Egal ob Eltern, Geschwister oder Freunde ... zu jedem dieser Menschen hast du eine Beziehung. Jeder ist dir wichtig, aber jeder ist anders. Hast du dich jemals gefragt warum? Und wie die Beziehung zu den anderen stressfreier werden könnte?
Das Konzept der 5 Sprachen der Liebe hilft dir dabei. Denn jeder Mensch hat eine andere Art, Liebe auszudrücken und zu empfangen. Wenn du lernst, wie das bei den Menschen um dich herum funktioniert und welches deine eigene Liebessprache ist, hast du eine echte Chance auf tiefe, stabile Beziehungen. Und davon profitieren alle – am meisten du selbst!
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KAPITEL 1
LIEBESSPRACHE #1:
LOB UND ANERKENNUNG
Jenny verliert niemals viele Worte. Das muss sie auch gar nicht. Ihre Taten sprechen für sich. Auf dem Platz kämpft sie härter als alle anderen. Das ist nicht selbstverständlich für eine, die so gut ist wie sie.
Wenn Jenny redet, dann hören alle zu.
Das ganze Team respektiert sie. Melanie erzählt: „Ich kann mich noch gut an ein Spiel erinnern, bei dem ich echt Probleme hatte. Ich war überhaupt nicht bei der Sache. In Gedanken war ich immer noch bei dem Streit mit meiner Freundin und bei dem Mega-Geschichtsprojekt, das ich am nächsten Tag abgeben musste. Ich spielte wirklich grottenschlecht. Während der Halbzeitpause nahm mich Jenny beiseite und sagte leise zu mir: ‚Du kannst das besser, Mel. Ich weiß, dass du stärker bist als deine Gegnerin.‘ Einfach wie sie das sagte, so voller Vertrauen in mich – das half mir unglaublich, auch an mich selbst zu glauben. Also ging ich raus und brachte das Spiel gut zu Ende.“
Jennys Worte haben das bewirkt. Die Mannschaft ist momentan richtig gut. Jenny ist zwar erst in der 10. Klasse und es gibt etliche im Team, die älter sind als sie. Aber sie ist es, die dem Team eintrichtert: „Wir sind schneller und noch dazu ziemlich clever. Wir können die anderen schlagen.“ Und genau das passiert dann auch.
Wäre Jenny dagegen eine von denen, die überall ihren Senf dazugeben müssen und andere wegen jedes kleinen Fehlers runtermachen, dann würden ihre Worte gar nichts bewirken. Stattdessen wird ihr zugehört. Man nimmt sich ihre Worte zu Herzen.
Eine Sprache sprechen wir alle gleich – leider ist es keine Sprache der Liebe. Es ist die Sprache des Egoismus. Schon von klein auf war uns klar, dass sich die Welt nur um einen Angelpunkt drehen kann: um uns. Ganz automatisch kreisen unsere Gedanken nur um uns selbst. Und wenn wir reden, dann meistens auch über uns.
Um in unseren Beziehungen zu wachsen, müssen wir jedoch eine andere Sprache lernen: Lob und Anerkennung. Unsere Worte müssen Worte sein, die motivieren; positive Worte, wahre und zuversichtliche Worte, die andere aufbauen. Viele Menschen in unserem Umfeld sehnen sich nach genau solchen Worten. Es liegt an uns zu lernen, diese auszusprechen.
Ein weiser Mann sagte einmal folgenden Satz: „Worte haben Macht: Sie können über Leben und Tod entscheiden.“1 Ziemlich krasse Aussage, oder? Aber überlege doch mal, wie oft du in deinem Leben genau das erfahren musstest.
Hast du schon einmal erlebt, dass jemand etwas zu dir gesagt hat, das dich echt verletzt hat? Jemand hat dich persönlich angegriffen, sich über dich lustig gemacht, eine bissige Bemerkung von sich gegeben – so lange, bis du dich schließlich ganz klein gefühlt und an dir gezweifelt hast. Leider erinnern wir uns oft noch unser ganzes Leben lang an solche Worte.
Hast du es aber auch schon einmal erlebt, dass jemand etwas wirklich Gutes zu dir gesagt hat, das dich tief beeindruckt hat? Eine Botschaft, die für dich ganz persönlich bestimmt war und die dich unheimlich ermutigt hat; eine Ermutigung von jemandem, der eine Begabung in dir gesehen hat, von der du vielleicht selbst noch nicht wusstest, dass sie da war.
Dann kannst du dir in etwa vorstellen, was es mit dieser Macht der Worte über Leben und Tod auf sich hat. Die richtigen Worte, von der richtigen Person zur richtigen Zeit gesprochen, können dir helfen, über dich selbst hinauszuwachsen. Lob und Anerkennung als Sprache der Liebe ist genau deshalb so wichtig, weil unsere Worte die Macht haben, unheimlich viel Gutes zu bewirken.
Lob und Anerkennung: (Nomen)
1. wahre Worte, 2. gesprochen oder geschrieben, 3. von einer Person für eine andere, 4. um aufzubauen und zu ermutigen,
5. sodass sich der geliebt fühlt, an den sie gerichtet sind.
Ich wünsche mir, dass du lernst, Liebe in allen fünf Sprachen der Liebe zu empfangen und zu geben. Denn wenn du dir die Zeit nimmst, dieses Buch zu lesen, dann gehe ich mal davon aus, dass es dir wichtig ist, dass dein Leben gelingt und deine Beziehungen immer besser werden. Wenn du es lernst, die fünf Sprachen der Liebe zu sprechen, dann wirst du genau das schaffen.
Die gute Nachricht lautet: Jede dieser Sprachen kann man lernen. Für manche Menschen ist Lob und Anerkennung die wichtigste Liebesprache (besonders dann, wenn man mit verbal bestens geschulten Eltern aufgewachsen ist), aber jeder von uns sollte diese Liebesprache beherrschen. Und selbst wenn Lob und Anerkennung nicht unsere Muttersprache der Liebe ist, freuen wir uns doch alle, wenn uns jemand etwas Nettes sagt. Wie können wir diese Sprache also am besten lernen?
HÖREN UND EMPFANGEN
Gleich wird es vor allem darum gehen, wie man Lob und Anerkennung weitergibt. Aber hier noch ein kurzer Hinweis vorweg: Wir müssen auch wissen, wie man Lob und Anerkennung empfängt. Höre also genau zu, wenn jemand, den du kennst, respektierst und liebst, genau dir etwas Besonderes sagen will:
wenn ein Lehrer deine Leistung würdigt: „Natürlich habe ich noch ein paar Sachen angestrichen, an denen du arbeiten kannst, aber ich bin wirklich beeindruckt von dem, was du geschrieben hast. Ein toller Aufsatz!“
wenn dein Trainer sagt: „Das ganze Team profitiert von deiner Entschlossenheit. Dein absoluter Siegeswille ist spielentscheidend. Du kannst die anderen wirklich mitreißen und motivieren.“
wenn der Leiter deiner Jugendgruppe sagt: „Man merkt es dir an, dass du total im Glauben gewachsen bist. Weißt du noch, wie du letztes Jahr in manchen Bereichen ziemlich heftige Probleme hattest? Du hast das in den Griff bekommen. Das spüren alle, die mit dir zu tun haben.“
wenn deine Mutter oder dein Vater zu dir sagt: „Ich bin gern mit dir zusammen. Es macht total viel Spaß, mit dir über alles Mögliche zu reden.“
wenn ein Freund zu dir sagt: „Ich weiß, dass ich dich immer anrufen kann. Ich weiß, dass du für mich da bist, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit.“
Lass Lob und Anerkennung nicht einfach an dir abprallen, weil dir die Aufmerksamkeit unangenehm ist. Rede die lobenden Worte nicht klein und spare dir deinen Sarkasmus. Nimm die Anerkennung an. Sauge sie auf. Achte auf das persönliche Feedback, das du bekommst, und nimm die Liebe an, die man dir damit schenkt.
DENKEN UND GEBEN
Überlege dir genau, welche Macht deine Worte haben. Für Menschen, deren wichtigste Liebesprache Lob und Anerkennung ist, sind Komplimente und ermutigende Worte nicht nur leere Hüllen oder höfliche Floskeln. Sie sind Nahrung für ihre Seele.
Menschen hören nicht nur die Worte, die du sagst:
„Gut gemacht!“
„Du siehst echt toll aus.“
„Wow, das hat mich schwer beeindruckt.“
Die anderen hören auch die Botschaft hinter diesen Worten:
„Du bist wertvoll.“
„Ich liebe dich.“
„Du bist mir wichtig.“
Die wahre Kraft von Worten liegt in ihrer Macht, den Liebestank von Menschen zu füllen. Wenn du sie bewusst einsetzt, können deine Worte den anderen enorm aufbauen.
Wie findest du das? Das hängt wahrscheinlich von deiner eigenen Liebessprache ab. Für manche Menschen ist es total komisch, jemand zu loben und zu ermutigen. Andere dagegen – besonders diejenigen, die in einem Elternhaus aufgewachsen sind, in dem viel miteinander geredet wurde – beherrschen diese Kunst automatisch. Auch du kannst sie lernen. Und irgendwann wird es für dich selbstverständlich sein, die Menschen in deiner Umgebung mit positiven Worten zu ermutigen.
ACHTUNG: BITTE NICHT EINSCHLEIMEN!
Schmeichelei ist kein Dialekt von Lob und Anerkennung. Schmeichelei ist die Sprache der Manipulation. Schmeichler haben nur ein Ziel: Sie wollen etwas von der Person, bei der sie sich einschleimen. Das Wichtigste fehlt und das ist Ehrlichkeit. Man merkt sehr schnell, ob jemand seine Worte ernst meint oder nicht – es ist einfach zu offensichtlich. Gleich nach dem Kompliment, das keines ist, folgt die Bitte. Zum Beispiel so: „Mamilein, du bist die beste Mama der Welt! Kann ich heute Abend mit meiner Freundin ins Kino gehen? Bitte!!!“ (Die Reaktion: Augenrollen. Wen wundert‘s.) Lob und Anerkennung zu missbrauchen, um etwas dafür zu bekommen, ist falsch und zerstört Vertrauen. Die Person, bei der man sich einschleimen will, merkt sofort, dass die Worte nicht ernst gemeint waren, und wird misstrauisch. Sie beginnt sich zu fragen: Kann ich auch nur irgendwas, was er sagt, ernst nehmen? Die meisten Menschen wollen keine Schmeichler zum Freund haben.
Im Gegensatz zu oberflächlicher Schmeichelei geht Lob und Anerkennung in die Tiefe. Immerhin kennst du denjenigen, an den deine Worte adressiert sind. Während Schmeichelei bewirkt, dass Leute misstrauisch werden oder in Abwehrstellung gehen, bewirkt ernst gemeintes Lob, dass sich Menschen sicher und verstanden fühlen.
Ich habe ein bemerkenswertes Zitat gelesen, das dem Schweizer Autor Jeremias Gotthelf zugeschrieben wird:
„Es gibt Worte, die gehen in den Kopf wie Splitter ins Fleisch. Man merkt es nicht. Erst nach einer Weile fangen sie an zu schmerzen
und zu eitern, und oft hat man seine liebe Not, ehe man sie wieder rauskriegt.“
Eine sehr wichtige Erkenntnis. Und manchmal gelingt es uns auch gar nicht, die Worte wieder aus uns „rauszukriegen“. Manche Wunde, die durch Worte geschlagen wurde, verheilt nie und eitert ein Leben lang.
Worte können sehr wehtun, sogar mehr als rein körperliche Schmerzen. Während ein gebrochenes Bein in den meisten Fällen wieder vollständig heilt, begleiten uns verletzende
Worte manchmal ein Leben lang. Worte bahnen sich ihren Weg vom Mund ins Ohr und dann direkt ins Herz – und das vielleicht für immer. Wir müssen also sehr vorsichtig sein mit dem, was wir sagen.
Jede Sprache der Liebe hat ihr Gegenstück. Genau wie eine Liebessprache viel Gutes bewirken kann, hat ihr Gegenstück die Macht, ernsthaften Schaden anzurichten. Das Gegenteil von Lob und Anerkennung ist es, wenn wir Worte gebrauchen, um andere niederzumachen. Die schlimmste Form davon nennt man Mobbing. Das bedeutet, dass jemand von einer anderen Person oder einer ganzen Gruppe permanent beschimpft und angegriffen wird.
Laut Definition umfasst Mobbing weit mehr als nur böse und gemeine Worte. Ebenso gehört dazu, einen anderen Menschen körperlich zu verletzen oder sein Eigentum zu beschädigen, ihn am Lernen zu hindern, ihn in der Schule oder am Arbeitsplatz zu bedrohen, den ordentlichen Ablauf des Unterrichts zu stören, Drohanrufe zu machen oder entsprechende Mails und Textnachrichten zu versenden.
Jeder hat das Recht dazu, sich sicher zu fühlen und vor Mobbing jeglicher Art geschützt zu werden. Wenn du gemobbt wirst oder jemanden kennst, der gemobbt wird, vertraue dich jemandem an. Heute noch.
Vorfälle zu melden ist nicht das Gleiche wie petzen. Petzen bedeutet, dass man etwas weitersagt, damit ein anderer Ärger bekommt. Kleine Kinder sind darin die absoluten Experten. Doch wenn es darum geht, andere Menschen zu schützen – vor körperlicher oder psychischer Gewalt –, ist es das einzig Richtige, Mobbing anzusprechen und öffentlich zu machen.
DIALEKTE
Jetzt aber zurück zu den guten Worten. Lob und Anerkennung ist eine der fünf Sprachen der Liebe. Innerhalb dieser Sprache gibt es wiederum verschiedene Dialekte. (In Berlin, München, Wien, Zürich und Hamburg wird ja auch überall Deutsch gesprochen und doch klingt es jeweils ganz anders, oder?)
Worte des Dankes
„Danke“ sagen wir, um auszudrücken, wie sehr wir das schätzen, was ein anderer für uns getan hat. Es geht dabei immer um etwas Konkretes: Eine bestimmte Person hat etwas Bestimmtes für uns getan. Gerade für die Menschen, die uns tagtäglich im Stillen unterstützen, ohne dafür ein Dankeschön zu erwarten, bedeutet ein solches Lob unheimlich viel.
Nehmen wir doch zum Beispiel deine Eltern. Wie viele Mahlzeiten haben sie wohl im Laufe der Zeit für dich zubereitet? Wie viele Ladungen Wäsche gewaschen? Wie viele persönliche Opfer gebracht? Wie oft deine Bedürfnisse über ihre eigenen gestellt? Und ja, natürlich machen sie das, weil sie deine Eltern sind und weil sie dich lieben … aber kannst du dir vorstellen, wie viel es ihnen bedeuten würde, wenn du ernsthaft Danke dafür sagen würdest?
„Mama (oder Papa), danke, dass du zu meinem Konzert gekommen bist.“
„Danke, dass ihr mein Lieblingsmüsli gekauft habt.“
„Danke, dass du mich zum Fußballtraining gefahren hast.“
„Danke, dass ihr so hart arbeitet, damit wir in Urlaub fahren können.“
Dafür braucht man keine besondere kreative Ader; man muss auch nicht erst ewig darüber nachdenken und es ist nicht super anstrengend. Einfach ein bisschen aufmerksam sein und ein paar Worte des Dankes verlieren, ist für dich kein großer Aufwand, kann aber unglaublich positiv für andere Menschen sein.
Bei Lehrern, Trainern im Sportverein oder Mitarbeitern in der Gemeinde ist es ebenso. Dein Trainer könnte seine Freizeit bestimmt auch anders verbringen. Trotzdem steht er Woche für Woche mit dir und deinen Mannschaftskameraden am Spielfeldrand und investiert unzählige Stunden in euren Erfolg. Seine Wochenenden verbringt er damit, mit eurer Mannschaft auf Turniere zu fahren oder Fortbildungen zu besuchen, um immer neue Ideen zu bekommen, wie er euch noch besser trainieren kann.
Viele Lehrer haben ständig zu kämpfen: mit Schulbehörden, Schülern mit Null-Bock-Einstellung, Helikopter-Eltern und immer neuen pädagogischen Konzepten. Und trotzdem denken sie sich mit viel Engagement ein neues Projekt für eure Klasse aus.
Oder die Mitarbeiter in der Jugendgruppe eurer Gemeinde: Es ist nicht selbstverständlich, dass sie euch jede Woche ein tolles Programm bieten, ihre Freizeit dafür investieren, vielleicht sogar ihren eigenen Urlaub opfern, um mit eurer Gruppe zum Zelten oder auf eine Freizeit zu fahren. Finanziell lohnt es sich für sie nicht – im Gegenteil. Sie machen es, weil sie ein Herz haben für dich und deine Freunde.
Häufig bekommen Lehrer, Trainer, Gemeindemitarbeiter noch nicht mal ein flüchtiges „Dankeschön“ dafür. Überleg also mal, was deine Worte des Dankes jemandem bedeuten könnten, der dich auf diese Weise unterstützt, fördert und motiviert – mit anderen Worten: dir dient.
Worte der Ermutigung
Ermutigen bedeutet wörtlich „in jemandem Mut zu erwecken“, also jemandem zu helfen, optimistischer oder selbstbewusster zu werden. Wir alle fühlen uns manchmal unsicher oder mutlos. Diese Unsicherheit und Furcht können uns davon abhalten, etwas zu tun, was wir eigentlich gern machen würden.
In deiner Freundin oder in einem deiner Geschwister schlummert ein verborgenes Talent? Vielleicht solltest gerade du ihm bzw. ihr ein bisschen Mut zusprechen:
„Du solltest für das Theaterstück vorsprechen. Ich glaube, diese Rolle würde total gut zu dir passen.“
„Hast du schon mal daran gedacht, beim Halbmarathon mitzumachen? Das wäre doch was für dich – du bist so unglaublich ausdauernd und sportlich.“
Ermutige sie dazu, ihrem Wunsch nachzugehen oder es zumindest zu versuchen. Vielleicht brauchen sie genau diesen kleinen Anstoß, um etwas Neues zu wagen.
So war ich: Ich gehörte immer zu den Stillen, saß in der Klasse ganz hinten, war eher der melancholische und nachdenkliche Typ. Bestenfalls war ich ein durchschnittlicher Schüler; vor allem Englisch war nicht gerade mein Lieblingsfach. Ich war nie der Meinung, dass ich eine besondere Begabung fürs Schreiben hätte, weil ich mich mit Rechtschreibung und Kommasetzung, also dem grundlegenden Handwerkszeug dafür, schwertat.
Und dann kam Mrs Dominguez. In der zehnten Klasse war sie meine Englischlehrerin. Sie sah Potenzial in mir. Auf einmal war in meinen Aufsätzen nicht mehr nur alles rot angestrichen, was ich wieder falsch geschrieben hatte. Stattdessen gab es kleine Anmerkungen am Rand:
„Tom, du hast Talent.“
„Tom, deine Gedanken sind einzigartig und voller Tiefgang.“
„Tom, du bist der geborene Schriftsteller.“
So etwas kannte ich vorher überhaupt nicht. Mrs D. öffnete mir die Augen dafür, dass ich ein Talent besaß, von dem ich bisher überhaupt nichts wusste.
Im nächsten Semester fange ich an zu studieren. Und rate mal, welches Fach!
Kreatives Schreiben.
– Tom –
Manchmal wollen die anderen auch einfach mal ausprobieren, wie wir auf eine bestimmte Sache reagieren, als kleiner Test sozusagen. Vielleicht bekommst du von deinem Freund Folgendes zu hören: „Ich überlege, mich für die Wahl zum Schulsprecher aufstellen zu lassen, aber eigentlich weiß ich noch nicht so richtig.“
Schiebst du sein Anliegen einfach zur Seite: „Da geht es doch sowieso nur darum, wer am beliebtesten ist. Das ist doch reine Zeitverschwendung!“?
Werden deine Worte ihn demotivieren: „Ich weiß nicht so recht. Das ist ganz schön viel Arbeit und außerdem ist es echt schwer, gewählt zu werden“?
Oder sprichst du ihm Worte der Ermutigung zu: „Wow, cool! Das finde ich wirklich gut. Wie bist du darauf gekommen? Brauchst du Hilfe?“?
Worte des Lobes
Seien wir mal ehrlich: Im Grunde genommen wollen wir doch alle irgendwie erfolgreich sein. Wir stecken uns bestimmte Ziele und wenn wir es dann geschafft haben, freuen wir uns über die Anerkennung, die wir erfahren. In Hollywood sind es die Oscars; in der Musikindustrie die Grammys; für Sportler Medaillen und Pokale; für den Angestellten ist es die Erfolgsprämie, die sich auf seinem Gehaltszettel zeigt – und in persönlichen Beziehungen sind es Worte des Lobes, die unser Bedürfnis stillen.
Die Sprache der Kritik beherrscht in unserer Gesellschaft so gut wie jeder. Wir sind absolute Experten darin, die Fehler des anderen so prägnant auf den Punkt zu bringen, dass sie in eine Twitter-Nachricht passen. Für uns ist es keine Kunst, mal schnell einen zynischen Kommentar einzuwerfen. Unsere Gespräche sind gewürzt mit einer gehörigen Portion Sarkasmus.
Manchmal muss man sich richtig dazu zwingen und ein bisschen kreativ sein, um das Gute zu sehen und es dann auch auszusprechen: „Kompliment – das hast du wirklich gut gemacht!“
Um uns herum gibt es so viele Menschen, die ein bisschen Anerkennung für ihre ganz persönlichen Herausforderungen im Alltag verdient haben: eine Freundin, die die Scheidung ihrer Eltern überstanden hat, ohne daran zu verzweifeln; ein Freund, der erfolgreich gegen eine schlimme Krankheit kämpft und dabei trotzdem die anderen nie aus dem Blick verliert; ein großer Bruder, der gerade sein Studium abgeschlossen hat; eine kleine Schwester, die alle Harry-Potter-Bücher gelesen hat, trotz Lese-Rechtschreib-Schwäche; ein Freund, der sich nach einer Kreuzband-Operation wieder an die Fußballmannschaft herangekämpft hat.
Um uns herum gibt es viele dieser stillen Helden, wahre Champions, die es nie in die Schlagzeilen schaffen, aber die unsere größte Anerkennung verdienen. Es ist unsere Aufgabe, das Lob auch auszusprechen.
Freundliche Worte
Was wir sagen, ist sehr wichtig; wie wir es sagen, ist jedoch mindestens genauso wichtig – wenn nicht sogar noch wichtiger. Manchmal sagen wir etwas, aber unser Tonfall verrät, dass wir es in Wirklichkeit ganz anders meinen. Unsere Aussage ist somit doppeldeutig. Wie die anderen Menschen das verstehen, was wir sagen, hängt vor allem von unserem Tonfall ab, nicht von unseren Worten allein.
Wenn ein Freund aufgrund deiner – na ja – eher mittelmäßigen Sportbegeisterung sarkastisch sagt: „Ich würde echt gerne mit dir am See joggen gehen“, dann nimmst du seine Worte sicher nicht als ehrliche Einladung wahr. („Ähhm … nein danke“, würdest du wohl antworten.)
Andererseits lässt sich auch eine Kritik verkraften, wenn sie freundlich vorgetragen wird: „Ich war ziemlich enttäuscht, dass du mich nicht gefragt hast, ob wir zusammen joggen gehen wollen.“ In diesem Fall will die Person, die ihr Anliegen vorbringt, authentisch sein und von ihrem Gegenüber verstanden werden. (Die logische Antwort: „Das tut mir leid. Mir war nicht bewusst, dass du gerne mitkommen wolltest. Wollen wir morgen zusammen joggen gehen?“)
Wie wir etwas sagen, ist wirklich wichtig. Ein sehr weiser Mann hat einmal Folgendes gesagt: „Eine freundliche Antwort vertreibt den Zorn.“2 Wenn ein Freund verbal um sich schlägt, du ihm aber freundlich antwortest, wird sich die aufgeheizte Stimmung schnell abkühlen. Du kannst hören, was der andere wirklich sagen will; du kannst dich in ihn hineinfühlen; dich – wenn nötig – entschuldigen und die Dinge ruhig aus deiner Perspektive darlegen. Du gehst nicht von vornherein davon aus, dass deine Sicht der Dinge die einzig richtige ist. Eine solche Antwort zeigt Reife. Und eine solche Liebe ist „geduldig und freundlich“3.
VERGEBUNG
Um Lob und Anerkennung weitergeben zu können, ist es entscheidend, dass wir Wut und Verletzungen auf gesunde Art verarbeiten. Das, was uns im Innersten beschäftigt; das, wovon unser Herz voll ist, ist das, was wir aussprechen. Wenn sich Wut und Verletzungen in unserem Herzen ausbreiten, dann ist Streit vorprogrammiert, weil wir mit unseren Worten eher zerstören als unsere Liebe zeigen werden.
Viele Menschen verderben sich ihr Hier und Jetzt mit dem Negativen, was gestern war. Sie müssen das Versagen der Vergangenheit unbedingt mit in die Gegenwart zerren. Damit verseuchen sie sowohl ihre Gegenwart als auch ihre Zukunft. Wenn sich Bitterkeit, Groll und Rachsucht ungehindert im Herzen eines Menschen ausbreiten, ist es kaum möglich, Lob und Anerkennung weiterzugeben.
Lass dich auf Vergebung ein. Ja, du bist verletzt worden. Ganz sicher hat es wehgetan; vielleicht schmerzt es noch immer. Vergebung heißt nicht, dass alles okay war, was dir passiert ist. Aber Vergebung heißt, dass sich bei dir etwas verändern wird. Wenn du dich entscheidest, einem Menschen zu vergeben, entscheidest du dich damit dafür, die Verletzung und all deine Wut loszulassen, sodass du nicht länger davon zerfressen wirst. Du kannst dich dafür entscheiden, Menschen zu lieben, obwohl sie dir Schaden zugefügt haben. Gleichzeitig musst du natürlich gesunde Grenzen ziehen, um dich in Zukunft zu schützen. Wenn du vergibst, darfst du in Frieden leben.
Manchmal wird die Person, die dich verletzt hat, ihren Fehler einsehen und manchmal nicht. Aber egal, wie ihre Reaktion ausfallen wird: Es ist deine eigene Entscheidung, ob du zur Vergebung bereit bist und deine Verletzung, deine Bitterkeit und den anderen an Gott abzugeben. Die Fehler eines anderen müssen nicht zwangsläufig dein Leben zerstören.
Und wenn du derjenige bist, der einen anderen verletzt hat, kannst du aufrichtig fragen: „Was kann ich tun, um wiedergutzumachen, was ich dir angetan habe?“ Du kannst das Vergangene nicht ungeschehen machen, aber du kannst es bekennen – das heißt, dass du zugibst, etwas falsch gemacht zu haben, und um Vergebung bittest. Nur so wird Versöhnung möglich. Ob du bereit bist zu vergeben oder nicht, wird sich an deinen Worten zeigen. Unfreundliche und verletzende Worte sind Gift für Beziehungen; Lob und Anerkennung eine wahre Bereicherung.
Denk daran: Liebe ist immer auch eine Entscheidung. Liebe zeigt sich an ihren Taten.
QUIZTIME
Wie geschickt kannst du mit Worten umgehen? Mach den Test: Wenn du der Meinung bist, diese Aussage sei ein gelungenes Beispiel für Lob und Anerkennung, dann setze ein Häkchen. Wenn du die Aussage lieber bleiben lassen solltest, dann mache ein Kreuz.
„Ich habe schon Schlechteres gegessen.“
„Ich finde, du solltest unbedingt bei der Theater-AG mitmachen. Diese Rolle passt perfekt zu dir.“
„Ihr seid echt toll. Ihr seid die besten Freunde der Welt.“
„Ich lese gerade ein Buch, in dem es darum geht, anderen Komplimente zu machen. Also wollte ich dir mal sagen, dass du gar nicht so schlecht Baseball spielst.“
„Klar, du siehst toll aus.“
„Das blaue T-Shirt passt perfekt zu deinen Augen.“
„Danke, dass du mir zugehört hast. Ich bin so froh, dass du meine Freundin bist.“
„Weißt du eigentlich, dass du super mit Kindern umgehen kannst? Hast du schon mal darüber nachgedacht, auf Lehramt zu studieren? Ich glaube, du wärst die geborene Lehrerin.“
„Danke, Mama, dass du mich zur Probe fährst. Ich weiß, dass dir die Zeit eigentlich nicht so gut passt.“
„Na ja, immerhin hast du es versucht.“
„Aus dir ist ein echt gefährlicher Stürmer geworden. Bin ich froh, dass du in meiner Mannschaft spielst.“
„Ich bin so stolz auf dich. Ich weiß, wie viel Lampenfieber du hast, wenn du vor anderen reden musst, aber deine Präsentation war echt gut.“
TIMEOUT! ZEIT ZUM NACHDENKEN
Wurde dir in deinem Elternhaus Lob und Anerkennung entgegengebracht?
Fällt es dir leicht oder schwer, anderen Familienmitgliedern gegenüber positive Worte auszusprechen? Warum?
Wie steht es bei deinen Freunden? Bist du großzügig in Sachen Lob und Anerkennung?
Welche Worte geben dir das Gefühl, wirklich geliebt zu sein? Hat schon einmal jemand diese Worte zu dir gesagt?
Für die meisten Menschen ist eine der fünf Sprachen der Liebe besonders wichtig. Sie fühlen sich dann in besonderem Maße geliebt, wenn sie in genau dieser Sprache angesprochen werden. Herauszufinden, welche Sprache der Liebe für dich die wichtigste ist, ist nicht ganz leicht, denn wir mögen natürlich alle fünf Sprachen irgendwie. (Wer bekommt nicht gern ehrliche Komplimente?) Ist Lob und Anerkennung für dich die wichtigste Sprache der Liebe – ist es das, was du brauchst, um dich besonders geliebt zu fühlen?
Schreibe die Namen der Menschen auf, die dir besonders wichtig sind. Hier geht es wirklich um die Menschen, die dir am nächsten stehen (ca. zwei bis zehn Leute), nicht um oberflächliche Bekannte. Ist jemand dabei, bei dem du den Eindruck hast, seine Liebessprache könnte Lob und Anerkennung sein?
Schau dir noch einmal die verschiedenen Dialekte von Lob und Anerkennung an (Dank, Ermutigung, Lob, Freundlichkeit). Gibt es auf deiner Namensliste jemanden, der durch Lob und Anerkennung regelrecht aufblühen könnte? Überlege dir, was du ihm oder ihr sagen könntest, um deine Liebe zu zeigen.
Wende den Dialekt der Dankbarkeit an. Danke jemandem, dem man nur selten Danke sagt, zum Beispiel Eltern oder Lehrer. Einfach, freundlich und ehrlich.
Wenn du nicht bereit bist zu vergeben, wird sich das an deinen Worten widerspiegeln. Gibt es jemand, dem du nicht vergeben willst? Was kannst du tun, um dich dem Problem zu stellen und von deiner Bitterkeit frei zu werden?
Dr. Gary Chapman
Dr. Gary Chapman hat Anthropologie studiert und war viele Jahre in der Paarberatung tätig. Er ist der Autor zahlreicher Bücher und als Experte für Beziehungsfragen international bekannt. Mit seinem New York Times-Bestseller "Die 5 Sprachen der Liebe", der in über 60 Sprachen übersetzt wurde, hat er einen neuen Schlüssel zur Kommunikation gefunden und ein Millionenpublikum erreicht. Zusammen mit seiner Frau Karolyn lebt er in North Carolina.
Webseite (de): www.diefuenfsprachenderliebe.de
Webseite (en): www.5lovelanguages.com
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Paige Haley Drygas
Paige Haley Drygas ist seit 1999 im Verlagswesen als Lektorin und Herausgeberin tätig und leitet mittlerweile "Peachtree Editorial Services", einen Dienstleister, der sich auf die Unterstützung bei Bibelveröffentlichungen spezialisiert hat. Paige lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Peachtree City, Georgia.