Ein grausamer Märzwind grub sich mit eisigen Fingern durch ihre wollenen Umhänge. Catriona zog sich die Kapuze ihres Umhangs über den Kopf. Sie bückte sich, um bei Nora das Gleiche zu machen, aber ihre Schwester schlug ihre Hand weg. Wie sie wollte! Wenn diese kleinen Ohren eiskalt wurden, würde sie es sich bestimmt anders überlegen.
Sie stapften schweigend über die matschige Straße. Nicht weit vor ihnen entdeckten sie eine Kirche.
Das Gebäude war aus Backsteinen gebaut und wirkte sehr imposant mit seinen hohen Buntglasfenstern und einem Turm, der hoch zum Himmel ragte. Man konnte diese Kirche bestimmt meilenweit sehen. Catriona hatte jedoch bestimmt nicht vor, dieses Gebäude zu betreten. Von den schwachen Versprechungen, die solche Orte machten, wollte sie nichts mehr hören. Aber das hübsche Walnusswäldchen, das an die Kirche grenzte … Hier würde sie sich an einem gemütlichen Sommernachmittag bestimmt wohlfühlen.
Sie gingen ein Stück weiter und kamen am Williford-Hotel vorbei. Dieses Hotel hatte ihr der Bahnhofsvorsteher empfohlen. Sie hatte für Nora und sich bereits ein Zimmer für die Nacht reserviert. Je nachdem, was sie heute von John McGavock erfahren würde, falls sie überhaupt irgendetwas in Erfahrung bringen konnte, würden sie von Franklin aus weiterfahren. Wohin auch immer.
Plötzlich trieben ihr die Erschöpfung und Trauer, die sie seit Wochen, nein, seit Monaten verdrängt hatte, Tränen in die Augen. Die lange geleugneten Gefühle kehrten mit einer großen Wucht zurück und raubten ihr fast den Atem. Es war ja nicht etwa so, dass sie nicht glauben würde, dass Gott die Not von Menschen sah und ihnen half. Das glaubte sie schon. Sie glaubte nur nicht mehr, dass er ihr helfen würde.
»Ich habe Hunger, Cattie!«
Catriona atmete tief ein und hatte Mühe, ihre Stimme – und wenigstens einen Funken Hoffnung – zu finden. »Endlich sprichst du wieder.«
Noras Miene wurde noch finsterer. »Mir gefällt diese Stadt nicht. Ich will nicht hier sein.«
»Ehrlich gesagt gefällt es mir hier auch nicht besonders. Aber wir können uns unseren Weg nicht immer aussuchen. Darüber haben wir schon gesprochen. Erinnerst du dich?«
Nora sagte nichts, aber ihre Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen.
Catriona seufzte. »Wir sind hier, weil unser lieber Ryan hierherfahren wollte. Franklin, Tennessee. Das hat er in seinem letzten Brief geschrieben. Wir müssen zu einem Mann gehen, der außerhalb der Stadt auf Carnton wohnt, und mit ihm sprechen. Er kann uns hoffentlich helfen, unseren Bruder zu finden.« Catriona holte eine Schachtel mit Kräckern aus dem Stoffbeutel und hielt sie Nora hin. Außerdem hatte sie noch eine besondere Süßigkeit für ihre Schwester gekauft, aber die wollte sie für später aufheben und sie ihr erst kurz vor dem Schlafengehen geben, denn dann brauchte Nora sie am nötigsten.
Am Abend öffnete Catriona die Tür ihres Hotelzimmers gerade so weit, dass sie sich auf dem Flur umsehen konnte. Niemand war zu sehen. Sie zog sich den Mantel über das Nachthemd und trat auf den Flur. Dann schlich sie die schmale Hintertreppe hinab. Als sie in der Eingangshalle ankam, musste sie jedoch feststellen, dass niemand an der Rezeption war. Auf der Theke lag ein Kalender. Morgen war der 17. März, St. Patrick’s Day. Aber es war sehr unwahrscheinlich, dass die Menschen in Franklin diesen irischen Feiertag begehen würden, da die meisten Stadtbewohner keine Iren mochten.
Sie hörte das Klappern von Pfannen und Töpfen. Vermutlich würde sie in der Küche am ehesten jemanden finden, der ihr weiterhelfen konnte. Um dorthin zu gelangen, musste sie jedoch am Restaurant vorbeigehen. Nur wenige Gäste waren nach dem Abendessen noch dort. Sie saßen an einem Tisch in einer hinteren Ecke und blickten nicht in ihre Richtung.
Sie öffnete leise die Tür, die in die Küche führte, und spähte hinein. »Hallo?«
Da keine Antwort kam, rief sie erneut. Dieses Mal antwortete jemand, und einen Moment später kam ein stämmiger älterer Mann um die Ecke.
»Was kann ich für Sie tun, Ma’am?«
Catriona erklärte schnell, dass ihr Wasserkrug leer war.
»Kein Problem, Ma’am. Ich lasse Ihnen gleich Wasser bringen. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
Sie zögerte. »Wäre es zu viel Mühe, noch eine Tasse heißen Tee zu kochen?«
»Natürlich nicht.« Er lächelte. »Wir sind für unseren Tee berühmt.«
»Das habe ich gehört.« Sie erwiderte sein Lächeln.
»Wie wäre es, wenn ich noch ein Stück Brombeerkuchen auf das Tablett stelle? Ich glaube, vom Abendessen ist noch etwas übrig.«
Tränen traten ihr in die Augen. »Ein Stück Kuchen wäre herrlich. Danke«, sagte sie mit einem schweren Schlucken. Die Freundlichkeit dieses Mannes und die Aussicht, ihren Hunger zu stillen, taten ihr gut.
Sie bedankte sich noch einmal bei ihm, dann eilte sie durch die Eingangshalle und stieg wieder die Hintertreppe hinauf. Als sie um die Ecke bog und die zweite Treppe hinaufgehen wollte, hörte sie Schritte hinter sich. Da sie gewiss nicht erpicht darauf war, so bekleidet mit einem anderen Hotelgast zu sprechen, hob sie ihr Nachthemd und ihren Mantel und beschleunigte ihre Schritte, um so schnell wie möglich in ihr Zimmer zu fliehen. Zwei Stufen vor dem ersten Stockwerk sah sie schon die erlösende Tür mit der Nummer 206 und war sicher, dass sie es schaffen würde, bevor …
Sie stolperte und versuchte, sich am Treppengeländer festzuhalten. Ihre Hand verfehlte das Geländer jedoch.
Ihr rechtes Schienbein schlug schmerzhaft an der Treppenkante auf. Der stechende Schmerz ließ sie scharf einatmen und sie biss die Zähne zusammen. Diese dämlichen Stiefel! Sie war über ihre offenen Schnürsenkel gestolpert. Sie kniete undamenhaft auf der obersten Stufe und fuhr mit der Hand vorsichtig über ihr Schienbein, wo sich bereits eine Beule bildete. Jetzt hatte sie es noch eiliger, in ihr Zimmer zu kommen, und sie bemühte sich aufzustehen. Doch in diesem Moment quietschte eine Tür.
Direkt neben ihr trat ein Mann aus dem Badezimmer, ein Handtuch in der Hand, das Haar noch feucht, und das Hemd nur halb zugeknöpft. Ihr wurde am ganzen Körper heiß und kalt. Es war er! Der Mann, den sie auf Carnton gesehen hatte. Der Mann, der viel zu attraktiv war. Dieser Mann starrte ihr jetzt direkt in die Augen.
Wade erkannte sie sofort. »Miss O’Toole!«
Mit gerötetem Gesicht lehnte die junge Frau an der Wand und kniete halb auf der obersten Stufe. Sie schaute ihn kaum an. War sie krank? Oder … gar betrunken? Das konnte er sich jedoch kaum vorstellen. Vielleicht war sie einfach nur gestolpert. Wade trat schnell näher und reichte ihr die Hand. Aber als wollte sie ihm jede Möglichkeit, sich galant zu erweisen, verweigern, stand sie schnell selbst auf.
Er akzeptierte ihre Ablehnung und trat einen Schritt zurück. »Geht es Ihnen gut, Ma’am?«
»Mir geht es bestens. Danke, Sir.« Ihr kurz angebundener Tonfall und die Art, wie ihr Blick von ihm zu einer Tür auf dem Flur wanderte – ihr Zimmer, vermutete er – verriet, dass sie an einem Gespräch mit ihm nicht interessiert war. Aber als sich ihre Blicke kurz begegneten, sah er ihren Augen an, dass sie sich sehr wohl an ihn erinnerte. Das war ebenso interessant wie ihre Kleiderwahl.
»Wenn Sie mich bitte entschuldigen, Sir, ich muss in mein Zimmer zurück.« Sie versuchte, an ihm vorbeizugehen.
»Wade Cunningham«, stellte er sich leise vor. Es war der Versuch eines Friedensangebots. Offenbar ging sie darauf ein, denn sie blieb neben ihm stehen und hob den Blick. »Ich habe den Vorteil, Ihren Namen zu kennen, Ma’am«, sprach er weiter. »Deshalb halte ich es nur für richtig, Ihnen auch meinen Namen zu nennen.«
»Wie großzügig von Ihnen, Mr Wade Cunningham.« Ihr Mund verzog sich zu einem freundlichen Lächeln, aber in ihrer Stimme lag nicht die geringste Herzlichkeit. Irgendwie belustigte ihn das. Höflicher Spott. Eine weitere Eigenschaft, die sie offenbar mit ihrer jüngeren Schwester Nora gemeinsam hatte. Die beiden waren darin ziemlich gut.
»Guten Abend, Mr Cunningham.«
Er tippte an seinen nicht vorhandenen Hut. »Guten Abend, Miss O’Toole.«
Als er eine Kurzwarenhandlung vor sich erblickte, ging er darauf zu, da er ein paar Sachen kaufen musste. In dem Moment, in dem er die Hand auf den Türgriff legen wollte, ging die Tür auf und eine Kundin verließ den Laden. Sie trug eine Holzkiste und hatte den Kopf nach hinten gedreht. Sie stieß schwungvoll mit ihm zusammen. Die Kiste glitt ihr aus den Händen und der Inhalt verstreute sich in alle Richtungen. Die junge Frau versuchte, ihr Gleichgewicht nicht zu verlieren. Ihre Bewegung war jedoch zu schwungvoll und sie fiel beinahe hintenüber. Mit geübten Reflexen schob Wade schnell den Arm um ihre Taille und fing sie problemlos auf. Noch bevor sie den Kopf heben und ihn ansehen konnte, musste er schmunzeln. Die kupferfarbenen Locken verrieten, mit wem er es zu tun hatte.
»Oh, hallo, Miss O’Toole. Wie schön, Sie wiederzusehen, Ma’am.«
Ihr Kopf fuhr herum und ihr Gesicht nahm schlagartig die Farbe ihres Haars an. »Mr Cunningham!« Sie befreite sich schnell aus seinem Griff, während sich über ihrer Nase winzige Falten bildeten. Sie schnaubte. »Können Sie denn nicht aufpassen, bevor Sie durch eine Tür gehen, Sir!«
»Cattie, das war ganz allein deine Schuld!«, brummte Nora hinter ihr. »Du hast nicht aufgepasst und …«
»Misch dich nicht ein, Nora! Ich habe nicht mit dir gesprochen.«
»Das weiß ich, aber das heißt nicht …«
Miss O’Toole drehte sich wieder zu ihm herum und stand jetzt fest auf den Beinen. Ihre Augen funkelten. Sie dachte bestimmt an ihre Begegnung gestern Abend.
»Keine Sorge, Miss O’Toole. Sie haben mich nicht verletzt. Vielleicht ein paar blaue Flecken. Aber ansonsten ist nichts passiert.« Er zwinkerte ihr zu und erwartete, dass sich das Blau in ihren Augen vertiefen würde. Er wurde nicht enttäuscht. »Ich helfe Ihnen, Ihre Sachen aufzuheben.«
Das kann ich auch selbst. Ihr Lächeln war zuckersüß, aber in ihrem Tonfall lag etwas, das alles andere als süß war.
Ohne sich beirren zu lassen, hob er ihre Einkäufe auf.
»Vielen Dank«, sagte sie mit widerstrebender Höflichkeit.
»Gern geschehen, Miss O’Toole.«
Sie nahm ihm die Äpfel aus der Hand und verstaute sie in der Kiste. Dabei warf sie einen schnellen Blick hinter sich auf Nora, als sollte das Mädchen die Äpfel nicht sehen. Aber Noras Aufmerksamkeit galt einer rot-weißen Zuckerstange, die sie abwechselnd zwischen ihren Zeigefingern und ihren nun rötlich gefärbten Lippen drehte.
Wades Stimmung verbesserte sich beim Anblick der beiden spürbar. Er deutete auf die Kiste. »Erlauben Sie mir, die Sachen für Sie ins Hotel zu tragen? Ich war sowieso auf dem Weg dorthin.«
»Nein, danke. Wir gehen noch nicht ins Hotel zurück.«
»Doch!« Nora schürzte die Lippen. »Du hast gerade gesagt, dass du …«
»Misch dich nicht ein und iss deine Zuckerstange, Kind!« Miss O’Toole warf entschlossen die Schultern zurück und setzte wieder ein höfliches Lächeln auf. »Wir müssen noch etwas anderes erledigen. Wenn Sie uns also bitte entschuldigen, Mr Cunningham.«
Wade trat zur Seite und bewegte mit großzügiger Geste den Arm, als gebe er ihnen den Durchgang frei. Kichernd und mit der Zuckerstange im Mund hüpfte Nora an ihm vorbei. Ihre große Schwester hingegen hatte nur ein schwaches Lächeln für ihn übrig. Aber der kurze Blick, den sie hinter sich warf, bevor sie um die Ecke bog, entging ihm nicht.
Kundenstimmen
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19.04.2022annislesewelt 
Catriona und Nora O'Toole haben Irland verlassen um in Amerika ein neues Leben zu beginnen.
Sie wollen zu ihrem Bruder Ryan, doch es ist alles schwieriger als gedacht. Von Ryan haben sie schon Monatelange nichts mehr gehört und das Geld das er ihnen geschickt hatte stellt sich als Falschgeld heraus und so gerät Catriona ins Visier der Regierungsagenten.
Catriona und
Nora geraten in große Not, mittellos, heimatlos und allein in der Fremde.
Sie finden Zuflucht auf der Carnton Plantage, doch dort arbeite Wade Cunnigham und Catriona hat das ungute Gefühl das er etwas vorgibt zu sein was er nicht ist.
Zudem hat sie die undankbare Aufgabe sich um ihre sehr viel jüngere Schwester zu kümmern. Nora ist stur, wild und oft sehr vorlaut, das macht es Catriona alles nicht leicht.
Doch sie ist geduldig, liebevoll, stark, stolz und mutig.
Wade scheint ein gradliniger Mann zu sein. Er gibt sich freundlich und sympathisch, doch was steckt dahinter"
Die Geschichte von Catriona ist in die Zeit nach dem Bürgerkrieg zwischen den Süd- und Nordstaaten Amerikas eingeordnet. Zu der Zeit war die Geldfälscherei ein blühendes Geschäft, die Freilassung der Sklaven noch nicht so lange her und Tamera Alexander hat alles gut ausgearbeitet, recherchiert, die Geschehnisse und Prägungen der damaligen Zeit wunderbar in diesen Roman verpackt.
Sie hat Gefühle, Trauer und Schmerz toll beschrieben, bei einigen Szenen hatte ich das Gefühl mein Herz bricht.
Sehr eindrücklich fand ich das sich ein Thema durch die Geschichte zog und das ist die Lüge.
Es geht darum das wir einige Lügen glauben, das sie uns prägen, beeinflussen, das wir sie als Wahrheit empfinden und sie teilweise über Generationen weitergegeben werden. Es geht darum das wir manchmal Lügen nutzen weil wir andere schützen wollen und doch macht nur die Wahrheit frei.
"Die irischen Schwestern" zeigt uns wie ein Leben von Lüge beeinflusst werden kann, das unser Leben unvorhersehbar ist und das wir in jeder Not zu Gott kommen können. Wenn wir Gott mit aufrichtigem Herzen suchen und anrufen wird er sich zeigen und dann merken wir: nur weil ein Leben anders verläuft als geplant und gehofft kann es trotzdem wunderbar sein.
Das habe ich aus diesem Buch lernen können und genau dafür mag ich es sehr.
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04.05.2021Kleiner Vampir 
Im zweiten Band ihrer Carnton-Reihe ist der Bürgerkrieg knapp vorbei. Wieder steht die Plantage der McGavocks im Mittelpunkt sowie diesmal zwei irische Mädchen, die völlig mittellos in Tennessee aufschlagen und ihren Bruder Ryan suchen. Der scheint dann leider doch nicht der verklärte Held zu sein, den sich Catriona, die ältere der beiden, immer vorgestellt hat: im Gegenteil. Das Geld,
das er den Schwestern in die Heimat geschickt hat, war gefälscht und schnell sitzt den beiden ein Geheimagent der Regierung im Nacken, Wade Cunningham...
Die opulente und berührend-tiefgründig erzählte Handlung basiert auf vielen einzelnen wahren Personen und Begebenheiten, die den amerikanischen Südstaaten zur Zeit um den Bürgerkrieg Leben einhauchen. Als Leser taucht man ein in die Welt der großen Plantagen des Südens, in der die Sklaverei noch immer ein Thema ist, obwohl die Schwarzen inzwischen frei und gleichbehandelt sein sollten. Die Personen sind alle tiefgängig und mit Profil angelegt, besonders auch bei den Nebenfiguren, die den Plot heimelig und überzeugend mit Leben füllen. Hier möchte ich zu allererst die farbige Köchin Tempy und den alten Schmied Cesar erwähnen, die ich besonders ins Herz geschlossen habe.
Hauptfiguren sind zweifelsohne Catriona und Wade. Catriona ist eine irische Schönheit, stolz aber auch dickköpfig, mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Rührend kümmert sie sich um ihre kleine Schwester Nora, die ihr das alles andere als leicht macht. Wade, der als Regierungsagent undercover als Aufseher bzw. Vormann auf Carnton arbeitet, ist ihr männlicher Gegenpart, mit dem sich im Laufe der Geschichte eine gefühlvolle Liebesgeschichte anbahnt und der Catriona bei ihrem Vorhaben, Ryan wiederzufinden, vorbehaltlos zur Seite steht.
Nora... nun, das Mädel verlangt eine separate Stellungnahme. Ich sag es ganz ehrlich: ich fand sie schrecklich. Ich kann mit altklugen, ständig bockenden Kindern absolut nichts anfangen und hätte niemals die Geduld, die Catriona in der Geschichte hat. Nora ist aufsässig und ungezogen, spielt sich auf wie die Diva vom Land und will, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen. Daher wunderte mich, dass nach etwas zwei Dritteln ihr Verhalten scheinbar grundlos umschwenkte und man dann eine völlig andere Person vor sich hatte. Warum? Man weiß es nicht – wahrscheinlich, weil Nora die Hauptfigur des dritten Bandes sein wird und die Autorin den Leser nicht vergraulen wollte. Wie auch immer – das wird letzten Endes nur die Autorin wissen.
Der christliche Aspekt ist über den ganzen Plot hin unaufdringlich und angenehm in die Handlung eingearbeitet und behandelt Themen wie Gottvertrauen, Wahrheit und das Geborgensein in Christus.
Das Setting war wunderbar und bildhaft, man hatte schon auf den ersten Seiten das Gefühl, hautnah dabei und mittendrin zu sein – ein Buch, wie ein Film. Genauso, wie man es von Tamera Alexander erwartet: ein Pageturner bis zum Schluss, ein absolutes Lesehighlight des Jahres 2021!
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28.03.2021TochterAlice 
Schwieriger Start in der Fremde
Denn das sind die Vereinigten Staaten von Amerika für Catriona und ihre kleine Schwestern Nora, die gerade erst aus der irischen Grafschaft Antrim eingereist sind, auf der Suche nach ihrem Bruder. Der hatte ihnen einen ganzen Batzen Geld geschickt, dazu Hoffnung gemacht auf ein neues Leben ohne Armut und den ständig betrunkenen Vater, der genau
wie die übrigen Familienmitglieder an einer Seuche verstorben war. Vor allem Catriona ist klar, dass der Start kein leichter sein wird, doch dass es so schwer wird, das war ihr nicht bewusst.
Wir befinden uns in der Zeit unmittelbar nach dem amerikanischen Bürgerkrieg, in der zweiten Hälfte der 1860er Jahre und die Schwestern folgen der Spur ihres Bruders in die Südstaaten, der Kriegsverlierer, in der Hoffnung, ein Erbe antreten zu können. Dort lernen sie Wade kennen, der ziemlich geheimnisvoll tut. Und bald schon wird deutlich, dass er nicht das ist, was er zu sein scheint....
Ist er eine weitere Bedrohung für die Schwestern in der Neuen Welt? Und was ist mit dem Bruder?
Ein spannendes Buch, in das ich aufgrund der etwas umständlichen Schreibweise nur langsam hineinfand. Aber dann habe ich Blut geleckt, denn Tamera Alexander präsentiert den "American Way of Life" sehr offen, und alles andere als spießig. Die Einbindung der historischen Fakten in den Handlungsverlauf ist ausgesprochen gelungen und irgendwann konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Etwas für Freunde historischer Romane mit Anspruch! Ich jedenfalls habe diesen Ausflug in die Südstaaten sehr genossen!
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15.03.2021Melanie 
Dramatischer Neuanfang in den Südstaaten
"Die irischen Schwestern" ist ein weiterer Roman der Autorin Tamera Alexander, der mir sehr zugesagt hat. Die historischen Ereignisse innerhalb der Story erzählen davon, wie sinnlos Kriege sind und wie viel Leid und Schmerz damit einhergehen werden. Junge Männer, die angehalten sind, sich in den sicheren Tod zu begeben, tun diesen Schritt durch Gehorsam
und hinterlassen tiefe Wunden bei ihren Hinterbliebenen. Wie sinnlos dieses Unterfangen und das Sterben unzähliger Männer war, wird hier sehr eindrücklich preisgegeben. Wer das Cover genau betrachtet, wird auf dem hinteren Buchdeckel viele Gräber erkennen, die einen gewissen Teil dieser lebhaft erzählten Geschichte einnehmen wird. Der Versuch allen Gefallenen ein würdiges Begräbnis zu ermöglichen hat mich tief getroffen und dennoch auch Gewissheit für die Familien geschaffen, die Antworten suchen über den Verbleib ihrer Lieben, die nach einer großen, entsetzlichen Schlacht nicht nach Hause zurückgekehrt sind. So ergeht es Catriona, die auf Bitten ihres Zwillingsbruders Ryan aus Irland nach Amerika auswandert. Da sie und ihre jüngere Schwester Nora in Irland ihre komplette Familie verloren hat, steht die Entscheidung fest und Catriona macht sich auf die Suche nach ihrem Bruder, dessen letzter Brief seinen Aufenthaltsort auf der Carnton Plantage in Franklin bestimmt. Leider verliert sich jede Spur und Catriona muss befürchten, das auch Ryan gefallen ist. Der Weg, den die beiden Schwestern eingehen ist steinig und die Sturheit und das unmögliche Verhalten Noras machen das Zusammenleben nicht einfach. Nora ist mir sehr unsympathisch, was sich leider auch nach Beenden des Romans nicht geändert hat. Natürlich bekommt man irgendwann Verständnis für das Verhalten des Kindes, aber das doch sehr unreife Verhalten würde mich in den Wahnsinn treiben und ich wäre nicht so gelassen damit umgegangen wie Catriona. Diese versucht ihrer Schwester ein besseres leben zu ermöglichen und scheitert zunächst einmal kläglich. Letztendlich zeigt sich ein traumatisiertes, verletzliches Kind, was aber meine ursprüngliche Meinung nicht mehr ändern konnte.
Als die beiden Schwestern komplett mittelos dastehen, kommt unerwartet Hilfe. Wade, der sich den Posten als Vorsteher auf dem Anwesen der Carltons gesichert hat, greift Catriona und Nora unter die Arme, was nur möglich ist durch die Gastfreundschaft der Plantagensitzer. Sehr berührend hierbei ist auch die Lebensgeschichte der Angestellten Tempy, die für mich diejenige war, die die Story am meisten belebt hat. Die historischen Ereignisse innerhalb der Süd - und Nordstaaten bewegen mich zutiefst. Sie werden in "Die irischen Schwestern" zwar nur angeschnitten, aber wer über die Sklaverei Bescheid weiß und das Grauen, was damit einhergeht, wird sicherlich zwischen den Zeilen lesen können.
Für mich ein weiterer Roman, der mich ermutigt und mir die Gewissheit gibt, das alles einen Sinn hat. Für Catriona wird diese Reise in eine andere Welt ein dramatischer Neuanfang, der Wunden heilen lässt, Verzeihen lehrt und Gewissheit über den Verbleib von Ryan bietet. Das angepriesene Falschgeld des Klappentextes nimmt weniger Raum ein als vermutet. Im Mittelpunkt stehen die beiden Schwestern, was manchmal leicht ermüdend wirkt. da ich nicht immer das Handeln und Denken verstehen konnte. Es sind schwere Zeiten und der Krieg noch spürbar, was den Roman noch dramatischer erscheinen lässt. Insgesamt eine gelungen Darstellung, die hier und da zwar einige Schwächen aufweist, aber dennoch ein gewisses Maß an Spannung bereithielt. Einiges wird überraschen, wieder anderes ist so offensichtlich, das eine Erwartungshaltung beim Leser / der Leserin auftreten wird, wann endlich die Auflösung kommen wird.
Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung an einen Roman, der die Nachwehen des Bürgerkrieges gekonnt in Szene setzen konnte. Die eingeflochtene Liebesgeschichte bietet ein klein wenig Schönheit in all den Schreckens. Das Aufeinandertreffen der Familie am Ende war definitiv mein Highlight des Romans und wird innerhalb meiner Erinnerungen an diesen Roman immer vorherrschend sein. Ähnlich wie in "Onkel Toms Hütte" ist ein starker Glauben vertreten, der immer wieder aufflammt und mich sehr anrührt. Ich wünsche mir mehr solcher Helden und Heldinnen innerhalb eines Romans, da sie vielleicht unbewusst von der Autorin geschaffen wurden, um mich und meinen Glauben zu hinterfragen oder erneut herausfordern.
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