
Das Anwesen
Hudson Valley, 1898: Sophie van Riijn ist fasziniert von der Arbeit des neu gegründeten Wetteramts und dem Versuch, genaue Wetterprognosen zu erstellen. Jeden Tag ermittelt sie akribisch die neuesten Wetterdaten ihres Heimatortes und meldet diese an die Zentrale. Ihre Wetterstation hat sie wie gefordert am höchsten Punkt des Dorfes errichtet. Auf dem Dach von Dierenpark, einer verlassenen Villa auf einer Klippe über dem Hudson River.
Als überraschend ein Angehöriger des Besitzers auftaucht, ist dieser alles andere als begeistert darüber, dass Sophie sich unerlaubt an dem Gebäude zu schaffen gemacht hat. Quentin ist fest entschlossen, die Villa abreißen zu lassen und all den finsteren Legenden, die sich um das Anwesen ranken, ein für allemal den Garaus zu machen. Er hat nicht mit dem Widerstand von Sophie gerechnet ...
Format: ePUB
Bestellnummer: 332994
ISBN: 978-3-96362-994-5
Erschienen im Mai 2018
Papierausgabe vergriffen.
€ 12,99 inkl. MwSt.
Leseprobe
Kapitel 1
Hudson River Valley
Sommer 1898
„Dort unten hat man ihn gefunden, mit dem Gesicht im Wasser“, hörte man eine Stimme. „Der Mann war mausetot. “
Sophie duckte sich hinter die Brombeersträucher, damit sie nicht von der Reisegruppe auf dem alten Pier gesehen wurde. Eigentlich wollte sie den niedrigen Wasserstand nutzen, um Austern zu sammeln, aber als der Fremdenführer mit seiner Gruppe an den berüchtigten Ort am Fluss kam, hatte sie eine Pause eingelegt. Der Ort brauchte die Einnahmen der Touristen.
Es machte keinen guten Eindruck, wenn eine Einheimische beim Austernsammeln die wilde Pracht dieses Ortes störte. Sophie schob sich am Abhang ein Stück höher.
Jeden Morgen verließen die Raddampfer das geschäftige New York, vierzig Meilen flussabwärts und zugleich Welten entfernt von der urzeitlichen Landschaft der abgelegenen Bucht im Tal des Hudson River. Die Raddampfer legten hier immer an, damit die Touristen das berühmte Wahrzeichen sehen konnten, das hinter Sophie auf den Klippen der Granitfelsen aufragte. Es war eins der ältesten Gebäude und stammte aus dem Jahr 1635, als die ersten Siedler aus Holland sich in Nordamerika niedergelassen hatten. Wie eine mittelalterliche Burg thronte das düstere Anwesen der Vandermarks seit Jahrhunderten auf diesen windumtosten Klippen. Es war aus grob behauenem Stein gebaut und seine steilen Giebel und weitläufigen Flügel erweckten den Eindruck, als wäre es einem Gemälde der Renaissance entsprungen.
„Man konnte keinen Kratzer an ihm finden“, fuhr der Fremdenführer fort. „Karl Vandermark war ein Mann im besten Alter und niemand hatte eine Erklärung für seinen Tod. War es Mord? Oder Selbstmord? Der Fluch der Vandermarks? Karl Vandermark gehörte zu den reichsten Männern in Nordamerika und war im Dorf sehr beliebt. Sechzig Jahre ist es nun schon her, dass sein Leichnam gefunden wurde, aber sein Tod ist bis heute ungeklärt. “
Sophie seufzte verärgert. Wieso interessierten sich die Leute immer noch so für diesen Fall? Vielleicht hatte es mit dem Anwesen zu tun, das durch Maler und Fotografen berühmt gemacht worden war. Die konnten dem gespenstischen Reiz des einsamen Hauses einfach nicht widerstehen. Es trug den Namen Dierenpark und war weltberühmt.
Die Dampfschiffe blieben meist eine Stunde, gerade lange genug, damit die Reisenden sich die Beine vertreten und Souvenirs von den Ständen am Pier der Vandermarks kaufen konnten. In wenigen Minuten würden sie wieder an Bord gehen und ihre Fahrt flussaufwärts fortsetzen.
Heute waren es ungewöhnlich viele Touristen. Die meisten drängten sich um den Fremdenführer, aber ein Grüppchen seltsam anmutender Leute stand direkt am Fuße der Klippenwand.
Marten Graaf war der Beste unter den Fremdenführern und er war gut in Form. Er gab seiner Stimme einen besonders geheimnisvollen Unterton, als er einen Jungen beiseitenahm und ihm die genaue Stelle zeigte.
„Der Sohn war es, der den Leichnam fand“, erklärte er. „Nickolaas Vandermark war erst vierzehn Lenze alt, als er seinen Vater im Fluss entdeckte. Die Legende besagt, der Junge hätte das nie verwunden, aber andere vermuten sogar, er habe seinen Vater eigenhändig umgebracht, um an das Erbe von vierzig Millionen Dollar zu kommen. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, aber wieso sollte ein kerngesunder Mann auf einmal tot umfallen? Niemand wagte es, Nickolaas Vandermark öffentlich zu beschuldigen, aber irgendetwas Furchtbares war im Gange. Kein Vandermark ist eines natürlichen Todes gestorben und die meisten Leute hier glauben, dass ein Fluch auf der Familie liegt. “
Selbst aus einiger Entfernung konnte Sophie erkennen, dass der Junge zusammenzuckte und den Kopf einzog. Den meisten Touristen gefielen die gruseligen Geschichten über das alte Haus, aber dieser Junge schien besonders empfänglich zu sein.
„Seit dem Tod von Karl Vandermark steht das Haus leer“, sagte der Fremdenführer. „Ein Rechtsanwalt kam und nahm den Jungen mit und seitdem hat kein Vandermark mehr einen Fuß in das Anwesen gesetzt. Kein Möbelstück und noch nicht einmal einen Mantel haben sie mitgenommen, aus Angst, den Fluch über sich zu bringen. Die Kleider hängen noch immer im Kleiderschrank und alle Briefe und Dokumente liegen noch auf den Tischen, unberührt seit dem Tag, an dem die Familie aus dem Herrenhaus floh. Alles ist noch genau wie früher, als wäre die Zeit im Haus stehen geblieben. Seit sechzig Jahren steht das Haus unberührt da und nur ein paar Bedienstete sorgen dafür, dass das Anwesen nicht geplündert wird. “
„Und wieso verkaufen sie es nicht?“, wollte ein Tourist aus der Gruppe wissen.
„Wer würde dieses Haus schon kaufen?“, gab Marten lautstark zurück und schreckte einen Schwarm Krähen auf. Die Vögel flatterten hoch über die Klippen und kreisten krächzend um das Haus.
„Wer sich zu lange in diesem Gemäuer aufhält, auf den geht der Fluch über“, prophezeite Marten den gebannten Zuhörern. „Der erste Hausmeister kam zu Tode, als er über eine Harke stolperte. Der zweite starb an einer Krankheit, die seine Gelenke derart verkrümmen ließ, dass er kaum noch gehen konnte. Die jetzige Haushälterin hat auch schon einen schlimmen Buckel. Und das Mädchen, das ihnen tagtäglich zu essen bringt? Sie war das hübscheste Ding im ganzen Dorf, aber der Fluch hat auch sie heimgesucht. “
Sophie wurde bleich. Dass Marten es wagte, sie in seine Gruselgeschichten hineinzuziehen! Gekränkt duckte sie sich noch tiefer hinter die Brombeerbüsche und hoffte inständig, dass er sie nicht entdeckte. Wenn er jetzt auch noch auf sie zeigte und zu einer weiteren Attraktion für die Touristen machte, würde sie ihm das wirklich übel nehmen.
„Oh ja, selbst Miss Sophie van Riijn, die stets nur wenige Stunden im Haus weilt, hat der Fluch getroffen. Drei Mal war sie verlobt und jedes Mal nahm es ein übles Ende. Ihr letzter Verlobter starb gerade einmal einen Monat vor der Hochzeit. Seine Lunge verkrampfte so sehr, dass er keine Luft mehr bekam. Seitdem nähert sich ihr kein Mann im Dorf mehr. “
Sophie sah zu Boden und wünschte sich, sie könnte auch die Ohren verschließen. Es war schändlich, wie Marten Alberts Tod ausschlachtete. Albert fehlte ihr noch immer. Er war ein freundlicher und herzensguter Mann gewesen, der keinen Deut auf den Fluch gegeben hatte. Sie hatten sich auf ihr gemeinsames Leben gefreut und Sophie hatte davon geträumt, Ehefrau, Freundin und Mutter zu werden. Stattdessen hatte sie Albert während seiner letzten, schmerzvollen Monate pflegen müssen.
Wenn er noch lebte, hätte er gesagt, sie solle sich von den Gerüchten nicht die Laune verderben lassen, sondern losziehen und einen anderen Mann suchen. Aber mit jedem Mal fiel ihr das schwerer. Inzwischen war sie sechsundzwanzig Jahre alt und ihre Vergangenheit aus gescheiterten Verlobungen war vielleicht eine faszinierende Anekdote für Touristen, aber für sie nur schmerzvoll.
„Ist er zu einem Arzt gegangen?“, fragte der stille Junge und riss Sophie aus ihren Gedanken. „Der Mann mit der kranken Lunge? Hat er einen Arzt aufgesucht?“
„Aber selbstverständlich!“, erwiderte Marten. „Aber er war unrettbar verloren. Der Fluch hatte ihn fest im Griff und es gab keine Hoffnung. “
Der Junge schien wirklich Angst zu haben und seltsamerweise schien er allein zu sein.
Sophie stand auf. Zwar wollte sie sich keinesfalls als das tragische Opfer dreier geplatzter Verlobungen zu erkennen geben, aber noch weniger konnte sie zulassen, dass Marten ein Kind in Angst und Schrecken versetzte, nur um sein Trinkgeld zu erhöhen. Ihre Röcke schleiften auf dem Boden, als sie ans sandige Ufer trat und sich neben den Jungen stellte. Der Fremdenführer schien überrascht, sie zu sehen, und wurde rot.
„Übertreib es nicht, Marten“, murmelte sie im Vorbeigehen und nahm den Jungen beiseite. Er war hübsch, nicht älter als neun, hatte dunkles Haar und große graue Augen, die unverwandt auf das alte Haus gerichtet waren. Sophie ging er gerade bis zum Ellbogen und sie hockte sich hin, um auf Augenhöhe mit ihm zu reden.
„Keine Angst“, versuchte sie ihn zu beruhigen. „Der Mann denkt sich lauter Geschichten aus, damit sein Trinkgeld schön hoch ausfällt. Du brauchst dich nicht zu fürchten. “
„Aber das Haus sieht ganz schön gruselig aus“, sagte der Junge.
Sophie lachte. „Zum Glück brauchst du dort nicht zu wohnen. Heute Abend fährst du mit deinen Eltern wieder nach Hause und schläfst warm und sicher in deinem eigenen Bett. Dann ist alles nicht mehr so schlimm. Wie heißt du, Junge?“
„Pieter“, sagte er. „Pieter mit i. “
„Pieter mit i! Was für ein schöner holländischer Name. Wie der Heilige Petrus. Der war ein guter Mann, nicht wahr? Auch wenn er mal Angst hatte. Man muss sich nicht dafür schämen, wenn man sich fürchtet. “
Der Blick des Jungen war immer noch auf das Haus der Vandermarks gerichtet, aber in seinen Augen sammelten sich Tränen. So schlimm war es doch nun auch nicht. Irgendetwas anderes war hier im Gange.
„Was ist denn los?“, fragte Sophie mit sanfter Stimme. „Das kann doch unmöglich alles von diesem alten Kasten dort oben kommen. Weißt du, mir geht es immer besser, wenn ich mit jemandem darüber reden kann, was mich bekümmert. Du kannst es mir ruhig sagen. Ich werde auch nicht lachen, versprochen. “
Der Junge sah über die Schulter und sie folgte seinem Blick.
Sie wurden beobachtet.
Die Gruppe, die abseits gestanden hatte, war nur wenige Meter entfernt und bedachte Sophie und ihren Schützling mit finsteren Blicken. Nur eine einzige Frau war darunter, eine schüchtern aussehende junge Dame, die genauso viel Angst zu haben schien wie Pieter. Die sechs Männer hatten jeder breite Schultern und einen Stiernacken und sahen aus wie Boxer. Einer der Männer trug einen feinen Anzug, aber das tat seinem furchteinflößenden Eindruck keinen Abbruch. Sophie konnte keinerlei Ähnlichkeit zwischen dem Jungen und den hartgesottenen Fremden ausmachen. Irgendetwas stimmte hier nicht. Sie drehte sich zu Pieter um.
„Bist du mit diesen Leuten hier?“, flüsterte sie.
Er nickte.
„Ist das deine Familie?“
Pieter schüttelte den Kopf und Sophie lief ein Schauer über den Rücken.
„Wo sind denn deine Eltern?“
„Meine Mutter ist tot und mein Vater ist zurück ins Dorf. Er ist sehr wütend. “
Als der tadellos Gekleidete auf sie zukam, wurde Sophie unwohl. „Das ist nicht dein Vater?“, fragte sie.
„Das ist Mr Gilroy. Er ist unser Butler. Er lässt mich nie aus den Augen. “
Sophie stand auf und stellte sich vor den Jungen. Warum hatte er nur solche Angst? Wenn er in Gefahr war, durfte sie ihn nicht im Stich lassen.
Jetzt, wo Mr Gilroy vor ihr stand, schien er noch größer und furchteinflößender. Die edle Kleidung und der gestärkte weiße Kragen gaben ihm eine beeindruckende Aura.
„Ich danke Ihnen, dass Sie den Jungen getröstet haben“, sagte Mr Gilroy mit freundlicher Stimme und leicht britischem Akzent. „Geistergeschichten sind nichts für den kleinen Pieter, fürchte ich. Sie sind allzu freundlich, vielen Dank. “
Konnte man noch höflicher sein? Mr Gilroys samtene Stimme beruhigte ihre angespannten Nerven.
„Gern geschehen. Die meisten Touristen hören die Geschichten über das Anwesen der Vandermarks gern, aber manch einer ist eben etwas sensibler. Sie machen eine Fahrt auf dem Fluss, nehme ich an?“
Mr Gilroy zögerte kurz. „Nicht ganz. “
Sophie wartete auf eine Erklärung, aber der Butler schwieg. Der Tourismus war die Rettung für ihr Dorf gewesen, seit die Vandermarks ihr Anwesen aufgegeben und die Sägemühle, Papierfabrik und die Eisenerzgrube geschlossen hatten. Die Fischerei und die Austern hatten zunächst die Lücke gefüllt, aber im Lauf der letzten zehn Jahre waren auch diese Industriezweige niedergegangen.
Als Sophies holländische Vorfahren im siebzehnten Jahrhundert Amerika besiedelt hatten, war der Hudson River so voller Fische gewesen, dass man nur einen Korb eintauchen musste, um eine Menge Felsenbarsche und Blaubarsche zu fangen. Aber diese Zeiten waren vorbei. In Manhattan hatte man das Ufer mit Fabriken vollgebaut und nun starben die Fische schon weit flussaufwärts und die Austernbänke warfen nichts mehr ab. Seitdem brauchte das Dorf die Einnahmen durch die Touristen, die ins Tal des Hudson River kamen, um die unberührte Natur nördlich der Stadt zu bewundern.
Sophie strich eine blonde Strähne hinters Ohr, die sich im Morgenwind gelöst hatte. „Nun, ich hoffe, Sie genießen Ihren Besuch in New Holland. Es ist ein hübsches Dorf und den meisten Reisenden gefallen die Buden und das Essen im Hotel. “
Pieter stampfte mit dem Fuß auf und ließ eine Sandfontäne regnen. „Meinem Vater gefällt es bestimmt nicht. Ihm gefällt überhaupt nichts!“
„Das reicht“, sagte Mr Gilroy streng. „Dein Vater war sehr krank und er tut das Richtige. Aber nicht, um dich zu bestrafen, Junge. “
Zu Sophies Bestürzung machte das bei Pieter alles nur noch schlimmer. Jetzt liefen ihm die Tränen übers Gesicht. „Ich will nach Hause“, schluchzte er. „Ich will wieder bei Grandpa wohnen. Bitte, Mr Gilroy, bitte, können Sie mich nicht nach Hause bringen?“
Sophie konnte nicht anders. Noch nie hatte sie so viel Verzweiflung in einer Kinderstimme gehört. Sie hockte sich hin und legte einen Arm um die schmalen Schultern. „Weine ruhig. Weine, wenn dir das hilft. “
Irgendetwas stimmte nicht mit dem Jungen. Er war kein kleines Kind mehr und doch schluchzte er in aller Öffentlichkeit herum, doch keiner der Erwachsenen schien ein Interesse daran zu haben, ihn zu trösten.
Sie sah Mr Gilroy an. „Kehrt denn der Vater des Jungen bald zurück? Ich weiß nicht, wie lange der Dampfer noch warten wird. “
„Wir sind nicht mit dem Dampfschiff gekommen“, erwiderte Mr Gilroy. „Unsere Kutsche war zu schwer für den Hügel, daher ist mein Dienstherr ins Dorf gegangen, um eine leichtere zu besorgen. “
Sophie blinzelte verwirrt. „Aber was wollen Sie denn dort oben? Dort gibt es nicht viel außer dem Anwesen der Vandermarks und es ist leider nicht für Besucher geöffnet. “
„Für uns wird es öffnen. “
„Nein, tut mir leid, Dierenpark ist gänzlich für die Öffentlichkeit geschlossen. Und das seit sechzig Jahren. “
„Für uns wird es öffnen“, wiederholte Mr Gilroy mit Nachdruck.
Das verhieß nichts Gutes. Diese Reisegruppe war nicht die erste, die enttäuscht vor den Toren des Anwesens kehrtmachen musste, aber es war nun einmal so. Die enge, zerfurchte Straße den Hügel hinauf war gefährlich, und obwohl die Vandermarks genügend Geld zur Verfügung stellten, damit das Haus instand gehalten und nicht geplündert wurde, war es in keinem präsentablen Zustand.
„Es gibt dort nicht viel zu sehen“, wiegelte Sophie ab. „Im Ostflügel haben sich die Krähen eingenistet. Sie haben die unangenehme Gewohnheit, Fremde anzugreifen. Es gibt im Dorf Postkarten, falls Sie sich dafür interessieren, wie das Vandermark’sche Anwesen von Nahem aussieht. “
„Vielen Dank, aber wir werden in Kürze das Haus besichtigen und benötigen keine Postkarten. “
Sophie ging einen Schritt zurück. Die Bediensteten, die das Anwesen in Schuss hielten, nahmen ihren Auftrag seit Jahrzehnten sehr ernst und hatten fast jeden Fremden konsequent abgewiesen. Fast jeden. Eine Gruppe Reisender in Begleitung eines Butlers musste wohlhabend sein und manchmal machte Sophie eine Ausnahme, wenn derjenige bereit war, eine unverschämt hohe Summe zu bezahlen, nur um einen Blick in das Haus zu werfen. Das Dorf konnte schließlich jede Einnahme gebrauchen.
„In seltenen Fällen kann für besondere Besucher eine Ausnahme gemacht werden“, sagte sie. „Es dauert aber einige Zeit, um alle Vorkehrungen zu treffen. Aber unangekündigten Besuchern ist der Zutritt stets verwehrt. “
„Wir sind keine Besucher“, erwiderte Mr Gilroy unversöhnlich. „Wir sind die Vandermarks. Und wir sind gekommen, um zu bleiben. “
Sophie stolperte den steinigen Pfad bergauf und achtete nicht auf die Büsche und Pflanzen, die gegen ihre Röcke schlugen. Der Weg war ausgewaschen und durch die vielen Ahornwurzeln nicht ungefährlich, aber sie musste sich beeilen. Mr Gilroy hatte ihr gegenüber verlautbart, dass Quentin Vandermark, der Urenkel des Toten im Fluss, gedachte, das Haus zu beziehen. Heute noch!
Das stellte ein gewaltiges Problem dar. Niemand hatte je damit gerechnet, dass die Familie zurückkehrte und, nun ja . . . im Laufe der Jahre hatten sich einige Freiheiten eingeschlichen, was das Haus betraf. Zum größten Teil durch sie selbst. Manches davon konnte sie verstecken, aber sie musste sich beeilen. Sophie hob die Röcke höher. Mit jedem Schritt wurde die Luft besser und die Blätter grüner.
In Dierenpark spukte es keineswegs, ganz anders, als es den Touristen erzählt wurde. Ganz im Gegenteil. Sophie hatte keine Erklärung dafür, aber jeder Quadratzentimeter des Vandermark’schen Anwesens strotzte nur so vor üppiger Kraft. Die Blüten schienen bunter, das Gras weicher und grüner und die Früchte süßer als alles, was es im Dorf zu ernten gab.
Eine Reihe wettergepeitschter Wacholderbäume am Rand des Grundstücks bot einen Windschutz. So war Dierenpark eine geschützte Oase auf der Spitze der Felsen. Das Haus war aus behauenen Granitblöcken erbaut, ein ausladendes Gebäude mit Giebeln, Türmchen und Koppelfenstern. Der älteste Teil des Hauses war 1635 errichtet worden, aber im Lauf der Jahrhunderte hatte man immer wieder angebaut und so eins der größten Privathäuser Amerikas geschaffen.
Sophie rannte über die Wiese und platzte durch den Vordereingang ins Haus. Sie lief über den Mittelflur bis zur sonnendurchfluteten Küche, die im hinteren Teil des Hauses lag. Hier war der neueste Anbau des Hauses, der über große Fenster genügend Licht ins Haus ließ. Ein Feuer brannte in der Kochstelle und über dem Arbeitstisch hingen Kupfertöpfe und bündelweise getrocknete Kräuter.
„Die Vandermarks sind hier!“, rief Sophie atemlos und hielt sich erschöpft die Seite. „Schnell, bringt die Sachen für den Verkauf fort und versteckt den Rest. “
Florence Hengeveld stand steif von ihrem Hocker auf. Vor ihr standen noch die halbvollen Tüten mit Plätzchen für Touristen. Ihr Gesicht war faltig wie ein schrumpeliger Apfel und wegen ihres Witwenbuckels konnte die alte Frau, die seit vierzig Jahren Haushälterin auf Dierenpark war, nur langsam gehen. Sie war die „Bucklige“, von der der Fremdenführer gesprochen hatte. Aber Florence war kein Opfer des Vandermark’schen Fluchs. Sie war lediglich alt und alte Frauen bekamen oft einen Buckel.
„Was redest du da?“, fragte Florence. „Der Anwalt der Vandermarks ist da?“
Seit sechzig Jahren hatte der einzige Kontakt zu den Vandermarks über eine Reihe von Anwälten bestanden, die ihnen ihre Löhne zahlten und die jährliche Steuerschuld beglichen. Wieso war die Familie nun auf einmal wieder aufgetaucht? Sophie biss sich auf die Unterlippe und hoffte, dass sie noch nicht wussten, was sie alles für Gerätschaften auf dem Dach installiert hatte.
„Die Vandermarks persönlich. Quentin Vandermark und sein Sohn. Ich dachte, sie würden in Europa leben, aber sie sind zurück und wollen heute noch einziehen. Ihre Kutsche schafft es nicht den Berg hinauf und sie besorgen gerade eine leichtere. Aber sie können jeden Augenblick hier sein. Schnell! Versteck alles, was mit den Touristen zu tun hat. Ich suche Emil. “
„Er arbeitet am Gartenzaun“, sagte Florence und tappte zu einem Küchenschrank. Dort verstaute sie die Tüten mit Spekulatius und Teekuchen.
Sophie lief nach draußen und rief nach Emil Broeder, einem einfachen Mann mit einer schnell wachsenden Familie, zu der Zwillinge und eine kleine, gerade einmal zwei Monate alte Tochter gehörten. Er und seine Familie wohnten im alten Gärtnerhaus am andern Ende des Anwesens.
Sie fand ihn am Zaun, der das Rotwild von Sophies Kräutergarten fernhalten sollte. Sophie schickte ihn unverzüglich ins Haus, um alle Spuren ihres Geschäfts mit den Touristen zu beseitigen.
Das größte Problem aber befand sich auf dem Dach und hier konnte Sophie nichts verstecken. Sie konnte nur darauf hoffen, dass die Vandermarks die Sachen nicht bemerkten, bis sich die Wogen geglättet hatten. Das Anwesen war sehr groß, da würden ihnen die winzigen Gerätschaften, die sie mit Emils Hilfe auf dem Dach installiert hatte, sicher nicht auffallen. Das hoffte sie jedenfalls.
Gerade wegen ihrer Geschichte aus gescheiterten Verlobungen und geplatzten Träumen bedeutete ihr die kleine Wetterstation oben auf der Villa der Vandermarks unendlich viel. Das Dorf starb aus, die wirtschaftlichen Möglichkeiten schwanden, aber wenigstens war Sophie Teil eines landesweiten Experiments, zum ersten Mal überhaupt ein verlässliches System zur Wettervorhersage zu etablieren, in dessen Genuss jeder kommen konnte, der die Zeitung kaufte. Sie hatte nie jemanden um Erlaubnis gebeten, die Wetterstation aufzubauen, aber das Dach von Dierenpark war eine von dreitausend Beobachtungsstationen, die von Freiwilligen bemannt worden war und die Welt dank ihrer genauen Wetterdaten in einen sichereren Ort verwandelte.
Und sie konnte nur hoffen, dass Quentin Vandermark ihr keinen Strich durch die Rechnung machte.
Sophie hörte die Vandermarks, noch bevor sie sie sah. Das Klappern der Pferdehufe und das Rattern der Kutschräder auf dem steinigen Weg klang Unheil verheißend. Florence hatte Wasser aufgesetzt. Eine Schale mit Sophies Blaubeermuffins und ein Kuchen nach holländischem Rezept standen auf dem Tisch, beide noch warm. Es duftete herrlich nach Vanille.
Sophie saß am Küchentisch und drehte ihre Teetasse zwischen ihren kalten Fingern hin und her. Wieso war sie auf einmal so nervös? Sie hatten doch nichts Verbotenes getan . . . oder zumindest nichts, was ihnen von den Vandermarks ausdrücklich verboten worden war. Es war so leicht gewesen, sich in diesem wunderbaren alten Haus heimisch zu fühlen, aber all das würde sich nun ändern. Sechzig Jahre - sechzig Jahre! Wie hätte sie ahnen können, dass die Besitzer ohne Vorwarnung auftauchen würden?
Auf der Veranda waren Schritte zu hören. Sophie hatte die Eingangstür bereits aufgeschlossen, weil sie es für anmaßend hielt, Quentin Vandermark dazu zu zwingen, in seinem eigenen Haus um Einlass zu bitten.
Er klopfte nicht. Die Haustür wurde aufgeschlagen und schwere Schritte donnerten über den hölzernen Fußboden.
„Wo ist sie?“ Eine wütende Stimme erfüllte das alte Haus, hallte von den Walnusspaneelen im großen Eingangsbereich wider und ließ Sophies Ohren klingeln.
Sophie sprang auf und ging in die Empfangshalle, wo die Gruppe achtunggebietender Männer eintrat. Mr Gilroy bedachte sie mit einem angespannten Lächeln. Den Mann, der mit seiner Stimme die Kronleuchter erzittern ließ, hatte sie noch nie gesehen. Er war schlank, stützte sich schwer auf einen Gehstock und schritt ungeduldig durch die Halle. Seine Haare waren dunkel, die Augen grau und unruhig und sein schmales Gesicht war vor Ärger ganz verkrampft.
„Wo ist sie?“, tönte er noch einmal und humpelte in Richtung des Salons. Mit seinem Stock schlug er gegen die Vorhänge und ließ Staubwolken aufsteigen. Sophie fürchtete schon, die feine Seide würde zerreißen und heruntersegeln.
„Suchen Sie mich?“, fragte sie betont ruhig. Feuer mit Feuer zu bekämpfen war selten hilfreich.
Er fuhr herum und durchbohrte sie mit seinen Blicken. „Sind Sie etwa diejenige, die meinem Sohn Spukgeschichten erzählt hat? Haben Sie ihn derart eingeschüchtert, dass er sich vor Angst nicht mehr aus der Kutsche traut?“
Er sah so respekteinflößend aus, dass es Sophie schwerfiel, seinen Blick zu erwidern. Selbst die stämmigen Männer in der Empfangshalle schienen ihn zu fürchten.
„Ich wage zu bezweifeln, dass ich der Grund für die Angst des Jungen bin, Mr Vandermark. “
Die Augen des Mannes wurden schmal, während er auf sie zukam. Wäre er nicht so wütend gewesen, hätte er sogar recht stattlich ausgesehen. Mit dem hageren Gesicht und den hohen Wangenknochen schien er direkt einem Brontë-Roman entstiegen zu sein. Das passende Temperament hatte er jedenfalls.
„Sind Sie die Person, die mein Heim zu einer widerwärtigen Touristenattraktion gemacht hat? Die Postkarten und Kekse unten am Pier verkauft?“
„Mein Name ist Sophie van Riijn. Ich bin die Köchin hier, aber ich stehe weder auf Ihrer Gehaltsliste, noch bin ich der Grund für Ihre schlechte Laune. Es wäre mir eine Freude, Sie auf Dierenpark willkommen zu heißen und Ihnen allen etwas zu essen und zu trinken anzubieten. Sie müssen müde sein nach der langen Reise. “
Mr Gilroy trat vor. „Vielen Dank, Miss van Riijn“, sagte er gelassen und unbeeindruckt vom Wutausbruch seines Dienstherrn. „Sehr aufmerksam von Ihnen. “
Quentin Vandermark tat, als hätte er nichts gehört. Er stützte sich mit beiden Händen auf den Stock und ließ den Blick durch die imposanten Räume schweifen, die beiderseitig von der Empfangshalle abgingen. Besonders fasziniert schien er von der Ahnengalerie. Die gepuderten Perücken sahen für den modernen Betrachter etwas sonderbar aus. Was er wohl dachte, hier, zum ersten Mal im Anwesen seiner Familie? Sophie kam seit ihrer Kindheit hierher, aber für Mr Vandermark war alles neu und ungewohnt. Er würde einen Führer brauchen, um sich in den vierzig Zimmern des Hauses nicht zu verlaufen.
„Wenn Sie mir in die Küche folgen wollen, dort ist ein Kessel auf dem Herd und es gibt frische Blaubeermuffins. Verzeihen Sie, dass wir nichts von Ihrer Ankunft wussten, sonst hätten wir selbstverständlich den Salon vorbereitet. Wird Pieter auch dazustoßen?“
Mr Vandermark löste den Blick von den Portraits seiner Ahnen. „Er ist mit seiner Gouvernante in der Kutsche. Ich will ihn nicht im Haus haben, bevor die Grundregeln klar sind. Mein Sohn hat ein schweres Jahr hinter sich und neigt zu Angstattacken. Diese Horrorgeschichten über Vorfahren, die tot im Fluss treiben, und Menschen, die zu Buckligen werden, weil sie dieses Haus betreten, haben augenblicklich aufzuhören. Haben wir uns verstanden, Miss van Riijn?“
„Vollkommen. “
„Und wer auch immer Postkarten mit Fotografien dieses Hauses verkauft, wird dies sofort unterlassen. “
„Aber Künstler und Fotografen haben dieses Haus seit Jahrzehnten als Motiv für ihre Postkarten gewählt. Dafür sind wir nicht verantwortlich. “
Quentin Vandermark holte eine Postkarte aus seiner Mantel-
innentasche und wedelte damit vor ihr herum. „Diese Postkarte zeigt das Haus von innen. Jemand hat diese Leute eingelassen und ich verlange zu wissen, wer das war. “
In der Tat, die Postkarte in seiner Faust zeigte den Salon. Sonnenlicht fiel durch die Fenster, frische Blumen standen in Vasen. Um die Größe des Raums darzustellen, stand ein kleines Mädchen neben dem Kamin und hatte einen Strauß Tulpen in der Hand. Die Fotografie war vor über zwanzig Jahren von ihrem Vater gemacht worden und das kleine Mädchen war Sophie selbst, aber sie bezweifelte, dass Mr Vandermark sie erkennen würde.
„Wenn Sie mich fragen, ist diese Fotografie schon Jahrzehnte alt“, sagte sie. „Ich glaube kaum, dass man jetzt noch den Fotografen ermitteln kann. Es hat seither einige Fluktuation gegeben hier im Haus. “
„Was Sie nicht sagen. Menschen, die über Wurzeln stolpern und sterben oder an furchtbaren Krankheiten zugrundegehen. Ihre Geschichten sind wirklich reizend. “
„Mr Vandermark, die Fremdenführer auf den Dampfschiffen sind allesamt aus Manhattan. Wenn Sie sich über deren Dienste beschweren wollen, müssen Sie wohl in die Stadt zurückkehren und die Angelegenheit mit ihnen klären. Wir kümmern uns hier nur um das Haus. Florence wird den Tee längst fertig haben. Wenn Sie mir dann bitte folgen würden. “
Sophie wartete nicht auf eine Antwort, aber die schwerfälligen Schritte hinter ihr ließen vermuten, dass die Männer ihr folgten. Florence und Emil erhoben sich, als die Gruppe eintrat. Emil riss schnell seinen Hut vom Kopf und wischte sich nervös die strohblonden Haare aus der Stirn.
„Das ist Florence Hengeveld, Haushälterin hier seit über vierzig Jahren. Und Emil Broeder kümmert sich um das Grundstück, seit er diese Aufgabe vor zwei Jahren von seinem Vater übernommen hat. “
„Tee?“, fragte Florence und hob den Kupferkessel an. Der Duft von Earl Grey erfüllte die Küche. Sophie schnitt derweil Stücke von einem ontbijtkoek ab, einem Frühstückskuchen mit Zimt, Ingwer und Muskat.
Mr Vandermark stieß mit dem Fuß einen Hocker unter dem Küchentisch hervor und setzte sich umständlich. Mit verkniffenem Gesicht rieb er sich das Knie und ignorierte den Korb mit frischen Blaubeermuffins, den ihm Florence hinschob.
„Und was ist Ihre Rolle hier?“, fragte er und starrte Sophie dabei an.
Sophie zögerte. Offenbar war noch niemandem die Wetterstation auf dem Dach aufgefallen und jetzt war definitiv der falsche Zeitpunkt, um darüber zu reden. „Meine Mutter war bis zu ihrem Tod Köchin hier. Im Augenblick gibt es keinen echten Bedarf für eine Köchin, aber ich habe schon immer gern gekocht und deswegen lässt mich Florence jeden Tag für die Bediensteten ein Essen machen. Hin und wieder backe ich auch. “
Quentin Vandermark griff ein weiteres Mal in seinen Mantel und warf eine Tüte mit Spekulatius auf den Küchentisch. „Sind Sie dafür verantwortlich?“
Plötzlich war Sophies Mund ganz trocken. Sie war nicht die Einzige, die täglich Snacks an die Touristen am Pier verkaufte, aber ihr Gebäck war das Beliebteste. Sie verkaufte Spekulatius und Kuchen an die Verkäufer, die in den Buden am Pier standen, und gab den Gewinn an ihren Vater weiter. Mit diesem Geld hatte er die Telegrafenstation errichtet, die einzige im Dorf.
„Das bin ich, aber ich habe nichts Verbotenes getan“, rechtfertigte sich Sophie. „Die Zutaten bezahle ich selbst und es ist keine Straftat, hungrige Reisende zu versorgen. “
„Dann will ich Ihnen die Straftaten aufzählen, für die ich genügend Beweise habe“, erwiderte er knapp. „Die Bediensteten auf Dierenpark sind schuld daran, dass mein Haus zu einer schändlichen Touristenattraktion verkommen ist. Sie haben sich in aller Öffentlichkeit über die Tragödien in unserer Familie ausgelassen, das nennt man üble Nachrede. Sie haben dieses Haus in einer Weise genutzt, die ich nie genehmigt habe. Und Sie wollen nichts Verbotenes getan haben? Miss van Riijn, lassen Sie mich zählen. Ihr Fehlverhalten ist so tief, so hoch, so weit, als meine Seele blindlings reicht . . . “
Seine Fähigkeit, das unsterbliche Sonett von Elizabeth Barrett Browning zu missbrauchen, hätte sie zum Lachen gebracht, wenn er sie nicht so einschüchtern würde. Sie zwang sich, ihrer Stimme nichts anmerken zu lassen.
„Mir ist noch nie jemand begegnet, der einen der schönsten Verse über die Reinheit der Liebe aus dem Stegreif in eine verbitterte Tirade verwandeln kann“, stellte Sophie fest.
Er zog eine Augenbraue hoch. Zum ersten Mal sah sie einen Ansatz von Respekt in seinem attraktiven Gesicht. „Jeder hat sein Talent“, erwiderte er trocken. „Wie viele Touristen haben Sie ins Haus gelassen?“
„Wir lassen keine Touristen ins Haus“, antwortete Sophie und dachte daran, wie sie Mr Gilroy gegenüber erwähnt hatte, besondere Besucher könnten durchaus das Anwesen besuchen. Mr Vandermark stand auf und stakste in den Salon, wo Sophie und die anderen sich ausruhten, wenn das Tagwerk erledigt war. Der Raum war beeindruckend groß und hatte eine Fensterfront, von der aus man den Fluss sehen konnte. Im Kamin aus Ziegelsteinen brannte ein Feuer. Der Tisch vor den Fenstern stand voller Antiquitäten - eine große Platte Delfter Porzellan aus dem siebzehnten Jahrhundert, eine Suppenterrine aus Silber mit Henkeln in Form von Delphinen und sogar einige Kerzenständer aus einem mittelalterlichen Kloster. Vorn stand ein kleines Schild mit Sophies Handschrift darauf.
Berühren verboten.
Es war der Beweis, dass sie Besucher ins Haus gelassen hatten.
Durch Mr Vandermarks Körper ging ein Ruck, als er den Zettel entdeckte. Er griff danach und hielt ihn Sophie hin, während er sich auf seinen Stock stützte.
„Wenn Sie keine Besucher hereinlassen, welcher Bedienstete braucht wohl eine Erinnerung daran?“, fragte er streng.
Sophies Gesicht glühte. Sie musste jetzt beichten, was sie getan hatten, und in seinem Gesichtsausdruck war keine Spur von Mitgefühl oder Freundlichkeit zu erkennen. „In seltenen Fällen lassen wir mitunter besondere Besucher . . . “
Er fiel ihr ins Wort. „Und in seltenen Fällen verabredet sich wohl das Dienstpersonal auf Dierenpark, um auf jede erdenkliche Art und Weise das Prinzip der Loyalität zu verraten. Sie sind entlassen. Sie alle! Ich gebe Ihnen zehn Minuten, um mein Grundstück zu verlassen. Ich will Sie hier nie wiedersehen. “
Sophie zuckte zusammen. Dieses Anwesen war ihre Oase, ihr Paradies auf Erden.
Mr Gilroy trat aus dem Schatten. „Mr Vandermark, vielleicht sollten wir nicht voreilig . . . “
Sophie hoffte auf eine Galgenfrist. Mr Vandermark humpelte zurück in die Küche, wo er mit verzerrtem Gesicht auf den Hocker sank. Er war aschfahl geworden. Auf seiner Stirn glänzte Schweiß, und als er ihn mit einem Taschentuch abtupfte, merkte Sophie, dass seine Hand zitterte. Vielleicht war es nur Einbildung, aber sie hatte den Eindruck, er flüchtete vor einer Lawine aus Schmerz und Sorgen.
„Loyalität ist für mich unabdingbar“, sagte er erschöpft und dumpf. „Dieses Haus soll ein sicherer Ort für meinen Sohn werden und ich traue niemandem von Ihnen über den Weg. Der Missbrauch von Dierenpark geht offensichtlich seit Jahrzehnten. Ich will Sie hier nicht mehr sehen. Gehen Sie mir aus den Augen. Sie alle. “
Hinter ihr ächzte Emil Broeder, als hätte man ihm einen Schlag in die Magengrube versetzt. Emil hatte sein ganzes Leben hier verbracht. Wie sollte er seine Frau und seine drei Kinder innerhalb von zehn Minuten vom Grundstück bringen? Und wohin sollten sie gehen?
Florence hatte es noch schlimmer getroffen. Die alte Frau sackte auf einen Stuhl und ließ den Kopf hängen. Florence hatte den größten Teil ihres Lebens in diesem Haus gewohnt. Sie weinte still vor sich hin.
Sophie wurde bleich, als zwei der furchteinflößenden Männer auf sie zukamen. Instinktiv ging sie einige Schritte zurück. Noch nie war sie derartig mit Blicken eingeschüchtert worden.
„Schon gut“, sagte sie leise und legte ihren Mantel über den Arm. „In der Speisekammer gibt es genügend Essensvorräte und auf der Terrasse hinterm Haus ist Feuerholz gestapelt. Ich helfe Florence nur, ihre Sachen einzusammeln, und dann sind wir auch schon weg. “
Aber sie würde gleich morgen früh wiederkommen. Es musste einen Weg geben, Quentin Vandermarks Verbitterung zu entkräften. Sie brauchte nur ein bisschen Zeit, um ihren Angriff vorzubereiten. Ihre Waffen bestanden nicht aus bedrohlichen Leibwächtern oder schäumender Wut. Auf seinem Niveau würde sie nicht kämpfen. Aber das hieß nicht, dass sie kampflos das Feld räumte. Die wahre Schlacht begann morgen früh und sie war niemand, der vorschnell aufgab.

Autor/in
Elizabeth Camden
Elizabeth Camden studierte Geschichte und Bibliothekswissenschaft. Heute ist sie als Professorin für Bibliothekswesen tätig. Ihre Romane schreibt sie in ihrer freien Zeit. Zusammen mit ihrem Mann lebt sie in Florida.
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Ich habe den historischen Roman "Das Anwesen" von Elizabeth Camden gelesen. Es ist ein toller Roman, der mich von Anfang an gefesselt hat. In dem Roman geht es um Sophie, einer wunderbaren Köchin. Sie betreibt auf dem Dach des Anwesens der Familie Vandermark ein Wetterobservatorium. Da die Familie Vandermark wegen ihrer schicksalhaften Vergangenheit schon seit einigen Jahrzehnten nicht mehr
Eines Tages taucht aber Quentin mit seinem Sohn Pieter auf und will das Anwesen abreißen. Sophie sucht einen Weg das zu verhindern und versucht den depressiven und unfreundlichen Quentin Vandermark aus seinem Schneckenhaus zu holen.
Ich fand, dass die Autorin einen sehr schönen Roman geschrieben hat. Es geht um die Vergangenheit der Familie Vandermark und ihre Familiengeheimnisse und um Sophie eine bezaubernde junge Frau, die im Buch wie der Sonnenschein rüberkommt.
Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, denn ich liebe es Familiengeheimnisse aufzudecken und ich fand schön zu lesen wie Quentin langsam aus seinem Schneckenhaus kommt und endlich eine andere Sicht auf das Leben bekommt. Sophies Kochkünste sind echt toll. Immer wieder habe ich mir beim Lesen gewünscht ihre traumhaften Gerichte probieren zu dürfen, aber leider geht das ja schlecht.
Es war auch schön Quentins Wandlung zu sehen, denn Sophie hat die Gabe in jedem Menschen das Gute zu sehen.
Spannend fand ich auch die Lüftung diverser Familiengeheimnisse.
Der Schreibstil der Autorin war flüssig und der Glaube an Gott spielt in diesem Roman auch eine große Rolle, besonders in Bezug auf Quentin.
Für mich war es ein schöner historischer Roman, den ich sehr gerne gelesen habe.
Von mir bekommt "Das Anwesen" 4 Sterne.

Kann man alles streng wissenschaftlich erklären? Ein sehr gefühlvoller christlicher Roman darüber und über die Macht des Glaubens, der Liebe und Vergebung. Grade im letzten Drittel sehr emotional.... Taschentücher nicht vergessen!!!
Inhaltsangabe:
Der historische christliche Roman spielt Ende des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Hudson Valley. Seit Jahrzehnten ist das wunderschöne Anwesen der Familie Vandermark
Zur Autorin:
Die amerikanische Schriftstellerin Elizabeth Camden ist Historikerin. Ihr Mann und sie leben in der Nähe von Orlando. Neben ihrer Arbeit in einer Bibliothek, schreibt sie historische Romane, von denen einige schon ins Deutsche übersetzt wurden.
Für mich war diese Autorin eine Neuentdeckung, es war mein erstes Buch von ihr. Aber es hat mich überzeugt und wird garantiert nicht das letzte gewesen sein, dass ich von ihr lese. Ihr Schreibstil gefällt mir sehr gut, das Buch lässt sich gut und flüssig lesen. Mir gefiel besonders, dass sie nicht nur gute Unterhaltung schreibt, sondern, dass auch der christliche Glaube eine große Rolle spielt. Das ist aber natürlich und wirkt an keiner Stelle missionarisch oder aufgesetzt. Mir gefiel auch E. Camdens Humor, der an einigen Stellen hervorblitzt.
Cover und Buch:
Das Cover hat mich gleich neugierig auf das Buch gemacht. Ich finde es romantisch und geheimnisumwittert und es passt sehr gut zum Buchinhalt. Auch die sonstige Gestaltung finde ich sehr ansprechend- Kompliment an den Verlag!
Meine Meinung:
Das Anwesen ist ein sehr unterhaltsamer historischer Roman mit einer christlichen Botschaft. Die Protagonisten kamen für mich authentisch rüber. Sophie ist sehr fröhlich, obwohl sie schon viel Schlimmes in ihrem Leben erfahren hat. Besonders hat mich ihre Vergebungsbereitschaft angesprochen und in diesem Zusammenhang auch das Thema: "Wie bekomme ich ein reines Herz?"
Quentin ist der kühle Wissenschaftler, der sehr verbittert ist und vom christlichen Glauben absolut nichts hält. Alles muss für ihn streng wissenschaftlich erklärbar sein, das fand ich mitunter sehr erheiternd. Er kann seine Gefühle nicht nur nicht zeigen, sondern auch kaum zulassen. Dabei hat er durchaus starke Empfindungen, nicht nur für seinen Sohn Pieter.
Das Buch hatte mehrere gute Aussprüche. Mir fiel besonders auf Seite 46 ein Satz auf, den ich für sehr richtig und nachdenkenswert halte: "Denn nichts schwächte die menschliche Seele mehr, als alle Hoffnung zu verlieren"
Es geht in dem Roman nicht einfach nur um gute Unterhaltung, sondern auch um große und wichtige Themen, besonders um "Glaube kontra Wissenschaft? ", Vergebung , wie alte Wunden heilen und darum, was im Leben wirklich wichtig ist.
Fazit :
Ich kann das Buch nur jedem Leser wärmstens empfehlen und vergebe die Höchstzahl von 5 Sternen für diesen wunderschönen, sehr gefühlvollen, christlichen Roman.

Das Geheimnis um das Anwesen "Dierenpark"
"Wir sind die Vandermarks. Und wir sind gekommen, um zu bleiben."
Das einsam gelegene Anwesen "Dierenpark" übt einen gespenstischen Reiz auf die Menschen aus. Das berühmte Gebäude aus dem Jahre 1635 thront auf den Klippen der Granitfelsen in einer abgelegenen Bucht im Tal des Hudson River. Obgleich dessen Besitzer Nickolaas Vandermark es seit sechzig Jahren
Da ich die Bücher der Autorin sehr schätze, hatte ich auch bei dieser Neuerscheinung eine sehr hohe Erwartungshaltung. Um es gleich vorwegzunehmen: Elizabeth Camden hat mich auch diesmal nicht enttäuscht und mir durch ihren wunderschönen Schreibstil, die hervorragende Charakterisierung der Haupt- und Nebenfiguren sowie der Einbindung des christlichen Glaubens im Buch allergrößtes Lesevergnügen bereitet. Die beiden Protagonisten Sophie van Riijn und Quentin Vandermark nehmen den größten Raum ein - man taucht nach und nach in ihre Vergangenheit ein, liest von ihren Sorgen, ihren Hoffnungen und Wünschen. Quentins Sohn, den neunjährigen Pieter, habe ich bereits bei seinem ersten Auftritt in diesem Buch ins Herz geschlossen. Doch auch dem exzentrischen alten Nickolaas Vandermark, einem schwierigen und verschrobenen Mann, der mit fortschreitendem Alter immer paranoider wird, galt meine Sympathie.
Die Autorin beleuchtet das Zusammentreffen der Familie Vandermark mit ihren Bediensteten auf Dierenberg und das Ringen um den Erhalt dieses für das Dorf New Holland so wichtigen Anwesens. Die gruseligen Geschichten um den Fluch der Vandermarks und um unerklärliche Todesfälle werden ebenfalls thematisiert, was zu einem gewissen Spannungsaufbau im Buch beiträgt.
FAZIT: "Das Anwesen" ist ein weiteres grandioses Werk aus der Feder der amerikanischen Autorin Elizabeth Camden, das mir ausgezeichnet gefallen hat. Ich möchte dieses Buch ganz besonders Lesern mit einem Faible für christliche Romane, für romantische Liebesgeschichten und die Aufdeckung von Familiengeheimnissen ans Herz legen.

1898 New Holland. Das Anwesen Dierenpark gehört seit dem 17. Jahrhundert der vermögenden Familie Vandermark, doch seit Jahrzehnten hat sich dort niemand von der Familie mehr blicken lassen, da auf dem Anwesen ein Fluch liegen soll, der schon einige Familienmitglieder das Leben gekostet hat. Doch das weitläufige Grundstück wird weiterhin finanziert, so dass einige Angestellte sich weiterhin um alle
Elizabeth Camden hat mit ihrem Buch "Das Anwesen" einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der von der ersten Seite an zu fesseln weiß. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, der Leser reist mit den ersten Worten in die damalige Zeit zurück und lässt sich als unsichtbarer Beobachter auf dem Anwesen nieder, um die dortigen Entwicklungen aus erster Hand mitzuerleben und die Gefühle und Gedanken ihrer Bewohner zu erfahren. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildgewaltig und farbenfroh, so dass sich vor dem inneren Auge des Lesers das wunderbare Anwesen formt und den Blick aufs Meer ebenso frei gibt wie den großen Garten mit all seiner Vielfalt. Die Autorin lässt interessante Informationen über die Wetterermittlung mit in ihre Handlung einfließen, die einen guten Eindruck über die damaligen Mittel und Wege geben, eine genauere Prognose abzugeben. Ebenso zeichnet sie ein genaues Bild der Frau zur damaligen Zeit, die zwar fähig und in der Lage ist, Männeraufgaben zu verrichten, aber nicht berücksichtigt wird bei Positionen in Arbeitsbereichen. Frauen hatten nur für Haus, Herd und Kinder da zu sein.
Der christliche Aspekt wird in diesem Roman groß geschrieben, denn die Autorin lässt hier Welten aufeinander prallen. Zum einen erzählt sie die Geschichte von Kain und Abel in etwas anderer Form durch die Vandermark-Familiengeschichte, zum anderen stellt sie ihre beiden Hauptprotagonisten glaubenstechnisch gegenüber. Er ist Wissenschaftler und Agnostiker, sie ist tiefgläubig und hat ihr Leben in Gottes Hände gelebt. Es geht um Überzeugungen und Zeichen von Gott, das Wunder der Natur, die Hoffnung und den Glauben an das Unmögliche.
Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet und mit individuellen Eigenschaften versehen, die sie sehr glaubwürdig und authentisch wirken lassen. Der Leser kann die Gefühle mit ihnen teilen und manche Reaktion gut nachvollziehen. Sophie ist eine Frau, die sowohl intelligent und interessiert als auch fröhlich ist. Sie kann hervorragend kochen, ist zuverlässig, schlagfertig, hilfsbereit und vor allem immer optimistisch, was alles um sie herum zum Strahlen bringt. Ihr unerschütterlicher Glaube lässt sie immer nach vorn blicken und jede Situation meistern, so schwer sie auch zu sein scheint. Sie lässt sich einfach nicht durch trübe Gedanken entmutigen und schüttelt sie ab wie unnötiger Ballast. Quentin ist ein unterkühlter und freudloser Mann, was auf seine dauerhaften Schmerzen zurückzuführen ist. Er liebt seinen Sohn abgöttisch, gleichzeitig quälen ihn Schuldgefühle bei dem Gedanken an seine Ehe. Quentin versucht alles aus wissenschaftlicher Sicht zu erklären, doch gibt es einiges, wo ihm das nicht gelingt. Er kann Gefühle weder zeigen noch ausdrücken. Pieter ist ein verängstigter kleiner Junge, der vor seinem Vater Angst hat, da er diesem nie etwas recht machen kann. Auch die übrigen Protagonisten wie Nicklaas oder auch Marten beleben die Handlung mit ihrem Erscheinen und geben ihr zusätzliche Impulse.
"Das Anwesen" ist ein rundum gelungener christlicher Roman, der sich kurzweilig Lesen lässt, während er seine Hauptbotschaft von Hoffnung, Liebe und Zuversicht immer wieder erklingen lässt. Absolute Leseempfehlung!

Ist wirklich alles wissenschaftlich erklärbar?
New Holland, Hudson River Valley, 1898: Seit Jahrzehnten gab es keinen Besuch mehr der Besitzerfamilie auf Dierenpark - plötzlich stehen sie vor der Tür. Quentin Vandermark kommt, um das Anwesen auf Geheiss seines Grossvaters Nickolaas abreissen zu lassen - es liege ein Fluch darauf! Sophie van Riijn kennt und liebt Dierenpark seit frühster Kindheit; seit
Erster Eindruck: Das Cover gefällt mir sehr gut; im Vordergrund der Ausschnitt des sehr herrschaftlich wirkenden schmiedeeisernen Tores (der Buchtitel ist optimal eingearbeitet), im Hintergrund etwas unscharf die Rückenansicht einer Dame - wirklich sehr schön. Der Buchrücken ist ebenfalls passend gemacht - schön!
Das Auftauchen von Quentin und seiner Entourage sorgt für viel Wirbel in New Holland. Quentin ist nicht gerade die Liebenswürdigkeit in Person; als Architekt und Spezialist in Abrissfragen soll er nun die nötigen Berechnungen aufstellen, um das Anwesen dem Boden gleich zu machen! Gemäss Quentins Grossvater liegt ein Fluch darauf - Quentin selbst glaubt nicht an so etwas, aber aus Loyalität will er diesen Auftrag ausführen. Sophie ist eine Frohnatur; sie betreibt mit grossem Engagement die Wetterstation auf Dierenpark, zudem liebt sie es, zu kochen. Sie war bereits drei Mal verlobt, aber es kam nie zu einer Hochzeit. Ihr Vater ist Bürgermeister in New Holland und betreibt ein Hotel. Sophie hat mir sehr gut gefallen - und auch Quentin, d.h. vor allem der Schlagabtausch der beiden. Sophie wagt es doch tatsächlich, so fröhlich zu sein, das geht ja aus Quentins Sicht mal so gar nicht. Er hat auch gleich Vorurteile, denn so jemand wird ja noch nichts Schlechtes erlebt haben, zudem wird sie im Leben eh scheitern. Und dann ist sie noch gläubig, tja" Das ist nicht nett. Quentin selbst hat schlimme Zeiten hinter sich und gesundheitlich geht es ihm nicht gut. Er liebt seinen Sohn Pieter, der jedoch zutiefst verängstigt ist, sehr.
"Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen." Das kommt immer wieder vor - gefällt mir.
Für mich ist es das erste Buch der Autorin, daher habe ich noch keine Vergleichsmöglichkeiten. Das Buch hat sich flüssig lesen lassen und mir haben die detaillierten Beschreibungen von Protagonisten und Situationen gut gefallen. Bei historischen Romanen ist der Rechercheaufwand meines Erachtens sehr viel höher, als bei einer Geschichte in der aktuellen Zeit, denn schliesslich müssen die Fakten stimmen. In den letzten rund achtzig Seiten passiert sehr viel und aus meiner Sicht hätte die Story noch ein paar Seiten mehr sehr gut vertragen. Ich vergebe daher 4,5 Sterne und runde auf 5 auf. Ich freue mich auf weitere Bücher der Autorin.
Ein sehr schönes Buch über die Vergangenheit und Zukunft von Dierenpark, Habgier, Wissenschaft vs. Glaube, Meteorologie und "Wunder-Krokusse".

Hudson Valley 1898
Sophie van Riijn , eine junge engagierte Frau hat auf dem verlassenen Anwesen Dierenpark der Familie Vandermarks eine kleine Wetterstation der Regierung installieren lassen und führt diese exakt und genau . Die Daten übermittelt sie nun seit neun Jahren unentgeltlich an das Wetteramt weiter. Ihr Traum eine Wetterstation mit Observatorium, wo auch sie mitarbeiten würde. Nun
Ein unterhaltsamer Roman und spannend zugleich und sprichwörtlich kann man sagen mit einer Prise Humor ""Liebe geht durch den Magen"
Gisela Fajta buecherwurmshop.de

Dierenpark, das Anwesen der Vandermarks, wird seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr bewohnt. Nur noch ein paar Angestellte kümmern sich darum. Zu ihnen zählt sich Sophie, die auf dem Dach des Herrenhauses eine Wetterstation errichtet hat. Jeden Morgen liest sie die Wetterdaten ab und telegrafiert sie ans Wetteramt. Doch als Quentin Vandermark mit seinem Sohn dort auftaucht, ist dieser alles
Mit ihrer Lebensfreude, ihrer positiven Lebenseinstellung und ihrem Glauben an Gott eckt Sophie sofort bei Quentin an. Der ist das absolute Gegenteil: Atheist, schwermütig, nur den Daten und Fakten trauend, kann nur glauben, was er sieht. Zudem ist er durch eine Beinverletzung mit andauernden Schmerzen geplagt.
Während Sophie sich für den Erhalt des Anwesens einsetzt, muss Quentin feststellen, dass Dierenpark ein Zauber umgibt, der sich nicht erklären lässt. Und dennoch gibt es in der Familie schwer zu leugnende Geschichten über einen Fluch, der auf dem Gebäude und der Familie liegen soll. Wie passt das zusammen"
Auch Elizabeth Camdens dritter Roman hat mich begeistern können! Er liest sich sooo gut und lässt den Leser wunderbar im ausgehenden 19. Jahrhundert stranden. Abgesehen von den geheimnisvollen Entwicklungen sind es die kleinen Details, wie z.B. »Brombeergestrüpp, das die Kutschenwand streift« und ausgereifte Charaktere, die fesseln.
Die Anfänge der Wetterprognose sind ebenfalls Teil der Handlung und das war ein wirklich interessanter Aspekt! Außerdem kocht Sophie mit viel Liebe, was mich dazu inspirierte, wieder etwas ausgefallenere Rezepte auszuprobieren.
Man kann sagen, dass in diesem Buch sehr viel Liebe steckt: Die Liebe Gottes, die Liebe zum Kochen, die Liebe zu Dierenpark, Liebe zur Wissenschaft und natürlich eine Liebesgeschichte - die jedoch ganz ohne Kitsch auskommt. Nicht zuletzt auch die Liebe einer Autorin, die ihr ganzes Können in diesen Roman gesteckt hat!

Dieses Buch habe ich mit großer Freude erwartet und gelesen. Interessant ist, wie ein glaubender Mensch auf schwierige und griesgrämige Menschen wirkt. Dass dabei auch die Vergangenheit aufgearbeitet wird und die Wahrheit darüber ans Licht kommt, macht das Buch besonders lesenswert.
Bücher von Elisabeth Camden sind für mich immer ein Lesevergnügen.