
Mit Herz, Mut und Verstand
Ohio, 1875: Susanna Hanbys Zukunftspläne werden jäh durchkreuzt, als ihre Schwester Rachel samt sechs Kindern spurlos verschwindet. Mithilfe von ihrem Onkel Will und ihrer Tante Ann macht Susanna sich auf die Suche. Sie ist überzeugt: Ihr trunksüchtiger Schwager muss schuld sein an der Misere.
Doch als sich die Ereignisse überschlagen und die Hanbys in große Gefahr geraten, erkennt Susanna, dass sie ihre Vorurteile auf den Prüfstand stellen muss. Nicht zuletzt wegen Johann, dem charmanten Brauerei-Erben, der eine völlig unerwartete Lösung ihrer Probleme bietet.
Format: ePUB
Bestellnummer: 332996
ISBN: 978-3-96362-996-9
Erschienen im Februar 2018
Schnäppchenpreis
Papierausgabe vergriffen.
€ 12,99 inkl. MwSt.
Leseprobe
Kapitel 1
Ohio, 1875
Hohes Gras und Wildblumen versperrten ihr die Sicht. Susanna blieb inmitten der Wiese stehen. Sie hatte das unangenehme Gefühl, als beobachte sie jemand - doch außer ihr war an diesem heißen Junimorgen bestimmt niemand hier draußen.
Ganze Heerscharen von Margeriten lugten mit flachen gelben Augen aus der Graswand vor ihr. Die drückende Luft umhüllte sie von allen Seiten und die undurchdringliche Stille wurde nur vom Summen einer Wespe unterbrochen, die über Susannas Kopf schwirrte.
Ihre Schwester brauchte sie. Sie musste so schnell wie möglich das Farmhaus erreichen. Susanna umfasste den Griff ihrer schweren Reisetasche mit beiden Händen und kämpfte sich durch das Gras, suchte nach alten Fußspuren, um in diesem Gestrüpp nicht vom Weg abzukommen. Unter der Bluse und dem Korsett floss der Schweiß über ihren Rücken. Der Unterrock hing schwer um ihre Beine. Am liebsten hätte Susanna ihre Locken aus dem Nacken geschüttelt und sich Luft zugefächelt, doch sie stapfte weiter. Immerhin hielt ihr Strohhut die Sonne etwas ab.
Die andauernde Hitze dieses Sommers wollte einfach nicht nachlassen, eine Hitze, die auf der Haut brannte wie Whiskey auf der Zunge. Susanna hatte einmal einen Schluck Whiskey probiert, weil ihr Vater es von ihr verlangt hatte. Er hatte gesagt, sie solle den widerlichen Geschmack kennenlernen, damit die Neugier sie niemals in Versuchung führen würde - obwohl sie ihm glaubhaft versichert hatte, dass das Trinken keinen Reiz auf sie ausübte. Der Whiskey hatte schon mehr als genug Übel angerichtet.
Doch daran wollte sie jetzt nicht denken. Sie war hier, um ihrer Schwester und ihren Nichten und Neffen Gesellschaft zu leisten und mit ihnen ein paar schöne Tage zu verbringen, bevor sie sich auf den Weg zum College nach Westerville machte.
In ihrer Tasche hatte sie eine Überraschung, die die Kleinen bestimmt stundenlang beschäftigen würde - Bögen um Bögen mit hauchdünnem Papier in sieben verschiedenen Farben. Damit würde sie den Kindern zeigen, wie man etwas Wunderbares entstehen lassen konnte, nämlich genaue Abbildungen der Blumen aus dem Botanikbuch. Susanna konnte es kaum erwarten zu sehen, wie die Freude über die bunten Basteleien die Sorgen aus den kleinen Gesichtern wischen würde, zumindest für die wenigen Tage, die sie bei ihnen war. Ein Lächeln zupfte an ihren Mundwinkeln. Die Kinder würden sich mit leuchtenden Augen um sie versammeln und fragen, was denn in ihrer Tasche sei, denn sie wussten, dass ihre Tante immer eine Überraschung mitbrachte. Sie wünschte sich nur, sie könnte ihnen noch mehr geben.
Ein Schornstein ragte über das Gras, das sich endlich zu einer Lichtung öffnete. Das Haus, in dem ihre Schwester mit ihrer Familie lebte, kauerte vor ihr, die weiße Farbe blätterte von den Holzwänden. Rostige Arbeitsgeräte lehnten an den Wänden und auf den umliegenden Feldern wuchs nur etwas welkender Mais. Doch diese Vernachlässigungen konnte man Rachel nicht vorwerfen. Mit einem faulen Ehemann und sechs hungrigen kleinen Mäulern konnte Rachel sich nicht auch noch um die Bewirtschaftung der Felder kümmern.
Susanna eilte weiter. Ihre Schultern schmerzten vom Gewicht der Reisetasche.
Warum kamen die Kinder noch nicht herbei, um sie zu begrüßen? Zumindest Clara und Wesley hatte sie draußen bei der Arbeit erwartet, auch wenn Rachel die kleineren Kinder bei dieser Hitze vermutlich im Haus lassen würde.
Susanna blieb stehen. Etwas war mit den Beeten geschehen. Die Blumen lagen zertrampelt und braun auf der Erde neben dem Haus. In Susannas Hals formte sich ein Kloß - Rachel musste untröstlich sein. Die einzige Farbe und das winzige bisschen Luxus im Haus waren durch die Blumen eingezogen, die Rachel so unendlich geduldig gegossen und gepflegt hatte. Und jetzt waren sie alle vertrocknet.
Susanna stellte ihr Gepäck auf der untersten Stufe der Veranda ab, stieg die Treppe hinauf und klopfte. Aber keine Antwort. Zaghaft legte sie die Hand auf den Knauf und öffnete die knarzende Tür.
„Rachel?“ Susannas Ruf sank in eine gespenstische Stille hinein. In ihrem Magen entstand ein seltsames Gefühl der Leere. Nur zögernd ließ sie den Türknauf los, während sie einen Schritt über die Schwelle setzte. Das kleine Wohnzimmer mit seinen abgenutzten Möbeln war leer.
Mit wenigen Schritten hatte sie das kleine Zimmer durchquert, lief durch den dunklen Flur und schob die Tür zum Schlafzimmer auf. Auch hier war niemand. Die Bettwäsche war zerwühlt, der Quilt lag auf dem Boden und die Kinderwiege war leer. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Susannas Herz klopfte rasend schnell und ihr Atem beschleunigte sich.
Nein, sie durfte nicht in Panik ausbrechen. Vielleicht waren die Kinder oben und kümmerten sich um Rachel. In ihrem letzten Brief hatte ihre Schwester geschrieben, dass sie leichtes Fieber hatte. Wenn sie immer noch krank war, würden sich Clara und Wesley um sie kümmern, denn ihr Vater wäre mit Sicherheit keine große Hilfe.
Die abgestandene, modrig warme Luft im Haus verursachte Übelkeit bei Susanna, doch sie stieg trotzdem die schmale Treppe hinauf. Hier gab es zwei Kinderzimmer: eins für die zwei älteren Jungs und eins für die drei Mädchen.
„Clara?“, fragte sie in die Stille hinein.
Beide Zimmertüren standen offen und es strömte ein unangenehmer Geruch heraus. Susanna spürte ein eiskaltes Ziehen in ihrer Brust. Sie zog ein Taschentuch hervor und wappnete sich, um hinter die Tür zu blicken. Es war viel zu still hier. Sie presste sich das Tuch an die Nase und trat entschlossen vor.
Das Zimmer war vollkommen durchwühlt, aber verlassen. Der scheußliche Gestank kam von benutzten Windeln, die auf dem Boden lagen. Fliegen krabbelten darauf herum. Eine alte Decke lag wie ein unordentlicher Haufen auf dem Bett, als hätten die Kinder damit gespielt. Das alles sah Rachel überhaupt nicht ähnlich. So schwer ihre Lebensumstände auch sein mochten, hatte sie ihr Heim doch immer sauber und ordentlich gehalten. Susanna versuchte zu schlucken, aber ihr Mund war wie ausgetrocknet.
Das Zimmer der Jungs war gleichermaßen verlassen und die Bettdecken ebenso unordentlich. Aus der alten Kommode war eine Schublade gezogen worden, die nun auf dem Boden lag.
Susanna eilte nach unten; ihre Absätze trommelten auf die Dielen. Sie musste so schnell wie möglich zurück in die Stadt und herausfinden, ob jemand etwas über den Verbleib von Rachel Leeds, George Leeds und ihren Kinder wusste. Sie würde jetzt nicht den Kopf verlieren, sie würde ruhig bleiben, ermahnte sie sich selbst. Doch dazu musste sie das Treppengeländer sehr fest umklammern.
Sie sollte ihrer Schwester eine Nachricht hinterlassen, falls sie noch einmal hierherkommen würde. Ein einfacher Schreibtisch stand an der Wohnzimmerwand. Susanna durchsuchte die Schubladen. Es gab nur einige Papierfetzen, doch das würde ausreichen. Keine Tinte - vielleicht gab es einen Bleistift. Sie öffnete die zweite Schublade.
„Was tust du hier?“
Susanna zuckte zusammen und wirbelte herum.
George stand in der Tür; der Gestank von Alkohol wehte bis zu ihr herüber. Er trug keine Krawatte und sein Hemd und die Weste waren schmutzig und zerknittert. Sein ungepflegter Schnurrbart ging in den struppigen Backenbart über. Susanna konnte sich kaum noch daran erinnern, dass er vor einigen Jahren ein gut aussehender, hart arbeitender Farmer gewesen war, der um ihre fröhliche Schwester geworben und ihr Herz erobert hatte. Doch nun war Rachel schon lange nicht mehr fröhlich. Seinetwegen.
„Wo sind Rachel und die Kinder?“ Ihre Stimme wollte ihr kaum gehorchen.
„Weg. “
Sie musterte ihren Schwager prüfend. Hatte Rachel ihn tatsächlich verlassen? Aber wohin sollte sie mit all ihren Kindern gehen?
Er starrte zurück. „Sie ist weg. Mit einem anderen Mann. “
„Das kann nicht sein. Sie war krank, das hat sie mir geschrieben. “
„Vielleicht hatte sie Gehirnfieber, vielleicht ist das ihre Ausrede. “ George Leeds Mund verzog sich zu einer verächtlichen Grimasse. „Aber sie war nicht zu krank, um den Zug zu nehmen. “
Rachel. Susannas Herz zog sich zusammen. „Wo sind die Kinder?“
„Die hat sie dem Staat übergeben. “
„Dem Staat?“, wiederholte sie fassungslos.
„Dem Waisenhaus. “
„Aber warum sollte sie das tun?“
„Vielleicht wollte sie die Blagen nicht bei sich haben, wenn sie mit dem anderen Kerl ein neues Leben anfängt. Und ich kann mich bestimmt nicht um sie kümmern. Jetzt sind sie mutterlos. “
„Aber sie sind nicht vaterlos. Du lässt deine Kinder ins Waisenhaus gehen?“ Susannas Hände fingen an zu zittern und sie versteckte sie hinter dem Rücken.
„Sie hat mich nicht gefragt. Sie hat mir einfach einen Zettel dagelassen. Aber jetzt ist es vorbei, ich will nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Und du brauchst gar nicht mit mir zu diskutieren, Susanna Hanby. Du und deine Schwester, ihr glaubt, ihr könnt mit eurem Aussehen alles erreichen. Ihr Hanbys haltet euch doch sowieso für was Besseres! Ich könnte dich mit einer Hand hochheben, wie ich es mit deiner Schwester getan habe. Naja, du siehst ja, was aus Weibern wie ihr wird - eine Ehebrecherin. “
Er war ein Lügner. Rachel war niemals eingebildet gewesen, auch wenn sie wunderschön war - vielmehr gewesen war. Susannas Nägel gruben sich schmerzhaft in ihre Handflächen. Am liebsten hätte sie George ins Gesicht geschlagen.
„In welchem Waisenhaus sind sie?“
„Keine Ahnung. Irgendeins in Columbus. Wie sollte ich mich um die Rotznasen kümmern? Und dann auch noch ein Baby? Die brauchen eine Frau. “
„Nein, nur einen nüchternen, anständigen Mann!“ Susanna schob sich an ihm vorbei zur Tür hinaus und taumelte die Treppe hinunter. Alle sechs Kinder waren verschwunden. Und was konnte sie schon tun, wenn Rachel sie tatsächlich dem Staat übertragen hatte und George sie nicht zurückhaben wollte?
Sie griff sich ihre Tasche, raffte ihre Röcke und lief davon, so schnell sie konnte. Das konnte einfach nicht wahr sein. Rachel würde so etwas Grauenhaftes nicht tun. Vielleicht war es ja George gewesen, der die Kinder weggegeben hatte.
Doch warum sollte er lügen?
Es sei denn, er hatte Rachel etwas angetan.
Nein, an so etwas durfte sie gar nicht erst denken; sonst würde sie es nicht bis zum Bahnhof schaffen. Bestimmt war schon ein Brief von Rachel an sie unterwegs. Ihre Schwester würde ihr schreiben, was geschehen war, und alles aufklären.
Susanna dachte an Georges alkoholgeschwängerten Atem und an seine Unmenschlichkeit und Gleichgültigkeit seinen Kindern gegenüber. Wut flackerte in ihr auf - sie schloss die Augen, atmete tief durch und ließ ihren Zorn weiterlodern. Sie würde die Kinder finden. Sie durften nicht voneinander getrennt und fremden Familien übergeben werden, wo sie vielleicht nicht geliebt und schlecht behandelt wurden.
Sie hatte Rachel von Anfang an vor George gewarnt, genau wie ihre Eltern. Wenn Rachel nur auf ihre Familie gehört und den Antrag von George Leeds abgelehnt hätte, wäre das alles nicht geschehen. Natürlich hatte George damals, als sie ihn kennengelernt hatte, noch nicht Tag und Nacht getrunken. Er war ein fröhlicher, fleißiger Farmer gewesen, der am Wochenende leider nur zu gerne in den Saloon gegangen war. Ihre Eltern und Susanna hatten Rachel vor der Zukunft gewarnt, aber sie hatte ihre Bedenken beiseitegewischt.
Susanna konnte nicht schlecht von ihrer Schwester denken, nicht nach allem, was sie durchgemacht hatte. Und bestimmt nicht jetzt, wo Rachel verschwunden war.
Sie schüttelte das Zittern aus ihren Armen und Beinen und ging weiter. Sollte sie nach Hause zurückkehren und ihren Eltern erzählen, was passiert war, damit sie die Kinder zu sich holten?
Aber wie sie das bewerkstelligen sollten, konnte sich Susanna beim besten Willen nicht vorstellen. Die letzten Ersparnisse ihrer Familie wurden für das Schulgeld gebraucht, das Susanna für das College in Westerville benötigte - Geld, das zu einem festen Bündel gerollt in ihrer Handtasche versteckt war. Ihre Eltern wurden alt und konnten sich von dem kleinen Stück Land und der Kuh und den paar Hühnern gerade mühsam ernähren. Sie war eine Hanby; deshalb schickten ihre Eltern sie ans Otterbein-College, wo alle Hanbys ihren Abschluss gemacht hatten.
Nein, Susanna durfte nicht zurückgehen - sie musste ihre Reise wie geplant fortsetzen. Westerville war nur wenige Bahnstationen entfernt. Ihr Onkel Will und ihre Tante Ann waren wohlhabender als ihre Eltern, nicht wahr? Vielleicht konnten sie sogar die anderen Verwandten überreden, Rachel und ihren Kindern zu helfen, auch wenn diese Verwandten mittlerweile über das ganze Land und sogar im Ausland verstreut lebten.
Susanna stolperte über eine Wurzel und klammerte sich an ihre Tasche, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. George Leeds war einmal ein guter Mann gewesen, bevor der Whiskey ihn ruiniert hatte. Dieser grässliche Whiskey! Am liebsten hätte sie alle Fässer dieser Welt verbrannt.
Die Hitze machte sie benommen. Ich werde nicht ohnmächtig. Ihre Bluse war klatschnass und Schweiß strömte ihr übers Gesicht, als würde ihr ganzer Körper über das Schicksal ihrer kleinen Nichten und Neffen weinen.
Onkel Will würde seine Großnichten und -neffen nicht im Stich lassen. Und wenn er seinen letzten Dollar für sie geben müsste - er würde es tun.
Vor ihr wurde ein Dach sichtbar, von dem Licht widerspiegelte. Susanna hatte den Bahnhof fast erreicht.
Ihre Nichten waren noch so klein . . . Della und Annabeth. Und Jesse war ein Baby. Er würde sich nicht einmal an seine Mutter oder seine Familie erinnern können, wenn man ihn weggab.
Wo war ihre Schwester nur? Susanna ließ ihre Tasche mit einem dumpfen Schlag fallen und schlug die Hände vors Gesicht. Am liebsten hätte sie nur noch geweint, doch sie musste sich zusammenreißen. Tränen halfen jetzt nicht weiter.
Sie konnte nichts erreichen, bis sie es nicht endlich wieder zurück in die Zivilisation geschafft hatte. Susanna atmete tief durch, nahm ihre Tasche wieder auf und ging weiter, fixierte das Dach der kleinen Bahnstation. Sie würde Rachel und die Kinder nicht im Stich lassen.

Autor/in
Rosslyn Elliott
Rosslyn Elliott studierte Literatur- und Theaterwissenschaften an der Yale University. Zusammen mit ihrem Mann und ihrer Tochter lebt sie im Süden der USA.
Kundenstimmen
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Der Roman, der auf wahren Begebenheiten fußt, hat mir sehr gut gefallen. Atmosphärisch dicht und mit plastischen Figuren beschreibt die Autorin die Welt im abstinenzlerisch geprägten Westerville des 19. Jahrhunderts.
Spannend und mitreißend nimmt die Geschichte den Leser mit in vergangene Zeiten. Die Geschichte ist kurzweilig und hat man einmal mit dem Lesen begonnen, lässt es sich nur schwerlich wieder
Susanna als weibliche Hauptfigur ist sympathisch, aber auch starrsinnig und fest in ihrer vorgefassten Meinung verankert. Sie ist Abstinenzlerin und aufgrund der Trunksucht ihres Schwagers verteufelt sie alles, was auch nur annähernd mit Alkohol zu tun hat. Daher macht sie es auch Johann schwer, ihr zu helfen und ihn näher an sich heran zu lassen – sein Beruf passt leider überhaupt nicht zu ihren Überzeugungen. Johann als Beispiel der aus Deutschland ausgewanderten Bevölkerung in Columbus ist ein rechtschaffener Mann, Sohn eines Brauereibesitzers und mitfühlende Person, die ihr Herz auf dem rechten Fleck hat. Er schreibt nebenbei als Journalist für eine Zeitung und versucht alles, um der Familie Hanby zu helfen. Das Ganze geht so weit, dass er sogar seine eigenen Träume aufgibt.
Die trostlose Situation der Kinder in den beiden Waisenheimen hat mich sehr erschüttert, nicht nur die lieblose Behandlung der drei Großen, die kaum genug zu essen bekommen, während sich die Heimleiterin den Magen vollschlägt – nein, auch die Tatsache, dass in der damaligen Zeit die kleineren Kinder lieber an fremde Familien vermittelt werden sollen als zurück in die Obhut der eigenen Mutter.
Rachel und George... dieses Paar war für mich am schwierigsten zu bewerten. George ist ein Säufer, er tyrannisiert seine Familie und versucht sogar, am Schluss Geld aus seinen Kindern zu schlagen. Das ist alles verachtenswert, keine Frage. Aber Rachel ihrerseits ist auch nicht ganz unschuldig an der Misere. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber die Meinungen sind an dieser Stelle ganz sicher unterschiedlich.
Der Roman als Ganzes verdeutlicht anschaulich das Leben in der damaligen Zeit, den Zusammenhalt der Auswanderer und aufgrund des christlichen Aspekts auch Werte wie Glaube, Liebe und Hoffnung. Alles in allem ein rundum gelungener Roman, den ich wärmstens weiter empfehlen kann!

Ein Übermaß geistiger Getränke ruiniert auch die geistvollsten Menschen. (Walter Ludin)
Ohio 1875: Die junge Susanna Hanby ist auf dem Weg zu ihrem Onkel und ihrer Tante, bei denen sie während ihres Botanikstudiums leben wird. Doch zuvor möchte sie noch ihre Schwester Rachel und die Familie besuchen, den Rachels letzter Brief klang für sie sehr besorgt. Als sie bei
Meine Meinung:
Eine interessante Kurzinfo machte mich auf das Buch aufmerksam. Der Schreibstil der Autorin war sehr kurzweilig und beeindruckend, vor allem das Thema, Alkohol, religiöse Abstinenzler und die Waisenhäuser in der damaligen Zeit haben mich in den Bann gezogen. Die Autorin nimmt den Leser mit auf eine Reise in die Historie. Man spürt förmlich die Armut der damaligen Zeit, die viele Familien an ihre Grenzen bringt, auch dadurch da die Saloons und der Alkohol immer mehr auf dem Vormarsch ist. Selbst Susanna und die Hanbys kommen dadurch in Konflikte und in Gefahr. Der Plot ist durch die Suche nach Rachel und die Herausforderung ihre Kinder aus den Waisenhäusern zu bekommen sehr interessant. Ich habe das Buch förmlich an einem Tag verschlungen, zumal ich in der Zeit im Bierland Franken verweilte und der Bezug zum Bier faszinierend war. Gewundert hat es mich schon etwas, das eine amerikanische Autorin über eine Brauereifamilie aus Bayern schreibt, die damals nach Amerika ausgewandert ist. Die Charaktere waren sehr interessant, Johann hat mich fasziniert, wie sehr er aus Liebe, auf die jeweiligen Situationen eingegangen ist. Hingegen Susannas Argumente konnte ich nicht immer verstehen. Doch ich denke, es war damals eine ganz andere Zeit, viele Christen waren noch mehr pietistischer und gesetzlicher geprägt als heute .Das wiederum macht aber den ganzen Roman noch spannender und interessanter. Am meisten taten mir Rachels Kinder leid, vor allem die drei Ältesten, die in einem heruntergekommenen Waisenhaus waren, bei dem mich die Zustände erschüttert hatten. Das dieses Buch ein Folgeband der Familie Hanby ist, habe ich nicht bemerkt so das man dieses Buch auch gut ohne Vorkenntnisse lesen kann. Allerdings würden mich die anderen Büchern nun sehr reizen zu lesen. Ich gebe diesem Buch 5 von 5 Sterne und kann es nur empfehlen.

Zarte Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund
Inhalt:
Ohio, 1875:
Auf dem Weg zu ihrem College möchte Susanna Hanby ihre Schwester Rachel und deren sechs Kinder besuchen. Doch diese sind spurlos verschwunden. Laut dem alkoholsüchtigen Schwager George, der sich überhaupt nicht für seine Familie interessiert, hat Rachel ihn verlassen und die Kinder im Waisenhaus abgegeben. Susanna begibt sich mit ihrem Onkel Will und ihrer
Sie trifft auf Johann Giere, der im Herzen ein Journalist ist, sich jedoch in der Pflicht sieht, den Brauereibetrieb seines Vaters zu übernehmen. Susanna verurteilt ihn aufgrund ihres Glaubens und den schlechten Erfahrungen mit ihrem Schwager wegen den Problemen, die durch den Alkohol entstehen und der u.a. von seiner Familie verkauft wird. Er jedoch steht ihr und ihrer Familie bei und unterstützt sie bei der Suche nach ihrer Schwester. Zwischen den beiden bahnt sich eine zarte Liebesgeschichte an, doch kann Susanna ihre Vorurteile überwinden"
Meinung:
Der Schreibstil liest sich leicht und flüssig. Das Buch ist aus der Perspektive von Susanna und Johann geschrieben, so dass man ihre Gedanken und Gefühle hautnah miterleben kann.
Dies ist der dritte Teil der Trilogie, den ich sehr gut lesen konnte ohne die vorherigen Bände zu kennen. Ich hatte keine Verständnisprobleme.
Johann ist ein wahrer Traum von einem Mann. Er ist einfach ein wunderbarer, hilfsbereiter und herzensguter Mensch, der immer ehrlich und vor allem sehr geduldig gegenüber Susanna ist, die ihn dafür verurteilt, dass er aus einer Brauereifamilie stammt. Selbstlos steht er ihr bei und hilft ihr, damit sie ihre Nichten und Neffen zurückbekommen kann und unterstützt sie bei der Suche nach ihrer Schwester.
Susanna war mir stellenweise mit dem Beharren auf ihrer Meinung bzw. ihren Vorurteilen unsympathisch. Auch wenn jeder Mensch Fehler hat, so war es mir persönlich manchmal einfach zu viel. Vor allem weil ihr Johann überhaupt keinen Grund für solch ein Verhalten gibt. Umso schöner war es mitzuerleben, wie sie, auch mit Hilfe ihrer Tante und ihrem Onkel, im Laufe der Geschichte reifer und in gewisser Weise auch toleranter wird. Vor allem hat sie mich mit ihrem Mut, ihrem Herzen und ihrer Leidenschaft, für die Kinder ihrer Schwester alles zu tun, für sich eingenommen und damit ihre wunderbare Persönlichkeit zeigen können.
Die Charaktere wie Susanna und Johann sind wunderbar dargestellt und beschrieben. Ebenso wie Susannas Tante Ann und ihr Onkel Will, die wirklich herzensgute Menschen sind, die anderen beistehen, auch wenn sie selbst es nicht immer leicht haben. Vor allem die Kinder und ihre Situation im Waisenhaus sind mir sehr zu Herzen gegangen. Ebenfalls ist die Atmosphäre des 19. Jahrhunderts und die Beschreibung der Umgebung wunderbar dargestellt.
Der Glaube spielt in diesem Buch eine große Rolle und zeigt auch, wie er zu falschem Fanatismus und Nichtbeachtung von Menschenleben führen kann. Die Bewohner der Stadt sind strikt gegen Alkohol und so verwundert es nicht, dass sie sich vehement gegen Mr. Corbin, der einen Saloon eröffnen möchte, wehren. Doch wie weit sie bereit sind zu gehen, ist einfach nur furchtbar.
Insgesamt ein sehr schöner historischer Roman mit ernstem Hintergrund. Leider gibt es einige Wiederholungen und Susannas Entwicklung hat für mich persönlich etwas zu spät stattgefunden, so dass es wunderbare 4,5 von 5 Sternen gibt.
Fazit:
Der tiefgründige und eher ernste historische Roman wartet mit sympathischen (und auch unsympathischen) Charakteren mit Stärken und Schwächen auf, einer zarten Liebesgeschichte, Glaube und dem Zusammenhalt in der Familie sowie der Gemeinschaft. Leseempfehlung für Fans von historischen Romanen und einer zarten Liebesgeschichte.