1. Kapitel
Bosveld, Südafrika, 1933
Erbarmungslos brennt die Sonne vom wolkenlosen Himmel herab. Im Pferch wirbeln die Hufe der Kühe solche Wolken von Staub auf, dass die Gruppe von Menschen, die danebensteht, davon vollkommen eingehüllt wird. Die Stimme des Auktionators dröhnt über alles hinweg.
Nirgendwo ist ein Grashalm zu entdecken. Wie eine Leiche liegt das kahl gefressene Land vor ihnen.
Zum ersten Mal seit Menschengedenken ist auch der Wasserlauf völlig ausgetrocknet.
Tinus presst seinen schmächtigen Rücken gegen die getünchte Mauer und drückt seine nackten Füße fest in den heißen Sand. Seine Augen sind auf den Pferch gerichtet, weg von den Feldern.
Vor zwei Wochen ist er mit seinem Großvater das ganze Terrain noch einmal abgegangen – langsam, es hat einen ganzen Tag gedauert. Gegen Sonnenuntergang hat sein Opa gesagt: „Wir schaffen es einfach nicht mehr.“
Tinus hat es zunächst nicht verstanden.
Jetzt schon.
Die Beiwohner sitzen ein bisschen abseits: Der Mann ist in sich zusammengesunken und weint, neben ihm seine Frau mit ihrem plumpen Körper und ihrem einfältigen Gesicht. Auch sie weint. Ein Häufchen Elend.
Tinus schaut in eine andere Richtung. Wenn die beiden bloß verschwinden würden! Wenn sie nur in ihr eigenes Haus gingen und dort blieben!
Irgendwo im großen Haus ist Oma. „Dieser Tag heute wird mich noch umbringen“, hat sie am frühen Morgen gesagt. Ihre Lippen sind dünn und bleich gewesen und ihre Stimme hat sich flach angehört.
Nur Tinus und sein Großvater sind starrköpfig genug gewesen, um hinzugehen und zuzuschauen. Jetzt sitzt Opa in seinem glänzend gebügelten Sonntagsanzug neben ihm auf einem Küchenstuhl, die verloschene Pfeife in seinen groben Händen. Sein Hals ist abgemagert. Beinahe sieht er aus wie ein Erdmännchen.
Der Auktionator wischt sich den Schweiß von seinem dicken Nacken und versteigert die ausgemergelten Kühe einfach alle en gros.
„Warum bietet denn niemand?“, erkundigt sich Tinus. Es kommt zu laut und zu schrill aus ihm heraus. Manchmal lässt ihn seine Stimme schon im Stich.
„Keiner hat noch irgendwelche Weidegründe.“ Die Stimme seines Großvaters ist noch so kräftig wie immer. „Die Käufer warten einfach ab und dann kauft einer den ganzen Krempel für ’nen Appel und ’nen Ei.“
Um ein Uhr kommt Großmutter und bringt ihnen Kaffee und Brote. „Kommt doch rein. Es ist so heiß.“
„Nein, ich bleibe hier“, antwortet Großvater.
„Ich auch“, erklärt Tinus.
Sie laden die letzten Gegenstände auf den Wagen von Onkel Grootgert: Bettgestelle, Geschirr, Küchengeräte. Die Zelte. Den Küchentisch mit den vier Stühlen. Eine Wäschetrommel mit Kleidungsstücken und Bettwäsche, ganz oben darauf die Bibel. Jetzt schaut es so aus, als würden sie einfach nur für das Abendmahlswochenende ins Dorf fahren.
Dann sieht Tinus sie kommen, vom anderen Ende des leeren Pferchs: die Beiwohner. Der Mann trägt einen verschlissenen Koffer in der einen und seinen Geigenkasten in der anderen Hand. Unter seinem Arm klemmt ein gerahmtes Bild. Die Frau balanciert ein Bündel Bettwäsche auf dem Kopf. Genau wie eine Waschfrau.
„Kommen die auch mit?“, will Tinus wissen.
„Was hast du denn gedacht?“, antwortet sein Großvater, während er den Gurt um das kupferne Bettgestell noch etwas strammer anzieht.
Letzte Woche während der Versteigerung hat sich Tinus mehr als je zuvor für diese Menschen geschämt. Die ganze Zeit über hat er gefürchtet, dass dieser Schwachkopf von einem Beiwohner wieder einen von seinen Anfällen kriegen könnte. Er hat gemerkt, wie die Leute aus der Gegend geradezu darauf gelauert haben. Dafür waren sie also gekommen? Nicht um etwas zu kaufen. Sondern nur um zuzusehen, wie der stolze Martinus van Jaarsveld und seine hochmütige Frau vom Sockel gestürzt werden. Um mit eigenen Augen den Mann zu sehen, der manchmal schreiend durch die Gegend rennt. Den bekloppten Simon. Und um sich über den Jungen, der den Familiennamen trägt, das Maul zu zerreißen. Über ihn, Martinus Daniël.
Am Eingangsgatter der Farm steigt Tinus vom Wagen. Zum letzten Mal spürt er den heißen Sand des Bosvelds unter seinen Füßen. Zum letzten Mal wirft er einen Blick über die Landschaft, in der er aufgewachsen ist. Dann öffnet er das Gatter und geht wieder zum Wagen. „Eines Tages kaufe ich die Farm wieder zurück“, verkündet er grimmig. „Ich schwöre es, Opa: Irgendwann wird Buffelspoort wieder in den Händen eines van Jaarsveld sein.“
2. Kapitel
Vierhouten, Niederlande, Juli 1943
Die Sommersonne scheint ihr warm auf den Rücken. Das Gras steht hoch und in frischem Grün, Futter für die Kühe in den kommenden, langen Wintermonaten. Rhythmisch schwingt ihr Vater die lange Sense hin und her, hin und her. Mentje recht das gemähte Heu zu großen Haufen zusammen. Es duftet nach frisch geschnittenen Kräutern und ein bisschen nach Pfefferminze.
„Wo hast du denn deinen Hut?“, will ihr Vater wissen, ohne dabei aufzuschauen. „Ehe du dich versiehst, hast du heute Abend wieder einen Sonnenbrand.“
Mist, ihr Hut! Sie vergisst ihn aber auch ständig!
Doch da bricht in der Nähe des Hauses plötzlich ein großes Durcheinander los. Alle beide schauen mit einem Ruck auf. Mentje sieht das Entsetzen in den Augen ihres Vaters, aber das hält nur einen Augenblick an. „Runter, flach auf den Boden, Mentje, hinter den Heuhaufen! Und keine Bewegung, bis ich dich holen komme“, befiehlt ihr Vater, während er losrennt.
„Warum, Papa?“
„Runter, habe ich gesagt“, ruft er ihr über die Schulter zu. „Ich bin gleich wieder da.“
Sie lässt sich hinfallen und kriecht auf dem Bauch hinter den Heuhaufen. Dort presst sie sich das Kinn auf die Brust und schließt fest die Augen. Der Heuhaufen, den sie eben noch zusammengerecht hat, erscheint ihr mit einem Mal sehr niedrig.
Vom Haus her sind Stimmen zu hören, wütende, kreischende Stimmen. Mentje hält sich die Ohren zu, doch selbst dann hört sie noch, wie das Baby die Gegend zusammenschreit.
Was ist passiert? Hat das Baby sich verletzt? Oder vielleicht der kleine Junge? Ist er womöglich von der Leiter gefallen?
Oder noch schlimmer: Brennt es irgendwo? Im Stall?
Ihr Herz beginnt zu klopfen. Vater hatte bei der Kerze zwischen den Strohballen immer ein schlechtes Gefühl.
Oder ist erneut der Stier aus der Weide ausgebrochen? Genau wie vor zwei Jahren, als ihr Vater beinahe …
Nein. Nein, so etwas geschieht nicht noch einmal.
Oder sind die Soldaten gekommen? Das möchte sie nicht denken, aber sie hat immer Angst gehabt, das Baby könnte weinen, wenn die Soldaten kamen, um Milch oder Eier zu holen. Sie versucht, einen klaren Kopf zu behalten. Das Baby hat doch erst zu weinen angefangen, nachdem der Lärm beim Haus schon losgebrochen war, oder? Ja, mit Sicherheit. Also können es nicht die Soldaten sein.
Oder vielleicht doch?
Mentje hat nie Angst vor den Soldaten gehabt. Seit Anfang des Krieges hat man sie auf der Straße gesehen, in Nunspeet und sogar in Vierhouten. Möglichst unauffällig hat sie sie immer beobachtet, wenn sie auf dem Weg zur Schule war, und wenn sie sie hat kommen sehen, hat sie meistens die Straßenseite gewechselt. Wirklich Angst hat sie nie gehabt.
Doch seitdem die Familie Friedman bei ihnen eingezogen ist, ist das ganz anders geworden.
Eines Abends hat ihr Vater fast schon beiläufig gesagt: „Mentje, ich muss etwas mit dir besprechen.“
Es war ein kalter Winterabend gewesen, Anfang des Jahres. Vater hat noch einen Scheit Holz ins Feuer geworfen, sich in seinen Lehnstuhl gesetzt und die Beine ausgestreckt, sodass die Füße dicht am warmen Ofen waren. Draußen hat ein eisiger Wind geweht. „Es kommt einem vor wie am Nordpol“, hat Mentje festgestellt, während sie ihrem Vater einen Becher Kaffee eingeschenkt hat. Für sich selbst hat sie ein Glas warme Milch geholt.
Geduldig hat sie abgewartet.
„Die Familie Friedman muss sich im Durchgangslager Westerbork melden“, hat ihr Vater schließlich verkündet.
Mentje hat gespürt, wie sie unruhig wurde. Sie hat diese Familie nicht gekannt; sie hat nur gewusst, dass ihr Vater täglich ein paar Kannen Milch in deren Geschäft in Nunspeet abliefert. Allerdings ist letztes Jahr die Oma eines Jungen aus ihrer Klasse nach Westerbork gebracht worden und seitdem haben sie nichts mehr von ihr gehört. „Was passiert eigentlich mit den Menschen, die nach Westerbork gebracht werden, Papa?“
Nachdenklich hat sich ihr Vater mit seinem Zeigefinger durch den Bart gewühlt. „Das weiß keiner genau. Wahrscheinlich werden sie von dort aus in eines der deutschen Arbeitslager im Osten gebracht.“
„Das ist doch nicht gut, oder?“
Ihr Vater hat den Kopf geschüttelt und in den Ofen gestarrt.
Ihre Unruhe ist immer weiter angestiegen. Eine Vermutung begann sich in ihr festzusetzen. „Möchtest du der Familie Friedman helfen?“
„Herr Friedman hat einen Neffen in England, der versucht sich darum zu kümmern, dass die ganze Familie dorthin kann. Ich habe ihnen angeboten, dass sie bei uns wohnen können, bis sie wegkönnen.“
„Untertauchen.“ Mentje hat das Wort schon einmal in der Schule gehört.
Ihr Vater hat ruckartig zur Seite geblickt; seine Augen haben wachsam ausgesehen. „Tja, nun. Untertauchen, das ist es wohl.“
Aber das geht doch gar nicht, wir haben doch nur ein Schlafzimmer, hat Mentje gedacht. Ihr Vater hat ihr immer versprochen, dass er ein Zimmer für sie anbauen würde, sobald sie zwölf wäre. Jetzt war sie jedoch erst neun und schlief im Schlafzimmer ihres Vaters. „Wo sollen sie denn dann schlafen?“
„Nun … Vielleicht können wir auf dem Dachboden einen Schlafplatz einrichten. Und wenn sie sich unsicher fühlen, können sie tagsüber auch dort sitzen.“
„Auf dem Heuboden im Stall?“, hat Mentje überrascht gefragt. „Die Leiter hinauf? Da, wo wir die Strohballen lagern?“
„Wir könnten die Strohballen etwas zusammenschieben und so an der Vorderseite eine Art Barrikade errichten“, hat ihr Vater erwidert. „Dann sieht man vom Stall aus nur die Strohballen.“
„Aber da kann man doch nicht schlafen!“
„Wenn er damit dem Tod von der Schippe springen kann, ist ein Mensch zu vielem in der Lage. Da oben ist es einigermaßen gemütlich, das ist sicher auch nicht ganz unwichtig.“
Das ist bestimmt wahr, hat Mentje gedacht. Der Stall ist fest ans Haus angebaut; nur eine Wand trennt ihn von der Küche. Auf diese Weise hält der Ofen den ganzen Winter über auch die Tiere ordentlich warm.
„Es ist ja auch nur für eine Übergangszeit, bis sie nach England können.“
„Ja …“ Das wird nichts, hat sie gedacht. Ihr Vater hat mal wieder irgendwelche Luftschlösser gebaut.
Ihr Vater hat sehen können, was sie gedacht hat, schließlich kannte er sie genauso gut wie sie ihn. „Mentje, das sind unsere Nächsten und sie brauchen uns. Als Christen sind wir verpflichtet, den Menschen aus Liebe zu helfen.“
Der barmherzige Samariter, hat Mentje überlegt. „Ja, Papa“, hat sie gesagt und dabei geseufzt, damit ihr Vater ruhig merken konnte, dass sie es eigentlich besser gewusst hat.
„Wir haben hier auf dem Bauernhof genug zu essen, um sie ein paar Wochen lang versorgen zu können. Sonst verändert sich gar nichts.“
„Das ist nicht wahr. Dadurch wird alles anders und das weißt du ganz genau.“
Er hat seine grobe Hand auf ihren Kopf gelegt. „Du wirst schnell groß, mein Mädchen.“
Was du nicht sagst! „Ich gehe ja auch schon in die fünfte Klasse!“
Einen Augenblick lang hat er sie verdutzt angesehen und den Kopf ganz leicht geschüttelt, so als habe er es beinahe nicht glauben können. „Das ist auch wahr. Denk daran, Mentje, niemand darf erfahren, dass die Familie Friedman hier wohnen wird, ist das klar?“
„Das weiß ich.“
An diesem Abend hat Mentje lange und ernst dafür gebetet, dass Gott ein besseres Versteck für die Familie Friedman finden möge. Nicht, dass sie auch einfach so an ihnen vorbeigehen wollte, so wie das der Priester und der Levit gemacht haben. Es sei schlichtweg nur nicht so schön für die Familie, wenn sie auf dem Heuboden wohnen müsste, der Herr wisse doch selbst, wie es da aussähe.
Tief in ihrem Herzen hat Mentje allerdings gewusst, dass sie einfach nur keine Lust hat, diese fremden Leute in dem Haus aufzunehmen, in dem sie mit ihrem Vater wohnt.
Und das hat der Herr natürlich auch ganz genau gewusst.
Am darauffolgenden Abend war die Familie angekommen. Frau Friedman hat recht jung ausgesehen, so als wäre sie kaum älter als die Mädchen auf der Mittelschule in Nunspeet. „Guten Abend, ich bin Daniela.“ Sogar ihre Stimme hat jung geklungen.
Sie hat ein Baby auf dem Arm getragen und einen kleinen Jungen an der Hand gehabt. Hinter ihr ist Herr Friedman hereingekommen, der unter einem Stapel Decken beinahe verschwunden war.
Alle trugen sie den großen gelben Davidsstern, sogar das Baby.
Schon am ersten Abend hat Mentje sich gewünscht, dass sie wieder weggehen. Das war zweifellos sehr gemein von ihr, aber sie hat nichts dagegen machen können – das hat sie nun einmal gefühlt.
Auf ihren Vater ist sie wütend gewesen. Das war sicher auch verkehrt, denn man muss ja seine Eltern ehren. Doch ist nicht eigentlich ihr Vater schuld an ihrer Sünde gewesen? An beiden Sünden?
Ihr Vater hat der fremden Familie geholfen, alles die Leiter hi-nauf auf den Dachboden zu bringen. „Meiner Meinung nach haben sie es dort nachts einigermaßen komfortabel“, hat er erklärt und dann – eine ganze Weile nach dem Abendessen – haben sie noch in der Bibel gelesen und gebetet. Ihr Vater hat lang und ernst gebetet, doch Mentje hat nicht gehört, was er gesagt hat. Auch lange nachdem er „Amen“ gesagt hat, hat sie noch mucksmäuschenstill dagesessen.
„Was ist denn, Mentje?“
„Mir gefällt es nicht, dass sie hier sind.“
Ihr Vater hat genickt und seine Arme weit geöffnet. „Komm, setz dich ein bisschen zu mir.“
Sie hat ihr Gesicht an seine Brust gedrückt und er hat ihr seine große Hand auf den Kopf gelegt und sie mit seinen Armen fest an sich gepresst. „Das weiß ich, Mentje. Aber es ist nur für kurze Zeit, für eine oder zwei Wochen“, hat er sie unbeholfen zu trösten versucht.
Aus den beiden Wochen wurden jedoch zwei Monate, dann vier Monate, dann sechs. Monate, in denen Mentje immer mehr begriffen hat, wie gefährlich es war, Juden zu verstecken.
Und jetzt das?
Nein, das können keine Soldaten sein, versucht sie sich selbst zu überzeugen. Dann hätten wir doch ihre Fahrzeuge gehört. Die hört man immer schon von ferne ankommen.
Mit gespitzten Ohren liegt sie da und lauscht. Hört sie da einen Lastwagen? Nein, es kann auch einfach nur ein anderes Auto sein, das da über den Feldweg rappelt.
Langsam versinkt die Sonne. Es ist still; selbst die Kühe und die Hühner geben keinen Laut von sich.
Es wird immer unbequemer auf dem kurz gemähten Gras in ihrem Versteck und ihre Hüfte beginnt zu schmerzen. Als sie sich etwas anders hinlegt, wird es dadurch auch nicht besser. Sollte sie vielleicht herauskriechen und einmal schauen, was los ist? Obwohl ihr Vater gesagt hat, dass sie sich nicht rühren soll, bis er zurückkommt?
Sie bleibt liegen; noch sehr lange bleibt sie liegen. Doch ihr Vater kommt nicht.
Der Geruch des frisch gemähten Grases kitzelt ihr in der Nase und kribbelt ihr in der Kehle. Es raubt ihr beinahe den Atem.
Sie betet ununterbrochen, wieder und wieder dasselbe: „Bitte gib, dass mein Vater wieder zurückkommt.“ Etwas anderes fällt ihr nicht ein.
Inzwischen ist ihr der Arm eingeschlafen, ihre Füße jucken und in ihrem Gesicht krabbelt eine nervige Fliege herum. Sie hat Angst, sich zu bewegen, und wartet lieber darauf, dass Vater sie holen kommt. Er kommt gewiss, das hat er versprochen.
Als die Sonne langsam untergeht, wird das Gras unter ihr feucht.
Doch ihr Vater kommt nicht.
Kundenstimmen
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13.02.2022Dirk Vogtland Ich habe das Buch Das Kind aus dem versteckten Dorf fast durch gelesen gibt es eine Fortsetzung in deutscher Sprache oder nur in Niederländisch"
Antwort des Verlags:
Ja, im September 2022 erscheint die Fortsetzung, wahrscheinlich unter dem Titel "Ein Zuhause in Afrika". Da gibt es dann ein Wiedersehen mit Mentje, dem Kind aus dem versteckten Dorf.
07.01.2021Marie Wolf Ein fesselndes Buch mit einem Einblick in die grauenvolle Zeit des Krieges.
08.02.2019LEXI Pass auf, oder es kostete dich das Leben!
"Jeden Tag müssen sie aufpassen, wegen allem und noch mehr: keinen Lärm machen, kein Feuer anzünden, kein Wasser verschwenden, vorsichtig sein mit dem Essen. Pass auf, oder es kostet dich das Leben."
Indem Gerrit de Vries im Kriegsjahr 1943 einer jüdischen Familie auf seinem Bauernhof in Vierhouten Unterschlupf gewährt, riskiert der alleinerziehende Vater
nicht nur sein eigenes Leben. Als er denunziert und von Soldaten mitgenommen wird, die auch nach seiner neunjährigen Tochter Mentje suchen, findet diese in einem "Pass-Auf-Lager" mitten im Wald Unterschlupf. Als einzige Nichtjüdin und traumatisiert von der Verschleppung ihres Vaters fühlt das Mädchen sich einsam. Ungewissheit, Angst und Kummer sind ihre täglichen Begleiter, doch letztendlich siegt ihr Überlebenswille. "Den Mut verlieren, heißt alles verlieren" ist ab sofort ihre Devise. Und obgleich Mentje bereits vor diesen Ereignissen eine eigenwillige und starke Persönlichkeit war, wächst sie infolge der Ereignisse noch weit über sich hinaus.
Tinus van Jaarsveld lebt bei seinen Großeltern im Bosveld und erfuhr bereits in frühen Jahren einen schweren Verlust: das Land und die Farm seiner Familie wurden versteigert. Tinus schwörte bereits als kleiner Junge, nicht eher zu ruhen, bis er sein geliebtes "Buffelspoort" eines Tages zurückkaufen kann. Jahre später meldet er sich freiwillig und absolviert eine Fallschirmjägerausbildung in England. In der Schlacht um Arnheim kreuzen sich schließlich die Wege von Tinus und Mentje.
"Ein Fädchen von nur sieben Tagen gemeinsamer Erinnerungen verbindet Tinus und Mentje über die Kontinente und Jahreszeiten hinweg. Sie haben gemeinsam Dinge durchgestanden, von denen andere Menschen in diesem Land keine Ahnung haben."
Irma Joubert verknüpft in ihrer aktuellen Neuerscheinung gekonnt fiktive Ereignisse mit wahren Begebenheiten. Die exzellente Recherche der historischen Fakten bildet eine perfekte Grundlage für diesen Roman. Der Autorin ist darüber hinaus ein wunderschöner Schreibstil zu eigen. Ihre gewählte Ausdrucksweise, die bildhaften Beschreibungen und fantastisch ausgearbeitete Charaktere, denen sie viel Raum und große Authentizität verleiht, haben mir ausgesprochen gut gefallen. Grundsätzlich bevorzuge ich in Büchern die gängige Zeitform des Präteritums/Vergangenheitsform. Irma Joubert ist jedoch eine der seltenen Autoren, bei der ich mich aufgrund des ausgezeichneten Inhalts mit ihrer favorisierten Erzählform Präsens arrangieren kann.
Mentje de Vries stellt eine äußerst vielschichtige und starke Protagonistin dar. Die einige Jahre umfassende Handlung mit den Ereignissen in Vierhouten, im "Pass-Auf-Lager" und schließlich in Arnheim trugen dazu bei, dass Mentje sehr schnell erwachsen werden musste. Ich brachte auch dem großen, stillen Buren Tinus van Jaarsveld große Sympathie entgegen. Meine favorisierten Figuren waren jedoch die beiden Widerstandskämpfer Opa Bakker und Tante Cor sowie das Ehepaar Simon und Miempie. Dem impulsiven, unbeholfenen und im Grunde sehr ängstlichen Cousin Mentjes stand ich anfangs skeptisch gegenüber. Er war jedoch jene Figur, die aus meiner Sicht die größte Wandlung durchmachte und mich positiv überraschte.
Der christliche Glaube nimmt bei Irma Joubert einen hohen Stellenwert ein, so auch in diesem Buch. Während Mentjes tief gläubiger Vater Gerrit de Vries seiner Tochter christlichen Werte vorlebte, hadert das Mädchen einige Zeit mit Glaubenszweifeln. Der Glaube wird dezent in die Handlung eingeflochten und zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.
Fazit: "Das Kind aus dem versteckten Dorf" hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich möchte besonders den exzellenten Schreibstil, die wunderschön ausgearbeiteten Charaktere und die hervorragende Recherchearbeit hervorheben, die dem Leser den Kampf niederländischer Freiheitskämpfer gegen die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs deutlich vor Augen führten. Fünf Bewertungspunkte und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!
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04.01.2019Waffelcore auf Lovelybooks.de Schon als Kind hat mich alles rund um den zweiten Weltkrieg sehr interessiert, da meine Vorfahren selbst von Verfolgung betroffen waren. Aus diesem Grund ist mir „Das Kind aus dem versteckten Dorf“ von Irma Joubert direkt ins Auge gesprungen.
Die Geschichte:
Mentje de Vries ist 9 Jahre alt und lebt gemeinsam mit ihrem Vater auf einem Bauernhof in den
Niederlanden. Als dieser verhaftet wird, weil er Juden auf seinem Dachboden versteckt, ist Mentje plötzlich auf sich allein gestellt. Erst bleibt sie auf ihrem Hof, stets in der Hoffnung, der Vater würde wiederkommen. Als dies jedoch nicht geschieht, wendet sie sich an den Anwalt, welcher bereits der jüdischen Familie geholfen hatte. Er bringt Mentje in ein verstecktes Dorf tief im Wald, wo sie von nun an mit jüdischen geflüchteten Leben soll. Für Mentje beginnt ein neues Leben fernab ihres Vaters und allem bisher bekannten.
Als sie einige Zeit später unter Einsatz ihres Lebens einem Soldaten das Leben rettet, ahnt sie nicht, dass dies ihr Leben für immer verändern wird.
Meine Meinung:
Die Geschichte wird aus zweierlei Sicht erzählt – zum einen aus Mentjes und dann aus Sicht des Soldaten, welcher im Klappentext keine wirkliche Erwähnung findet. Umso schwieriger fiel mir zunächst der Einstieg in die Geschichte, da mir der Protagonist erst so gar nichts sagte. Nach kurzen Startschwierigkeiten kommt man allerdings gut in die Geschichte hinein und lernt in kurzer Zeit die tüchtige Mentje kennen, welche sich so viel reifer verhält als es normalerweise für eine 9 jährige üblich ist. Als Leser ist man hautnah dabei, wie der Krieg allen zusetzt und wie hoffnungslos es zeitweilig zu sein scheint. Trotzdem gibt Mentje nicht auf und nutzt jede sich bietende Gelegenheit, um das Leben ihrer Mitmenschen und sich selbst wenigstens ein kleines bisschen zu verbessern. Im Laufe des Krieges wächst Mentje zu einer starken und selbstbewussten Persönlichkeit heran, welche auch nicht davor zurückschreckt, sich in Gefahr zu begeben, um anderen das Leben zu retten oder ihrer Tante Marie die Stirn zu bieten.
Anhand der Erzählweise und der bildhaften Darstellung vieler Geschehnisse wird oft deutlich, dass es sich bei der Schriftstellerin nicht einfach nur um eine Hobby-Autorin, sondern um eine Historikerin handelt, welche für das Buch mehr als nur ausführlich recherchiert hat. Das Wissen, dass diese Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht, lässt den Leser des öfteren mit einem Kloß im Hals zurück. Aus heutiger Sicht möchte man sich gar nicht vorstellen, wie schlimm die Zustände zu Zeiten des zweiten Weltkrieges gewesen sein müssen.
Da es sich um ein christliches Buch handelt, findet die Bibel immer wieder Erwähnung. Dies ist jedoch keineswegs aufdringlich, sodass auch „nicht gläubige“ sich dadurch nicht gestört fühlen. Ich kann mir sogar sehr gut vorstellen, dass der Glaube gerade in einer solch schwierigen Zeit eine wichtige Rolle gespielt haben muss, sodass die Textpassagen, in denen die Bibel Erwähnung findet, sogar sehr treffend in die Geschichte eingefügt finde.
Mein Fazit :
Als Leser ist man schnell mitten im Geschehen drin. Man fühlt sich als Teil der Familie, wenn deren Haus bombardiert wird oder sie vor lauter Hunger kaum in den Schlaf finden. Das Buch ist fesselnd, absolut berührend und lässt einen auch nach dem Lesen nicht so schnell los. Auch wenn ich mich über eine etwas größere Schrift gefreut hätte und die Geschichte zwischenzeitlich etwas langatmig fand, so hat mich das Buch nachhaltig sehr beeindruckt. Ich vergebe 4 Sterne und eine klare Leseempfehlung!
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04.01.2019gusaca auf Lovelybooks.de Dieser Roman erzählt die Geschichte der 9-jährigen Niederländerin Mentje, deren Vater während des zweiten Weltkriegs verhaftet wird, weil er Juden versteckt hat. Mentje muß untertauchen und sie beweist auf ihrer Flucht mehr als einmal wie klug und überlegt sie handeln kann.
Die Autorin berichtet abwechselnd aus der Erzählperspektive von Mentje und von Tinus, der in Süfafrika aufwächst und dessen Rolle
in Mentjes Leben erst später deutlich wird. Der Schreibstil der Autorin gefällt mir sehr gut. Er ist flüssig und die Handlung vielschichtig. Das Geschehen spielt an sehr verschiedenen Handlungsorten, die jeweils eine ganz eigene Erzählatmosphäre erhalten. Die verschiedenen Schrecken des Krieges werden gut eingefangen. Auch die unterschiedlichen Möglichkeiten der MEnschen mit den eigenen Ängsten umzugehen, wird sehr deutlich ausgearbeitet. Der Glaube an Gott hat in Mentjes jungen Jahren eine zentrale Rolle eingenommen. Die Gefahren, die Mentje immer wieder bedrohen, erschüttern diesen Glauben immer wieder , stärken ihn aber am Ende.
Der geschichtliche Hintergrund und die verschiedenen Handlungsorte sind fundiert recherschiert und toll in die GEschichte eingearbeitet worden.
Das Buch wartet noch am Ende mit einer unvorhersehbaren Wendung auf. Dies ergibt noch eine Steigerung der Spannung und der Qualität des Buches.
Ich bin begeistert. Das Buch bietet wirklich alles. Emotionen, Spannung, überraschende Wendungen,liebevolle und starke Charaktere, aber auch schwache und ängliche Menschen. Auch die Auseinandersetzung mit Schicksalsschlägen und dem eigenen Glauben ist der Autorin als Thema in diesem Roman sehr gut gelungen.
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15.10.2018Marianne Mentje ist ein zehnjähriges Mädchen, das in Holland lebt. Da ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben ist, lebt sie alleine mit ihrem Vater. An einem schönen Sommertag arbeitet sie mit ihrem Vater auf einem Feld. Etwas rührt sich an ihrem nahegelegenen Haus. Ihr Vater geht zum Haus und ruft ihr zu, sie soll sich verstecken, bis er zurückkommt. Aber
er kommt nicht zurück.
Die kleine Mentje weiß nicht, was sie tun soll. Abends kehrt sie vorsichtig zum Haus zurück, aber ihr Vater ist nirgends zu finden. Am nächsten Morgen stellt sie fest, dass auch die jüdische Familie, die ihr Vater versteckt hatte, nicht mehr da ist. Mentje befürchtet, dass jemand sie verraten hat.
Durch die dunkle Nacht sucht sie den Weg zu einem Bekannten ihres Vaters, von dem sie sicher ist, dass sie ihm vertrauen kann. Dieser Mann bringt sie zu einem Versteck im Wald, in dem in mehreren Hütten Menschen untergetaucht sind. Mentje bleibt etwa ein Jahr in diesem versteckten Dorf, das vor allem Juden beherbergt. Obwohl sie ihren Vater schmerzlich vermisst, wird dieses teilweise unterirdische Dorf bald ihr neues Zuhause. Da aber dieses Versteck zu unsicher ist, muss Mentje in den letzten Kriegsmonaten zu ihrer Tante nach Arnheim. Dort wartet jeder Bewohner sehnsüchtig auf die Befreiung durch die Alliierten, aber zuerst wird die Stadt noch heftig umkämpft.
Mentje und ihr Cousin finden zwei verletzte Fallschirmjäger. Obwohl jeder, der den alliierten Soldaten hilft, hingerichtet werden kann, kümmern sie sich um die Beiden und freunden sich mit ihnen an. Eines der Fallschirmjäger kommt aus Südafrika, und neben Mentjes Geschichte, verfolgt der Leser auch seine Erlebnisse in der Armee und später in seiner Heimat.
Mentje ist ein mutiges Mädchen, das viel zu früh selbstständig werden muss. Ihr Vater erzog sie liebevoll, gab ihr viel Geborgenheit, und lebte ihr den Glauben vor, wie diese Stelle zeigt: "Nach dem Lesen hat er das Buch auf den Tisch neben seinen Stuhl gelegt und ihr noch mehr vom Herrn erzählt, denn er kannte ihn sehr gut. So hat sie ihn auch kennengelernt: eng an ihren Vater gelehnt, den groben Stoff seiner Jacke an ihrer Wange, das Klopfen seines Herzens unter ihrem Ohr, seine große Hand um ihren Kopf, seine schwieligen Bauernfinger, die ihre Wange gestreichelt haben." In schweren Zeiten kann Mentje von diesen Erfahrungen zehren, auch wenn sie zeitweise so enttäuscht ist, dass sie sich von Gott entfernt. Es fällt ihr sehr schwer sich in einer neuen Umgebung einzugewöhnen, und doch wird das von diesem jungen Opfer des Kriegs immer wieder verlangt.
Diese Geschichte beruht auf wahre Begebenheiten. Das versteckte Dorf im Wald hat ebenso existiert, wie die vielen Widerstandskämpfer, die mutig ihr Leben riskierten, um andere zu retten. Mentjes Vater musste, wie viele andere, einen hohen Preis dafür zahlen, dass er sich für Verfolgte einsetzte.
Trotz der vielen aufwühlenden Erlebnisse, die Mentje durchlebt, ist der Ton dieses Buchs ruhig. Der Leser verfolgt Mentjes Entwicklung, von einer ängstlichen Neunjährigen zu einem selbstbewussten, starken Teenager. Sie lernt, wie sie ihre Angst überwinden kann, und sie setzt schließlich selbst ihr Leben ein, um andere zu retten. Trotzdem ist sie ein ganz normales Mädchen, das manchmal trotzig und aufmüpfig ist, und immer wieder wütend und voller Kummer.
Fazit: Durch die Augen eines jungen Mädchens, erlebt der Leser die schrecklichen letzten Kriegsjahre. Diese spannende Geschichte ist sehr gut recherchiert, und der Leser erfährt interessante Fakten über den niederländischen Widerstand im Dritten Reich. Sehr empfehlenswert!
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14.10.2018Kittys Kiste Es ist 1943 in den Niederlanden. Die neunjährige Mentje und ihr Vater arbeiten auf dem Feld, als plötzlich die Soldaten vor der Tür stehen. Mentjes Vater wird festgenommen, weil er auf seinem Hof Juden Unterschlupf bietet. Das Mädchen schafft es zwar, sich zu verstecken, doch auch sie ist auf dem Hof fortan nicht mehr sicher. So macht sie sich
auf den Weg zu dem Anwalt, der die jüdische Familie bei ihnen untergebracht hat. Dieser bringt sie in einem versteckten Dorf im Wald unter, wo sich Juden verstecken, die durch den Widerstand unterstützt werden und dort findet Mentje eine neue Heimat, immer darauf hoffend, dass ihr Vater eines Tages zurück kommt. Aber ihre Reise ist damit noch nicht zu ende, denn ihr Weg beginnt erst und als sie einem englischen Soldaten das Leben rettet, bekommt sie eine Chance auf ein neues Leben.
Ein riesengroßes Dankeschön geht an den Verlag der Francke-Buchhandlung, der mir dieses sehr interessante und tiefgründige Buch für eine Leserunde auf Lovelybooks zur Verfügung gestellt hat. Außerdem möchte ich der lieben Arwen10 danken, dass sie immer wieder so tolle christliche Leserunden ins Leben ruft und natürlich meinen Mitlesern und -leserinnen. Es hat mir sehr großen Spaß gemacht, wieder mit dabei sein zu dürfen.
Das Buch wird im Blick auf zwei verschiedene Charaktere erzählt. Die meiste Zeit geht es um Mentje und was sie im Laufe von einigen Jahren erlebt. Aber auch der britische Soldat Tinus hat seine eigenen Kapitel. Was den Schreibstil angeht, so bin ich ein bisschen zwiegespalten. Einerseits hatte ich gerade am Anfang noch große Probleme, weil er da noch eher schlicht und etwas langatmig war, andererseits ließ er sich die meiste Zeit richtig gut lesen und gerade Mentjes Gedanken zu lesen, ihre Gefühle und Wünsche zu erfahren, fand ich sehr emotional. Ebenfalls hat mir gefallen, dass englische sowie niederländische Ausdrücke und Sätze im Original übernommen und nochmal ins Deutsche übersetzt wurden. Außerdem gibt es immer wieder Erklärungen zu Begriffen, die man so vielleicht noch nie gehört hat. Das Buch ist also für Jung und Alt gleichermaßen gut verständlich.
Die Geschichte fand ich größtenteils wirklich überragend. Zwar brauchte ich gerade am Anfang ein bisschen, um hinein zu finden und auch das Ende hatte seine Längen, dennoch war ich gerade zwischendrin die meiste Zeit so gepackt von der Handlung, dass ich gar nicht mehr aufhören konnte zu lesen. Dabei ist die Geschichte sehr plastisch, Orte und Begebenheiten wahnsinnig gut beschrieben, so dass man sich richtig gut in sie hineinfallen lassen kann. Beeindruckend finde ich außerdem, dass sich die Handlung so nah an der Realität entlang hangelt. Man merkt hier, dass die Autorin sehr gut recherchiert hat und ihr ganzes Herzblut in das Buch hinein gelegt hat. So wurde auch die Geschichte für mich sehr realistisch und ich habe noch viel darüber gelernt, wie schrecklich und unbarmherzig Krieg ist. Und an so mancher Stelle wurde ich zum Nachdenken gebracht, wie froh wir doch sein können, dass wir das nicht erleben müssen! Auch der Bezug zum Glauben und der Bibel hat mir sehr gut gefallen. Immer wieder gibt es Szenen, in denen die Autorin Mentjes Beziehung zu Gott bearbeitet und ganz realistisch auch die Schattenseiten betrachtet. Dann zum Beispiel, wenn das Schicksal besonders hart zuschlägt, verliert Mentje auch einmal beinahe ihren Glauben und findet doch wieder zurück. Dennoch kann man dieses Buch getrost auch dann lesen, wenn man kein gläubiger Mensch ist, denn es wird hier nichts idealisiert und niemandem etwas aufgedrückt.
Auch was die Charaktere angeht, war ich etwas geteilter Meinung, denn von Äußerlichkeiten erfährt man erst mit der Zeit etwas. So blieben sie doch anfangs noch ein bisschen blass. Vor allem Tinus konnte ich erst ziemlich spät fassen, weil auch sein Charakter nicht so richtig zum Vorschein kam. Mentje hingegen war mir von Anfang an charakterlich sehr präsent. Sie ist ein Mädchen, welches sich sehr schnell in mein Herz graben konnte und welches ich auch so schnell nicht mehr vergessen werden. Denn Mentje ist ein wahnsinnig starker Charakter, den ich sehr gut geschrieben fand. Dazu kamen noch eine ganze Menge anderer Charaktere, die man nicht mögen muss, die aber dennoch sehr nachvollziehbar und realistisch gezeichnet waren. Eine Person, die auf jeden Fall die Geister scheidet, ist Mentjes Tante Maria, welche als Mutter total versagt, meiner Meinung nach aber nicht, weil sie ein schlechter Mensch ist, sondern weil der Krieg sie kaputt gemacht hat. So bekommt man immer wieder verschiedene Blickwinkel auf den Krieg und merkt schnell, dass jeder Mensch anders damit umgeht.
Für mich war dieses Buch eines dieser Bücher, die etwas ganz Besonderes sind. Nicht, weil es perfekt wäre, denn das ist es nicht, sondern weil es mich zum Nachdenken gebracht und sich in mein Gedächtnis eingebrannt hat. Wer also einen tiefgründigen, emotionalen und sogar lehrreichen Roman sucht, der keine Angst hat, den Krieg so darzustellen, wie er ist und der eine starke Protagonistin bietet, der sollte unbedingt zu diesem Buch hier greifen. Und wie schon erwähnt, braucht man sich auch nicht davon abgeschreckt fühlen, dass der Glaube hier eine große Rolle spielt.
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13.10.2018TochterAlice Ein niederländisches Bauernmädel - Das ist Mentje die mit ihrem Vater auf einem Bauerhof in den Niederlanden lebt und ihm - obwohl erst neun Jahre alt - tatkräftig bei der täglichen Arbeit hilft. Wir schreiben das Jahr 1943 und eines Tages bringt der Vater eine jüdische Familie mit, die er auf dem Dachboden versteckt.
Mentje weiß, dass das unglaublich
gefährlich ist, doch der Vater erklärt ihr, dass sie als Christen gar nicht anders handeln können. Doch das Risiko erweist sich als zu groß und eines Tages steht Mentje ganz alleine da - die Familie und der Vater wurden verhaften. Nach ihr wird auch noch gesucht, doch kann sie sich verstecken. Und retten - zu Menschen, die im Untergrund agieren, wie von ihrem Vater weiß.
Diese bringen sie an einen ganz besonderen Ort und zwar in das versteckte Dorf mitten im Wald. Dieses geheime Lager, in dem vor allem Juden, aber auch andere, bspw. verwundete alliierte Soldaten versteckt wurden, hat tatsächlich existiert und in der Tat sind alle beschriebenen Personen absehen von Mentje tatsächliche Lagerbewohner gewesen. Es ist sowohl berührend, als auch erschütternd, vor allem jedoch unglaublich spannend, dieses Lagerleben zu verfolgen.
Nach einem Jahr ist diese Unterkunft für Mentje nicht mehr sicher und sie wird nach Arnheim zu ihr bislang unbekannten Verwandten ihrer Mutter gebracht. Dort trifft sie auch auf den zweiten Protagonisten, den Südafrikaner Tinus, der in der britischen Armee kämpft. Vielmehr rettet sie ihm das Leben. Und ihre Schicksale sind nun auf ganz besondere Weise miteinander verknüpft, wie sich noch zeigen wird!
Mit Verlust muss sich Hildegard schon früh auseinandersetzen und leider bleibt ihr dies auch weiterhin nicht erspart, der zweite Weltkrieg erschüttert ihr bislang ruhiges Leben grundlegend.
Ein tragisches Schicksal in den Niederlandenin der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie ich es so bislang noch nicht gelesen habe. Beziehungsweise gleich zwei davon - das eines Kindes und das eines jungen Soldaten.
Ich habe bereits einige Bücher der südafrikanischen Autorin Irma Joubert gelesen und bin mittlerweile zum Fan geworden. Denn sie eröffnet neue Perspektiven, Blickwinkel und Aspekte und zwar nicht nur durch akribische Recherchen. Nein, auch der Glaube und sein Einfluss auf die Menschen spielt stets eine Rolle, wobei er in diesem Roman ganz besondere Bedeutung erlangt - hier geht es sowohl um den christlichen Glauben als auch um das Judentum. Ich habe viel gelernt durch dieses Buch, bin Irma Joubert mit Begeisterung in die Niederlande und auch nach Südafrika gefolgt. Auch wenn die Geschichte in großen Teilen eine traurige ist, entbehrt sie doch nie der Hoffnung. Mitreißend, aufwühlend, ab und an auch überraschend: ein eindringlicher Roman über zwei Lebenswege, die sich in schweren Zeiten kreuzen und der ausgesprochen lesenswert ist!
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