzt wird, bestimmt im Wesentlichen den Zugang zur Rolle der Familie in der Mission Gottes auf der Erde.
Es gilt zu begreifen, wofür Gott, der Vater, die Familie schuf und welche Rolle er ihr im Lebensgefüge hier auf der Erde zugedacht hat. Besondere Aufmerksamkeit kommt dabei auch der Rolle der Familie in der gesellschaftlichen und religiösen Sozialisation zu. Wie beschreibt die Bibel die Lebens- und Glaubensunterweisung im Kreise der Familie? Welche Verantwortung wird da dem Vater, der Mutter und dem Volk Gottes zugeschrieben? Kann man in der Heiligen Schrift gar eine Art Theologie der Unterweisung in der Familie entdecken? Und wenn ja, was wären die wesentlichen Aussagen? Und ist das Mission?
Es gilt aber auch zu verstehen welche Rolle Jesus, der Erlöser, der Familie zuspricht. Ist sie in seinen Augen ein Agent der Mission und Evangelisation? Wie ging er mit den Familien in seinem Umfeld um? Kann man von Jesus her auf eine Theologie der Familie schließen? Und wenn ja – wo und wie?
Und schließlich gilt es, sich der Praxis der Evangelisation und Mission durch Familien im Neuen Testament zu nähern. Mission hier ist vor allem vom Heiligen Geist initiiert und geführt. Welche Rolle wird hier der Familie zugesprochen? Wo und in welchem Zusammenhang reden die Autoren des Neuen Testaments über die Familie? Welcher Platz wird ihr in der Verkündigung des Evangeliums zugedacht?
So hoffe ich, zu einer biblischen Theologie der Familienmission zu kommen und dann diese auf die Gemeindepraxis der Mission anzuwenden. Die Korrelation zwischen der Familie und der Gemeinde bestimmt die Kapitel im zweiten Teil des Buches. So kann eine Handlungstheorie für familienzentrierte Mission und Evangelisation beschrieben werden. Was sollte dabei berücksichtigt werden? Wie kann die Familie zu einem aktiven Glied in der Missionsarbeit einer Gemeinde werden? Wo werden bereits Modelle gelebt und was können wir von ihnen lernen?
Das Buch schließt ab mit einem Kapitel zur besonderen Situation von Familien, die in die Weltmission gehen.
1.7 Familie – die Zukunft der Kirche?
Der gesellschaftliche Wandel in den westlichen Demokratien hat auch einen tief greifenden Wandel im Familienbild und -verständnis gebracht. Die Familie heute ist in der Regel eine Individualfamilie, bestehend aus Vater, Mutter und ein bis zwei Kindern. Sie lebt weitgehend abgeschirmt in privaten Räumen für sich allein. Und als solche hat sie alle Hände voll zu tun, um zu überleben. Dieser Wandel wird von christlicher Seite zwar beklagt, aber es wird nicht weiterverfolgt, was er für die Familie bedeutet. Vor allem in der Ausbildung der Hauptamtlichen spielt die Familienpastoral keine Rolle, was sich grundlegend auf Gemeinde und Mission auswirkt. Zwar wird die Bedeutung der Familie für die Gemeinde Jesu und die gesellschaftliche Entwicklung betont, aber außer Appellen und politischen Forderungen wird so gut wie nichts für die Familie getan. Die christliche Familie wird einseitig „idealisiert“, obwohl sie schon lange nicht mehr so „funktioniert“ und das leisten kann, was man von ihr erwartet. Hier bedarf es einer grundlegenden Aufarbeitung des Familienthemas. Wilhelm Faix hat es in verschiedenster Weise getan und auch dabei Themen angesprochen, die in diesen Ausführungen nicht weiterverfolgt werden können, aber unbedingt bedacht werden sollen.
Wir sollten als Gemeinde Jesu aufwachen. Wenn Papst Johannes Paul II. recht hatte und die Zukunft der Kirche unmittelbar mit der Zukunft der Familie zusammenhängt, dann sind wir gut beraten, diese Lebens- und Liebesgemeinschaft und „Schule tieferer Menschlichkeit“, wie das Vaticanum II die Familie nannte, mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu fördern. Dieses Buch soll dazu eine Hilfe sein.
Der Leser wird schnell verstehen, dass der in diesem Buch verwandte Begriff der Familie nicht dem heutigen Kleinfamilien-Ideal entspricht. Familie wird als eine in unterschiedliche Generationen eingebundene Verwandtschaft betrachtet. Sie ist immer nur so stark wie der familiäre Verbund, zu dem sie gehört. Eine klassische moderne individualisierte Kleinfamilie muss dieses Buch prinzipiell überfordern. Sie kann unmöglich all das sein, was hier beschrieben ist.
Ich will mit diesem Buch niemanden überfordern. Erst recht nicht die von allen Seiten gescholtene und angegriffene Nuklearfamilie. Man kann von der Familie nur dann fordern, was Gott von ihr fordert, wenn man sie in seinem Licht sieht und in sein Bild transformiert. Genau das versuche ich. Ich will wissen, wie Gott Familie sieht, um dann nach Wegen zu fragen, wie Familie wieder werden kann, was sie in seinem schöpferischen Plan ist.
Wer Bücher liest, wird inspiriert, und manchmal werden Bücher sogar zum Initiator einer Bewegung. Der Leser ist so gepackt, dass er beschließt, aktiv zu werden. Ob dieses Buch eine solche Energie entwickeln kann, weiß ich nicht. Aber ich hoffe, es macht Ihnen die Bedeutung des Themas deutlich und setzt Sie damit in Bewegung. Lassen Sie sich in den Strom einer solchen Bewegung mitnehmen. Am Ende eines jeden Kapitels finden Sie einen Fragenkatalog zum Weiterarbeiten. So kann dieses Buch auch in Hauskreisen für eine gemeinsame Lektüre und Gespräch genutzt werden. Lesen Sie das Buch in der Familie, im Arbeitskreis der Gemeinde, in Ihrem Hauskreis. Reden Sie über den Inhalt. Denken Sie nach. Protestieren Sie, falls meine Aussagen Sie provozieren. Seien Sie offensiv. Nur so wird das Thema auf die Tagesordnung Ihrer Gemeinde und darüber hinaus der Gesellschaft gebracht. Sie sind wichtig. Ihre Meinung zählt.
Prof. Dr. Johannes Reimer
Johannes Reimer wurde in einem sowjetischen Internierungsdorf für die deutsche Minderheit geboren. Als Schüler und Student wuchs er zunächst atheistisch auf und gehörte zu den leitenden Kadern der kommunistischen Jugendorganisation seiner Schule. Nach Diskussionen mit Christen, die er von ihrem Glauben abbringen sollte, wandte er sich selbst dem christlichen Glauben zu.
Nach seinem Technik-Studium wurde Reimer zum Militärdienst eingezogen, wo er jedoch den Dienst an der Waffe verweigerte. Nach verschiedenen Misshandlungen durfte er 1976 endlich mit seiner Familie nach Deutschland ausreisen. Reimer besuchte die Bibelschule Wiedenest, studierte Theologie am Theologischen Seminar in Hamburg und am MBBS in Fresno (USA). 1995 promovierte Reimer zum Doktor der Theologie an der staatlichen Universität von Südafrika in Pretoria, die ihn 1997 auf den Lehrstuhl für Missiologie berief.
Er ist Vorsitzender der Gesellschaft für Bildung und Forschung in Europa und unterrichtet (GBFE) u.a. im Studienprogramm Gesellschaftstransformation am Marburger Bildungs- und Studienzentrum (mbs) und am Theologischen Seminar Ewersbach.
Wilhelm Faix
Wilhelm Faix, Dozent am Theologischen Seminar Adelshofen bei Heilbronn.
Schwerpunktfächer: Pädagogik und Psychologie und im akademischen
Aufbaustudium (MTh) Familie und Gemeinde sowie Biografie und Glaube.
Umfangreiche Vortragstätigkeit. Veröffentlichungen in den Bereichen
Pädagogik und Praktischer Theologie. Er ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.