Ein kalter unangenehmer Regen ging auf Jerusalem nieder und tief hängende Wolken verbargen die umliegenden Hügel vor seinem Blick. Aber Hiskia war das kühle Morgenwetter egal, als er durch die nassen Straßen hüpfte und mit seinen Sandalen in jede Pfütze sprang, sodass seine Knöchel und Füße von den Schlammspritzern ganz schmutzig wurden.
»Pass auf, wohin du trittst«, tadelte seine Mutter ihn. »Deine Füße werden ja ganz nass.« Aber sie lächelte und Hiskia wusste, dass sie ihm nicht wirklich böse war. Er lief zurück zu der Stelle, an der sein Großvater Secharja und sie stehen geblieben waren, um zu Atem zu kommen.
»Bitte beeilt euch«, bettelte er, während er um sie herumlief. »Sonst kommen wir zu spät und verpassen das Morgenopfer.«
»Wir werden rechtzeitig da sein, mein Junge, keine Sorge«, beruhigte Secharja ihn.
»Ich will alles sehen, Großvater.«
»Ich weiß.
Wir sind ja auch gleich da. Siehst du die Mauer dort?« Er zeigte darauf. »Das ist die Spitze der Tempelanlage.«
Hiskia fasste beide an den Händen und zog sie vorwärts. »Bitte beeilt euch!«
»Ich kann nicht schneller gehen«, erwiderte sein Großvater. »Bei dieser feuchten Luft tun mir die Knochen weh.«
»Du hast mir schon ganz lange versprochen, dass du mit mir zum Tempel gehst.«
»Ich weiß, ich weiß. Aber wir mussten auf den richtigen Zeitpunkt warten, mein Junge.«
»Ich bin nicht sicher, ob es deinem Vater recht wäre, wenn er wüsste, dass wir dich zu Jahwes Tempel mitnehmen«, fügte seine Mutter hinzu. »Aber gestern ist er nach Damaskus aufgebrochen.«
Bei der Vorstellung, dass sein Großvater, seine Mutter und er ein Geheimnis hatten, durchfuhr Hiskia ein wohliger Schauer. Die Tatsache, dass sein Vater möglicherweise nicht einverstanden wäre, machte es noch aufregender. »Warum will er denn nicht, dass ich herkomme?«, fragte er. »Weil er Moloch anbetet?«
»Ja, das auch«, antwortete Secharja.
»Betet er nicht auch Jahwe an?«
»Beides zusammen kann dein Vater nicht tun, weißt du noch? Höre, Israel! Jahwe ist unser Gott und sonst keiner.«
Hiskia erinnerte sich. Es war das Erste, was Secharja ihm beigebracht hatte. »Nimmst du mich nach dem Opfer mit in den Tempel, Großvater?«
»Du weißt doch, dass nur Priester in das Heiligtum dürfen.«
»Ich weiß. Aber wir können doch dorthin gehen, wo du wohnst, nicht wahr?« Secharja hatte ihm erzählt, dass Jahwes Tempel der herrlichste Ort auf der ganzen Welt war, und Hiskia wollte so viel wie möglich davon sehen. (…)
Endlich kamen sie oben auf dem Berg an und gingen durch das Tor in den Vorhof des Tempels. Als er mit seinem Großvater zur Vorderseite des Gebäudes ging, stellte Hiskia entsetzt fest, dass hässliche hölzerne Gerüste die ganze Fassade bedeckten. Jahwes Tempel glich gar nicht dem prächtigen Gebäude, das er erwartet hatte.
»Warum sind denn die hässlichen Bretter davor?«
Secharja seufzte, aber es klang eher wie ein Stöhnen und Hiskia blickte zu ihm auf. »Weil dein Vater die Bronze haben wollte. Ich wünschte, du hättest diese Pfeiler sehen können, bevor dein Vater sie auseinandergenommen hat. Sie waren mit Bronze überzogen und mit herrlichen Verzierungen bedeckt.«
»Warum hat er sie denn auseinandergenommen, Großvater?«
»Weil er Geschenke für den König von Assyrien brauchte und er wusste, dass der schönste Schatz im ganzen Land sich hier in Jahwes Tempel befand.«
Hiskia sah sich um und stellte überrascht fest, dass für das Opfer nur eine Handvoll Menschen zum Tempel gekommen waren. Tausende waren dem Zug ins Hinnomtal gefolgt, um Moloch anzubeten, und er hatte erwartet, hier mindestens genauso viele Menschen zu sehen – oder noch mehr.
»Wo sind denn die ganzen Leute?«, fragte er Secharja. »Warum sind sie nicht gekommen, um Jahwes Opfer zu sehen?«
Wieder seufzte Secharja. »Weil die Menschen in Juda sich von Jahwe abgewandt haben. Sie verehren jetzt viele falsche Götter und scheinen den Unterschied gar nicht zu kennen. Es ist die Aufgabe des Königs, die Führung zu übernehmen, denn das Volk folgt seinem Beispiel. Aber dein Vater hat Jahwe den Rücken gekehrt.«
»Können wir jetzt die Türen aus Gold sehen?«, wollte Hiskia wissen.
»Ah – die goldenen Türen zum Heiligsten. Ja, komm mit.«
Sie gingen durch die Tore und durchquerten den Hof zum Tempel. Sie mussten sich an den hölzernen Gerüsten vorbeiquetschen, um die riesige zweiflügelige Tür zum Heiligsten zu sehen. Aber als Hiskia endlich vor diesen Türen stand, waren sie gar nicht aus Gold. Sie waren entblößt und nackt, das Holz gerissen und voller Macken.
»Die sind ja gar nicht aus Gold«, beschwerte er sich. »Das ist doch nur altes Holz!« Er fühlte Secharjas Hand auf seiner Schulter.
»Es tut mir leid, mein Junge. Das wusste ich nicht. Dann hat König Ahas wohl auch dieses Gold genommen. Vergib ihm, Jahwe.«
Hiskia fühlte sich betrogen und die Enttäuschung traf ihn wie eine Faust in die Magengrube. Er folgte Secharja zurück durch den Hof und in das Labyrinth der Tempellager auf der nördlichen Seite des Tempelberges, aber seine Freude an der Führung war verflogen. Secharja versuchte, ihm auf dem Weg ein paar Dinge zu erklären, aber alles schien Hiskia schäbig und trostlos, überall bröckelte der Putz unter alten Spinnweben. Als sie zu einem großen Lagerraum kamen, schien es so, als würde Secharja erschrecken, als er sah, dass die Regale beinahe leer waren. Er sah sich um, als würde er träumen, dann nahm er einen angelaufenen Silberkelch und versuchte, ihn mit seinem Ärmel zu polieren.
»Dies war der Raum für die heiligen Gefäße, die bei allen Opfern benutzt wurden«, sagte er. »Hier war früher alles voll, aber jetzt ... Ich vermute, das ist jetzt alles in Assyrien.« Mit leerem Blick starrte Secharja auf die geplünderten Regale, als hätte er vergessen, dass sein Enkel dabei war. Hiskia zog am Ärmel seines Großvaters, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.
»Was macht der andere König denn mit all diesen Sachen, Großvater?«
»Da bin ich mir nicht sicher. Wahrscheinlich wird er alles einschmelzen. Ich habe gehört, dass heidnische Könige manchmal heilige Gefäße wie diese benutzen, um bei Festen für ihre falschen Götter Wein daraus zu trinken. Der Gedanke, dass Jahwes heilige Dinge auf diese Weise entweiht werden, schmerzt mich.« Er seufzte und schloss die Tür zu dem Lagerraum, dann ging er voran den Korridor entlang. »Meinen Lieblingsort habe ich für den Schluss aufgehoben – die Tempelbibliothek.«
Sie betraten einen langen schmalen Raum, gefüllt mit Hunderten von Schriftrollen.
»Diese Schriftrollen enthalten alle Gesetze, die Jahwe unserem Volk gegeben hat«, sagte Secharja. »Und sie erzählen auch die Geschichte unserer Vorfahren bis zurück zu Adam und Eva. Jahwes Wahrheit ist etwas, das dein Vater niemals ändern oder zerstören kann.«
Hiskia verstand nicht, wieso sein Großvater so stolz auf diesen Raum zu sein schien. Hier gab es nichts Wertvolles, kein Silber oder Gold – nur staubige, vergilbte Schriftrollen.
»Du bist enttäuscht vom Tempel, nicht wahr, mein Junge?«
»Ich wünschte, er wäre immer noch schön, Großvater. Warum musste mein Vater denn alles kaputt machen?«
»Komm mal her. Setz dich da drüben hin.« Secharja führte ihn zu einem der Arbeitstische und Hiskia sah zu, wie Secharja in den Stapeln etwas suchte. Als er die gewünschte Rolle gefunden hatte, setzte Secharja sich neben ihn und entrollte vorsichtig das Schriftstück.
»Weißt du, Jahwe wundert es nicht, dass die Feinde deines Vaters ihn alle gleichzeitig angegriffen haben. Jahwe hat sogar dafür gesorgt, dass es so kommt. Diese Schriftrolle ist aus der Tora und wurde geschrieben, bevor das Volk Israel in dieses Land gezogen ist. Darf ich dir etwas daraus vorlesen?« Hiskia nickte, aber er blickte nicht auf, sondern trat mit einer Sandale gegen das Tischbein.
Wenn ihr schon viele Generationen lang in eurem Land lebt, las Secharja, könntet ihr versucht sein, euch irgendwelche Gottesbilder zu machen. Damit würdet ihr dem Herrn missfallen ... Wenn ihr so etwas tut, werdet ihr euch nicht in dem Land halten können, das ihr jetzt in Besitz nehmt! (5. Mose 4,25ff.)
Hiskia verstand das nicht. Er sah zu Secharja auf und wartete darauf, dass dieser es ihm erklärte.
»Dein Vater musste den Tempel plündern«, sagte er, »weil unsere Feinde uns von allen Seiten angegriffen haben. Sie haben ganze Städte in Schutt und Asche gelegt und Tausende Menschen als Gefangene mitgenommen. Es ist genauso geschehen, wie Jahwe es vorhergesagt hat, weil die Menschen sich von ihm abgewandt haben, um fremde Götzen anzubeten. Dein Vater hat dem assyrischen König Jahwes Gold gegeben, damit er uns vor unseren Feinden beschützt. Wir sollen Jahwes Diener sein, aber jetzt sind wir stattdessen Diener von Assyrien.«
Hiskia spürte einen Schauer der Angst. »Wird Jahwe uns verstoßen? Und ist er dann nicht mehr unser Gott?«
»Ich werde dir den Rest vorlesen, dann kannst du diese Frage vielleicht selbst beantworten: Dort werdet ihr dann den Herrn, euren Gott, suchen und er wird sich von euch finden lassen, wenn ihr euch ihm mit ganzem Herzen und mit allen Kräften zuwendet. In ferner Zukunft, wenn all diese Not über euch kommt, werdet ihr wieder zum Herrn, eurem Gott, umkehren und auf seine Stimme hören. Der Herr ist ja ein Gott voll Erbarmen und er ist und bleibt euer Gott. Er wird euch nicht fallen lassen, euch nicht vernichten.(5. Mose 4,29-31) Er wird uns vergeben, Hiskia«, sagte sein Großvater leise. »Jahwe liebt uns und er wird uns sicher vergeben, wenn wir uns ihm wieder zuwenden. Ich weiß ganz genau, dass es so ist. «
Hiskia hörte auf, gegen das Tischbein zu treten, und eine Weile saßen sie schweigend da.
»Weißt du, mein Junge, irgendwann wirst du der König von Juda sein und ...« Secharja hielt inne. »Nein. Du bist noch viel zu jung, um zu verstehen, welche Verantwortung da auf dich zukommt. Für heute haben wir genug geredet.«
Hiskia bemühte sich zu begreifen, was sein Großvater gesagt hatte, aber seine Enttäuschung war einfach zu groß.
»Großvater?«, fragte er schließlich. »Hätte Jahwe nicht alle unsere Feinde töten und uns retten können? Dann hätte mein Vater den Tempel nicht kaputt machen müssen. Hätte er das nicht tun können?«
»Natürlich hätte er das gekonnt! Erinnerst du dich nicht mehr an die Geschichte von David, der mit Jahwes Hilfe Goliat besiegt hat?«
Hiskia nickte.
»Und weißt du noch, was mit Josua und der Schlacht zu Jericho war? Und dass Jahwe die Sonne angehalten hat, damit Josua die fünf Amoriterkönige besiegen konnte? Ja, natürlich könnte Jahwe alle Feinde von Juda besiegen.«
»Warum hat er das dann nicht getan, Großvater?«
Secharjas Miene war traurig, als er den Kopf schüttelte. »Weil unser Volk nicht mehr an ihn glaubt ... und deshalb hat sich niemand die Mühe gemacht, ihn darum zu bitten.«
Pressestimmen
05.08.2020Martin Kugele in HOFFEN UND HANDELN August 2020 Ein exzellenter historischer Roman über den gottlosen König Ahas im Alten Testament ist erschienen und lässt aufhorchen. Die Bestsellerautorin Lynn Austin schrieb ihn. (...) Er zeigt die Abkehr Israels vom lebendigen Gott, den grausamen Kult der Götzenopfer und den Kampf derer, die an Gottes Geboten festhalten. Hiskia, der kleine Ahas-Sohn, fast dem Moloch geopfert, hört vom Großvater, wer der
wahre Gott Israels ist, wird aber der Mutter entrissen und entfremdet.
Der Auftaktband der neuen AT-Reihe von Austin ist unheimlich spannend und emotional, aber historisch fundiert, fordert heraus. Er lässt diese biblische Zeit anschaulich lebendig werden, erzählt von mutigen Menschen wie dem Propheten Jesaja, die sich in schwierigen Zeiten von Gott gebrauchen lassen.
Eines der besten und biblisch klarsten Erzählbücher zum AT, das ich gelesen habe. Der bewegende und erschütternde Roman verdeutlicht, wie böse und verlogen es im Südreich Juda unter Ahas zuging, aber auch ermutigend (für uns heute), wie die Getreuen in schwerer Zeit am wahren Glauben festhielten. (...) Eine lohnende Lektüre, aufrüttelnd und wegweisend auch für unsere Zeit heute.
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14.05.2020Annelene Klötzing in: DRAN 4/20 Der erste Roman der fünfbändigen Reihe "Die Chroniken der Könige" spielt ca. 732 bis 687 v. Chr. im Königreich Juda. Dort stehen unter anderem Prinz Hiskia, seine Mutter Königin Abi und der Prophet Jesaja in schwierigen Zeiten vor der Herausforderung, ihr Leben für den einen Gott zu leben. Lynn Austin schreibt sehr lebendig und anschaulich. Sie nimmt den Leser
mit in eine Welt, die anderorts eher sachlich und in knappen Worten beschrieben wird. Durch die Angaben zu den Bibelzitaten kann die Geschichte sehr einfach an den verschiedenen Stellen des Alten Testaments nachgelesen werden. Das Buch kann also zwei Sachen: die Möglichkeit zum Welten-Entdecken und Abschalten bieten. Es kann aber auch einen Einblick in die Welt des Altern Testaments gewähren und zum Weiterlesen in der Bibel animieren.
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12.03.2020Paul Noffke in IDEA SPEZIAL 2/2020 Jerusalem zur Zeit von König Ahas (7.Jh.v.Chr.): Das Königreich Juda liegt in Schutt und Asche, die Aramäer haben das Land fast vollständig in ihrer Hand. Ahas bittet die Assyrer um Hilfe. Doch nun hat er noch größere Probleme, denn der assyrische König Tiglat-Pileser III. fordert seine Unterwerfung als Gegenleistung für die Hilfe der assyrischen Armee. Bestsellerautorin Lynn Austin ("Die
Apfelpflückerin") erzählt die Geschichte des jungen Prinzen Hiskia, der mitansehen muss, wie sein Vater Ahas seine Söhne dem Moloch opfert. Wechselnde Perspektiven, zum Beispiel die des Leviten Secharja oder des Hohepriesters Uria, ermöglichen unterschiedliche Blickwinkel auf das Geschehen. Sehr detailreich verfasst, schildert Austin sowohl die politischen Probleme Judas als auch Hiskias persönlichen Kampf um seinen Glauben und seine Verunsicherung, als er nach dem plötzlichen Tod seines Vaters Verantwortung für das Volk Gottes übernehmen muss. Der Roman besticht durch seine ergreifende Handlung, aber auch durch die Direktheit, mit der die Ereignisse dargestellt werden. Ein unbedingt zu empfehlendes Meisterwerk der US-Autorin, das auch aufgrund der biblischen Zitate interessante Erkenntnisse zu König Hiskia und seinem Vater liefert und eine detailreiche Schilderung dessen ist, wie die Realität und die persönlichen Kämpfe ausgesehen haben könnten. Spannend fesselt das Buch von der ersten bis zur letzten Seite und weckt direkt den Wunsch nach einer Fortsetzung.
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04.02.2021Conny Kohli Ein starkes Buch welches einen ermutigt, die Geschichte in der Bibel selber nachzulesen.
21.09.2020frenx1 auf www.lovelybooks.de Mit ihrer neuen Reihe „Die Chroniken der Könige“ begibt sich Lynn Austin in das Zeitalter der Könige Israels. Ihr erster Band „Sei du meine Stärke“ spielt im 8. Jahrhundert vor Christus, zur Zeit der Könige Ahas und Hiskia.
Das Südreich Juda ist dabei in keiner guten Verfassung: schwere militärische Niederlagen führen dazu, dass Juda zu einem Vasallenstaat der Assyrer wird.
Außerdem werden in Jerusalem sogar im Tempel andere Götter angebetet.
Nur wenig erfährt man in den Büchern der Chroniken und der Könige über diese Zeit. Lynn Austin gelingt es, aus den knappen biblischen Informationen eine spannende Geschichte entstehen zu lassen. Schon der Beginn des Romans hat es in sich: der älteste Sohn des Königs soll dem Gott Moloch geopfert werden. Dennoch gelingt es Hiskias Mutter Abi, dass ihr Sohn in der Thora unterwiesen wird. Das Buch endet damit, dass Hiskia nach Ahas‘ Tod zum neuen König wird und das Land wieder zurück zum JHWH-Glauben führt.
Die Mischung aus Fiktion und Fakten überzeugt, auch wenn manches eher unserer Zeit entspricht, etwa die starke Fokussierung des Opfers auf den Aspekt der Vergebung. Gottestreue und Vertrauen stehen im Zentrum vieler Gespräche, sodass es nicht verwundert, dass viel aus dem Buch der Psalmen zitiert wird. Etwas anachronistisch sind die Verweise auf die Gottesebenbildlichkeit des ersten Schöpfungsberichts und auf Hiob – beide Texte waren zur Zeit der Handlung noch nicht bekannt.
Sehr gelungen ist das Einfühlungsvermögen in die Figuren. Aus unterschiedlichen Perspektiven wird das Geschehen beleuchtet, sodass man die Gedankenwelt am Königshof, am Tempel und die der Propheten kennenlernt.
Für mich war der Hauptbeweggrund, das Buch zu lesen, die Möglichkeit, eher unbekannte biblische Texte kennen zu lernen. Das gelang mir bereits bei Lynn Austins Buchreihe über die Rückkehr aus dem Exil nach Israel.
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25.04.2020Gudrun Ermes Lynn Austin erschafft mit diesem Roman den Beginn eines Epos, das sich mit den Chroniken der Könige aus dem alten TEstament auseinandersetzt. Sie erzählt in Romanfom die GEschichte des Königreich Juda zur Zeit des Königs Ahas. Dabei werden Textstellen aus dem alten Testament wortgetreu in eine fiktive Handlung eingebettet. Historische Ereignisse, Bibeltexte und fiktive Geschehnisse werden gekonnt verknüpft und
in eine spannende Handlung mit religiösem Tiefgang eingebunden. Der Schreibstil ist flüssig und zeichnet sich durch intensive Charakterentwicklungen aus. Die damalige Götzenanbetung mit verabscheuungswürdigen Menschenopfern, die absolute Herscherstellung der Könige und die Machtlosigkeit des Einzelnen , insbesondere der Frauen , wird gut aufgezeigt. Dieses Buch vermittelt alttestamentarisches und historisches Wissen sehr unterhaltsam. Man erhält eine Vorstellung von den damaligen Lebensumständen und möglichen Ereignissen . Gerade die Auseinandersetzung mit dem alten Testament fällt ja doch eher schwer und wird so etwas erleichtert. Ich hoffe, das diese Reihe bald fortgeführt wird.
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05.03.2020Dreamworx Wie stark ist man selbst?
Im Königreich Juda hat die Anbetung von Götzen Einzug gehalten. Für einen bevorstehenden Krieg lässt König Ahas mitten in der Nacht seine beiden Söhne aus dem Bett holen, um dem Gott Moloch ein Opfer darzubringen für einen günstigen Kriegsausgang. Der junge Hiskia muss so mitansehen, wie sein älterer Bruder, der erstgeborene Eliab getötet wird. Als
der Krieg als verloren gilt, ist der königliche Priester Uria gezwungen, erneut eine Opfergabe für Moloch durchzuführen, bei der erneut alle Erstgeborenen den Feuertod finden sollen. Diesmal wäre auch Hiskia zum Opfer gefallen, doch das Leben des jungen Prinzen wird durch seine Begegnung mit Jahwe gerettet. Mit Unterstützung seines Onkels Secharja studiert er die Lehren des Gottes Israel und beginnt, an ihn zu glauben. Die Verhaftung Secharjas beschert Hiskia einen neuen ägyptischen Lehrer, der ihn bald die Lehren von Jahwe vergessen lässt. Als Hiskia selbst König wird und für das Wohl seines Volkes verantwortlich ist, muss er sich darüber klarwerden, welchem Gott er dienen will und welch ein König er seinem Volk sein möchte"
Lynn Austin hat mit "Sei du meine Stärke" einen wunderbar fesselnden und berührenden Roman vorgelegt, der den Leser in die antike Zeit vor Christus katapultiert, um dort eine biblische Geschichte voller Spannung und Gefühl hautnah mitzuerleben. Der Erzählstil ist flüssig, bildgewaltig und mit durchgängiger Spannung versetzt, so dass man sich, einmal begonnen, von der Geschichte nicht mehr lösen kann. Die Autorin ist bekannt dafür, ihre christlich-historischen Romane sehr nah mit dem Bibeltext zu verankern, so auch in diesem Buch, das wieder einmal sehr gut recherchiert überzeugt. An der Seite von Hiskia erlebt der Leser die Götzenzeit im Königreich Juda und wie leichtfertig Menschen geopfert werden, wenn es darum geht, wichtigere Ziele zu erreichen. Aber es ist auch ein Buch über Arroganz, Zerrissenheit im Glauben, Mut, Stärke und die Hoffnung, den wahren Gott zu finden und seine Lehre zu leben bzw. weiterzutragen. Dem Leser wird während der Lektüre der Spiegel vorgehalten, wie er selbst sich wohl verhalten würde in der einen oder anderen Situation.
Die Charaktere sind sehr lebendig gestaltet und überzeugen durch ihre Wankelmütigkeit, ihren Mut, ihre Überzeugungen oder auch durch ihre Ängstlichkeit. Der Leser bewegt sich lautlos unter ihnen und darf ihre Gedanken und Gefühle kennenlernen. König Ahas ist ein machtgieriger Mann, dessen Welt sich nur um sich selbst dreht. Er ist im Grunde schwach, gefühlskalt und zu keinen eigenen Entscheidungen fähig. Ahas Frau Abi ist ein Kämpferin, die mit aller Macht ihren verbliebenen Sohn beschützen will. Hiskia ist ein junger Mann, der schon einiges durchmachen musste. Er möchte auf keinen Fall seinem Vater nacheifern, ist aber innerlich zerrissen, welchen Weg er einschlagen soll. Uria hatte einmal ehrbare Ziele, doch verrät diese für eine Machtposition. Er ist verblendet und lässt sich für Dinge einspannen, die er früher nie in Betracht gezogen hätte. Secharja war mal ein erfolgreicher Priester, bis er dem Alkohol verfiel. Doch er findet die Kraft, seinen Glauben wiederzufinden und bereichert Hiskias Leben als dessen Lehrer.
Mit "Sei du meine Stärke" erzählt Lynn Austin eine wunderbare historische Geschichte, die zu faszinieren weiß und zum Nachdenken anregt. Absolute Leseempfehlung für ein außergewöhnliches Buch!
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27.02.2020mabuerele "...Das Geräusch von Stimmen und trampelnden Füßen weckte ihn. Mit klopfenden Herzen setzte Hiskia sich im Bett auf und zum ersten Mal in seinem kurzen Leben hatte er entsetzliche Angst..."
Mit diesen Sätzen beginnt ein fesselnden Roman. Wir befinden uns im Reich Juda unter König Ahas. Das Land ist im Norden angegriffen wurden. Hiskia hat allen Grund, Angst zu haben.
Er wird kurze Zeit später erleben, wie sein älterer Bruder Eliab dem Gott Moloch geopfert wird. Das soll Kriegsglück bringen. Der König lässt alle seine Söhne bei der Opferung zusehen.
Die Autorin hat einen bewegenden Roman geschrieben. Sie hat entsprechende Kapitel der Bibel nacherzählt und den Menschen der damaligen Zeit ein Gesicht gegeben. Es ist eine Geschichte von Überheblichkeit, Selbstzweifel und Unfähigkeit, aber auch von Glaubensmut und Hoffnung. Die Personen werden gut charakterisiert. Ahas ist ein schwacher König. Er verlässt sich auf seine Berater, vor allem seinen Bruder Maasea, und hat sich vom Glauben seiner Väter abgewandt. Seine Söhne bedeuten ihm nichts. Ahas wurde mit Abi verheiratet. Sie lebt in einem goldenen Käfig. Das aber kann sie nicht über den Tod ihres ältesten Sohnes hinwegtrösten. Sehr gut wird dargestellt, wie sie gegen den Hass auf ihren Mann kämpft. Ihr Vater Secharja war ein Priester Jahwes. Doch der Tod des letzten Königs hat ihn aus der Bahn geworfen. Einst war er stolz darauf, dass seine Tochter einen König geheiratet hat. Nach Masseas Tod und unter der Gefahr der Belagerung bietet Ahas dem Hohepriester Uria die Stelle seines Bruders an. Uria nimmt an. Ihn reizt die Macht, dafür opfert er seinen Glauben.
"...So hielt die Sünde Einzug, versuchte sein Gewissen ihn zu ermahnen. Zuerst mit einem Tropfen, dann mit einem kleinen Rinnsal und schließlich mit einer reißenden Flut würden all die Gesetze und Gebote, die er sein Leben lang befolgt hatte, vor seinen Augen weggespült werden..."
Das Besondere an dem Buch ist für mich, dass die innere Entwicklung der Personen sehr anschaulich durch ihre Handlungen dargestellt wird. Während Secharja zu seinem Glauben zurück findet und für Hiskia einige Jahre ein Lehrer und eine Stütze wird, verfällt Uria den Angeboten der Macht. Aus seinen eigenen Erfahrungen heraus mahnt Secharja:
"...Und deshalb gehst du lieber ein paar Kompromisse ein ["]. Ein bisschen hier, und ein bisschen dort, und jedes Mal, wenn du einen Kompromiss eingehst, stirbt ein Stückchen von deiner Seele..."
Ahas hat sein Land an die Assyrer verkauft und dafür den Tempel Salomos ausräumen lassen Die Warnungen des Propheten Jesaja werden in den Wind geschlagen. Er muss fliehen. Der König wird zunehmend unberechenbar. Wer sich ihm nicht beugt, muss sterben. Er verbreitet Angst und Gewalt. Das Volk hungert, die königliche Tafel ist jedoch noch reich gedenkt ist.
Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Dazu trägt bei, dass die Zeitverhältnisse gut wiedergegeben werden. Gleichzeitig bleibt viel Raum für die Emotionen der Protagonisten.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Autorin versteht es, eine längst vergangene Epoche lebendig zu machen.
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13.02.2020Mein Kamingeflüster Nachdem Lynn Austin vor einigen Jahren eine Reihe über die Rückkehr des Volkes Israel aus Babylon geschrieben hat, kommt nun endlich ein neuer historischer Roman von ihr, der auf einer biblischen Geschichte beruht. Dieses Mal befinden wir uns in Jerusalem zur Zeit von König Ahas. Die Situation des Volkes ist politisch schwierig, denn viele Feinde umzingeln sie, so dass
Ahas sich gezwungen sieht, ein Bündnis mit den Assyrern zu schließen. Das führt zu immer höheren Tributzahlungen, unter denen die Menschen in Juda zu leiden haben. Immer mehr Menschen wenden sich von Jahwe ab und beten andere Götter wie Baal und Aschera an, der alte Tempel wird durch Götzenopfer entweiht und selbst vor Jahwes Priestern macht der Abfall keinen Halt.
Einige, die nach wie vor das Wort der Tora verkünden werden gejagt und mundtot gemacht. Andere, wie der königliche Priester Uria, versuchen, ihre eigene Haut zu retten und ihre Macht zu sichern, indem sie sich am Götzendienst beteiligen. So muss Uria ein weiteres Feueropfer für den Gott Moloch organisieren, bei dem die erstgeborenen Kinder jeder Familie bei lebendigem Leibe ins Feuer geworfen werden. Um ein Haar hätte es auch Hiskia, den Sohn von Ahas, getroffen, doch wie durch ein Wunder wird der Prinz vor dem Opfer gerettet. Voller Abscheu begreift Hiskia, dass ein Gott wie Moloch dem Volk keine Hilfe sein kann. Stattdessen lernt er mit Hilfe seines Onkels Secharja den wahren Gott Israels kennen und lieben. Doch dann wird auch Secharja inhaftiert und Hiskia bekommt einen neuen Lehrer aus Ägypten. Mit den Jahren verblassen Hiskias Erinnerungen an Jahwe und das, was er mit ihm erlebt hat. Als er selber eines Tages den Thron besteigt, muss er sich entscheiden, wem seine Treue gilt und wie er das Volk Gottes führen will...
Der Auftaktband der neuen Reihe von Lynn Austin ist gleich ein richtiger Knaller: Unheimlich spannend, emotional bewegend und historisch fundiert schildert die Autorin die Ereignisse, die sich damals während der Herrschaft des judäischen Königs Ahas zugetragen haben.
Austin hat ein großes Talent für solche Erzählungen und lässt die damalige Zeit mit viel Gespür für Atmosphäre wieder lebendig werden. Auch zwischen den Zeilen hat die Autorin eine Menge zu sagen. Der ein oder andere Aspekt der Situation von damals lässt sich durchaus auch auf die Gegenwart übertragen und regt so zum Nachdenken an.
"Jedes Mal, wenn du einen Kompromiss eingehst, stirbt ein Stück deiner Seele", hatte Secharja ihn gewarnt. (Seite 212)
Inwieweit sind wir selbst bereit, das Wort Gottes so weit zu dehnen, bis davon nichts mehr übrig bleibt" Es sind Fragen wie diese, die nicht nur die Charaktere in der Geschichte beschäftigen, sondern sich auch auf den Leser übertragen.
Ich freue mich, dass der erste Teil der auf fünf Bände ausgelegten Reihe schon so gelungen ist. Auch optisch finde ich den Titel mit dem schönen Marmor-Hintergrund auf dem Cover ansprechend. Die "Stärke" des Titels wird damit ebenso wie mit dem bronzenen Streitwagen sehr schön wiedergegeben. Auf dem Buchrücken ist sogar noch eine kleine Krone abgebildet, was bestimmt toll aussieht, wenn einmal alle Bände nebeneinander im Regal stehen.
Insgesamt wurden meine Erwartungen an dieses Buch noch übertroffen und ich finde, es ist ein MUSS für alle, die sich für christliche Literatur und historische Romane interessieren.
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20.01.2020Sonja Weißmann BUCHPERLE KOSTBAR, Göppingen Unglaublich starker biblischer Roman. Von Anfang an mitreißend. Lynn Austin ist es gelungen auf lebendige und tief berührende Art und Weise das Leben von Gottes Volk zu erzählen. Von seinem schleichenden Abfall in den grausamen Götzendienst mit all seinen Verstrickungen. Und Gottes unerschütterliche Liebe inmitten tiefster menschlicher Dunkelheit und Angst. Lynn Austin ist ein Meisterwerk gelungen! Wer die
Geschichte Gottes im Alten Testament besser verstehen und greifen möchte,darf sich mit diesem Roman bereichern und beschenken lassen.
Sonja Weißmann, Buchperle-kostbar.de
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