Als die Wanduhr in der Geschichtsabteilung bis drei Uhr weitergetickt war, seufzte Avis und starrte wehmütig auf das schlichte schwarze Notizbuch, das unter dem Tresen lauerte.
Nur drei Einträge heute. Das war wenigstens etwas. Seit sie den Büchereikunden gesagt hatte, sie sollten ihr ihre Wünsche nennen und am nächsten Tag wiederkommen, waren es manchmal ein halbes Dutzend Einträge oder mehr gewesen.
Wie hatte ihr Bruder das alles nur geschafft?
Nun, er hatte einen Abschluss in Bibliothekswesen gehabt und zwei Mitarbeiterinnen, dachte Avis mürrisch. Von mir mal ganz abgesehen.
Gut, dass es ein zuverlässiges Sachgruppenverzeichnis gab.
Ohne den dicken Katalog, in dem sie suchen konnte, wäre sie gleich in der ersten Arbeitswoche aufgeflogen, weil ihr die fast unheimliche Gabe ihres Bruders fehlte, für jede noch so obskure Anfrage das richtige Buch zu finden.
Sie überflog ihre ordentlichen Eintragungen, die sie immer pflichtbewusst vornahm, sobald der Kunde gegangen war.
Mr Watson möchte eine Biografie, um herauszufinden, wie viel von »Sein letztes Kommando« auf wahren Begebenheiten beruht. Hat mir daraufhin die komplette Filmhandlung erzählt.
Mrs Bell sucht ein Buch, das sie als Kind gelesen hat. Titel und Autor unbekannt, aber es hatte »ungefähr 50 Seiten und das berühmte Gemälde von George Washington auf dem Einband«.
Carole Stevenson will ein Buch, das einem jungen Mädchen klarmacht, wie dumm Faulheit ist. Habe nicht gefragt, ob es für das Kind ist, das gleich neben dem Schild »Kaugummi verboten« an der Wand lehnte und eine riesige Kaugummiblase platzen ließ.
Fang mit dem Einfachsten an. Eine kurze Suche im Katalog ergab, dass es mehrere Bände über George A. Custer und die Schlacht am Little Bighorn gab, und Avis zog diejenigen mit den abgenutzten Buchrücken heraus, weil sie daraus schloss, dass sie von mehreren Personen gelesen worden waren.
Sie blätterte ein wenig in den Büchern.
»Offenbar ist hier nicht allzu viel los, wenn die Bibliothekarin Zeit hat, zum Vergnügen in den Büchern zu stöbern.«
Die plumpe Anschuldigung ließ Avis so plötzlich herumfahren, dass das oberste Buch auf dem Stapel zu Boden fiel.
Miss Cavendish war plötzlich aufgetaucht, einen Korb in der Hand. Das grau werdende Haar hatte sie streng zurückgesteckt und unter einem schwarzen Hut versteckt, der seit mindestens zehn Jahren unmodern war.
»Ich habe nicht … ich meine … w-was machen Sie hier?«, stammelte Avis.
»Soweit ich weiß, ist dies die Cavendish-Privatbücherei.« Der strenge Blick, den sie Avis zuwarf, war eine fast perfekte Nachbildung des Porträts, das über den Biografien hing und ihren Vater und den Gründer der Bücherei, Luther Cavendish, zeigte.
»Tut mir leid. Ich dachte nur …« Genau genommen sollte sie besser nicht sagen, was sie dachte: dass Miss Cavendish sich außerhalb ihrer monatlichen Inspektionen eigentlich nie die Mühe machte, einen Fuß in die Bücherei zu setzen.
Atmen. Lächeln. Die Führung übernehmen. Schließlich hatte sie schon seit Wochen mit Miss Cavendish sprechen wollen.
»Miss Cavendish«, begann sie, »wie Sie vielleicht bemerkt haben, komme ich mit der Arbeit kaum hinterher. Bei den reduzierten Öffnungszeiten …«
»Das sind die Zeiten, die das für die öffentliche Sicherheit zuständige Komitee für sinnvoll hält, wenn es um erleuchtete Gebäude geht«, gab Miss Cavendish zurück. »Wir müssen alle für den Schutz unseres Landes unseren Beitrag leisten. Das ist nun einmal nicht zu ändern.«
Das war die Antwort, die Avis vorhergesehen hatte, obwohl nur wenige andere Geschäfte sich an die Richtlinien hielten. »Wenn ich wenigstens noch eine andere Mitarbeiterin haben könnte … jemanden, der beim Einräumen und beim Katalogisieren hilft.«
Vielleicht war das Zucken in Miss Cavendishs Gesicht ja ein gutes Zeichen. Aber es konnte auch sein, dass sie nur ein Niesen unterdrückte. Wer konnte das schon sagen bei einer Frau, die genauso versteinert war wie die Caesar-Büste in der Geschichtsabteilung?
»Ich werde darüber nachdenken.«
Drrrrr!
Der sorgfältig ausbalancierte Stapel Geschirr wäre Avis beinahe zu Boden gefallen, als sie herumfuhr und zu dem Telefon auf dem Tisch im Flur ihres kleinen Hauses hinübersah.
Drrrrr!
Avis stellte schnell die Teller auf der Küchenzeile ab und lief zu dem Apparat im Flur. Wenn es einer von Russells Kumpels war, der ihn fragen wollte, ob er zum Rauchen oder Billardspielen rüberkam oder … was auch immer Männer abends machten, wenn sie ihren Ehefrauen entfliehen wollten, dann würde sie …
»Guten Abend, Avis. Louise Cavendish hier.«
»Oh. Hallo.« Es klang wahrscheinlich zu überrascht, um höflich zu sein, aber wann hatte Miss Cavendish sie das letzte Mal zu Hause angerufen? Sie musste gewichtige Gründe haben.
»Ich schließe die Bücherei.«
Die Worte – sie klangen wie die Glocke eines Totengräbers – waren leidenschaftslos gesprochen, deshalb brauchte Avis einen Augenblick, um sie sacken zu lassen. Sie hatte immer gewusst, dass es sich um eine Privatbibliothek handelte und nicht um eine öffentliche Stadtbücherei, aber für sie war die Cavendish Association Library ein ebenso fester Bestandteil ihrer Stadt wie der felsige Strandweg oder das Rathaus.
»Wann?«, fragte sie, während sich ihre Gedanken überschlugen.
»Das hängt davon ab, wie schnell das Bauunternehmen mit der Renovierung anfangen kann.« Miss Cavendish sagte noch etwas von einem Kindergarten für den Nachwuchs der Rüstungsarbeiterinnen, aber Avis hörte nur mit halbem Ohr zu, während sie hilflos an der Wand lehnte.
Die Regale. Die Bücher. Die Bücherei – ihre Bücherei.
Eine Pause in der Leitung deutete darauf hin, dass sie wohl etwas sagen sollte, aber das Einzige, was Avis herausbrachte war: »Aber Miss Cavendish … Das können Sie doch nicht tun. Nicht jetzt.«
»Das kann ich sehr wohl.« In der Stimme war nicht der geringste Anflug von Mitgefühl oder der Anklang einer Entschuldigung zu hören.
»Aber das Problem ist«, stammelte Avis, »dass ich gerade einen Buchclub gegründet habe.«
Einen Buchclub?
Diese Ankündigung löste keine Empörung am anderen Ende der Leitung aus, sondern nur ein langes Schweigen und Avis überlegte krampfhaft, was sie als Nächstes sagen sollte, während ihr das Herz bis zum Hals schlug.
»Finden Sie nicht, dass ich bei solchen Entscheidungen konsultiert werden sollte?«
Als hätten Sie sich je zuvor auch nur ansatzweise für Büchereiveranstaltungen interessiert. Aber das konnte sie natürlich nicht sagen, also brachte sie stattdessen den einzigen Satz heraus, der ihr einfiel, um das drohende Ende der Bücherei vielleicht doch noch ein wenig hinauszuzögern. »Es ist für den Kriegseinsatz.«
Miss Cavendishs Stimme klang trotz dieser magischen Worte kein bisschen sanfter. »Ich verstehe nicht, wie es dem Kriegsverlauf helfen soll, wenn eine Gruppe Hausfrauen sich in die Lektüre von Kitschromanen vertieft.«
»Die Behörde für Kriegsinformationen hat die Gründung von Buchclubs empfohlen. Auf diese Weise werden die Menschen motiviert, Dinge im Haus zu tun, damit die Verdunklungsregeln besser eingehalten werden können.« Hatte Avis nicht gerade erst im TIME-Magazin eine Liste solcher Aktivitäten gelesen? Das musste doch zählen.
»Hmm.« Miss Cavendish schien darüber nachzudenken oder zumindest widersprach sie nicht gleich.
Bleib dran, bevor sie Zeit zum Nachdenken hat. »Und wir würden auch keinen Schund lesen, sondern hochwertige Literatur.«
»Also gut«, sagte Miss Cavendish schließlich ebenso energisch, wie sie das Ende der Bücherei verkündet hatte. »Dann ist es abgemacht. Vorausgesetzt, die Einwohner der Stadt zeigen Interesse. Wann ist das erste Treffen? Ich möchte gerne dabei sein.«
»Samstag in einer Woche um 10 Uhr.« Nein, das war viel zu früh. Aber jetzt war ihr der Termin herausgerutscht, und während Avis sich stammelnd verabschiedete, konnte sie daran nichts mehr ändern.
»Ein Buchclub?«, flüsterte sie leise vor sich hin. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Ja, sie räumte Bücher in Regale, katalogisierte sie, nahm sie als Spenden entgegen, aber sie gehörte nicht zu den Menschen, die ein Buch lasen. Und erst recht diskutierte sie nicht über sie.
Und wen sollte sie überhaupt dazu einladen?
Es war nicht viel, aber jeder Cent, den Ginny in ihre Spardose tat, würde ihrer Familie helfen, ein Stück von Long Island zurückzukaufen, wenn dieser schreckliche Krieg zu Ende war.
Sie pfiff vor sich hin, während sie die Straße entlangging, die zur Bücherei führte. In Derby zu wohnen, war so schlecht nicht, beschloss sie, als sie die einsame Ampel betrachtete und das Sonnenlicht, das sich in den Schaufenstern der Läden spiegelte.
In Büchereien roch es merkwürdig, so als würde irgendwas darin verschimmeln. Andererseits hatte Ginny schon Menschen getroffen, die dasselbe vom Hafen behaupteten. Für diese Leute waren Fische und Köder und alles, was das Meer anschwemmte, kein Duft, sondern Gestank. Wahrscheinlich eine Frage der Perspektive.
Also atmete Ginny einfach durch den Mund, als sie auf die Bibliothekarin zuging, die hinter dem Tresen etwas in ihr unvermeidliches Notizbuch kritzelte.
»Morgen, Avis«, sagte sie in dem Tonfall, den sie schnell erlernt hatte – leise genug, damit die mürrischen Männer in ihren dunklen Anzügen, die ihre Mittagspause hier verbrachten, ihr keine bösen Blicke zuwarfen.
»Es ist schon Nachmittag«, berichtigte Avis sie, ohne aufzublicken, als würden die fünf Minuten nach zwölf Uhr eine Rolle spielen. Avis war höchstens ein paar Jahre älter als Ginny, aber jeden Monat, den sie in diesem dunklen, muffigen Gebäude über Büchern hing, den Kopf voller Zahlen, alterte die Arme um ein ganzes Jahrzehnt.
Ginny beugte sich vor, um zu sehen, was Avis schrieb, aber jede Zeile war mit ungleichmäßigen Bleistiftstrichen durchgestrichen. »Du solltest wirklich öfter aus diesem Loch rauskommen. Du bist ja leichenblass.«
»Mmm«, erwiderte Avis, während sie den Bleistift in ihre komplizierte Hochsteckfrisur rammte – aus der schon zwei andere Bleistifte herausragten.
Erst als Ginny sich auf den Tresen schwang und es sich dort bequem machte, blickte Avis auf und setzte mit einem Seufzer ihre offizielle Bibliothekarinnenmiene auf. »Kann ich dir helfen?«
»Das hoffe ich doch.« Ginny wackelte mit den Augenbrauen, in der Hoffnung, ihrem Gegenüber ein Lächeln zu entlocken. Es funktionierte nicht. »Hast du was Neues für mich?«
»Du weißt doch, dass ich diese Frage nicht beantworten kann.« Heute stand Avis mit hängenden Schultern da und ihre sonst perfekt frisierten Haare wirkten zerzaust.
»Ich dachte, ich versuche es trotzdem.« Ginny hatte Miss Cavendish, der die Bücherei gehörte, noch nie getroffen, aber sie stellte sich die alte Dame wie einen gereizten Drachen vor. Von den Romanen, die im Lager verstaut waren, weil Miss Cavendish sie missbilligte, hatte Ginny in wenigen Monaten ein gutes Dutzend verschlungen – Verkäuferinnen, die Millionäre heirateten, reiche Töchter, die einer arrangierten Ehe entkamen und mit ihrer großen Liebe durchbrannten, Spione mit geheimen Identitäten, die sich gerade noch rechtzeitig zu erkennen gaben.
Es war gar nicht so sehr das Happy End in den Büchern, was Ginny anzog, denn im Grunde genommen war das Ende immer gleich. Worauf es ankam, war der Weg zum Ziel. Aus einem Dutzend Lagerraumromanen hatte Ginny jedenfalls mehr über die Liebe erfahren, als ihre Mutter ihr jemals erzählt hatte. Manchmal schrieb sie sich eine Zeile oder zwei da-raus ab, um sie in einem Brief an ihren Freund zu verwenden – vielleicht. Falls sie den Mut dazu aufbrachte.
»Irgendwann werde ich deinetwegen noch gefeuert.«
Ginny sprang vom Tresen und sah Avis an. »Okay, irgendwas stimmt doch nicht. Du brauchst es gar nicht abzustreiten«, fügte sie hinzu, als Avis Anstalten machte zu widersprechen. »Erzähl mir, was los ist.« Ginny fing an, der Bibliothekarin die Schultern zu massieren, deren Muskeln so angespannt und verhärtet waren wie ein salzgetränktes Seil, das in der Sonne trocknete.
»Es ist eine Tragödie«, antwortete Avis tonlos. »Ich habe nämlich versehentlich einen Buchclub gegründet.«
»Was ist daran so schlimm?«
Es war, als hätte Avis nur darauf gewartet, dass jemand ihr diese Frage stellte. Ginny war schon immer eine gute Zuhörerin gewesen. Jetzt nickte sie, während Avis von einem Kindergarten erzählte und den Schwierigkeiten, in die sie sich selbst gebracht hatte.
»Lass mich raten: Wir reden von derselben Dame, die die besten Bücher wegschließt?«
Avis nickte.
»Keine Sorge, Avis. Ich wette, der Buchclub wird ein voller Erfolg. Du liebst offensichtlich Bücher, sonst hättest du diesen Job doch sicher nicht bekommen.«
An dem betrübten Ausdruck in Avis’ Gesicht erkannte sie, dass ihre mutmachenden Worte offenbar die falsche Wirkung hatten. »Eigentlich nicht.«
»Aber wenigstens magst du Menschen«, korrigierte Ginny sich. Doch Avis schüttelte wieder den Kopf. »Du liebe Güte, Avis, was magst du denn dann?«
Sie sah Ginny hilflos an, wie die in Ohnmacht sinkende Heldin auf dem Einband eines Buches, das sie gerade erst katalogisiert hatte. »Backen?«
»Dann mach das doch.«
Avis trommelte mit einem Finger auf dem Tresen, während ihr Blick in die Ferne wanderte. »Ich habe ein hervorragendes Rezept für Karottenkekse.«
»Siehst du!« Genau genommen klang das ziemlich gut – die muffige alte Bücherei in den Duft von Zimt und Muskatnuss gehüllt. »Dann komme ich vielleicht sogar selbst.«
»Ja, und bring eine Freundin mit. Oder zwei.«
Avis hatte wirklich Panik.
Ginny betrachtete den Bücherstapel, der neben Avis auf dem Tresen lag. Sie hielt einen Band hoch, auf dessen Cover eine Explosion aus Sternen abgebildet war. Mrs Miniver. »Sag mal, ist das der Film, der diesen Sommer in die Kinos kommt? Der über den Blitzkrieg in London?«
Avis starrte sie so lange an, dass Ginny schon dachte, sie hätte sich geirrt, doch dann entriss die Bibliothekarin ihr das Buch und umklammerte es so, wie sich ein über Bord gegangener Matrose an eine Schwimmweste klammerte. »Du bist genial, Ginny.«
»Klar.« Wo Avis recht hatte, hatte sie recht. »Aber … warum jetzt genau?«
»Das ist das perfekte Buch für unser erstes Buchclubtreffen. Miss Cavendish war zwei Jahre hintereinander die Vorsitzende des Komitees, das Kleidung und Medizin nach England geschickt hat. Sie muss das Buch einfach mögen.«
Ginny hätte sie beinahe gewarnt, sie solle sich da lieber nicht so sicher sein, weil Menschen manchmal einen überraschenden Geschmack haben. Aber weil sie die Hoffnung in Avis’ Augen nicht zunichtemachen wollte, hielt sie lieber den Mund.
Kurz darauf verließ sie die Bücherei mit Datum und Uhrzeit des ersten Buchclubtreffens, einem Roman für sich selbst mit dem Titel Im Namen der Liebe und mit dem befriedigenden Gefühl, eine gute Tat vollbracht zu haben.
Hatte sie eine Ahnung, was ein Buchclub eigentlich war? Keinen Schimmer.
Aber es würde Kekse geben.
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22.07.2024Märchens Bücherwelt ![3 von 5 Sternen](img/star-30.png)
Der kleine fiktive Ort Derby in Maine zur Zeit des 2.Weltkriegs. Während die Männer nach dem Angriff auf Pearl Harbor ihren Teil zum Kriegsdienst leisten wollen, müssen die Frauen die Stellung halten. So treffen vier grundverschiedene Frauen aufeinander, die dem örtlichen Buchclub beitreten, um für das Überleben der Bücherei zu kämpfen, deren Besitzerin Louise diese gerne zu einem Kindergarten
für die Werksfrauen umfunktionieren möchte. Aber Louise hat die Rechnung ohne die anderen drei Frauen gemacht: Avis, die bislang eher Zeitschriften gelesen hat, aber nun den Posten als Bibliothekar ihres Bruders geerbt hat. Die stets hungrige und quirlige Ginny, die jeden Cent spart, um ihre besetzte Insel samt Hummerfangboot zurückkaufen zu können und Martina mit ihren Kindern Rosa und Gio, die auch mit einigen Eheproblemen zu kämpfen hat.
Während sich jede dieser tapferen Frauen mit ihren eigenen privaten Sorgen und Nöten auseinandersetzen müssen, merken sie doch schnell, dass ihre Vorurteile und Skepsis nach und nach aufgrund der gemeinsamen Buchbesprechungen Freundschaft und Zusammenhalt weichen.
So führen sie nach jedem gemeinsam gewählten Buch ein Protokoll und ich hab mich einfach nur köstlich amüsiert, denn nach und nach wächst der Buchclub und es werden immer mehr Teilnehmer, so dass die Auswahl der Bücher immer interessanter, die Buchbesprechungen aber auch herrlich explosiv und abwechslungsreich verlaufen, was zum Teil auch Einblicke in die jeweiligen Persönlichkeiten gibt.
Das Buch stellt anfangs die Umstände der 4 Hauptprotagonistinnen vor, jede hat ein ziemliches Sorgenpäckchen zu tragen, fühlt sich durch den Krieg und die daraus resultierenden Umstände allein und teilweise hilflos, doch merken sie schnell, wie sich so manches ändert, wenn man Menschen ins Leben lässt, die es gut mit einem meinen, ihre Hilfe und ein hörendes Ohr anbieten und mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Das ergibt so manche lustige, aber auch sehr gefühlvolle Szene. Je mehr Personen dazu kommen, desto bunter, eindrucksvoller und informativer wird es und so manches Geheimnis kommt an die Oberfläche.
Die Charaktere sind zeitweise gewöhnungsbedürftig, manches fand ich auch etwas anstrengend oder unnötig, dann wiederum wurde ich überrascht und man merkt, wie alle an sich, an dem, was sie während der Buchbesprechungen voneinander lernen, wachsen und auch nach und nach der letzte Lesemuffel davon überzeugt wird, dass Bücher erstaunliches bewirken können.
Das gemeinsame Lesen schweißt zusammen, lässt Freundschaften entstehen und wieder mal zeigt sich, welche Macht Bücher haben, selbst in Zeiten großer Not und nicht absehbarer Entwicklungen.
Der Glaube ist für mein Empfinden etwas kurz gekommen, ich hab oft gewartet, dass dieser etwas verstärkter mit eingebunden wird, aber es sind manchmal nur so leichte Andeutungen, Erinnerungen auch in Krisenzeiten Gott nicht zu ignorieren, sondern auch ihm sein Leid in die Hände legen zu können. Da hätte ich mir doch etwas mehr gewünscht.
Ansonsten ein nettes Buch für zwischendurch, was aber keine großen Überraschungen oder Wendungen geboten hat.
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14.07.2024Klaudia K. ![4 von 5 Sternen](img/star-40.png)
"Der Club der Bücherfreundinnen" von Amy Lynn Green ist ein Roman, er zeigt auf unterhaltsame Weise wie vier Frauen erfrischend unterschiedlichen Charakters letztendlich über ihre Vorlieben zu unterschiedlichen Literaturformen zu Freundinnen werden.
Die Handlung setzt in Derby, eine Kleinstadt in Maine, um das Jahr 1942 ein.
Louise Cavendish, erbt von ihrem Vater eine Bibliothek. Sie ist nicht besonders begeistert darüber, denn
sie liest nicht einmal so gerne. Avis betreut zu dieser Zeit die Ausleihbibliothek, während ihr Bruder Anthony zum Militär eingezogen wird. Die eher praktisch veranlagte Avis liest allerdings viel lieber Zeitschriften, die Tipps für Haushalt, Ehe und verschiedene andere Anregungen bieten und die sie als junge Hausfrau eher für nützlich hält als literarische Perlen der üblichen Couleur.
Louise möchte mangels ihres Interesses an Literatur die Bibliothek schließen. Avis hat die Idee in der Bibliothek einen Buchclub zu machen, um auf diese Weise dennoch die Sammlung des alten Cavendish zu retten. Schon bald erscheint die Fabrikarbeiterin Martina mit ihren beiden Kindern und Ginny, die gerne die selbstgebackenen Plätzchen von Avis isst.
Im Lauf der Romanhandlung entsteht eine Frauengemeinschaft die zu Freundinnen wird. Auch Louise ist dabei, später schließt sich noch ihr Gärtner Freddy an, sowie ihre Köchin Delphie.
Es ist erfrischend zu lesen, wie diese unterschiedlichen Charaktere im Laufe der Zeit ihre Rolle in der Gruppe finden und ausfüllen.
Das Cover passt sehr gut zum Inhalt des Buches, denn hier blicken zwei junge Frauen verträumt durch das Fenster in die Welt hinaus, umsäumt von zahlreichen Büchern, die fein säuberlich in Regalen dargeboten werden. Die Charaktere tragen ihre Rollen in bester Weise und wurden von der Autorin liebevoll und detailliert ausgearbeitet und spielen im Roman auf authentische Weise ihre Botschaften heraus.
So überraschen die vielen verschiedenen Facetten, die sich in den Freundschaften herausbilden. Wenn man sich den sehr ruhigen Fluß des Handlungsstrangs ergibt, fühlt man die Tonierung der unterschiedlichen Literaturen, welche die Frauen und Männer im Roman lesen und wie sie zum Beispiel auf die Prosa oder Lyrik reagieren.
Es ist interessant zu beobachten wie die Charaktere ihr Leben und ihre Gedanken verfolgen und warum sich so die Frauen immer mehr als Freundinnen empfinden.
Bis ich mit den Figuren so richtig warm werden konnte dauerte eine geraume Zeit und so schien mir der Roman zunächst als etwas langatmig. Dennoch hat mich das letzte Drittel des Buches sehr gefangen genommen.
Ich kann den historischen Roman sehr gerne jedem empfehlen, der sich für die Zeit um den Zweiten Weltkrieg, sowie über Aspekte der Bücherleidenschaft interessiert.
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04.07.2024mabuerele ![5 von 5 Sternen](img/star-50.png)
„...Wenn man`s genau nimmt, sind wir alle nur auf der Durchreise und steigen in dieser Welt so schnell ein und aus wie ein Passagier in einem Zug, der zu seinem endgültigen Ziel unterwegs ist. Bis dahin kann man sich genauso gut auch mit den Mitreisenden anfreunden...“
Das ist nur eine der vielen Sätze aus dem Buch, die zum Nachdenken anregen.
Die Autorin hat eine berührende Geschichte geschrieben. Der Schriftstil ist gut ausgearbeitet. Allerdings gewinnt das Buch erst nach und nach an Tiefe.
Wir schreiben das Jahr 1942 in der kleinen amerikanischen Küstenstadt Derby. Es sind vier Frauen, die im Mittelpunkt der Handlung stehen.
Louise hat die Privatbibliothek ihres Vaters geerbt. Anthony, der dortige Bibliothekar, wird zur Armee eingezogen. Er bittet seine Schwester Avis, sich um die Bibliothek zu kümmern. Eigentlich hat Avis mit Büchern nicht viel am Hut. Anthony gibt ihr mit auf den Weg:
„...Beim Lesen geht es um mehr als Informationen...“
Ginny ist in den Ort gezogen, nachdem ihr Elternhaus aus Long Island von der Armee enteignet wurde. Sie spart jeden Pfennig, um es einst wieder zurückkaufen zu können.
Martina hat mit ihren beiden Kinder ihren Mann verlassen. Sie versteckt sich und will nicht gefunden werden.
Als Louise beschließt, die Bibliothek aufzugeben und einen Kindergarten im Haus einzurichten, gründet Avis kurzerhand einen Buchclub. Sie ist sich weder sicher, ob überhaupt jemand kommt, noch, ob sie in der Lage ist, den Club zu leiten. Ihr Bruder schreibt ihr:
„...Keine Angst, Schwesterherz, Bücher sind dafür da, um Diskussionen auszulösen. Lass es einfach zu...“
Der Schriftstil hat einige Besonderheiten. Das sind zum ersten die Protokolle der Sitzungen. Die finde ich deshalb interessant, weil sie sehr lebendig und stellenweise humorvoll geschrieben sind und aufzeigen, worüber diskutiert und nachgedacht wurde. Wenn man die besprochenen Bücher kennt, ruft das Erinnerungen wach.
Zum zweiten sind es die Briefe, die Avis einerseits von ihrem Bruder Anthony, andererseits von ihrem Ehemann Russell erhält. Sie geben einen Einblick in die Landesverteidigung.
Erst nach und nach erhalte ich einen Eindruck von den familiären Probleme der Protagonisten. Bei Louise bedeutet das, dass es ab und an Rückblenden in ihre jungen Jahre gibt. Die Frau hat zu vielen Dingen einen klaren Standpunkt und bringt den auch zum Ausdruck.
„...Ich möchte deutlich sagen, dass jede Art von Tratsch missbillige. Kritik und Korrekturen müssen gelegentlich geäußert werden, aber sie sind nutzlos, wenn man sie nicht an die betreffende Person selbst richtet....“
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie zeigt, wie wichtig Bücher vor allem in schwierigen Zeiten sein können. Hier haben sie zu einem Gemeinschaftsgefühl beigetragen, das es vorher nicht gab.
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03.07.2024ann-marie ![5 von 5 Sternen](img/star-50.png)
Bücher stiften Freundschaften
Im Kriegsjahr 1942 entschließt sich die in der amerikanischen Küstenkleinstadt Derby lebende wohlhabende Louise Cavendish, die von ihrem Vater vererbte private Bücherei zu schließen und das Gebäude zu einer Kindertagesstätte umzubauen, da viele alleinerziehende Frauen in dem ortsansässigen Unternehmen ihren Lebensunterhalt verdienen. Um dies zu verhindern, gründet Avis spontan einen Buchclub, der sich regelmäßig zum Austausch in
dieser Bücherei treffen soll. Die Teilnehmerzahl ist sehr überschaubar und besteht aus Avis, frisch verheiratet und deren Lebensinhalt bisher ausschließlich auf Haushalt und Ehemann ausgericht ist. Ginny, etwas chaotisch, spontan, herzlich und die sich nicht scheut, treffende Fragen zu stellen. Martina, aus Boston zugezogen und die sich mit ihren beiden Kindern einen Neuanfang erhofft. Und natürlich Louise, eine distanzierte und kühle ältere Dame, die dank ihres Erbes zwar viele soziale Projekte unterstützt, aber sehr zurückgezogen lebt.
Unterschiedliche Charaktere, deren Hoffnungen, Gedanken und Gefühle im Verlauf des Romans immer deutlicher zum Vorschein kommen und ihnen eine hervorragende Authentizität verleihen. Dabei findet auch die individuelle Vergangenheit eine stimmige Berücksichtigung, da sie nicht ohne Einfluss auf die aktuelle Lebensentwicklung und -einstellung ist. Wobei gerade Louises bisheriges Leben in einem gesonderten Erzählstrang sehr aufschlussreiche Einblicke und Eindrücke eröffnen, die betroffen machen und nachdenklich stimmen.
Ein leichter und flüssiger Schreibstil und die sorgfältige und lebensechte Gestaltung der Haupt- aber auch der Nebencharaktere sowie deren faszinierende und überzeugende Entwicklung im Verlauf der Geschichte haben mich in ihren Bann gezogen. Aus dem zunächst reinen Austausch über Bücher entwickeln sich echte und tiefe Freundschaften, die sich gerade in Krisenzeiten tatkräftig und ganz praktisch bewähren.
Ein ganz wunderbares Buch - nicht nur über Bücher, sondern auch über Menschen, die aufeinander achten und ihre Nächsten nicht aus dem Blick verlieren. Und denen auch eine Aussöhnung mit der Vergangenheit gelingt.
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19.06.2024Hopeandlive ![5 von 5 Sternen](img/star-50.png)
Wir befinden uns im Jahr 1942 in Derby, Maine. Der zweite Weltkrieg ist in vollem Gange und das spüren auch die Menschen in dem verschlafenen Ostküstenstädtchen. Nach und nach werden die Männer in den Kriegsdienst eingezogen und die Frauen werden zu kriegswichtigen Arbeiten herangezogen, die sich ganz unterschiedlich gestalten können.
Sehr unterschiedlich sind auch die Frauen des ganz neu, eher
aus Verzweiflung, gegründeten Buchclubs, der in der örtlichen Bücherei stattfindet.
Da ist zuerst Louise, eine ältlich wirkende, sehr resolute Dame, die zu den wohlhabenden Bürgern dieser Stadt gehört. Sie hat die Bücherei von ihrem Vater geerbt, der eine große Liebe zu Bücher pflegte. Doch aus ganz bestimmten Gründen, die sie hervorragend durch soziales Engagement begründet, will sie die Bücherei verkaufen. Mit Büchern kann sie nichts anfangen, denkt sie....
Avis, die den Job der Bibliothekarin quasi von ihrem Bruder Anthony übernommen hat, nachdem er eingezogen wurde, liest eigentlich gar nicht, höchstens Zeitschriften, die gute Tipps beinhalten, wie sie eine perfekte Ehe- und Hausfrau werden kann. Ihr Interesse gilt ganz ihrer jungen Ehe mit ihrem Mann Russel, der hingegen sehr unzufrieden ist, da er aus gesundheitlichen Gründen ausgemustert wurde. Avis will es allen Menschen recht machen und so findet sie sich auf einmal in ihrem neu gegründeten Buchclub wieder....
Ginny ist eine toughe junge Frau, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Als einzige Tochter unter vielen Brüdern einer Fischerfamilie aus Long Island, ist sie auch aus ganz bestimmten Gründen in Derby gestrandet und liest, naja, eigentlich kommt sie wegen der Plätzchen und anderen Leckereien und dann wäre da auch noch Freddy, der auch seine Geheimnisse hat.....
Martina ist eine kleine Italienerin, die mit ihren zwei Kindern Gio und Rosa, Zuflucht in Derby gefunden hat und eine Stelle in der örtlichen Gießerei. Sie liest für ihr Leben gerne, bietet es doch eine willkommene Ablenkung von ihrem Alltag und ihrem wirklichen Leben....
So treffen sich diese verschiedenen Menschen, die sie weder kennen noch wirklich leiden können, doch Bücher lesen hat etwas geheimnisvolles an sich. Es bringt den Menschen zu sich selbst, seinem Inneren, seiner Vergangenheit, seinen Sehnsüchten und Träumen und wenn man anfängt über das Gelesene zu sprechen, dann bringt es auch die Menschen zueinander. Die Kraft der Bücher ist in jedem Kapitel spürbar und es wird auch zunehmend spannender, da sich mit jeder Seite ein wenig mehr die dunklen Geheimnisse lüften. Der Glaube an Gott wird auch beschrieben, wenn auch sehr zart und unaufdringlich, so kann doch der Leser erkennen, wer die Geschicke so mancher Leben lenkt.
Auf eine langsame und ruhige Art wird der Leser mit in den verschlafenen Ort Derby genommen, in die Geschichte des zweiten Weltkriegs und was es für Auswirkungen auf die Menschen der amerikanischen Ostküste hatte. Wir lernen die verschiedenen Protagonisten kennen und lieben und bekommen Lust die Bücher des Buchclubs zu lesen, nach jedem Kapitel gibt es ein amüsantes "Buch-Protokoll" der gelesenen Lektüre und auch die vielen Nebencharaktere sind so liebevoll und originell gezeichnet, das es einfach Freude macht zu lesen. Es geht um Schuld und Versöhnung, um Liebe und Leidenschaft, um Versagen und neuen Mut und Zuversicht fassen und ich habe mich durchaus in dem einen oder anderen wieder erkannt und werde mit Sicherheit einige Bücher des Buchclubs auch lesen.
Sehr lesenswert!
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19.06.2024Blueberry ![5 von 5 Sternen](img/star-50.png)
Literatur als Trost und Hoffnung
Amy Lynn Greens Roman "Der Club der Bücherfreundinnen" entführt uns ins Jahr 1942 nach Derby, Maine, USA. Dort treffen wir auf vier Frauen aus unterschiedlichen Lebenswelten, die durch ihre Liebe zu Büchern zusammenfinden. Louise, die neue Besitzerin einer ererbten Bibliothek, sieht in dieser zunächst nur das Potenzial für einen Kindergarten. Doch Avis, die Leiterin der
Bibliothek, hat andere Pläne. Um die Bibliothek zu retten, erfindet sie kurzerhand einen Bücherclub und trommelt mithilfe von Ginnys leckeren Keksen ein paar Frauen zusammen.
Louise ist eine Frau, die mit dem Verlust ihres Mannes und den Wirren des Krieges zu kämpfen hat. Sie wirkt zunächst kühl und unnahbar, doch im Laufe der Geschichte lernt man ihre verletzliche Seite kennen. Ihre Liebe zu Büchern erwacht neu, als sie sich mit den anderen Frauen über die Geschichten austauscht.
Avis ist eine pragmatische Frau, die fest im Leben steht. Sie kümmert sich um die Bibliothek mit großer Hingabe, da sie von ihrem Bruder darum gebeten wurde. Obwohl sie anfangs skeptisch gegenüber dem Bücherclub ist, entwickelt sie sich zu einer wichtigen Stütze für die Gruppe.
Ginny ist die Frohnatur des Clubs. Sie liebt es zu lachen und bringt mit ihrer offenen Art Leben in die Runde. Ihre Liebe zu Büchern ist eher intuitiv und sie genießt es, in andere Welten einzutauchen.
Martina ist eine junge Frau, die mit den Herausforderungen der Mutterschaft und der Arbeit zu kämpfen hat. Im Club findet sie Verständnis und Unterstützung und lernt, ihre eigene Stimme zu finden.
Die vier Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein, doch durch ihre gemeinsame Leidenschaft für Bücher und ihre gegenseitige Unterstützung werden sie zu Freundinnen. Sie lernen voneinander, teilen ihre Ängste und Träume miteinander und wachsen gemeinsam an ihren Herausforderungen.
Der Club der Bücherfreundinnen ist ein warmherziger und inspirierender Roman, der die Kraft von Freundschaft und Literatur feiert. Die Charaktere sind vielschichtig und authentisch und die Geschichte berührt wichtige Themen wie Verlust, Trauer, Hoffnung und Neuanfang.
Besonders hervorzuheben sind die facettenreichen Charaktere von Louise, Avis, Ginny und Martina. Jede Frau hat ihre eigene Geschichte zu erzählen und entwickelt sich im Laufe des Romans weiter. Der Autorin gelingt es, die emotionalen Bindungen zwischen den Frauen glaubhaft darzustellen und die Leserinnen und Leser in die Welt des Bücherclubs hineinzuziehen.
"Der Club der Bücherfreundinnen" ist ein wunderbares Buch für alle, die sich für Geschichten über starke Frauen, Freundschaft und die Kraft der Literatur interessieren. Es ist ein unterhaltsames und zugleich berührendes Leseerlebnis, das noch lange nach dem Lesen in Erinnerung bleibt.
Neben den bereits erwähnten Stärken des Romans möchte ich noch folgende Punkte hervorheben:
Die Autorin zeichnet ein lebendiges Bild des Lebens in den 1940er Jahren in den USA.
Die Beschreibungen der Bücher und die Diskussionen im Club sind sehr ansprechend und machen Lust, selbst wieder mehr zu lesen.
Der Roman hat ein angenehmes Tempo und lässt sich flüssig lesen.
Fazit:
"Der Club der Bücherfreundinnen" ist ein warmherziger, inspirierender und berührender Roman über Freundschaft, Literatur und die Kraft der Hoffnung. Mit seinen vielschichtigen Charakteren und der fesselnden Geschichte ist er ein absolutes Lesehighlight!
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18.06.2024Kristina ![4 von 5 Sternen](img/star-40.png)
Lesen verbindet in schweren Zeiten
1942: Derby ist eine Kleinstadt in Maine. Dort lebt Louise Cavendish, die von ihrem Vater dessen private Bibliothek geerbt hat, selbst aber nicht gern liest. Avis, betreut die Bücherei während ihr Bruder an der Front kämpft, mag aber eigentlich viel lieber Zeitschriften mit Tipps für Haushalt und Ehe. Als Louise die Bibliothek schließen will, gründet
Avis kurz entschlossen einen Buchclub. Dorthin kommen außer Louise und ihr auch Ginny, die gern die Plätzchen isst, die dabei angeboten werden, und Fabrikarbeiterin Martina mit ihren beiden Kindern. Die Frauen könnten verschiedener nicht sein und verfolgen mit dem Besuch des Buchclubs auch recht unterschiedliche Ziele und dennoch wächst zwischen ihnen mit der Zeit eine Freundschaft, die trägt, wenn es darauf ankommt.
Ich lese gern historische Romane, die im vergangenen Jahrhundert spielen, und ich liebe Bücher und so habe ich gern nach diesem Roman gegriffen. Das Cover gefällt mir gut und passt auch sehr gut zum Inhalt. Auf reichlich 400 Seiten begleiten wir die vier sehr verschiedene Frauen: Louise, wohlhabend und unverheiratet; die jungverheiratete Avis, Ginny die von einer Insel stammt und weiß wie man zurecht kommt und Martina, die mit ihren Kindern eine neue Heimat suchte und in der Gießerei arbeitet. In den Kapiteln, die mit Datum und Name überschrieben sind, wird abwechselnd von Avis, Louise, Ginny und Martina erzählt. So lernt man die Frauen und ihre Geschichte gut kennen.
Anfangs haben mich die vielen verschiedenen Namen verwirrt und ich habe eine Weile gebraucht mich in den Roman einzulesen. Die Protagonisten sind mir auch lange fremd geblieben und ich habe die Handlung einfach nur interessiert verfolgt. Es dauert eine Weile ehe das Verbindende, der Buchclub, die Frauen auch wirklich verbindet. Erst als Gefahr droht merken die Frauen wie wichtig sie einander sind... und auch erst dann hat mich das Buch wirklich gefesselt und am Ende konnte ich es kaum aus der Hand legen.
Gern empfehle ich den Roman Buchliebhabern und Lesern, die sich für die Zeit des 2. Weltkriegs interessieren.
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10.06.2024LEXI ![5 von 5 Sternen](img/star-50.png)
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Bücher gute Freunde sind, aber andere Leser noch bessere!
„Er drückte die Bände an seine Brust und atmete ihren Duft ein, als wären sie einer seiner Blumensträuße, und einen Augenblick lang verspürte Louise so etwas wie Sehnsucht. Wie es wohl war, Bücher so sehr zu lieben"“
Der verstorbene Luther Cavendish liebte Bücher mehr als alles
andere auf dieser Welt. Er hinterließ seiner Tochter die sogenannte „Cavendish Association Library“, eine Privatbücherei, an der sein ganzes Herz hing. Doch Louise Cavendish interessiert sich nur wenig dafür und möchte die Bücherei schließen. Der Bibliothekar und seine Schwester Avis, die ihn für die Dauer seines Kriegseinsatzes vertritt, sind entsetzt. Als die spontane Idee zur Gründung eines Buchclubs Realität wird, kämpfen Avis und einige Mitstreiter um den Erhalt der Privatbücherei. Die bunt gemischten Mitglieder des neuen Buchclubs entwickeln sich nach und nach zu einer kleinen, eingeschworenen Gemeinschaft, welche die Liebe zum Buch vereint. „Menschen brauchen Geschichten, weil sie unser unbewusstes Bedürfnis nach Liebe, Gerechtigkeit und Neuem stillen.“
Amy Lynn Green siedelt ihre Geschichte im Jahr 1942 an, in zahlreichen Rückblenden erzählt sie darüber hinaus von den Jugendjahren ihrer Protagonistin Louise. Als Schauplatz fungiert eine kleine Küstenstadt in Maine, wo der Krieg bereits allgegenwärtig ist. Die Kriegshandlungen von der anderen Seite des Ozeans erreichen sogar schon die Küste von Derby und stellen die Bewohner vor einige Herausforderungen. Die Autorin verbindet geschickt fiktive Handlungen mit historisch belegten Ereignissen, auf die sie im Anhang des Buches eingeht. In den regelmäßigen Treffen des Buchclubs beschränken sich die Gespräche bald nicht mehr nur auf literarische Themen. Aus Zufallsbekannten werden Freunde, nachdem die oftmals mühsam gewahrten Fassaden aller Beteiligten langsam bröckeln und sie ihr Innerstes offenlegen. Aus anfänglicher Skepsis erwachsen gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung. Der Buchclub wird nicht zuletzt durch seine Mitglieder zum Lichtblick für alle Beteiligten, die neben der Liebe zur Welt der Bücher auch der gemeinsame Kampf um das Überleben der Bücherei verbindet.
Die Charakterzeichnung ihrer Akteure ist der Autorin vortrefflich gelungen. Amy Lynn Green ersann facettenreiche Protagonisten und Nebenfiguren, die in hohem Maße authentisch wirken. Ihre Gefühle, Gedanken und Sehnsüchte, aber auch ihre Vergangenheit werden dem Leser im Verlauf der Seiten nahegebracht. Eine zentrale Rolle spielt dabei Louise Cavendish, eine elegante ältere Dame, die umgeben von ihren Dienstboten in „Windward Hall“ lebt. Durch ihre strenge, humorlose Art und ihre steinerne Miene wirkt sie auf andere Menschen einschüchternd. Romantik ist für Louise eine lächerliche Illusion, doch sie hat nicht immer so empfunden. Avis Montgomery sorgt während der Abwesenheit ihres Bruders für einen reibungslosen Ablauf in der Bibliothek. Die junge Frau hegt zunächst keine allzu große Affinität zur Literatur, engagiert sich dennoch leidenschaftlich für die Bibliothek. Avis ist der Ansicht, dass man etwas, das man liebt, nicht kampflos aufgeben darf. Mit Ginny Atkins bringt die Autorin ein echtes Unikum ins Spiel – ein etwas chaotischer, sehr impulsiver und völlig ungekünstelter Wirbelwind, der nicht nur romantische Bücher, sondern auch das köstliche Teegebäck bei den Treffen des Buchclubs schätzt und kein Blatt vor den Mund nimmt. Ginnys Arbeitskollegin Martina Bianchini ist eine junge Mutter aus Boston und leidenschaftliche Leserin, öffnet sich anderen Menschen jedoch nur zögernd. Eine schwere Last aus der Vergangenheit überschattet Martinas Neuanfang in Derby. Ihrer italienischen Mamma verdankt sie einige klugen Ansichten und Lebensweisheiten: „Ich habe von meiner Mutter gelernt, dass Lieben und Geliebtwerden die größten Freuden und das größte Risiko sind. Manchmal beides gleichzeitig.“ Als interessante Nebenfiguren dieses Buches fungieren Avis Montgomerys Ehemann Russell, Louises Köchin Delphie, ein verwundeter Kriegsveteran namens Freddy sowie Martinas Ehemann Patrick.
Das interessante Thema sowie der einnehmende Schreibstil der Autorin machten diesen Roman aus der Feder von Amy Lynn Green zu einem echten Lese-Highlight. Ich genoss es, die Bewohner der fiktiven Küstenstadt im Kampf gegen die Schließung der Bücherei zu begleiten. Durch die Enthüllung der Vergangenheit kommt es zu spannenden Szenen, auf die ich aufgrund etwaiger Spoiler nicht näher eingehen mochte. Nicht zuletzt ist es dem interessanten Plot, den hervorragend gezeichneten Figuren und zahlreichen klugen Einsichten und Lebensweisheiten zu verdanken, dass ich es kaum schaffte, mich von den Seiten dieses Buches zu lösen. „Der Club der Bücherfreundinnen“ hat ganz eindeutig das Potenzial dazu, auch noch nach dem Zuschlagen der letzten Seite nachzuwirken.
Abschließend möchte ich noch auf die wunderschöne optische Aufmachung dieses Buches hinweisen. Die Abbildung von zwei Frauen vor einem lichtdurchfluteten Fenster einer Bibliothek zieht die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Eine harmonische Farbgestaltung und die gefällige zentrierte Anordnung von Titel, Autor und Verlag runden das positive Gesamtbild ab. Abgesehen von den bereits erwähnten Anmerkungen der Autorin findet man darüber hinaus am Ende des Buches noch eine Leseliste des Buchclubs mit sämtlichen im Inhalt erwähnten Titeln. Dieser Roman hat mich dermaßen in den Bann gezogen, dass ich mir jene Titel und Autoren, die ich bis dato noch nicht kenne, auf jeden Fall näher ansehen werde.
Ich vergebe begeisterte fünf Sterne und möchte diesen Roman ganz besonders Menschen mit einer Leidenschaft für Bibliotheken, Bücher sowie den regen Austausch darüber ans Herz legen. „Bücher sind dafür da, um Diskussionen auszulösen. Lass es einfach zu!“
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