
Wenn die Schatten einmal weichen
Niederlande 1939: Zusammen mit ihrem Mann lebt Lena auf ihrem Bauernhof. Ihr Glaube war ihr immer ein verlässlicher Kompass – doch wird er auch bestehen, wenn komplizierte Fragen sie bedrängen, deren Antworten über Leben und Tod entscheiden?
Ihre Tochter Ans dagegen träumt vom idealen Arbeitsplatz und einem netten jungen Mann. Und so stürzt sie sich ins Großstadtleben Leidens. Als sie jedoch mit den Umtrieben des Widerstands gegen die Nazibesatzung in Berührung kommt, prallt ihre romantische Weltsicht auf die harte Realität, die der Kampf gegen einen gnadenlosen Feind mit sich bringt.
Miriam ist eine junge jüdische Geigenspielerin, die nach Holland geflohen ist, wo sie Schutz sucht. Ihre Familie lässt sich in Leiden nieder und sie findet die große Liebe. Dann aber marschieren deutsche Truppen ein und zwingen die Frauen, Wege voller Gefahren einzuschlagen. Werden sie das Gottvertrauen und den Mut aufbringen, die sie brauchen, um durchzuhalten?
Format: 13,5 x 21,5 cm
Hinsichtlich der Produktsicherheit (GPSR) unbedenklich
Bestellnummer: 332222
ISBN: 978-3-96362-222-9
2. Auflage, erstmals erschienen im Oktober 2021
Format: ePUB
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ISBN: 978-3-96362-862-7
2. Auflage, erstmals erschienen im Oktober 2021
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Leseprobe
Prolog
Die Niederlande
Mai 1945
Lena lag wach im Bett und wartete. Es schien, als seien die Geräusche in der rabenschwarzen Nacht viel lauter als sonst. Sie hörte das leise Rascheln der Schattenmenschen, die unten im Bauernhaus durch die Dunkelheit krochen. Das Knarren des Scheunentors und das Flüstern des Heus, als sie in dieser mondlosen Nacht über die Tenne schlichen. Die Schattenmenschen warteten auch.
War ihnen dieses Warten genauso verhasst wie ihr?
Der Krieg hatte Lena de Vries vieles zu tun gelehrt. Schwierige, unmögliche Dinge. Sie hatte gelernt, mutig zu sein, angetrieben von Angst und Glauben. Sie hatte gelernt, dem Tod ins Auge zu sehen und dabei die Hand des Heilands fest zu umklammern. Aber das Warten war die schwierigste Lektion von allen. Jede einzelne Minute kam ihr vor wie eine Stunde. Jede Stunde zog sich endlos hin. Am Tag stand die Sonne am Himmel still, und nach jeder endlosen Nacht - wie dieser - ließ sie sich alle Zeit der Welt, wieder aufzugehen. Lena hoffte wider alle Vernunft, dass ihr Mann Pieter noch am Leben war, dass er nach Hause kommen und sie ihn irgendwann in die Arme schließen könnte. Oder dass ihre Tochter Ans und ihr Sohn Wim immer noch lebten und wohlbehalten zurückkommen würden. Sie wusste, wenn einer von ihnen durch die Tür kam, würde ihre Freude die langen Monate des Wartens wettmachen. Falls sie jemals zurückkehrten.
Die vergangenen sieben Tage waren die längsten in Lenas fünfundvierzig Lebensjahren gewesen. Eigentlich sollte der Frühling eine Zeit der Wiedergeburt und der Hoffnung sein, aber heute Nacht machte sich ihre Angst selbständig und presste alles Leben aus ihrem Herzen, sodass jede Hoffnung verlosch. Lena atmete seufzend aus und drehte sich im Bett um, während sie ein leises Gebet für Pieter und Ans und Wim flüsterte. Und für all die Schattenmenschen, die im Dunkeln mit ihr warteten.
An Schlaf war nicht zu denken. Lena hatte schon lange nicht mehr tief und fest geschlafen, eigentlich seit dem Tag vor fünf Jahren, als die Nazis einmarschiert waren. Sie stand auf, wobei sie sich Mühe gab, ihre beiden Töchter Maaike und Bep nicht zu wecken, die neben ihr im Bett schliefen, wo eigentlich Pieter liegen sollte. Ihre Mädchen hatte Lena in Zeiten wie diesen immer in ihrer Nähe. Sie zog einen Pullover über ihr Nachthemd und tastete sich hinunter, vertraut mit jeder schmalen Stufe der steilen Winkeltreppe. Am Fuß der Treppe blieb sie stehen. Ein Schatten huschte durch ihre Küche, als suchte er etwas. Ihr Herz machte einen Satz.
»Pieter?«, flüsterte sie.
Der Schatten drehte sich um. Es war Wolf, ihr Kontaktmann beim niederländischen Widerstand. Seinen richtigen Namen kannte sie nicht. So war es sicherer. »Habe ich dich geweckt?«, flüsterte er. »Das tut mir leid. Ich habe einen Bleistift gesucht. Ich wollte dir eine Nachricht schreiben. «
»Hast du Neuigkeiten von meinem Mann?«
»Nein. Aber ich habe gute Nachrichten. Alliierte Truppen sind in Holland gelandet. Kanadische Panzer haben viele unserer Städte befreit. Hier ist die neueste Zeitung. « Er zog das dünne Untergrundblatt aus seiner Tasche und reichte es Lena. Sie warf einen Blick darauf und rollte es instinktiv zusammen, damit es in ihr Fahrradgestell passte. Dort würde sie es vor den Nazis verstecken, wenn sie es ihrer Cousine im Dorf brachte.
»Aber bis zu uns sind die Alliierten noch nicht gekommen?«, fragte sie.
»Bald. Ich bin hier, um dir und den anderen zu sagen, dass es nicht mehr lange dauern wird. Vielleicht sogar schon morgen. «
Zwei weitere Schatten schlüpften in die Küche, während Lena und Wolf miteinander sprachen. Sie verließen ihr Versteck nur nachts und verschwanden vor Tagesanbruch wieder. Wie mussten sie sich danach sehnen, die Sonne wieder im Gesicht zu spüren.
»Und es ist diesmal kein falscher Alarm wie im letzten Herbst?«, flüsterte einer der Schatten. Lena erinnerte sich an den »verrückten Dienstag«, als Gerüchte von einer Befreiung das Land mitgerissen hatten. Unter den deutschen Soldaten war Panik ausgebrochen und unter den Niederländern Jubel. Viele Nazis und ihre Kollaborateure waren nach Osten geflohen. Als das Gerücht sich als Fehlalarm erwies, kamen sie zurück. Und die Hoffnung erstarb.
»Diesmal stimmt es«, sagte Wolf. »Ich habe die kanadischen Panzer mit eigenen Augen gesehen. «
Lena schloss einen Moment lang die Augen. Würde das Warten wirklich ein Ende haben?
»Woher wissen wir, wann es ungefährlich ist herauszukommen?«, fragte der andere Schatten.
»Wenn sie die Kirchenglocken in der Stadt läuten. Ich muss los«, sagte Wolf und schob sich zur Tür. »Ich muss den anderen Bescheid sagen. «
»Warte«, sagte Lena. »Hast du Hunger? Hast du etwas gegessen?« Wolf war dünn wie ein Schatten. Seine eingefallenen Wangen ließen ihn im Dunkeln wie ein Skelett aussehen. Tausende Menschen, die in den Städten festsaßen, verhungerten jeden Tag. Städte wie Leiden, wo Lenas Tochter Ans wohnte.
»Du musst schon genügend Personen durchfüttern«, widersprach Wolf.
»Dann macht einer mehr auch nichts aus. « Sie öffnete die Backröhre über dem Herd und zog eine gebackene Kartoffel heraus, schlug sie in ein Tuch, um sie warm zu halten, und drückte sie ihm in die Hand. »Ich wünschte nur, ich könnte dir mehr geben. « Die Kartoffel war klein und verschrumpelt, eine der letzten aus ihrem fast leeren Rübenkeller. »Danke, dass du gekommen bist, Wolf. Ich werde die Neuigkeiten weitergeben. « Er hatte Lena Hoffnung geschenkt. Und durch die Hoffnung würde das Warten nur noch schwieriger werden.
Nachdem Wolf gegangen war, setzte Lena sich zusammen mit den Schattenmenschen an den Küchentisch und las ihnen die Zeitung vor, während sie jeder eine Kartoffel und etwas gekochten Kohl aßen. Sie kannte nur ihre Decknamen - Max und seine Frau Ina - und sie wusste, dass die beiden Juden waren. Max fälschte nachts in Lenas Keller Ausweise für den Widerstand.
Als es hell wurde, half Lena ihnen, wieder in ihr Versteck hinter dem Klavier zu kriechen. Pieter hatte die Tür so verkleidet, als hätte es sie nie gegeben, und dann im unteren Teil ihres Klaviers einen geheimen Eingang in den kleinen Raum nebenan eingebaut. Die tiefen Töne des Instruments funktionierten nicht mehr, aber die anderen Tasten schon. Nur wenige Menschen wussten von diesem Versteck, nicht einmal Lenas jüngere Töchter. Sie hatten auch keine Ahnung, dass Max und Ina seit über einem Jahr hinter dem Klavier lebten.
Nachdem sie sich angezogen hatte, legte Lena die restlichen Kartoffeln und einen Brotkanten, den sie aufgehoben hatte, in einen Korb und ging damit durch die Tür, die von der Küche in die Scheune führte. Sie wusste nie, wie viele Schatten sich in ihrer Scheune versteckt hielten oder wie lange sie bleiben würden. Einige von ihnen verbargen sich auch ganz oben in der alten Windmühle, die Wasser auf die Felder pumpte. Die Männer und Frauen des Widerstands verstellten die Windmühlenflügel, um anzuzeigen, wann es für die Schattenmenschen sicher war, sich auf ihrem Hof zu verstecken. Auch hier war es besser, wenn Lena nicht zu viel wusste. Sie kochte nur, was an Lebensmitteln da war, und brachte es ihnen, während sie Gott bat, es zu vermehren, wie er es bei den fünf Broten und zwei Fischen getan hatte.
Mehrere Männer kamen aus ihren Verstecken in der Scheune, als Lena den Choral sang, der ihnen als Zeichen diente. Während sie aßen, las sie ihnen Wolfs neueste Ausgabe der Zeitung vor. Vier der Männer waren noch keine zwanzig Jahre alt - wie ihr Sohn Wim. Andere sahen aus wie onderduikers, ganz normale Ehemänner und Väter, die gezwungen gewesen waren »unterzutauchen«, damit sie nicht in deutsche Arbeitslager deportiert wurden. Oder vielleicht waren sie auch Bahnarbeiter, denen die niederländische Exilregierung befohlen hatte zu streiken, um die Nazis zu behindern. Einer der jungen Männer war schlank, hatte dunkelbraunes Haar und eine Brille auf der Nase. Ob er Jude war?
»Was werden Sie als Erstes tun, wenn die Alliierten kommen und die Niederlande befreien?«, fragte sie.
»Nach Hause gehen«, lautete ihre einstimmige Antwort. Die Schattenmenschen sprachen über Dinge, die sie vermissten, und das Essen, auf das sie sich freuten, während sie Brot und Kartoffeln aufaßen. »Ich habe gehört, die Alliierten verschenken Zigaretten«, sagte einer der Männer. »Für was zu rauchen würde ich alles geben. «
Bei Tagesanbruch bot sich einer von ihnen an, für Lena die Kühe zu melken. »Ich bin auf einem Bauernhof in Friesland aufgewachsen«, sagte er. »Das Melken erinnert mich an zu Hause. « Er strich der Kuh über die Flanke, als begrüßte er einen alten Freund, dann nahm er auf dem Melkschemel Platz. »Soll ich sie zum Grasen rauslassen, wenn ich fertig bin?«
»Nein, sie müssen heute noch mal in der Scheune bleiben. In einem nahe gelegenen Dorf sind neulich drei Kühe von Schrapnellen einer Nazirakete getötet worden. «
»Außerdem könnte jemand sie stehlen, weil er Hunger hat. «
»Das auch. «
Lenas Töchter tranken etwas von der noch warmen Milch zum Frühstück. Auch sie sahen dünn und schattenhaft aus. Ihre beiden großen Kinder, Wim und Ans, waren in dem Alter kräftig und rundlich gewesen und hatten rosige Wangen gehabt. Vor dem Krieg. Als das Leben freundlich und gut gewesen war. Als sie jede Menge zu essen gehabt hatten. »Ich glaube, wir nehmen die restliche Milch heute Morgen mit ins Dorf«, sagte sie zu den Mädchen, »und tauschen sie gegen etwas anderes ein. «
Bei der Aussicht, in den Ort zu gehen, hüpfte Bep vor Aufregung. Mit ihren vier Jahren war sie voller Leben und Energie. »Darf ich eine Schleife im Haar tragen?«, fragte sie.
»Es ist doch nicht Sonntag«, antwortete Maaike.
»Ich weiß, aber darf ich, Mama?«
»Ja, warum nicht?« Nach dem Frühstück bürstete Lena Beps langes dunkles Haar und band eine Schleife hinein. Es fiel ihr in dicken Naturwellen über die Schultern. »Möchtest du auch eine?«, fragte sie Maaike. Doch die schüttelte den Kopf. Als Elfjährige war sie nicht mehr an mädchenhaften Schleifen interessiert. Lena flocht Maaikes strohblonde Mähne - sie selbst war auch blond - zu einem dicken Zopf, der ihr fast bis zur Taille reichte. Dann holte Lena ihr kaputtes Fahrrad aus der Scheune. In Friedenszeiten würde ihr Rad als Schrottkiste gelten - und das war es auch -, aber wenigstens machten die Nazis sich so nicht die Mühe, es zu konfiszieren. Sie setzte Bep auf die Lenkstange und Maaike kletterte auf das Brett, das Pieter am Gepäckträger befestigt hatte. Lena band die beiden Behälter mit Milch unter ihrem Pullover und ihrer Schürze fest, dann machten sie sich auf den fünf Kilometer langen Weg ins Dorf.
Die Weiden zwischen ihrem Hof und dem Dorf sahen an diesem Morgen blass und müde aus wie ein Kranker, der zu lange im Bett gelegen hat. Wieder fehlten einige Zaunpfähle und mehrere Bäume waren verschwunden, weil jemand sie im vergangenen Winter zu Brennholz zerhackt hatte. In diesem langen, endlosen Hungerwinter. Weil die Bahnarbeiter streikten, waren Lebensmittel in den Städten so rar geworden, dass halb verhungerte Menschen von Leiden und Den Haag zu Lenas Bauernhof gewankt waren, um sich Essen zu erbetteln. Ihr kleines Volk würde viel wieder aufbauen müssen, wenn der Krieg endlich zu Ende war. Aber Lena hatte den Verdacht, dass die schwierigste Aufgabe darin bestehen würde, die Zwietracht und das Misstrauen zu beenden, das unter Nachbarn herrschte und sogar ganze Familien zerriss. In den vergangenen fünf Jahren hatte niemand gewusst, wem er vertrauen konnte oder wer ein Geheimnis an die Nazis verkaufen würde, um die eigenen hungernden Kinder zu ernähren. Als Pieter und sie sich bereit erklärt hatten, Juden und onderduikers zu verstecken, hatten sie gewusst, dass man sie verhaften würde, wenn sie entdeckt wurden.
Lena war schon fast im Ort, als sie den herrlichen Missklang der Kirchenglocken in der Ferne hörte. Sie wurde langsamer, als Freude in ihrem Herzen aufstieg. »Hört mal, Mädchen! Hört ihr die Glocken?«
»Aber heute ist doch gar nicht Sonntag, Mama«, sagte Bep.
»Ich weiß. Es bedeutet, dass unser Land frei ist! Wir sind frei!« Sie hatte die Worte ausgesprochen, konnte aber kaum begreifen, dass es die Wahrheit war.
»Bedeutet das, dass die Nazis jetzt gehen?«, fragte Maaike.
»Ja, jetzt gehen sie für immer weg. Die Niederlande werden wieder frei sein!« Sie konnte es sich gar nicht vorstellen. Lena fragte sich, ob Maaike sich überhaupt an eine Zeit erinnerte, in der Soldaten auf knatternden Motorrädern nicht zum normalen Straßenbild gehörten. Sie war erst sechs Jahre alt gewesen, als die Nationalsozialisten in die Niederlande einmarschiert waren. Und die kleine Bep hatte die Freiheit noch gar nicht kennengelernt.
Auf dem letzten Kilometer in die Stadt fuhr Lena schneller. Auf dem Dorfplatz und auf der Straße vor der Kirche ihres Vaters drängten sich die Menschen, als wäre Ostersonntag. Die Kirchenglocken tönten so laut, dass man sie wahrscheinlich bis zum Hof hörte. Lenas Freunde und Nachbarn lachten und umarmten einander, während ihnen die Tränen übers Gesicht liefen. Lenas Cousine Truus schob sich durch die Menge und umarmte Lena ganz fest und die Milchkannen schlugen gegeneinander, als die beiden Frauen sich auf der Stelle hin und her wiegten. »Ist es nicht herrlich, Lena? Wir sind frei! Endlich sind die Nazis fort!«
»Und sieh dir nur all diese Menschen an, die in Verstecken gewesen sein müssen«, sagte Lena, als Truus sie wieder losließ. Zwischen den Dorfbewohnern liefen Fremde umher, die Lena noch nie gesehen hatte. Ihre kreideweiße Haut und die verängstigten Mienen verrieten ihr, dass es sich um Schattenmenschen handelte. »Ich hatte keine Ahnung, dass so viele von ihnen hier im Ort versteckt waren!«
»Und merkst du auch, wer nicht hier ist?«, fragte ihre Cousine. »Die dreckigen Kollaborateure sind alle abgehauen. «
»Was für eine Erleichterung. « Lena fragte sich, ob diese Leute für das, was sie getan hatten, zur Rechenschaft gezogen werden würden. Sie hatten viel zu verantworten. Lena kannte die Menschen in diesem Dorf schon ihr ganzes Leben lang, sie hatte jeden Sonntag in der Kirchenbank neben ihnen gesessen und wusste, dass der Krieg über jedes Leben, jede Familie Tragödien hatte hereinbrechen lassen. Jetzt sah sie zu, wie diese Menschen jubelten und sich umarmten und fragten: »Ist es wirklich vorbei? Sind sie endlich fort?« Einer der Ältesten der Gemeinde fing an zu singen und alle stimmten in die Worte des Psalms ein:
»Gott, der du uns geholfen hast, bist Hoffnung alle Zeit,
du bist die Zuflucht vor dem Sturm und auch in Ewigkeit. «
Lena nahm Beps Hand und wischte sich die Tränen von den Wangen, während sie sang. Wenn doch Pieter und Papa nur hier wären und dies sehen könnten. Sie musste schnell nach Hause fahren und ihren eigenen Schattenmenschen die frohe Botschaft bringen. Max und Ina konnten hinter dem Klavier hervorkommen. Die onderduikers konnten zu ihren Familien zurück. Vielleicht waren Pieter und Ans und Wim ja schon auf dem Weg nach Hause.
Sie tauschte die Milch gegen etwas Käse und einen Laib Brot ein. »Ihr könnt die Sachen auf dem Heimweg tragen«, sagte sie zu ihren Töchtern. »Jetzt brauchen wir sie nicht mehr zu verstecken. « Freude und Hoffnung wärmten Lena wie die Frühlingssonne, während sie in die Pedale trat. Die Felder sahen jetzt grüner aus als auf dem Weg in die Stadt.
»Ihr könnt herauskommen! Es ist nicht mehr gefährlich!«, rief sie, während sie ihr Fahrrad in der Scheune abstellte. »Die Niederlande sind frei!«
»Ist es sicher?«, rief eine Stimme.
»Ganz sicher! Schnell! Lauft zur Windmühle hinauf und sagt es den anderen. « Lenas Töchter klebten an ihr, als die Schattenmenschen aus allen Ecken der Scheune hervorkamen. Maaike und Bep hatten keine Ahnung, wer diese Männer waren. Lena lachte, als sie die erstaunten Mienen der Mädchen sah, und gab ihnen ein Zeichen, damit sie ihr zur Küche folgten und dann ins Wohnzimmer. Sie bückte sich und klopfte an die untere Rückwand des Klaviers. »Ihr könnt jetzt herauskommen! Die Niederlande sind frei! Wir sind frei!« Mit großen Augen beobachteten die Mädchen, wie die Platte zurückgeschoben wurde und Max und Ina herauskamen. Lena riss die Haustür weit auf und sagte: »Seht nur! Es ist ein herrlicher Tag! Endlich könnt ihr hinaus!« Die beiden bewegten sich wie im Traum, als sie sich zu den anderen Schattenmenschen vor der Scheune gesellten. Wie die Dorfbewohner sahen sie sich staunend um und lachten und jubelten. Ina sank auf die Knie, schlug die Hände vors Gesicht und weinte. Jenseits des Gartens standen mehrere Männer auf dem oberen Boden der Mühle und jubelten und streckten ihr Gesicht der Sonne entgegen. Lena winkte ihnen von der Haustür aus zu. Maaike stand neben ihr.
»Wer sind denn alle diese Leute, Mama? Und was machen sie hier?«
»Sie haben sich vor den Nazis versteckt. Dein Papa hat gesagt, dass sie hier bei uns bleiben können, wo sie in Sicherheit sind. Aber jetzt müssen sie sich nicht mehr verstecken. « Sie sah sich nach Bep um und entdeckte, wie ihre Tochter vor dem Klavier hockte und hineinschaute.
»Sieh mal, Maaike!«, sagte Bep. »Da ist ein kleiner Raum im Klavier mit Decken und einem Bücherregal und allem. Komm und guck mal!«
Als Maaike zu ihrer kleinen Schwester ging, nahm Lena die Fotografie, die sie bei einem Fotografen von ihrer Familie hatte machen lassen, vom Klavier. Das Bild war 1939 während einer Reise nach Leiden entstanden, ein Jahr vor dem Einmarsch der Nazis, bevor einer von ihnen geglaubt hatte, der Krieg könnte auch nach Holland kommen. Lenas älteste Tochter Ans war damals achtzehn gewesen - wunderschön mit ihren hellblonden Haaren und ihrer schlanken Gestalt. Ihr offenes Lächeln und ihre selbstbewusste Haltung ließen einen starken Willen vermuten. Wim stand neben seiner Schwester, schon genauso groß wie sie, das blonde Haar von der Sonne fast weiß. Vor der Invasion war er ein neugieriger Elfjähriger gewesen, der gerne im Kanal schwamm und seine Schwestern ärgerte. Der Krieg hatte Wim gezwungen, zu früh ein Mann zu werden. Die fünfjährige Maaike saß auf Lenas Schoß, ihr Überraschungsbaby, geboren, als Lena vierunddreißig war. Lena hatte ihren Vater überredet, mit ihnen für das Bild zu posieren. Groß gewachsen und würdevoll, das weiße Haar in der Stirn und mit weißem Spitzbart, stand er hinter Wim und Ans, ganz und gar der strenge Pastor. Papas graue Augen wirkten hinter dem Drahtgestell seiner Brille verkniffen, so als hätte er Schmerzen oder zu lange in die Sonne geblickt. Er hatte damals noch immer um Lenas Mutter getrauert, die einige Monate zuvor gestorben war. Pieter, Lenas große Liebe, stand hinter ihr und hatte die Hände auf ihre Schultern gelegt. Wie sie seine starken, schwieligen, sonnengebräunten Hände liebte. Würde sie diese Hände jemals wieder ergreifen? Von den sechs Menschen auf dieser Fotografie waren nur Lena und Maaike zu Hause und in Sicherheit.
Jesus hatte zu seinen Jüngern gesagt: »Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. « Das war eine harte, eine sehr harte Wahrheit, und das Feuer des Krieges hatte sie auf die Probe gestellt.
Lena spürte, dass jemand sie am Rock zog. Bep blickte mit besorgter Miene zu ihr auf. »Kommt Papa jetzt nach Hause?«, fragte sie.
»Und Wim und Ans auch?«, fügte Maaike hinzu.
Lena antwortete nicht. Sie wusste es nicht. Die Angst legte sich wie ein eiserner Ring um ihr Herz, der sich immer mehr zusammenzog, und sie wusste, wenn sie das zuließ, würde sie ihren Glauben verlieren. Früher hatte sie geglaubt, der Feind des Glaubens sei der Zweifel, aber inzwischen hatte sie gelernt, dass die Angst es war, die den Glauben zerstörte. »Lass dich von deiner Angst in Gottes Arme treiben«, hatte ihr Vater gesagt.
»Wir werden hoffen und beten, dass sie nach Hause kommen«, erwiderte Lena schließlich.
»Ich vermisse Opa«, sagte Maaike. Als sie das sagte, betrachtete sie ebenfalls die Fotografie.
Lena strich ihrer Tochter über das blonde Haar und den dicken Zopf. »Ich auch. «
»Weinst du, Mama?«, fragte Bep.
Lena wischte ihre Tränen fort. »Manchmal weinen wir, weil wir glücklich sind. «
»Ich bin auch glücklich. « Bep schlang die dünnen Ärmchen um Lenas Beine und drückte sie fest. Dieses Kind hatte einen besonderen Platz in Lenas Herzen. Sie hätte Bep auch nicht mehr lieben können, wenn sie das Mädchen selbst zur Welt gebracht hätte.
Aber das hatte sie nicht.
Und jetzt, durch die Befreiung, würde auch diese Wahrheit aus ihrem Versteck kommen so wie die Schattenmenschen.
1. Kapitel
Sechs Jahre zuvor
Juni 1939
Lena wollte nicht die Beherrschung verlieren, aber ihre Tochter hatte sie mal wieder bis an den Rand ihrer Geduld gebracht. »Du kannst nicht einfach mit dem Zug in eine fremde Stadt fahren und dort wohnen, Ans. Das ist absurd!«
»Aber ich bin es leid, hier in diesem Kaff festzustecken, in dem jeder alles über jeden weiß. Das halte ich keine Minute länger aus!« Ans wusch das Geschirr ab und knallte die Teller auf das Abtropfgitter, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.
»Vielleicht wenn du und ein paar deiner Freundinnen …«
»Die anderen sind ja alle zufrieden hier! Rietje und Corrie haben einen Freund. « Sie sagte es, als wäre es ein Schimpfwort. »Ich werde lieber eine alte Jungfer, bevor ich einen der Jungs von hier heirate. Am Ende wäre ich nämlich nur sein Dienstmädchen und würde für ihn kochen, und putzen und seine Kühe melken und jede Menge Kinder kriegen. «
Lena, die den Tisch abwischte, hielt inne und sah ihre Tochter an. »Siehst du mein Leben etwa so? Glaubst du, ich wäre nichts als ein Dienstmädchen, das kein eigenes Leben hat? Dass ich nichts tue, außer zu arbeiten und Kinder zu bekommen?«
»Du wolltest dieses Leben. Ich nicht! Ich bin es leid, bei jedem Atemzug Kuhfladen zu riechen und in einer Küche zu essen, die direkt neben dem Stall ist. «
Und die Kirche ist sie auch leid. Das war auch ein Teil ihrer Unzufriedenheit. Lena wusste, dass Ans gleich anfangen würde, sich über die Gemeinde zu beklagen. Und so war es auch.
»Der Gottesdienst ist nichts weiter als ein Haufen langweiliger Rituale. Glauben die Leute überhaupt, was sie jede Woche sprechen und singen? Was die Kirche uns vorschreibt, ist doch völlig altmodisch! Wie die Regel, die sagt: ›Gehorche deinem Ehemann. ‹ Die Welt ist ein moderner Ort und …«
»Ich liebe deinen Vater. Es ist kein Opfer, an seiner Seite zu arbeiten und Dinge zu tun, die ihn glücklich machen. « Lena konnte sich nichts Besseres vorstellen, als von Feldern umgeben zu sein, den Duft von frisch gemachtem Heu einzuatmen und den Rhythmus der Jahreszeiten zu genießen. Sie wischte noch ein letztes Mal über den Tisch und warf den Lappen dann in die Spüle.
»Ich fühle mich jedenfalls wie eine Gefangene hier«, sagte Ans. »Ich will in Leiden leben. «
Sie hätten an dem Tag, als das Foto gemacht wurde, nicht nach Leiden fahren dürfen. Ans hatte die Stadt auf Anhieb geliebt. Lena hatte sie gehasst. Sie war zu laut und hektisch, mit Autos und Fahrrädern und Zügen, die an einem vorbeirasten. Angesichts der verzweigten Straßen und der sich windenden Flüsse und Grachten hatte Lena sich ganz verloren und orientierungslos gefühlt. Die Häuser standen dicht gedrängt wie Maiskörner an einem Kolben ohne jeden Raum zwischen ihnen. Ans war von der Stadt begeistert gewesen. Und seitdem ließ sie nicht locker.
»Du kannst mich nicht zwingen hierzubleiben. Ich bin fast neunzehn!«
Lena wandte sich ab, damit sie nichts sagte, was sie später bereuen würde. Und damit Ans ihre Tränen nicht sah. Sie ging durch die Tür in die Scheune und dann nach draußen, wo Pieter einen Fahrradschlauch flickte. »Ich habe gehört, dass du wieder mit Ans gestritten hast«, sagte er.
»Sie beleidigt mich und unser Leben, Pieter. Ich weiß nicht, wie ich mich ihr verständlich machen soll. «
Pieter nahm seine Mütze ab und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. »Das kannst du nicht, Lena. Sie ist eigensinnig und will unbedingt ihren Willen haben, seit sie geboren wurde, weißt du noch?«
Oh ja. Lena erinnerte sich. Ans war nie ein ruhiges, zufriedenes Kind gewesen wie Wim oder Maaike. »Sie ist so stur!«, sagte Lena. »Warum kann man mit ihr nicht vernünftig reden?«
»Ihr Starrsinn könnte irgendwann vielleicht ihre größte Stärke sein. «
»Oder ihr Untergang. «
Pieter zog die Kappe wieder über seine verschwitzten Haare. »Ans hat im letzten Jahr dabei zusehen müssen, wie ihre Großmutter langsam gestorben ist. Lass sie los, Lena. Wenn du versuchst, sie festzuhalten, ist das, als wolltest du Sand festhalten. Je fester du zupackst, desto schneller rinnt er dir zwischen den Fingern hindurch. «
Unmöglich. Lena war der Leim, der den Hof und die Familie zusammenhielt. Wenn sie losließ, würde alles auseinanderbrechen. Pieter schlang seine Arme um sie und sie genoss seine Kraft und Zuverlässigkeit, ein Baum mit tiefen Wurzeln und starken Ästen. Lena und er hatten geheiratet, als sie achtzehn Jahre alt gewesen war - so alt wie Ans jetzt -, und es nicht einen einzigen Augenblick bereut. »Was ist mit ihrer Seele, Pieter? Sie lehnt die Kirche ab und alles, was wir sie gelehrt haben. «
»Ich weiß nicht, wie ich darauf antworten soll«, sagte er seufzend. »Sprich mit deinem Vater. Hör dir an, was er zu sagen hat. «
Sie küsste ihn und ließ ihn dann weiterarbeiten, während sie selbst langsam zum Haus zurückging. Sie hatte auch zu tun, aber sie war zu beunruhigt, um sich auf irgendeine Arbeit zu konzentrieren. Deshalb suchte sie Maaike und Wim und fand die beiden im hohen Gras am Rand des Kanals, die blonden Köpfe zusammengesteckt, während sie einen Frosch oder ein Insekt oder irgendeinen anderen Schatz dieser Art untersuchten. »Ich fahre ins Dorf«, rief sie den beiden zu. »Wollt ihr mitkommen?«
Sie wollten lieber zu Hause bleiben und spielen, also fuhr Lena mit dem Fahrrad allein in den Ort. Ihr Vater saß im Pfarrhaus an seinem Küchentisch und schrieb einen Brief. Als sie hereinkam, legte er den Stift zur Seite und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Das ist aber eine schöne Überraschung, Engelena Everdina. Was führt dich denn her?«
Er lächelte immer, wenn er ihren vollständigen Namen sagte. Seit Mamas Tod schien er weicher geworden zu sein, so als hätten Trauer und Schmerz etwas von seiner Schärfe und Gewissheit weggefeilt. Er war geduldiger mit seinen Gemeindemitgliedern und nachsichtiger, was ihre Fehler betraf.
Er zeigte auf einen freien Stuhl am Tisch und hörte zu, während Lena ihm von ihren immer heftiger werdenden Meinungsverschiedenheiten mit Ans erzählte und davon, was ihre Tochter über die Kirche gesagt hatte. Ans hatte in den letzten Monaten der Oberschule im Pfarrhaus gelebt und sich um ihre Großmutter gekümmert, bis diese gestorben war. Die Trauer fraß noch immer ein tiefes Loch in Lenas Seele, aus dem sie noch nicht herausgeklettert war. Gelegentlich wurde sie wieder zurück in die Dunkelheit gezogen, wenn sie am wenigsten damit rechnete - schon der Anblick eines freien Stuhls am Tisch oder ein Korb mit halb fertigem Strickzeug genügte. Lena durfte nicht auch noch ihre Tochter verlieren.
Ihr Vater überlegte einen Moment lang, bevor er antwortete, nahm seine Brille ab und putzte sie mit dem Saum seines Pullovers. »Der Glaube von Ans muss ihr eigener Glaube werden, Lena. Sie kann nicht deinen oder meinen erben, egal, wie sehr wir uns das auch wünschen. Sie muss Gott durch das finden, was sie sieht und mit ihm erlebt. «
Sein Rat überraschte Lena. »Aber … was ist, wenn sie nicht wieder zur Gemeinde zurückfindet? Was, wenn sie sich weiter davon entfernt - und von uns?«
»Ans gehört Gott, nicht uns. Er wird ihr nachgehen. In der Bibel steht, dass niemand sie aus der Hand des Vaters reißen kann. « Dessen schien er sich ganz sicher zu sein.
»Aber was ist mit ihrem Ruf - und deinem? Die Leute fragen schon, warum sie nicht mehr mit uns in den Gottesdienst geht?«
»Du schuldest niemandem eine Erklärung. «
Seine Worte hätten Lena beruhigen sollen, aber das taten sie nicht. Sie wurde einfach das Gefühl nicht los, dass sie selbst schuld war am Aufbegehren ihrer Tochter. »Ans will ganz allein von zu Hause fortgehen und nach Leiden ziehen. Offenbar habe ich als Mutter etwas falsch gemacht, wenn sie so empfindet. «
Ihr Vater lachte leise und schüttelte den Kopf. »Nein, Engelena. Mach dir keine Vorwürfe. Adam und Eva hatten vollkommene Eltern und haben trotzdem rebelliert. «
»Was soll ich denn tun?«
»Wenn du sie liebst - und ich weiß, dass du das tust -, dann musst du sie loslassen. «
Lena spürte, wie ihr die Tränen kamen. »Soll ich sie einfach gehen lassen? Ganz allein? Sie hat überhaupt keinen Plan für die Zukunft, außer dass sie nach Leiden ziehen will. «
»Gott hat Gründe gehabt, als er Ans so geschaffen hat. Er kann ihren starken Willen und ihren unabhängigen Geist gebrauchen. Vielleicht ist es gar keine Rebellion, sondern das Bedürfnis, sie selbst zu sein. «
»Sie ist doch noch ein Kind, Papa. « Lenas Kehle war wie zugeschnürt und sie versuchte, den Kloß aus Kummer hinunterzuschlucken - oder vielleicht war es auch Angst. »Sie weiß doch nichts von der Welt, sondern kennt nur unseren Hof und unser Dorf. «
Ihr Vater stand auf. Er ging um den Tisch herum und legte Lena die Hände auf die Schultern. »Hör zu. Ich werde mit einem meiner Kollegen an der Pieterskerk in Leiden sprechen. Ich frage ihn, ob er bei einer Familie aus seiner Gemeinde eine Stellung für Ans finden kann. Vielleicht hilft es ihr, sich über den nächsten Schritt klar zu werden, wenn sie eine Zeit lang von zu Hause fort ist. «
Das war nicht die Antwort, die Lena gern hören wollte. Auf dem Heimweg musste sie anhalten und sich unter einen Baum setzen, weil die Tränen ihr die Sicht trübten. Lena hatte sich die Zukunft für ihre Älteste anders vorgestellt. Ja, sie wusste, dass Kinder irgendwann erwachsen wurden und ihr Elternhaus verließen, aber sie hatte sich immer vorgestellt, dass sie in der Nähe wohnen und ihr jede Menge Enkel schenken würden. Jede Woche würden sie gemeinsam im Gottesdienst sitzen und an ihrem Küchentisch das Sonntagsessen einnehmen. Vielleicht könnte Ans sogar einen Prediger wie ihren Großvater heiraten und im Pfarrhaus neben der Kirche wohnen. Nie hätte Lena gedacht, dass sie ihre Tochter in einer Universitätsstadt wie Leiden aussetzen würde. Wenn sie Ans losließ, musste Lena sich auch von all den Träumen für ihre Tochter verabschieden.
Ein Traktor hustete, als er ein Stück entfernt übers Feld fuhr und ordentliche Furchen zog. Eine Ameisenkolonie wimmelte auf ihrem Hügel zu Lenas Füßen vor sich hin. Lena fand Ordnung und Sicherheit und Sinn im Rhythmus der Natur. In Ans Flucht von zu Hause dagegen konnte sie keinen Sinn erkennen.
»Wenn du sie liebst …« Ach, wie sehr sie ihre Tochter doch liebte! Ans war ihr erstes Kind und in vielerlei Hinsicht etwas ganz Besonderes für sie. Sie besaß eine äußerliche Schönheit, die Lena Angst machte, weil Ans noch nicht wusste, welche Macht diese Schönheit hatte. Lena ballte die Hände zu Fäusten, als wollte sie das Mädchen festhalten.
»Wenn du sie liebst, lass sie los. « Sie musste ihre Tochter Gott anbefehlen. Lena wusste, dass ihr Glaube dafür nicht stark genug war. Deshalb neigte sie den Kopf und bat Gott, ihr zu zeigen, wie sie loslassen konnte.

Autor/in
Lynn Austin
Lynn Austin ist eine weltweit bekannte Bestsellerautorin. Mit Titeln wie »Die Apfelpflückerin«, »Luisas Töchter« oder »Im Sand der Erinnerung« schrieb sie sich in die Herzen ihrer Leser. Sie wurde für ihre historischen Romane achtmal mit dem Christy Award ausgezeichnet, dem bedeutendsten christlichen Romanpreis in den USA, und ist eine gefragte Rednerin bei Tagungen und Konferenzen. In Deutschland gilt sie als die beliebteste christliche Romanautorin. Lynn und ihr Mann haben drei Kinder großgezogen und leben in Holland, Michigan. Mehr erfahren Sie unter www.lynnaustin.org.
Lynn Austin hat weltweit mehr als anderthalb Millionen Exemplare ihrer Bücher verkauft. Sie wurde für ihre historischen Romane achtmal mit dem Christy Award ausgezeichnet und ist eine beliebte Referentin bei Tagungen und Konferenzen. Lynn und ihr Mann haben drei Kinder großgezogen und leben in Michigan.
Lynn Austin ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt in Holland, Michigan. Ihre zahlreichen Romane sind allesamt Bestseller und mit unzähligen Preisen ausgezeichnet worden. In Deutschland gilt sie als die beliebteste christliche Romanautorin.
Webseite: www.lynnaustin.org
Instagram: lynnaustinbooks
Facebook: Lynn Austin
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Buchinhalt:
Holland in den 1930er Jahren: Ans, die älteste Tochter einer Bauernfamilie, will weg von der Enge ihre kleinen Ortschaft und nimmt eine Stelle als Gesellschafterin in Leiden an. Dort kommt sie auch in Berührung mit dem Widerstand und lernt die junge Jüdin Miriam und ihren Mann Avi kennen, die eine Zeit lang auf dem Dachboden von Ans' Arbeitgeber
Persönlicher Eindruck:
Ergreifend und bildgewaltig breitet Autorin Lynn Raven hier einen Roman aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges vor ihrer Leserschaft aus, der packender nicht sein könnte. Unverblümt und durchaus schonungslos beschreibt sie die Geschehnisse zwischen 1939 und 1945, wie sie in den einst neutralen Niederlanden jener Zeit geschahen und das Schicksal vieler Tausend Menschen betrafen.
Hauptfiguren der Geschichte sind mehrere Frauenfiguren, die den Mittelpunkt der Erzählung bilden. Der Schwerpunkt liegt auf Lena, die zusammen mit ihrem Mann Pieter einen Bauernhof betreibt, ihrer rebellischen Tochter Ans und Miriam, Tochter eines jüdischen Professors, beide geflohen aus Köln. Ans rebelliert gegen ihr Heimatdorf, gegen Gott und gegen die deutschen Besatzer, schließt sich in Leiden dem niederländischen Widerstand an und versteckt zusammen mit ihren Arbeitgebern, den Huzingas, Juden vor der Deportation. Miriam ist im Grunde das Gegenteil von Ans: Musikerin mit einem sanften Wesen aber keinesfalls weniger mutig.
Durch den Einmarsch der deutschen Truppen in den Niederlanden verändert sich die Welt der Protagonisten und während Grauen und Angst die Oberhand gewinnt, besinnt sich auch Ans wieder auf Gott und ihren Glauben - Lynn Raven verwebt hier eine feine aber eindrückliche Botschaft der Hoffnung und des Gottvertrauens auch in dunklen Zeiten in eine vielschichtige Erzählung, die ihresgleichen sucht.
Wenn die Schatten einmal weichen ist nicht nur ein Historienroman der jüngeren Vergangenheit - es ist die Lebensgeschichte von drei völlig unterschiedlichen Frauen, die alles tun, ihre Liebsten zu beschützen. Die Charaktere sind alle tiefgängig und authentisch angelegt, der Plot hervorragend recherchiert und das Setting bildgewaltig und mitreißend.
Eine absolute Leseempfehlung und mit der beste Weltkriegsroman, den ich bisher gelesen habe - mit feiner christlicher Botschaft. Eine wirklich berührende, aber auch aufwühlende Kost, die lange nachhallt und den Leser zum Nachdenken anregt - verdient volle Punktzahl, eine absolute Leseempfehlung!

Zuflucht im Schatten seiner Flügel
„Wenn die Schatten einmal weichen“ ist das neue und wieder meisterhaft erzählte Werk der bekannten und beliebten Autorin „Lynn Austin“ ,das im November 2021 im Francke-Buch Verlag erschienen ist.
Ein Roman über vier unterschiedliche Frauen, die durch die Übernahme der neutral gebliebenen Niederlande durch die Nazis einen tiefen Einschnitt in ihr Lebensgefüge erfahren.
Lena de Vries lebt
Ans, ihre älteste Tochter rebelliert, entflieht der Enge des Landlebens und sucht ihr Glück in der Stadt. Sie bekommt eine Anstellung im Stadthaus der Huizengas, und die Aufgabe sich um die depressive Eloise, die Frau des Professors zu kümmern.
Dort lernt sie Miriam, eine jüdische und musikalisch sehr talentierte junge Frau kennen, die zusammen mit ihrem Vater aus Deutschland vor den Gräueltaten der Nationalsozialisten geflohen ist und sich in Holland eine sichere Zukunft erhofft.
Das Schicksal dieser Frauen, ihrer Familien und ihrer Lebenswege wird durch die auf die Invasion der Deutschen folgenden schrecklichen Ereignisse miteinander verbunden. In ihrem Kampf ums Überleben werden sie vor weit reichende Entscheidungen gestellt...
Mein Leseeindruck:
Eine sehr emotionale Geschichte vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs in den Jahren 1939 bis 1945.
Wir werden mitgenommen in die Anfänge der Judenverfolgung im friedlichen und neutral gebliebenen Holland, erleben wie Menschen alles riskieren, um Widerstand zu leisten, um Verfolgte und Untergetauchte vor den Gräueltaten des Hitler-Regimes zu retten.
Lynn Austins Schreibstil ist packend und gut lesbar, sie hat sorgfältig recherchiert und ihre Charaktere sind authentisch und fesselnd.
Ihre Erzählweise ist atmosphärisch und bildhaft und beim Lesen hat man die Protagonisten und ihre Familien direkt vor Augen.
Sie begleiten, berühren und wachsen einem ans Herz, so dass man ihre Höhen und Tiefen unmittelbar erfährt und die Spannungsmomente mit ihnen zusammen durchlebt.
Lena, Ans, Miriam und Eloise folgen ihren inneren Werten und Überzeugungen und stellen sich den Herausforderungen und Gefahren, die Trennung, Zerrissenheit, Todesängste und unvorstellbares Leid bedingen. Sie werden getrieben zwischen Liebe und Hass und zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Und sie werden gestärkt von einem Glauben, der ihnen hilft mit Entschlossenheit und Mut gegen das Böse zu kämpfen.
Mein Fazit:
Eine Geschichte, die gelesen werden muss, packend und fesselnd von der ersten Seite an. Und eine Geschichte gegen das Vergessen mit der Hoffnung, dass sich solche dunklen Zeiten nicht mehr wiederholen.

Mit diesem Buch ist Lynn Austin wieder ein wunderbarer Roman gelungen. Er spielt in der Zeit, als die Niederlande 1940 von den Deutschen besetzt wurden bis zum Kriegsende. Hauptpersonen sind Lena de Vries, die mit ihrer Familie einen Hof bewirtschaftet, ihre Tochter Ans und die aus Deutschland geflohene Jüdin Miriam. Die Erzählstränge wechseln zwischen diesen drei Personen.
Lena und
Der Roman ist extrem spannend, emotional ergreifend und fesselnd. Die Ereignisse und Schicksale von Menschen, die so in Wirklichkeit ähnlich geschehen sind, wühlen auf. Lynn Austin versteht es, Gefühle und Ängste der Protagonisten einfühlsam und treffend zu beschreiben, dabei lässt sie seelsorgerliche Sätze einfließen, die einen als Leser nachdenklich machen und hilfreich sind. Die historischen Fakten sind super recherchiert, wahre Schicksale mit eingeflochten und die schlimme Leidenszeit der Niederländer unter den Nazis genau beschrieben. Außerdem ist der Schreibstil flüssig und leicht zu lesen.
Der Glaube an Gott ist das Thema, das sich durch das ganze Buch zieht und es sehr wertvoll macht. Die Hoffnung und die Kraft, die das Vertrauen auf Gott vielen Menschen verlieh, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, um andere zu retten, ist wie ein helles Licht in dieser dunklen Zeit. Insgesamt ein Buch, das ich fast nicht mehr aus den Händen legen konnte und das mich tief berührt hat.

Dieser berührende Roman erzählt von drei starken Frauen, die in den Niederlanden unter dem Nazi-Regime leiden. Jede versucht auf ihre Weise gute Gewissensentscheidungen zu treffen. Dabei lernen sie einen Gott kennen, dem sie in jeder Situation vertrauen können. Auch dann, wenn Schlimmes geschieht, wenn Mut gefordert ist, und wenn Gebete nicht erhört werden.
Miriam lebt mit ihren erweiterten Familie in
Lena lebt glücklich mit ihrem Mann und drei Kindern auf einem Bauernhof. Sie genießt die ländliche Idylle und ist von Herzen dankbar für ihre Familie. Doch dann kommen die Deutschen. Sie konfiszieren Lebensmittel und Tiere, verhängen Ausgangssperren, und nehmen schließlich sogar alle jungen Männer mit, damit diese für sie arbeiten. Lena ist voller Wut und Hass auf diese grausamen Unterdrücker. Sie und ihre Familie tun, was sie können, um sich heimlich dagegen zu wehren.
Ans ist Lenas Tochter. Sie hat die Schule abgeschlossen und ihre sterbende Großmutter gepflegt. Nun will sie in die Stadt und etwas erleben. Sie bekommt eine Stelle bei einem älteren Ehepaar als Gesellschafterin der kranken Frau. Sie verliebt sich in einen Polizisten, der sich schnell der neuen deutschen Regierung anschließt. Ans kann das nicht nachvollziehen, denn dieses Regime tut so viel Unrecht. Wird ihre Liebe diese Differenzen überstehen"
Die Geschichte dieser drei Frauen wird abwechselnd erzählt. Manchmal sind ihre Wege miteinander verwoben, dann müssen sie wieder getrennte Wege gehen. Bei allen drei bewirken diese schweren Zeiten eine große Veränderung. Ihr Vertrauen in Gott wächst, sie werden sogar bereit ihren Feinden zu vergeben.
Es sind eine Vielzahl von Weisheiten in diesem Buch zu finden, über Vertrauen, Loslassen, Nächstenliebe und Gewissensentscheidungen. Es werden mehrere Fragen beleuchtet, zum Beispiel ob es richtig sein kann zu lügen oder stehlen, wenn dadurch Menschenleben gerettet werden, oder ob es in Ordnung ist einem Unrechtsregime zu dienen, um dadurch auf dieses Umfeld positiv einzuwirken.
Nicht nur diese drei Frauen, sehr viele Charaktere dieses Buchs, wachsen dem Leser ans Herz, in ihrer liebevollen Großzügigkeit und ihrem aufrichtigen Ringen nach dem besten Weg.
Fazit: Eine berührende Geschichte über die Tapferkeit der Widerstandskämpfer in den Niederlanden während des Dritten Reichs. Sehr empfehlenswert, vor allem für Menschen, die inspirierende historische Erzählungen mögen.

Das Buch "Wenn die Schatten einmal weichen" nimmt den Leser mit in die Niederlande, und zwar in die Zeit des Zweiten Weltkrieges und kurz davor.
Es gibt mehrere Hauptpersonen. Da ist zum einen Ans de Vries, eine junge Frau um die 20. Sie ist auf dem Land aufgewachsen, hat aber die Nase voll vom Dorfleben. Durch Vermittlung ihres Großvaters
Eine andere Hauptfigur ist die Jüdin Mirjam Jakobs. Mirjam und ihr Vater kommen aus Köln. Aus Angst vor den Nazis sind sie in die Niederlande geflohen. Für ein paar Monate leben sie im Flüchtlingslager Westerbork. Dann kann der Vater von Mirjam eine Stelle antreten an der Universität in Leiden. Die beiden beziehen eine kleine Wohnung und fühlen sich immer wohler in ihrer neuen Heimat. Das ändert sich schlagartig, als im Mai 1940 die Deutschen das neutrale Nachbarland überfallen.
Für alle Personen beginnt eine schwere, herausfordernde Zeit. Für die Juden sowieso, aber auch für die Niederländer. Ans de Vries muss sich entscheiden, ob sie in der Widerstandsbewegung mitarbeitet. Und ob sie die Freundschaft mit Erik weiterführt, der mit den Nazis kollaboriert. Mehr will ich aber hier nicht verraten.
Dieses Buch ist ein echter Pageturner. Es hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Ich kann es daher nur wärmstens empfehlen!
Schon lange bin ich ein Fan von Lynn Austin. Dieses Buch ist eins ihrer besten meiner Meinung nach.

Lynn Austin, amerikanische Erfolgsautorin vieler christlicher Romane und im Besitz der meisten gewonnenen Christy Awards, greift in ihrem Roman "Wenn die Schatten einmal weichen" ein besonderes Kapitel des zweiten Weltkriegs auf: die Besetzung Hollands und die damit verbundene Verfolgung und Vernichtung sowohl von holländischen Juden als auch von deutschen Juden, denen rechtzeitig die Flucht aus Nazideutschland in das benachbarte
Dies gelingt im vorliegenden Roman auf eine überaus spannende, aber auch ergreifende und realistische Weise und wird sehr empathisch durch drei Handlungsstränge, die zunächst losgelöst voneinander erzählt werden um dann immer mehr und immer näher miteinander verwoben zu werden, bis sich alles zusammenfindet und eine harmonische Einheit entsteht.
Wirkt der Roman auf den ersten Seiten recht beschaulich, wobei lediglich die Flucht eines Juden mit seiner Tochter aus Köln nach Holland für einige Aufregung sorgt, so steigert sich die Spannung zunehmend und das ganze Grauen offenbart sich mit dem Einmarsch der Deutschen und die sich daraus ergebende und den Alltag der Bevölkerung beherrschende zum Teil sehr grausame Herrschaft der neuen Besatzungsmacht.
Geprägt wird dieser Roman durch vier ganz besondere Frauen: Lena, Ans, Eloise und Miriam
Lena, die gemeinsam mit ihrem Mann Pietr und den drei Kindern Ans, Wim und Maaike einen Bauernhof in der Nähe von Leiden bewirtschaftet. Ans, der Ältesten und die der fast verhassten Idylle der bäuerlichen Umgebung entfliehen möchte, wird schweren Herzens ein Wegzug in die Stadt Leiden ermöglicht, wo sie eine Beschäftigung als Gesellschafterin von Eloise, Ehefrau eines an der Universität Leiden lehrenden Professors findet. Keine leichte Aufgabe, denn Eloise, in Belgien geboren und aufgewachsen leidet noch immer unter den Erlebnissen und harten Schicksalsschlägen des Ersten Weltkriegs. Und Miriam, eine junge Jüdin aus Köln, die - obwohl aus einer großen Familie stammend - letztendlich alleine mit ihrem Vater die Flucht nach Holland wagt und auch sicher ankommt.
Erlebt man hautnah und auch auf beängstigend realistische Weise die zunehmende Not der Bevölkerung durch schwindenden Nahrungsreserven aber auch durch die Willkür der Besatzungsmacht, so wird die überlieferte Hilfsbereitschaft der holländischen Bevölkerung gerade gegenüber jüdischen Mitbewohnern, auch wenn dies zur tödlichen Gefahr für das eigene Leben werden kann, auf eine überzeugende aber auch ergreifende Weise dargestellt. Über allem ist aber auch immer wieder die tiefe Glaubensverbundenheit der Autorin zu erkennen, die ihre Charaktere durchaus und sehr verständlich, angesichts des zunehmenden Grauens auch schon einmal am eigenen Glauben zweifeln lässt. Diese Krisen, aber auch die sich daran anschließenden Erkenntnisse und Wiedererstarken des Glaubens an den Schöpfer dieser Welt werden begleitet durch das Einfügen von sehr treffendenden von biblischen Versen, auf die oft von anderen Protagonisten, sei es Lenas verwitweter Vater, der als Pfarrer tätig ist oder auch durch Pietr, bodenständig und situationsbezogen erklärt werden. Eine große persönliche Bereicherung für das eigene Leben, ist man sicher schon selbst mit ähnlichen Fragestellungen konfrontiert worden.
Besonders hervorheben möchte ich aber auch die einfühlsame und verständliche Berücksichtigung jüdischer Sitten und Gebräuche. Dabei besonders berührend, dass sowohl ältere Juden, wie Miriams Vater, der sich nun wieder zu seinem nur in der Kindheit gelebten Glaube bekennt. Oder Avi, etwas älter als Miriam und dem, allerdings ganz alleine, ebenfalls die Flucht aus Berlin gelungen ist, sich erst in Holland angekommen zum ersten mal in seinem Leben mit seinen jüdischen Glaubenswurzeln beschäftigt. Sich dazu bekennt und auch übernimmt - die gemeinsame Feier des Schabbat, dem sich nach und nach dann auch immer mehr Bewohner des Auffanglagers anschließen - ein sehr berührender Abschnitt.
Unbekannte Einblicke in den Widerstand, die verschiedenen Aktionen der Widerstandskämpfer und die damit verbundenen Gefahren für die anderen Familienangehörigen sorgen für spannende aber auch ergreifende Lesemomente. Dazu zählen vor allem aber auch die sehr gefährlichen Tätigkeiten in Verbindung mit dem Untertauchen nicht nur von Juden sondern auch von enttarnten Widerstandskämpfern. Vor allem wenn man nicht mehr weiß, wem zu trauen. Gerade diesen Aspekt würdigt die Autorin auf eine ganz besondere Art in der Beziehung zwischen Ans und einem jungen holländischen Polizisten, Erik, wobei fast bis zum Romanende nicht eindeutig zu erkennen ist, auf welcher Seite Erik steht. Eine unerwartete und faszinierende Hilfestellung erfolgt durch Eloise, deren Weitsicht und auch Verständnis in treffenden Worten eine großartige Überzeugungskraft verliehen wird.
Dieser Roman stellt eine ungemeine Bereicherung dar. Nicht nur, dass er die Zeit des Zweiten Weltkriegs auf eine mir bisher unbekannte Weise beleuchtet, sondern dass auch ein mutiges und überzeugendes Glaubensbekenntnis, gerade in schweren und krisengeschüttelten Zeiten, auf der Basis und mit der Zuversicht biblischer Aussagen getroffen wird.

"Wenn die Schatten einmal weichen" ist ein tiefgründiger Roman vor der Kulisse des 2. Weltkrieges, genauer gesagt vor der niederländischen Kulisse des besagten Krieges.
Im Mittelpunkt des Buches stehen die 3 Frauen Lena, Ans und Mirijam, deren Schicksal unwiederbringlich miteinander verknüpft ist . Kurz bevor die Deutschen 1940 die Niederlande besetzen, macht sich Lenas Tochter
Thematisch sprach mich das Buch bereits nach Lesen des Klappentextes an. Ich hatte schon immer einen Faible für Bücher, die vor der Kulisse des 2. Weltkrieges spielen, in diesem Buch vor der Kulisse der Niederlande, die lange Zeit eher ein verklärtes Bild von sich als Nation und der Rolle im Nationalsozialismus hatten. Erst in den vergangenen Jahren setzen sich die Niederländer selbstkritisch und realistisch mit Ihrer Rolle im Nationalsozialismus auseinander und ich war gespannt wie Lynn Austin mit dieser Rolle in Ihrem Roman umgehen würde.
Der Einstieg in den Roman ist zu Beginn etwas holprig für mich gewesen.
Zunächst bin ich mit den kurzen Kapiteln und den immer wieder wechselnden Perspektiven nicht wirklich "warm" geworden. Die kurzen Kapitel machten es schwierig für mich Zugang zu den Charakteren zu finden. Doch bereits nach einigen wenigen Kapiteln änderte sich das. Der Schreibstil der Autorin ist angenehm und flüssig, so dass man sich sehr gut auf die Handlung bzw. Die verschiedenen Handlungsstränge konzentrieren kann. Mir fiel es schwer die ganzen emotionalen Eindrücke zu verarbeiten. Obwohl die einzelnen Kapitel kurz und übersichtlich gehalten sind, fesseln sie einen zutiefst.
Die Atmosphäre des Buches ändert sich zetigleich mit den historischen Entwicklungen in den Niederlanden. Man spürt als Leser quasi zunehmends wie die Luft für die jüdische Bevölkerung im wahrsten Sinne des Wortes immer dünner wird. Man wird geradezu hineingezogen in einen Strudel aus Angst, Ungewissheit und den kleinen Funken Hoffnung, den sich die Menschen nicht nur in diesem Buch, sondern auch in der Vergangenheit bewahrt haben. Die Spannung nimmt im Laufe des Buches, der Handlung , ja dem Fortschreiten des Krieges immer weiter zu , doch hat mich das Ende dann doch ein wenig enttäuscht. Ohne allzu viel zu verraten kann ich sagen, dass es mir alles andere als realistisch vorkam, die meisten Leser das ende aber wohl als "schön" und versöhnlich empfinden werden.
Die Frage nach Gott und dem eigenen Glauben ist ein zentrales Thema des Buches. Dreh- und Angelpunkt ist das Gottvertrauen, welches mir selber fremd ist. Und auch mit einem enormen zeitlichen Abstand ist es mir ein Rätsel wie man nach dem zweiten Weltkrieg und der Vernichtung der Juden daran festhalten kann. Der Glaube der einzelnen Figuren steht im krassen Gegensatz zu dem beschriebenen Kriegsalltag. Immer noch bin ich hin- und hergerissen und fühle so wie auch die Figuren dieses Romans gefühlt haben. Es gab unglaublich emotionale Szenen, dann wiederum Ereignisse die einen den Atem stocken ließen und dann wieder Augenblicke der bitteren Erkentnisse.
Zusammenfasssend kann ich sagen, dass der Autorin ein spannender und abwechslungsreicher Roman mit starken Charakteren gelungen ist, die es so auch in "Echt" hätte geben können. Der Bezug zum Glauben und der Religion war für meinen Geschmack jedoch ein bisschen zu sehr Thema, was dem Lesegenuss allerdings keinen Abbruch getan hat. Wer zudem gerne mehr über die Rolle der Niederländer während des Nationalsozialismus erfahren möchte, und dabei auf eine spannende Lektüre zurückgreifen will, dem kann ich dieses Buch empfehlen.

Cover:
Auf den ersten Blick wirkt das Cover ruhig und erst auf den zweiten Blick sieht man die Flieger am Himmel, die die Idylle zerstören. Das junge Paar im Vordergrund hält sich aneinander fest und sieht in Richtung des Horizonts. Sehr passend finde ich das Zusammenspiel zwischen Titel und Cover. Die beiden ergänzen sich wirklich gut.
Inhalt:
Im Mittelpunkt dieses Romans stehen
Meinung:
Mir fiel es bei diesem Buch wirklich schwer eine Inhaltsangabe zu schreiben, da es so viele unterschiedliche Handlungsstränge gibt, die sich trotzdem immer wieder kreuzen. Allein das macht dieses Buch bereits so spannend und besonders.
Außerdem wird die Geschichte aus der Sicht, der drei Frauen Lena, Ans und Miriam geschildert. Dadurch ist der Roman abwechslungsreich und vielseitig. Man bekommt Einblicke in sehr unterschiedliche Schicksale, sodass einem die Schrecken des zweiten Weltkriegs nochmal neu bewusst werden.
Der Schreibstil ist flüssig und obwohl man auf einigen Seiten sehr bewegt wird, liest sich das Buch schnell weg und fesselt. Man möchte unbedingt wissen wie es ausgeht.
Die Charaktere machen eine enorme Charakterentwicklung durch und sind sehr authentisch. Vor allem ihr Glaubensleben ist beeindruckend. Besonders ist auch, dass ihre Beziehung zu Gott jeweils einzigartig ist.
Man fiebert das ganze Buch über mit den Charakteren mit und hofft, dass es für sie alle gut ausgeht. Auf manchen Seiten sind mir die Tränen gekommen, auf anderen habe ich mich mit den Charakteren gefreut und wieder auf anderen war ich unglaublich sauer über die ganzen Ungerechtigkeiten von den Nazis.
Mir sind die Schrecken dieser Zeit nochmal sehr deutlich bewusst geworden und vor allem die Arbeit im niederländischen Widerstand hat mich beeindruckt. Die Atmosphäre und die Ängste dieser Zeit wurden wirklich authentisch dargestellt.
Fazit:
Ein berührender Roman, bei dem man sich viel für sein eigenes Glaubensleben mitnehmen kann und durch den man die Einzelschicksale des zweiten Weltkriegs nochmal näher vor Augen geführt bekommt. Für mich ist es ein ausgezeichneter christlicher Roman, der einen tiefgängigen Inhalt hat.

"Manchmal weinen wir, weil wir glücklich sind."
Wir befinden uns in den Niederlanden im Jahr 1945: Lena und Pieter de Vries haben einen Bauernhof und drei Kinder. Ans, ihre ältere Tochter, will raus aus der ländlichen Gegend, sie will in die Stadt. Lena kommt damit gar nicht klar und will sie nicht gehen lassen. Pieter sagt zu ihr:
"Wenn du
So geht Ans nach Leiden und betreut dort die Frau von Professor Herman Huizenga, Eloise. Sie ist kränklich und braucht Ablenkung und Unterstützung. Sie lebt in einem großen herrschaftlichen Haus, das kennt Ans so nicht, sie ist überwältigt von dem Reichtum hier.
Der Krieg wütet nicht nur in der Stadt hart, sondern auch auf dem Land. Miriam ist Jüdin und lebt in Köln. Ihre Familie will flüchten, aber so wie vorgesehen schaffen sie es nicht. So gehen nur Miriam und ihr Vater Abba. Miriam findet Trost und Halt im Spiel auf ihrer Geige, sie ist sehr talentiert und nicht nur einmal wendet sich durch das Spiel ihr Leben zum Guten. Alle denken es kann nicht so schlimm werden wie im ersten Weltkrieg, aber es wird schlimmer. Miriam, die inzwischen eine kleine Familie hat muss die schwerste Entscheidung ihres Lebens treffen...
...mit meiner Tochter übergebe ich ihnen gleichzeitig auch ein Stück meines Herzens..." (Seite 250)
Die Wege dieser drei so ungleichen Familien und Personen kreuzen sich immer wieder. Nichts ist vorhersehbar und Lena hat immer gerne alles unter Kontrolle, aber ihr Vater sagt dies zu ihr:
"Die Illusion, dass sie alles unter Kontrolle hatte, war genau das, eine Illusion." (Seite 158)
Wie wird der Krieg mit diesen Figuren umgehen und treffen Lena, Ans, Miriam und Eloise ihre Familien wieder"
Fazit:
Die Autorin Lynn Austin hat mit "Wenn die Schatten einmal weichen" einen historischen Roman geschrieben, der von Anfang bis Ende im 2. Weltkrieg spielt. Das ist ihr außerordentlich gut gelungen, denn sofort reißt sich mich mit und hält mich gefangen in dieser Zeit.
Ihr Schreibstil ist außergewöhnlich und einzigartig. Durch ihre bildhafte Erzählweise läuft mein Kopfkino sofort an und ich erlebe alles hautnah mit. Manchmal möchte ich die Augen verschließen, meine Tränen stoppen und nicht glauben, was ich hier lese. Ich bin ergriffen von ihren tollen und ausdrucksstarken Worten. Dieser Satz trifft es genau:
"Kriege bringen immer Hungersnot und Krankheit und Tod mit sich." (Seite 100)
Die Autorin verbindet Gegenwart und Vergangenheit geschickt, so dass wir erfahren wie es den Hauptfiguren vor und während des Kriegs ergeht. Das hat mir besonders gut gefallen. Es zeigt vor allem ihre ausgezeichnete Recherche.
Den Charakteren haucht Lynn Austin durch ihre wunderbaren Beschreibungen Leben ein. Sie stehen vor mir. Ich möchte sie in den Arm nehmen und Trösten. Jede Figur hat seine Eigenarten und sie sind sehr vielschichtig angelegt. Ich mag sie Alle und möchte hier keinen herausheben. Ich kann mit ihnen fühlen, lachen und weinen. Wer ist Freund und wer ist Feind" Diese Frage zieht sich durch das ganze Buch. Dieser Satz dazu hat mich am meisten berührt:
"Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde". (Seite 219)
Das Ende hat mir sehr gut gefallen. Die christliche Liebe, die man fast spüren kann beim Lesen, die passenden Bibelverse und der hervorragende Schreibstil runden das ganze Buch zu etwas ganz Besonderem ab. Es bleibt noch lange in Gedanken und ich werde es ganz sicher eines Tages noch einmal lesen.
Ich vergebe hier eine absolute Leseempfehlung und 5 hoch verdiente Sterne. Lest selbst, denn dieses Buch ist so atmosphärisch, einfühlsam und lebendig. Dies ist aber ganz allein meine Meinung.

So wird Geschichte zum Hochgenuss!
Herzlichen Dank an den Francke Verlag für die Möglichkeit, dieses wunderbare Buch vorab lesen zu dürfen.
Inhalt:
Niederlande 1939: Zusammen mit ihrem Mann und den gemeinsamen Kindern lebt Lena auf ihrem Bauernhof. Sie liebt das Landleben und ist mit Gott und der Welt im Reinen. Lenas älteste Tochter Ans hingegen, ist wie ein Vogel im Käfig.
Meine Eindrücke:
Lynn Austin hat mit "wenn die Schatten einmal weichen" einen weiteren hervorragend recherchierten Roman, mit Bestseller Potential, geschrieben. Das Cover ist sehr stimmungsvoll und passend gestaltet. Der Schreibstil ist gewohnt flüssig und angenehm. Die Autorin startet die Geschichte geschickt mit dem Prolog, der dem Leser, eine Art Gesamtüberblick verschafft, doch gleichzeitig ein großes Rätsel aufgibt.
Die Protagonisten sind sehr authentisch und gefühlvoll beschrieben. Ich bin tief beeindruckt, von ihrem Gottvertrauen, ihrer Großzügigkeit, ihrer Selbstlosigkeit und ihrem Durchhaltevermögen! Mehr als einmal, war ich so bewegt, dass ich zum Lesen weinen musste. Die drei verschiedenen Handlungsstränge, die sich immer wieder trafen und geschickt ergänzten, mochte ich sehr. Durch die relativ kurz gehaltenen Kapitel wurde die Geschichte nie langfädig oder uninteressant. Nein, im Gegenteil, zwischenzeitlich entwickelte sie einen richtigen Sog, so dass man unbedingt weiterlesen wollte.
Außerdem ist dieses Buch ein richtiger kleiner Schatz an Weisheiten. Ich musste mir direkt überlegen welche tollen Passagen ich hier wiedergeben möchte, um einen kleinen Vorgeschmack geben zu können:
"Lass sie los, Lena. Wenn du versuchst, sie festzuhalten, ist das, als wolltest du Sand festhalten. Je fester du zupackst, desto schneller rinnt er dir zwischen den Fingern hindurch." S. 20
"Du willst unbedingt alles unter Kontrolle haben, aber du hast sowieso keine Kontrolle. Das ist eine Illusion. Je eher du das erkennst, desto eher wirst du alles in Gottes Hände legen und inneren Frieden finden." S. 127
"Oma hatte ihr Leben mit den Phasen des Mondes verglichen, der immer voller und heller wird, bis er sein Ziel erreicht hat, und dann allmählich kleiner wird, bis er in der Dunkelheit verschwindet. »Aber sieh dir den Himmel an, meine liebe Ans. Der Mond ist überhaupt nicht fort. Er scheint ewig, wie unser Leben in Christus.«" S. 401/402
Dieser Vergleich mit dem Mond finde ich fantastisch und ich werde mich hoffentlich noch oft daran erinnern, wenn ich den Mond sehe! "
Mein Fazit:
Ich bin wirklich begeistert von diesem wunderschönen Buch! Ich habe die Geschichte sehr gerne gelesen. Ich fand es toll, den zweiten Weltkrieg aus der Sicht der Niederlande zu erleben. Vieles war mir neu, kannte ich doch vor allem Geschichten aus Deutschland. Dieses Buch steckt voller Weisheiten und ist eine einzigartige, lehrreiche Lektüre. Es wird einen besonderen Platz in meinem Bücherregal bekommen und irgendwann werde ich es ganz sicher nochmals lesen! "
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