Ich liege im Bett und stelle mir vor, wie er ist. Gefährlich leise, wie ein Raubtier. Er beobachtet, schleicht sich an, lauert. Und springt. Schlägt seine Krallen in mein Fleisch und drückt mir die Luft ab. Ich höre ihn höhnisch lachen, während das Leben aus mir weicht. Ausgelöscht. Dieser Tod lässt mich zittern, schlottern vor Angst, verkrampft mir den Magen.
Aber manchmal träume ich, dass er anders ist.
Es ist nur eine ferne Ahnung, ein Gefühl, dass es ihn nicht wirklich gibt. Dass er nur eine Tür ist, und hinter dieser Tür funkeln bunte Farben, wilder und wärmer als das Leben. Und dann ist da einer, der auf mich wartet. Er steht in der Tür und lächelt. Ich weiß, er wird mich umarmen, wenn ich komme.
Und vielleicht, vielleicht ist das die Wahrheit. Aber wer weiß das schon.
Kapitel 1
»Erde zu Erde, Asche zu Asche …«
Krümel trockener Erde prasseln auf den Sarg, der da unten in diesem Loch liegt. Sauber ausgehobene Wände, glatt geschliffenes Holz, glänzender Lack. Ein Blumenbouquet in seinen Lieblingsfarben. Tock. Ein Steinchen springt zur Seite.
»... Staub zu Staub.«
Der Pfarrer wirft die letzten Erdkrumen von der Hand, als wolle er den Tod von seinen Fingern schütteln. Sein Blick hebt sich von dem kleinen rotbraunen Buch in seiner Hand und gleitet über die Menge. Über uns. Er soll wohl andächtig sein, wirkt aber eher vorwurfsvoll. Der Tod, er hat wieder zugeschlagen. Und keiner hat es verhindert, nicht einmal er, mit seiner salbungsvollen Stimme.
»Aus Staub sind wir gemacht, zu Staub müssen wir wieder werden. Möge Paul Kramer in Frieden ruhen. Möge er schauen, was er geglaubt hat.«
Ich zucke zusammen, als ich seinen Namen höre. Paul Kramer. So nenne ich ihn nie. Ich nenne ihn Papa, manchmal auch Paps, wenn ich besonders gute Laune habe.
Gute Nacht, Papa. Ich hab dich lieb.
Nein, das ist alles einfach surreal. Ich stehe doch nicht wirklich an diesem Grab, und wenn, dann liegt da unten nur ein leerer Kasten. Nie im Leben ist das die Beerdigung meines Vaters, niemals. Ich weiß genau, dass ich gleich aufwache. Irgendwann muss dieser schräge Traum ein Ende haben. Bestimmt vibriert gleich mein Handy und es ist vorbei. Dann schlage ich die Augen auf, sehe die Morgensonne durch die Jalousien scheinen und atme auf.
»Es ist Zeit.« Meine Mutter gibt mir einen sanften Stups und schiebt mich näher an das Grab heran.
Der Pfarrer starrt mit leerem Blick auf die obere Kante der Grube. Ich bemerke die Rose in meiner Hand. Meine Mutter hat sie mir vorhin gegeben, als wir die Kirche betreten haben. Ich mache einen Schritt auf die Grube zu und fühle, wie ich wanke. Ich halte mich an meiner Mutter fest, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. Nur, damit ich nicht in das Grab hineinfalle. Obwohl, vielleicht wäre das gar nicht so schlimm. Ich will ihn umarmen. Ich will mich an ihn ankuscheln und ihn sagen hören, dass alles gut ist. Dass es wirklich nur ein böser Traum war.
Die Rose meiner Mutter landet mit einem sanften Plopp auf dem Deckel des Sarges. Ich vernehme ein Schniefen, ein hartes Schluchzen; unterdrückt und leise nur, aber umso verzweifelter.
Meine Hand zittert. »Gute Nacht, Papa«, höre ich mich flüstern. Die Rose fällt in die Tiefe und rutscht neben den Sarg.
Dann wird mein Kopf auf einmal klar. Ich sehe die Erde und die Blumen, ich fühle den leichten Windstoß auf dem ansonsten heißen Friedhof. Streiche mir unwillkürlich eine Strähne meines roten Haares aus der Stirn, das Paps so geliebt hat. Die Gegenwart der Menschen hinter mir ist angespannt ruhig und gedrückt. Als ich zurücktrete, wanke ich nicht mehr. Nein, ich träume nicht. Das hier ist die Realität.
Ich stelle mich neben meine weinende Mutter und schaue die Menschen an. Ihre Blicke sind entweder auf den Boden gerichtet oder auf den Rücken der Person vor ihnen. Sie tragen schwarz oder zumindest gedeckte Farben – eine dunkle Menge zwischen den blumengeschmückten Gräbern. Der Himmel ist unverschämt blau. Jetzt kommt der Erste zu uns, um zu kondolieren. Es ist Opa Bernd, der Vater meines Vaters. Sein Gesicht ist blass, die Augen sind rot unterlaufen. Er drückt mich. Oma Ute laufen die Tränen über die Wangen und ich bin ganz nass, nachdem sie mich umarmt hat. Die beiden tun mir leid. Es muss schwer sein, das eigene Kind zu beerdigen.
Danach kommen die Eltern meiner Mutter, meine Tanten und die beiden Cousinen, Freunde meines Vaters, Freunde meiner Mutter und unendlich viele Studenten und Kollegen von Papa Paul Kramer, Facharzt und Dozent für Lungenchirurgie an der Charité. Ich sehe ihnen allen ins Gesicht, während sie mir die Hand drücken. Es scheint sie zu verwirren. Die meisten schlagen die Augen nieder und murmeln irgendetwas Unverständliches, bevor sie rasch zu meiner Mutter weitereilen und ihr ihr Beileid aussprechen.
Es dauert lange, bis sie alle vorbeigezogen sind. Ich bin froh darüber, denn es zeigt, dass mein Papa ein angesehener Mann war. Natürlich wird die Flut von Trauerkarten und Zeitungsanzeigen, die uns in den letzten Tagen überschwemmt hat, bald enden. Sobald der Schock über den unerwarteten Tod Dr. Kramers sich gelegt hat, werden alle zu ihren Alltagsgeschäften übergehen. Aber jetzt, heute, sehe ich sie alle. All die, die mein Papa beeinflusst hat. Deren Leben mit seinem verknüpft sind – als Freund, als Chef, als Lebensretter. Ich will glauben, dass sein Leben nicht sinnlos war, weil er so vielen etwas bedeutet. Sein Tod ist es trotzdem, das steht für mich fest.
Und ich drehe mich um, als der Letzte kondoliert hat, werfe dem Grab einen letzten Blick zu und lasse den Friedhof hinter mir. Mein Handy vibriert in meiner Hosentasche. Es ist zwölf Uhr siebenunddreißig, meine beste Freundin Sanna hat mir eine Nachricht geschickt. Ich bin wach. Hellwach und lebendig. Das hohe Tor des Friedhofs knarzt, als ich es schließe.
Auf der Straße tobt der Verkehr. Meine Mutter hängt sich an meinen Arm und schnieft.
Pressestimmen
05.05.2021Rita Dell´Agnese auf www.jugendbuch-couch.de Die Trauer überwinden
Die 16-jährige Tally kann den frühen Tod ihres geliebten Vaters nicht überwinden. Ihre Mutter kann ihr kaum Halt geben - zum einen ist die Mutter mit sich selbst beschäftigt, zum anderen hatte Tally immer ein stärkeres Verhältnis zu ihrem Vater. Als ihre Mutter Tally dazu bewegt, eine Therapeutin aufzusuchen, ist die 16-jährige voller Abwehr. Den Rat, Tagebuch
zu führen und damit ihre Gefühle zu verarbeiten, hält sie für absurd. Als Tally jedoch die betagte Frau Möller kennenlernt, beginnt sich ihre Welt zu verändern.
Bei einem ihrer Besuche bei der alten Dame stößt Tally auf das Foto eines jungen Mannes, der einst in den Krieg zog. Sie ist fasziniert von dem Bild und beginnt, sich mit einer fiktiven Geschichte rund um den fremden Mann zu beschäftigen, die nun anstelle der eigenen Gefühle ins Tagebuch fließt. Während Tally bei Frau Möller, deren Liebe zu Marzipan und deren kecker Papagei langsam wieder zu sich findet, beschäftigt sie auf einer anderen Ebene der junge Timo, der ihr irgendwie den Kopf verdreht. Auch wenn sich Tally zunächst nicht in Timos Welt, dem gelebten Christentum, zurechtfindet.
Zu sich selbst finden
Die Autorin Anni E. Lindner zeigt in ihrem Roman sehr eindrücklich auf, wie intensiv ein Trauerprozess sein kann. Ihre Protagonistin Tally erlebt den Verlust des Vaters als tiefen Einbruch und kann sich zunächst kaum erholen. Mitten in der Pubertät ist Tally gerade damit beschäftigt, zu sich selber zu finden und muss das nun ohne den sicheren Felsen in der Brandung tun. Sehr geschickt verknüpft Lindner diese beiden verschiedenen Lebenssituationen und macht sie für die jungen Leser sichtbar. Tallys Suche, die letztlich auf der langen Lebenserfahrung der in sich ruhenden Frau Möller einen fruchtbaren Boden findet, führt sie aber auch näher an die Religion. Dass nicht nur Tallys beste Freundin Sanna, sondern eben auch Timo ihr Fundament in der einer christlichen Vereinigung haben, kommt deutlich zum Ausdruck, überlagert die Geschichte jedoch nicht.
Spannung und Lebensweisheit
Die Art und Weise, wie die Autorin ihre Protagonistin Erfahrungen sammeln lässt und sie auf ihren Weg führt, ist nachvollziehbar und eingängig. Die Zusammenstellung der verschiedenen Charaktere, inklusive des Papageis, ist gelungen und dient als Grundlage für manch witzige Szene, bietet jedoch vor allem eine gute Möglichkeit, sich mit allen Facetten der Trauer zu beschäftigen und sich dem Leben wieder zuzuwenden. Entstanden ist ein spannendes und nachdenklich stimmendes Werk.
Fazit
Obwohl klar mit einer christlichen Ausrichtung aufgebaut, kann dieser Roman von Anni E. Lindner auch Jugendliche erreichen, die der Religion weniger zugeneigt sind. Die Autorin hat mit Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan ein unterhaltsames, spannendes und tiefgründiges Werk geschaffen.
9 von 10 Bewertungspunkten
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21.04.2021Nicole Biernoth bei https://buchspinat.de/ Die Geschichte hat mich schon auf den ersten Seiten zum Weinen gebracht. Tallys Leben gerät auf traurige Weise aus den Fugen und man spürt beim Lesen förmlich, wie sie strauchelt. Wie sie sich alleine fühlt, trotz ihrer besten Freundin, die alles versucht, um für Tally da zu sein. Manchmal ist das schwierig – gerade dann, wenn alles plötzlich ganz
anders ist – wenn das Leben vorher so weit weg zu sein scheint. Die Dinge, die Tallys Leben vorher bereichert haben, scheinen ihr nun nach dem Tod des Vaters so trivial. Denn die Trauer überwiegt in jedem Moment.
Sanna versucht Tally aufzufangen. Sie ist Teil einer großen Familie, in der christliche Werte eine große Rolle spielen. Sie versucht, sie in ihren Freundeskreis zu integrieren. Doch Tally kann das zu diesem Zeitpunkt nicht zulassen. Sie hat damit nichts am Hut. Und warum soll sie an einen Gott glauben, der ihren Vater hat sterben lassen?
Die Begegnung mit der alten Dame löst jedoch etwas in ihr aus. Irgendwann – inspiriert von den Erzählungen aus vergangenen Zeiten, findet Tally ein Ventil, um ihre Trauer zu verarbeiten. Sie fängt an zu schreiben. Und das hilft ihr, ins Leben zurückzufinden. Wieder Nähe zuzulassen. Das Lachen und die Freude wieder willkommen zu heißen und neuen Lebensmut zu finden.
Anni E. Lindner versteht es, den Leser mit ihren Worten zu berühren und die Protagonisten in ihrer Geschichte zum Leben zu erwecken. Die Geschichte wird aus Tallys Sicht erzählt und so ist man immer mit Tallys Gedanken und ihren Gefühlen beim Lesen verwoben.
Mein FAZIT: Ein berührender und nachdenklich machender Roman für Leser ab 14 Jahren. Eine Geschichte über Trauer, Verlust, Abschied und Neubeginn. Über Freundschaft und Glauben. Über Liebe und Füreinander Dasein.
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19.06.2021Martinas Buchwelten Warum ich so richtig auf diesen Roman aufmerksam geworden bin, kann ich eigentlich gar nicht mehr wirklich sagen. Jugendromane snd ja eher selten bei mir am Blog zu finden und trotzdem hat mich die Geschichte direkt angesprochen.
Die 16jährige Talitha, genannt Tally, wird mit dem plötzlichen Tod ihres Vaters konfrontiert. Sie fällt daraufhin in ein tiefes Loch, denn die Beziehung
zu ihrer Mutter war nie richtig eng. Tally ist gefangen in ihrem Schmerz und lässt niemand an sich heran. Sie zieht sich auf ihre eigene imaginäre Insel zurück. Ihre Mutter geht anders mit ihrer Trauer um und empfiehlt Tally eine Psychologin. Doch auch diese kann Tally nicht helfen. Sie übergibt ihr jedoch ein Tagebuch, um ihre Gedanken niederzuschreiben. Einzig ihre beste Freundin Sanna, die Kraft und Stärke in ihrem Glauben findet, bekommt etwas Zugang zu ihr. Und da ist auch noch Timo, der Leiter der Jugendgruppe, zu der Sanna regelmäßig geht. Mit Religion kann Tally aber nichts anfangen - schon gar nicht nach dem Tod ihres geliebten Vaters.
Eines Tages lernt Tally ganz unverhofft eine alte Dame kennen, die sich mit ihrem Rollator und den Einkäufen abmüht. Tally hilft ihr und lernt Hilde Möller und ihren Papagei Gregor näher kennen. In der Wohnung gibt es viele Erinnerungsstücke aus Frau Möllers Leben. Tally beginnt sich dafür zu interessieren. Dabei fällt ihr auch das Foto eines gutaussehenden jungen Mannes in die Hände, der sie fasziniert. Sie beginnt in ihrem Tagebuch eine Geschichte rund um diesen Mann zu spinnen und ihm ein "Happy End" zu vergönnen. Darin beginnt sie ihre Gefühle und den Schmerz zu verarbeiten. Aber auch die Zufallsbekanntschaft mit der alten Dame scheinen Tally zu helfen und es beginnt eine ganz besondere Freundschaft...
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen und ich bin schnell in die Geschichte gekommen. Die Autorin hat die jugendliche Tally sehr authentisch und ihrem Alter entsprechend beschrieben. Beim Lesen spürt man die tiefe Trauer des Mädchens, sowie ihre Verzweiflung und Hilflosigkeit. Diese wirkt vorallem zu Beginn sehr erdrückend. Tally weiß nicht, wie sie ihr Leben wieder auf die Reihe bekommen soll.
Anni E. Lindner fängt den Schmerz von Tally sehr gut ein und lässt den Leser intensiv daran teilhaben. Sehr einfühlsam erzählt die Autorin über Verlust und Trauer. Gerade der Beginn der Geschichte ist diese jedoch sehr bedrückend. Gleichzeitig zeigt die Autorin aber auch auf, dass es immer Hoffnung gibt und das Leben trotz all dem Schmerz und der Trauer positiv weitergehen kann.
Die Figuren sind bis hin zu den kleinsten Nebencharakteren sehr liebevoll gezeichnet. Sanna ist für Tally immer da und eine wirklich gute Freundin. Sie nimmt selbst ihre Ausraster hin. Hilde Möller habe ich sofort ins Herz geschlossen und auch ihre Liebe zu Marzipan und ihrem sprechenden Papagei Gregor. Mit Tallys Mutter wurde ich nicht wirklich warm. Timo hingegen ist ein feiner Kerl...fast zu gut, um wahr zu sein.
Was ich weniger mochte, waren die Tagebucheinträge von Tally. Darin schreibt sie einen kleinen Roman rund um Eugen, dem Mann auf dem Foto, und lässt ihm ein Happy End zukommen. Eine nette Idee, aber für den Roman komplett unwichtig. Die Geschichte, die sie sich selbst zusammenspinnt, ist sprachlich der damaligen Zeit sehr angepasst. Ich denke nicht, dass sechzehnjährige Mädchen, die sich kaum für historische Romane interessieren, diese Sprache beherrschen. Ich will jetzt niemanden beleidigen, aber ich lese sehr viele historische Romane und oftmals ist die Sprache bei einigen Autorinnen nicht wirklich zeitgemäß. Dass dies ein junges Mädchen schafft, das sich vorher überhaupt nicht damit auseinandersetzt, finde ich unwahrscheinlich. Das ist allerdings mein einziger Kritikpunkt. Die Geschichte ist sehr intensiv und hat mich vor allem am Beginn emotional richtig mitgenommen.
Ich möchte eine kleine Triggerwarnung an jene Leserinnen geben, die erst vor Kurzem jemanden verloren haben.
Fazit:
"Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan" ist ein ruhiges Buch voller Emotionen und einer tiefgründigen Botschaft. Die Autorin hat das Thema Trauer sehr gekonnt in Worte gefasst und perfekt vermittelt. Eine wunderbare Geschichte direkt aus dem Leben gegriffen.
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25.03.2021Blueberry87 Die Wahrheit schmeckt nach Freundschaft
Tally hat vor kurzen ihren Vater verloren. Seit dem weiß sie nicht mehr, wie sie durchs Leben kommen soll. Sie ist 16 Jahre, hat ihr beste Freundin Sanne und geht ganz gern zur Schule. Doch der Verlust und die Trauer beschränken sie in ihrem Alltag. Nichts scheint mehr Sinn zu ergeben. Auch ihre Mutter kann
ihr nicht durch diese schwere Zeit helfen. Bis sie auf die Rentnerin Frau Möller trifft, die ihr wieder neuen Lebensmut gibt.
Der Titel und das wunderschöne Cover haben mich sofort neugierig gemacht. Ich finde den Titel "Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan" absolut passend für die Geschichte von Tally und Frau Möller. Die beiden scheinen auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam zu haben. Dennoch spüren sie die Ruhe und die Freude wenn die beiden zusammen sind.
Frau Möller ist absolut liebenswert und eine tolle Persönlichkeit, die in ihrem Leben schon vieles erlebt hat. Ganz besonders gefallen haben mir die letzten fünfzig Seiten, wobei ich hier nicht zu viel verraten möchte.
Besonders gereizt hat mich an dieser Geschichte, dass die jugendliche Tally ihren Vater verliert, an dem sie sehr gehangen hat. Ich wollte unbedingt wissen wie sie mit der Trauer um geht und wie eine Begegnung mit einer alten Damen sie wieder auf den richtigen Weg bringt. Sie ist eine starke Person, die ein unvermitteltes Ereignis aus der Bahn wirft. Und doch, nach einigen erfolglosen Versuchen, rappelt sie sich wieder auf.
Ich fand es schön, wie ihre Freundin Sanne ihr hilft und wie sie zu ihr steht. Sanne ist ein wirklicher Sonnenschein und eine richtige Freundin, die jeder sich wünscht. Auch die Geschichte mit Timo fand ich wunderbar. Nicht zu übertrieben und doch ein Hauch Romantik.
Dazu muss man sagen das der christliche Glauben eine sehr große Rolle spielt. Auch wenn Tally nicht gläubig ist, sind es ihre Freunde die sie langsam an den Glauben heranführen.
Der Schreibstil war für mich am Anfang gewöhnungsbedürftig. Doch mit dem Lesen kam ich immer besser rein in die Geschichte und mich hat es angetrieben herauszufinden ob Tally ihre Trauer überwinden kann. Dennoch war dieser Roman äußerst emotional und gefühlsbetont. Manchmal musste ich schon schlucken und war froh das Buch mal zur Seite zu legen.
Die Geschichte die Tally ihrem Tagebuch anvertraut, fand ich toll und ich hoffe das sie nun weiter schreibt, vielleicht auch zu ihrem neuen Lebensabschnitt.
Fazit:
Ein wunderbarer Jugendroman über Trauer und Verlust, über tiefe Freundschaften und die Verbundenheit zum christlichen Glauben.
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17.03.2021Melanie "Talita kum" hat in "Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan" eine sehr große Bedeutung, sodass es mir passend erschien, diese Worte aus dem Neuen Testament auszuwählen, denn letztendlich ist es genau das, was mir in diesem Jugendbuch begegnet. Eine zerbrochene Seele, die heilt. Auch wenn es lange nicht so aussieht, als würde Tally den Tod ihres Vaters verarbeiten. Langsam und
sanft geschieht dieses, wobei Rückschritte erlaubt sind und es auch die Menschen sind, denen Tally begegnet und die ihr helfen sich wieder aufzurichten. Es ist meiner Meinung nach ein sehr schmerzlicher Roman, auch wenn ich natürlich der Meinung bin, das Leben und Sterben miteinander verknüpft sind, ist der Tod in "Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan" sehr präsent und könnte sensible Jugendliche, für die der Roman geschrieben wurde, hier und da sicherlich überfordern. Der Glaube zeigt sich hier in vielen Facetten und da mir "Oceans" sehr bekannt ist, hatte ich natürlich gleich den Song als Dauerschleife im Kopf. Ich muss dennoch anraten, sich mit dem Klappentext auseinander zu setzen, denn es ist zwar auch eine Liebesgeschichte verwoben, aber diese gibt nicht nur Glanz oder Romantik, da Tallys Trauer nachvollziehbar, aber eben auch sehr erdrückend wirkt.
Mir hat "Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan" sehr gefallen, da es mitunter auch völlig verrückt ist und eben genau das erzählt, was junge Menschen beschäftigt: Probleme mit den Eltern, vor allem dann, wenn ein Elternteil eine neue Beziehung eingeht, die Wertigkeit von Freundschaften und die erste große Liebe. Tally hat ein sehr großes Herz und im Moment ist dort lediglich Platz für die Trauer über den Verlust ihres Paps. Schön ist hierbei, das es ganz viele Personen gibt, die Verständnis haben und Tally den Rücken stärken, auch wenn sie ihr Verhalten nicht immer erklären können.
Frau Möller kennen und lieben zu lernen, gibt dem Roman echte Schönheit, da es aufzeigt, wie wichtig der Zusammenhalt der jüngeren Generation mit älteren Menschen ist und wie wertig, voneinander zu lernen. Hier gibt es einige sehr schöne Momentaufnahmen, die mir sehr gefallen haben. Das Ende zeigt, das ein Ende nicht immer ein Ende sein muss, sondern ein Anfang eines viel besseren Lebens sein kann.
Der christliche Aspekt wird im Roman komplett durchwoben und ich liebe es, da die inneren Kämpfe Tallys dadurch noch deutlicher hervorgehoben werden. Sich mit dem Tod auseinanderzusetzen ist schmerzlich, aber auch das Leben kann schmerzlich sein.
Insgesamt eine sehr wertvolle Lektüre, die ich sehr gerne weiterempfehlen möchte, auch wenn ich den Hinweis aussprechen will, sensible Jugendliche vielleicht doch hier und da zu überfordern, da Tally zu Beginn doch sehr traumatisiert wirkt und erst zum Ende des Romans zu ihrer eigenen Stärke zurückfindet. Tally steht auf und stellt sich dem Leben bewusst erneut. Schön erzählt, wenn auch mit ganz viel Traurigkeit verknüpft und einem Ende, was mir so nah ging, das ich ein paar Tränen verdrückt habe.
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