Seit mehreren Wochen wartete sie nun schon auf ihr Urteil, und ihr blieb nichts anderes übrig, als zu hoffen und zu beten.
Mit guten Nachrichten rechnete sie nicht. Schließlich konnte sie ihre Unschuld nicht beweisen. Üble Nachrede, so lautete die Anklage, und ihr ganzes Beweismaterial, das sie beim Belauschen der Minenbesitzer und beim Beobachten der Vorgänge in den Kohleminen gesammelt hatte, war zerstört worden. Die Tür der Zelle ging auf und gab den Blick auf die grobe Gestalt von Mr Loomis frei, dem Wärter. Er zeigte auf Clara.
„Mitkommen“, knurrte er. „Und die Sachen können Sie auch gleich mitnehmen. Sie kommen nicht zurück.“
Clara wurde blass. So schrecklich diese Zelle war, der Gedanke an eine Versetzung machte ihr noch größere Angst. Würden sie sie aus London verbannen? Hier hatte sie wenigstens einige Verbündete, die ihre Sache unterstützten. Wenn sie auf eine der Gefängnisinseln gebracht werden würde, wäre sie endgültig vom Rest der Welt abgeschnitten. Ängstlich schoss ihr Blick durch die kleine Zelle. Nellie und Rosina waren ihr einziger Halt. Clara umklammerte Nellies Hand, Rosina legte ihr tröstend einen Arm um die Schulter. Claras Herz schlug ihr bis zum Hals.
„Wohin komme ich denn?“, fragte sie Mr Loomis.
„Der Richter hat das Urteil gesprochen. Schuldig. Jetzt wird’s Zeit, die Zeche zu zahlen.“
Claras letztes Fünkchen Hoffnung erlosch. Einen Monat lang hatte sie insgeheim gehofft, dass der Kläger auf wundersame Weise seine Meinung änderte oder weitere Beweise auftauchten, die die Strafe mildern würden. Clara verspürte eigenartigerweise keinerlei Drang zu weinen oder wegzulaufen. Wie eine nasse, schwere Decke legte sich die Hoffnungslosigkeit auf sie und zwang sie in die Knie.
Nellie drückte ihr die Hand. „Mach dir keine Sorgen, Clara. Das Urteil fällt bestimmt milde aus, weil du Amerikanerin bist.“
„Darauf würde ich mich nicht verlassen“, knurrte Mr Loomis. „Das macht die Tat nur noch abscheulicher.“ Mr Loomis hatte recht. Ihre Artikel in der London Times hätten in jedem Fall für eine Welle der Empörung gesorgt, aber weil sie von einer Außenstehenden stammten, waren die Beschimpfungen besonders heftig.
„Glaub ihm kein Wort“, flüsterte ihr Nellie zu. „Du bist schneller draußen, als du glaubst. Hab keine Angst.“
Clara zwang sich zu einem Lächeln. „Ich weiß. Das wird schon werden“, sagte sie, konnte aber keiner der beiden Frauen in die Augen sehen. Sie richtete sich auf und reckte das Kinn nach vorn. „Also schön. Es wäre wohl schlechtes Benehmen, wenn ich zu meiner eigenen Urteilsverkündung zu spät komme.“
„Vergiss dein Kissen nicht“, meinte Rosina und gab ihr den zusammengerollten Mantel, den Clara am Abend ihrer Verhaftung getragen hatte. Rosina gehörte eigentlich in die Schule, nicht als Prostituierte auf die Straße, und doch konnte Clara nicht anders, als ihre liebenswürdige Art zu mögen.
„Danke“, erwiderte Clara und zog mit zitternden Händen den Mantel an. Einen Monat lang hatte er ihr als Kissen, als Fußwärmer und sogar als improvisierte Waffe gegen Mäuse gedient, und trotzdem hatte er seinen eleganten Schnitt behalten.
„Machs gut, Kleines“, sagte Rosina und umarmte Clara. „War schön, dich als Zellengenossin gehabt zu haben. Auch wenn du bei jeder kleinen Maus einen halben Herzinfarkt gekriegt hast. So eine Heidenangst vor diesen Tierchen, das habe ich noch nie erlebt.“
Clara kämpfte gegen die Verzweiflung an, die sie übermannen wollte. Warum war es auf einmal so schwer, die fensterlose Zelle zu verlassen? „Versprich mir, dass du zur Schule gehst, wenn du hier rauskommst“, flüsterte sie Rosina ins Ohr. „Du bist so ein tolles, schlaues Mädchen und hast viel mehr verdient, als du glaubst.“
Sie schob Rosina von sich und sah sie beschwörend an. „Wenn du hier rauskommst, steht dir die ganze Welt offen, hörst du? Lass dir bloß nichts anderes einreden. Du bist genauso wertvoll wie jeder andere Mensch auch.“
Rosina wurde rot und sah zu Boden. „Wenn eine Dame wie du das sagt …“
Clara lächelte, und dieses Mal fiel es ihr nicht schwer. „Ich habe seit dem ersten Augenblick an dich geglaubt.“ Dann wandte sie sich an Nellie, eine Taschendiebin, die ihre zweijährige Strafe fast abgesessen hatte. „Danke, dass du mir gezeigt hast, wie man hier überlebt. Ohne dich hätte ich es nicht geschafft.“
Nellie grinste sie an, dabei wurden ihre Zahnlücken offenbar. „Hättest du auch so gelernt. Aber ich war es dir schuldig. Für meine zwei Jungs und dass du gegen die Mine geschrieben hast, wo sie sich halb kaputt schuften. Also wenn es nach mir ginge, würdest du gar keine Strafe kriegen.“
Clara umarmte sie dankbar. Eine Taschendiebin und eine Pros-tituierte. In ihrer alten Welt der Konzertsäle und Adelstitel wäre sie mit solchen Frauen niemals in Kontakt gekommen; nun war es Nellie, an die sie sich verzweifelt klammerte. Vielleicht hatte dieses schreckliche Martyrium doch sein Gutes. Sie hatte gelernt, hinter all der Armut, die selbst herzensgute Frauen zu schlimmen Taten zwang, dennoch den Menschen zu sehen.
„Hab nicht den ganzen Tag Zeit.“ Mr Loomis’ Worte ließen ihr einen neuen Schauer über den Rücken laufen. Ihn hinzuhalten machte die Sache kein bisschen leichter.
„Ich versuche euch zu schreiben, sobald ich angekommen bin, wo auch immer das sein wird.“
„In Ordnung“, meinte Nellie. Aber sie wussten alle, dass das nur leere Worte waren. Nellie würde man in Kürze in die Unterwelt von London entlassen, und Rosina konnte noch nicht einmal lesen. Trotzdem machte es den Augenblick ein wenig erträglicher. Weniger endgültig.
Clara verließ die Zelle, ohne sich noch einmal umzudrehen. Den mitleidvollen Blick ihrer Zellengenossinnen konnte sie einfach nicht ertragen. Wenigstens durften sie hier in London einsitzen. Gott allein wusste, wohin Clara gebracht werden würde.
„Darf ich mich einen Augenblick sammeln?“, fragte Clara den Wärter und blieb in dem trostlosen Gang stehen. Der Mantel war hoffnungslos zerknittert, aber zumindest bedeckte er ihr schmutziges Hemd. Ihre Arbeit war abgelehnt worden, ihr sorgfältig aufbereitetes Recherchematerial konfisziert und zerstört, und nun stand ihr ein neues Leben als verurteilte Straftäterin bevor. Und trotzdem war sie eine Endicott, und Endicotts gingen nicht daher wie Lumpenpack, egal, wie jämmerlich die Umstände auch waren.
Vergebens zog Clara an dem Mantel, um die Falten zu glätten. Sie steckte einige blonde Strähnen zurück in den Haarknoten und atmete durch. „Nun denn. ‚Es ist etwas weit, weit Besseres, was ich tue, als was ich je getan habe.‘“
Mr Loomis sah sie ausdruckslos an.
„A Tale of Two Cities“, erklärte Clara. „Die Gefängnisszene, in der Sydney Carton zur Hinrichtung geführt wird.“
„Die werden Sie nicht hinrichten, Miss. Zehn Jahre Arbeitslager, sagen die Quotenmacher.“
Clara musste schlucken. Zehn Jahre. Das bedeutete, sie würde mit achtunddreißig freikommen. Aber so schlimm war das doch gar nicht, oder? Sie musste an das unerschütterliche Selbstvertrauen des Jungen denken, in den sie mit sechzehn verschossen war. Fast konnte sie Daniels Stimme hören, der sie ermahnte, sich am Riemen zu reißen und nicht so eine Heulsuse zu sein.
Sie versuchte zu lächeln. „Und? Haben Sie eine Wette abgeschlossen?“
Mr Loomis zuckte mit den Schultern. „Wetten ist nichts für mich. Vielleicht sind’s zehn Jahre, vielleicht zwanzig. Hab schon zu viele verrückte Dinge im Gerichtssaal erlebt, als dass ich mein hart verdientes Geld drauf setzen würde.“
Clara nickte nur und wusste nichts zu erwidern. Zwanzig Jahre, das konnte nicht sein, oder? Nicht dafür, dass sie ihr Leben riskiert hatte, um die unmenschlichen Verhältnisse aufzudecken, unter denen Kinder in den Minen nach Kohle schürfen mussten. Wem vor Augen geführt wurde, was diese Plackerei für die Wirbelsäule eines Kindes bedeutete, konnte ihr unmöglich so ein Schicksal aufbürden.
Und dank ihres brillanten Anwalts Robert Townsend waren dem Gericht zu ihrer Verteidigung Beweise dafür präsentiert worden. Clara konnte nur Gott danken, dass sie der beste Anwalt Londons vertrat. Normalerweise verlangte er astronomische Summen für seine Dienste, aber ein anonymer Spender, dem das Wohl der Kinder am Herzen lag, hatte alle seine Rechnungen beglichen. Das war glücklicherweise nichts Ungewöhnliches. Tausende von fortschrittlich denkenden Menschen wollten etwas für die soziale Gerechtigkeit tun. Dafür war Clara dankbar. Ihr bescheidenes Gehalt als Journalistin hätte niemals für Mr Townsends Stundensatz gereicht, und ihren Vater wollte sie nicht fragen.
Clara trat ins Morgenlicht hinaus und musste die Augen zukneifen. Ein Monat Haft in der fensterlosen Zelle hatte ihre Sehkraft geschwächt, und es dauerte eine Weile, bis sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten. Als sie sie schließlich öffnete, wollte sie angesichts der Schönheit des einfachen Gefängnishofs fast in Tränen ausbrechen. Zartgrüner Efeu rankte an der Gefängnismauer empor, und der Duft von frisch gemähtem Gras kitzelte ihr in der Nase. Und der Himmel … der Himmel. Wie hatte sie nur achtundzwanzig Jahre ihres Lebens zugebracht, ohne das atemberaubende Blau über ihrem Kopf wahrzunehmen? Hätte sie früher begriffen, was für ein Geschenk das Himmelszelt war, hätte sie Gott täglich dafür gedankt. Clara sog das Licht durch alle Poren auf. Sie versuchte, sich die Wolken und das Blau des Himmels einzuprägen, damit sie in den folgenden Jahren der Dunkelheit und Isolation von der Erinnerung zehren konnte.
Eine Kutsche hielt vor dem Gefängnis und ihr Anwalt sprang heraus. Er eilte schnurstracks auf sie zu und griff sie am Arm. „Kommen Sie“, sagte er und zog sie in Richtung Kutsche. „Wir müssen sofort von hier verschwinden.“
Clara sah zum Gerichtsgebäude hinüber. „Ich dachte, ich bekomme jetzt mein Urteil“, stammelte sie.
Mr Townsend zog sie unbeeindruckt weiter. „Das ist unwichtig. Das Parlament hat meinem Amnestiegesuch stattgegeben, vorausgesetzt, Sie verlassen bis zum Sonnenuntergang das Land. Kommen Sie, schnell.“
Clara wirbelte mit fragendem Blick zu Mr Loomis herum und sah, dass sich seine Mundwinkel nach oben kräuselten. Er hatte gewusst, dass sie freigelassen wurde! „Sehen Sie?“, freute er sich hämisch. „Gut, dass ich mit Wetten nichts am Hut habe, sonst wäre ich fünf Mäuse los.“
Ein zweiter Mann stieg aus der Kutsche und versetzte ihr den nächsten Schock. Die unverwechselbaren Wildlederhosen, der lange Zopf, das lange Messer am Bein: Was um alles in der Welt machte ihr Bruder hier?
„Clyde?“, entfuhr es ihr.
Bevor sie noch etwas sagen konnte, hatte Clyde sie schon geschnappt und durch die Luft gewirbelt. „Hallo, Darling. Ich wollte doch mal sehen, wie so ein kleines Mädchen so einen großen Krawall machen kann. Aber komm, lass uns gehen, bevor die alten Perücken im Parlament ihre Meinung ändern.“
Clyde hob sie in die Kutsche und Clara landete ungraziös auf dem Sitz. Die Männer kletterten ebenfalls hinein.
Clara hatte so verzweifelt auf einen Augenblick wie diesen gehofft, dass sie kaum zu atmen wagte, um ihn nicht zu zerstören. Sie zwang sich, ruhig zu bleiben und nicht der Euphorie freien Lauf zu lassen. Mr Townsend landete auf dem Sitz ihr gegenüber. „Träume ich?“, fragte sie betont ruhig. Theatralisches Getue kam nicht infrage, noch nicht einmal im Traum.
Clyde zog die Tür zu und klopfte gegen die Scheibe, um dem Kutscher das Signal zum Aufbruch zu geben. „Du träumst nicht. Wir sind auf dem Weg zurück nach Amerika.“
„Also sind Sie doch Ihre unverschämt hohen Stundensätze wert“, sagte Clara und lächelte Mr Townsend dankbar an. „Bei den Kosten für mein Verfahren können Sie sich wahrscheinlich ein kleines Anwesen kaufen.“
Mr Townsend richtete seinen gestärkten Kragen. „Ach was. Das sollte für ein mittleres Schloss reichen.“ Er zog das Fenster nach unten und kühle Frühlingsluft strömte in die Kutsche. Clara wurde bewusst, wie streng sie riechen musste und es war ihr fürchterlich peinlich.
„Schade, dass das Parlament nicht früher von meiner Sache Wind bekommen hat. Sie hätten mich schon vor Wochen zur unerwünschten Person erklärt und aus dem Land geworfen“, stellte Clara fest.
Ein Lächeln umspielte die Lippen ihres Anwalts. „Miss Endicott, wenn doch alle unsere unerwünschten Personen mit so viel Herzblut für unsere Gesellschaft eintreten würden; unser Land wäre ein viel besserer Ort.“
Clara bekam bei seinen freundlichen Worten einen Kloß im Hals. Er hatte wie ein Löwe für sie gekämpft. Sie war als Lügnerin, als Spionin und Aufrührerin gebrandmarkt worden. Selbst als sein Büro verwüstet und er in wüsten Drohbriefen aufgefordert worden war, den Fall abzugeben, hatte Mr Townsend nicht aufgehört
Clara hatte gar keinen Skandal im Sinn gehabt, als sie mit ihren Nachforschungen begonnen hatte, sondern nur eines gewollt: die Welt ein kleines bisschen sicherer machen. Zumindest an einem Ort und wenigstens für die Kinder. Sie war kein berühmter Prediger wie ihr Vater und kein Missionsarzt wie Clyde, aber sie konnte mit ihrer Feder auf die Ungerechtigkeit aufmerksam machen, die sie sah. Vor Jahren hatte es neue Gesetze gegen Kinderarbeit in England gegeben, aber verändert hatte sich wenig. Zwei Jahre lang hatte Clara das Alter der Arbeiter in den Kohleminen ausgewertet und herausgefunden, dass sogar zwölfjährige Kinder die Loren unter Tage durch Gänge schieben mussten, in die Erwachsene nicht hineinpassten. Als Clara ihre Ergebnisse in der Times veröffentlicht hatte, hatte dies eine hitzige Debatte ausgelöst.
Nicht dass sie journalistische Bekanntheit im Sinn gehabt hatte, als sie mit sechzehn als einsames, verwirrtes Mädchen in England angekommen war. Niemand hier kannte den wahren Grund, wa-rum ihr Vater sie nach England geschickt hatte, und sie war gewiss die Letzte, die die Geschichte herumerzählen wollte.
„Ich habe schon dafür gesorgt, dass Ihr Besitz nach Portsmouth an den Hafen geschickt wurde“, erklärte Mr Townsend. „Ihr Kleidung, Ihre Habseligkeiten, es sollte alles da sein. Ich denke, es ist besser, wenn Sie nicht noch einmal zu Ihrer Wohnung fahren.“
„Also meinen die es ernst mit Sonnenuntergang?“
„Wollen Sie es darauf ankommen lassen?“, fragte Mr Townsend.
Clara lachte nervös. „Lieber nicht.“
Das hier war also ihre letzte Kutschfahrt in England. Ihr Blick wanderte nach draußen auf das Land, das sie so lieben gelernt hatte. Sie war achtundzwanzig und hatte fast ihr halbes Leben hier in London verbracht. Hier war sie erwachsen geworden und hatte schließlich gelernt, ihrem Vater die Stirn zu bieten. Hier hatte sie ihren Herzschmerz überwunden und sich ihren Traum einer Karriere als Journalistin erfüllt. Und für einige Jahre hatte sie durch ihre Arbeit für die Presse tatsächlich die gute Sache unterstützen können. Ihre Artikel hatten Zustimmung gefunden, aber ihr auch Feinde beschert. Doch insgesamt blieb das zufriedene Gefühl, für das Gute zu kämpfen.
Und doch hatte sie versagt. Ihre Notizen über die Beobachtungen in den Kohleminen waren konfisziert und vernichtet worden. Ohne das Beweismaterial waren ihre Anschuldigungen nur Schall und Rauch. Kein Kind war gerettet, kein Minenbesitzer vor Gericht gestellt worden. Es war, als wäre sie nie hier gewesen. Sie hatte versagt.
„Was werden Sie tun, wenn Sie wieder in Amerika sind?“, wollte Mr Townsend wissen.
Hatte sie überhaupt eine Wahl? „Ich habe geschmeckt, wie es ist, die Welt zu verändern, und damit werde ich jetzt nicht aufhören. Ich werde für die Zeitung meines Vaters in Baltimore schreiben.“ Reverend Lloyd Endicott war ein bekannter Gottesmann, und The Christian Crusade, seine Zeitung, die wöchentlich erschien, hatte eine loyale Leserschaft über die Stadtgrenzen von Baltimore hinaus. Es schien ihr das Naheliegendste zu sein, für ihren Vater zu schreiben. Wenn der Herr sie zum Schweigen hätte bringen wollen, säße sie jetzt für zehn Jahre im Gefängnis.
Der innerliche Entschluss gab ihr neue Kraft. Clara war besiegt worden, verurteilt und trug vor Dreck starrende Kleider, aber sie hatte das Geschenk der Freiheit erhalten, und das würde sie gewiss nicht vergeuden.
„Gab es schon immer so viele Sterne am Himmel, oder sind sie mir einfach noch nie aufgefallen?“, fragte Clara.
Clyde lehnte an der Reling und sah gar nicht nach oben. „Das sind genauso viele wie immer. Willst du nicht langsam nach unten kommen? Es ist bitterkalt hier draußen.“
Clara lehnte sich in den Wind, genoss die frische Ozeanluft im Gesicht und das Rauschen vom Bug, wo das Schiff Welle um Welle durchpflügte. Winzige Tröpfchen Seewasser sprühten ihr ins Gesicht und waren in der kalten Brise bald wieder verdunstet. Sie mochte nicht an die beengte Kabine denken, solange sich hier der Himmel mit Tausenden blinkenden Sternen über ihr ausbreitete. Die unendliche dunkle Weite fesselte sie. „Ich kann noch nicht“, erwiderte Clara. „Ich habe immer noch Angst, dass das nur ein Traum ist und ich wieder in dieser Zelle aufwache. Lieber möchte ich die Nacht noch so lange genießen, wie es geht.“
Clyde sah aufs Meer hinaus. „Na schön.“ Er zog ein Taschenmesser und ein kleines Stück Holz aus der Manteltasche und fing an zu schnitzen. Eins seiner vielen Talente. „Hast du eigentlich noch Kontakt zu Daniel Tremain?“, fragte er.
Der Name klang so vertraut. Einst hatte sie sich kein Leben ohne Daniel vorstellen können. Aber das war schon über zehn Jahre her. „Hat Vater dir diesen Floh ins Ohr gepflanzt?“
„Nein“, entgegnete Clyde. „Ich möchte nur endlich wissen, was aus der Prinzessin und dem Bettelknaben geworden ist.“
Clara versuchte, beiläufig zu klingen. „Was in den Zeitungen über ihn stand, habe ich gelesen.“
Es war schwer zu glauben, dass aus einem einfachen Kohlenträger einer der mächtigsten Industriellen Amerikas geworden war, aber Clara hatte nie daran gezweifelt, dass Daniel zu Großem bestimmt war. Sie erinnerte sich noch gut an den winzigen Artikel in der Times, in dem von einem Patent für eine neue Stahllegierung die Rede war, mit der ein junger Erfinder Eisenbahnschienen haltbarer machen wollte. Diese Erfindung war die Grundlage für ein ganzes Imperium gewesen, an dessen Spitze Daniel stand. Clara hatte an seinem Erfolg keinen Anteil, aber trotzdem war sie ungeheuer stolz auf ihn. Der Gedanke an alles, was er erreicht hatte, ließ ihr Herz höherschlagen.
„Ein paarmal habe ich ihm von London aus geschrieben“, bekannte Clara. „Aber geantwortet hat er nie.“
Es waren mehr als nur ein paar Briefe gewesen. Sie und Daniel hatten früher gemeinsam Stücke geschrieben. Vor ihrer Abreise hatte er sie inständig gebeten, ihm weiterhin ihre Ideen für Klavier zu schicken, damit er die passende Cellostimme komponieren konnte. Das war vor dem Tod seiner Mutter gewesen. Clyde hatte ihr von ihrem Ableben berichtet und dass Daniel noch mehr arbeitete, um seine Schwestern zu ernähren. Wie sollte er da Zeit für so etwas Albernes wie Musik finden?
„Ich dachte eigentlich, dass Tremain jetzt, wo er im Reichtum badet, sich mal in England blicken lassen würde“, stellte Clyde konsterniert fest.
Clara sah ihren Bruder an. „Du mochtest Daniel doch noch nie. Wieso eigentlich?“
„Habe ich das jemals gesagt?“
„Das musst du nicht. Du kannst ja kaum seinen Namen aussprechen, ohne das Gesicht zu verziehen.“
Clyde schnitzte weiter und Clara wartete geduldig. Das Rauschen der Wellen füllte das Schweigen.
„Für mich war er immer ein wenig zu hitzköpfig“, gab Clyde schließlich zu. „Er ist brillant, keine Frage, aber das hat ihn arrogant gemacht. Rücksichtslos.“
Clara biss sich auf die Lippe. Clyde war um die halbe Welt gereist, um sie zu retten. Da wollte sie sich nicht wegen ihrer jugendlichen Schwärmerei für Daniel Tremain mit ihm anlegen.
„Vielleicht war es Daniels Unverfrorenheit, die auch Vater störte“, stellte sie fest. „Wir wissen doch alle, dass ich nicht nur wegen der Ausbildung nach London geschickt wurde.“
Clara hatte immer vermutet, dass ihr Vater sie als Musikerin gesehen und deswegen die Freundschaft zu Daniel anfangs gefördert hatte. Daniel ermutigte sie zum Komponieren, liebte wie sie Chopin und Beethoven und brachte sie mit seiner Begleitung auf dem Cello zu neuen kreativen Höhen. Aber noch mehr als musizieren wollte Clara schreiben, wie Margaret Fuller oder viele andere Frauen, denen gerade erst gestattet worden war, als Journalistinnen für die Zeitungen zu arbeiten. Als Daniel sie ermutigt hatte, ihrem Traum vom Schreiben nachzujagen, hatte ihr Vater das als Bedrohung aufgefasst und sie nach London geschickt.
Clara sah den kleinen Holzspänen nach, die ins Wasser fielen. „Ich frage mich, ob Vater immer noch etwas gegen Daniel hat, jetzt, wo er so wohlhabend ist.“
„Die Antwort ist ein klares Ja“, erwiderte Clyde. „Tremain spinnt immer noch wegen der Sache mit Forsythe Industries. Und jeder, der auch nach zwölf Jahren das Kriegsbeil nicht begraben kann, ist für meine Begriffe nicht ganz beisammen.“
„Wenn du der Meinung wärst, Alfred Forsythe hätte deinen Vater ermordet, würdest du genauso wenig Frieden geben, oder nicht?“
„Es war kein Mord, Clara. Es war ein Unfall.“
„Sagt auch das Gericht.“ Aber das bedeutete noch lange nicht, dass es die Wahrheit war. Alfred Forsythe hatte eine ganze Armada von Anwälten eingeschaltet, um die Ursachen für die Boilerexplosion zu vertuschen, und Daniel war ein neunzehnjähriger Junge ohne Geld und mit drei kleinen Schwestern, für die er verantwortlich war. Welche Chance hatte er schon gehabt?
Clydes Klinge grub sich immer tiefer in das Holzstück. „Nach dem, was ich gehört habe, hat Tremain es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Alfred Forsythe und sein Unternehmen in Grund und Boden zu stampfen. Über siebentausend Menschen gehören zu seinem Unternehmen, und sie sind allesamt Bauernopfer in Tremains privatem Rachefeldzug.“ Clyde klappte das Taschenmesser ein und steckte es zurück in die Manteltasche. „Du bist erwachsen und kannst selbst entscheiden“, meinte er. „Aber sieh dich vor. Du bist viel zu sanft und freundlich für einen Tornado wie Tremain.“
Vielleicht hatte Clyde recht. Einst kannten Daniel und sie sich so gut, dass sie gegenseitig ihre Gedanken erraten und einer den Satz des anderen beenden konnte. Wenn es zwei Seelen gab, die mitei-nander verwandt waren, dann waren es ihre und Daniels.
Aber seitdem waren zwölf Jahre vergangen, und heute war er ein überaus vermögender Mann auf einem Rachefeldzug. Es fiel ihr schwer zu glauben, dass er sich derart drastisch verändert hatte, andererseits hätte sie auch niemals erwartet, dass er sich von ihr abwenden würde, ohne ihr ein einziges Lebenszeichen zu geben.
Ob er sich überhaupt noch an sie erinnerte? Er war so eine treibende Kraft in ihrem Leben gewesen, ein Erdbeben, nach dem kein Stein mehr auf dem anderen stand. War sie ihm damals genauso wichtig gewesen?
Clara atmete tief ein. Letztlich war es auch egal. Sie hatte ihre Berufung gefunden und ihre Verbannung war beendet. Nun war es an der Zeit, in Amerika ein neues Leben anzufangen.
Kundenstimmen
Eine Echtheits-Überprüfung der Bewertungen hat vor deren Veröffentlichung nicht stattgefunden. Die Bewertungen könnten von Verbrauchern stammen, die die Ware oder Dienstleistung gar nicht erworben oder genutzt haben.
31.07.2019Neling auf lovelybooks.de Kurzbewertung: Ein tiefgründiger, christlicher Roman, der in England im 19. Jh. spielt und in dem es um das Thema Vergebung geht.
Inhaltsangabe: Baltimore, 1867: Unterschiedlicher könnten sie nicht sein, die wohlhabende Clara Endicott und der aus ärm lichen Verhältnissen stammende Daniel. Aber sie haben eine gemeinsame Begeisterung: die Musik. Eine tiefe Freundschaft beginnt, doch
gegen ihren Wille trennen sich ihre Wege. 12 Jahre später begegnen sie sich wieder, aber sie haben sich so konträr entwickelt.... die Rollen scheinen vertauscht. Dann tritt ein Großbrand auf und seltsame Dinge geschehen....
Über die Autorin: Die amerikanische Schriftstellerin Elizabeth Camden ist Historikerin. Ihr Mann und sie leben in der Nähe von Orlando. Neben ihrer Arbeit in einer Bibliothek, schreibt sie historische Romane, von denen einige schon ins Deutsche übersetzt wurden. Dies war nun mein zweites Buch der Autorin und ich wollte es unbedingt lesen, weil mich ihr Roman: "Das Anwesen" so überzeugte.
Meine Meinung: Wie auch schon in dem Roman"Das Anwesen" gefiel mir der Schreibstil sehr gut, das Buch lässt sich gut und flüssig lesen. Besonders mag ich, dass sie nicht nur gute Unterhaltung schreibt, sondern, dass auch der christliche Glaube eine große Rolle spielt. Das ist aber natürlich und wirkt an keiner Stelle missionarisch oder aufgesetzt.
Auf den ersten Seiten lernen wir die 16 jährige Clara Endicott und den 19jährigen Daniel kennen. Während mir der Charakter der Clara anfangs gefiel, habe ich mich später über sie sehr geärgert, da erschien sie mir wenig einfühlsam und missionierend, fordernd. Aber sie machte einen Reifeprozess durch, das hat mich dann wieder mit ihr versöhnt. Daniel gefiel mir als Junge. Doch das Leben hat ihm schwer mitgespielt hat und er hat einen unheimlichen Zorn und Rachedurst. Ähnlich ist es auch mit anderen Charakteren.
Daran merkt man aber auch, wie vielschichtig die Charaktere gestaltet sind. Keiner ist nur gut, oder nur böse, jeder hat liebenswerte Facetten und Fehler.
Schon zu Beginn passiert ziemlich viel, ich hätte mir gewünscht, wir hätten mehr über die Jugend von den beiden erfahren. Und dann gibt es noch einen Handlungsstrang um einen seltsamen Professor. Das war sehr spannend und gefiel mir. Aber es scheint nicht recht zu passen und wird in diesem Buch auch nicht zu Ende erzählt. Und das ist dann auch der einzige Kritikpunkt, den ich hatte. Ich weiß aber, dass es darüber einen englischen Roman von ihr gibt und hoffe, dass er bald ins Deutsche übersetzt wird.
Wie Unversöhnlichkeit und Rache einen Menschen kaputt machen kann und welche große Kraft in der Vergebung steckt, hat die Autorin sehr überzeugend dargestellt. An einer Stelle geht es um die leider unter Christen weit verbreitete Ansicht, dass Suizid eine unvergebbare Sünde ist. Darauf antwortet sie (in Gestalt eines Pfarrers sehr einfühlsam. Diese Stelle ist eine von denen, die mir im Buch am besten gefallen haben. Und ich fand es gut, wie sie das thematisiert hat.
Auch wenn das Buch eine Liebesgeschichte erzählt, ist diese an keiner Stelle platt oder trivial. Dafür sorgen auch einzelne Handlungsstränge, die Spannung in das Buch bringen, fast schon bis ins krimihafte. Und die Autorin schreibt sehr tiefgründig und beleuchtet mehrere Aspekte des Menschseins und des Glaubens.
Alles in allem ein tiefgründiger und vielschichtiger christlicher Roman. Auch wenn er für mich nicht an "Das Anwesen" heranreichte, war es doch ein Roman den ich gern gelesen habe und den ich wärmstens empfehlen kann.
Darum vergebe ich sehr gerne voll 5 Sterne. Leserinnen guter christlicher Romane finden in diesem Buch Unterhaltung auf hohem Niveau.
› mehr...
31.07.2019Kirschblütensommer auf lovelybooks.de Clara und Daniel haben eine gemeinsame Passion: die Musik und die verbindet diese beiden jungen Menschen, die aus völlig unterschiedlichen Verhältnissen kommen. Auch wenn sie zwischendurch voneinander getrennt werden, so haben sie sich doch nie vergessen können. 12 Jahre später treffen sie sich wieder und wieder ist die gleiche Anziehung da. Doch die Situation hat sich verändert. Clara ist
nun eine Aktivistin, die für soziale Gerechtigkeit eintritt und Daniel ist Unternehmer und beutet seine Arbeiter aus. Können die Beiden zueinander finden?
Mir gefällt die grundsätzliche Idee, eine Liebesgeschichte vor dem Setting des Arbeiterkampfes zu inszenieren. Die Geschichte um Daniel und Clara ist spannend erzählt. Ich kam gut ins Buch hinein. Der Spannungsbogen hält sich bis zum Schluss und ich bin nur so durch die Seiten geflogen. Auch die Hintergrundinformationen rund um die Situation der Eisenbahnarbeiter und sonstigen Arbeiter fand ich sehr interessant. Man kann sich gut in die Zeit von damals hinein versetzen.
Zwischendurch hatte ich immer wieder den Eindruck, dass die Autorin zuviel erreichen möchte. Anstatt sich auf Clara und Daniel zu konzentrieren, wird noch ein weiterer Plot rund um den jungen Bane und um einen ominösen Professor konstruiert und letzten Endes aber auch nicht wirklich aufgelöst. Hinzu kommt noch, dass neben dem Thema "soziale Gerechtigkeit" auch noch das Thema "Versöhnung" aufgegriffen wird. Allein die soziale Gerechtigkeit hätte schon vollkommen für das Buch ausgereicht und da hätte die Autorin in die Tiefe gehen können. So bleibt sie aber aus meiner Sicht an der Oberfläche.
Insbesondere was das Thema Versöhnung angeht, habe ich mit den Charakteren - insbesondere mit Clara so meine Schwierigkeiten. Sie vergibt mir teilweise zu schnell. Da hätte ich mir noch mehr Zögern, noch mehr Menschlichkeit bei ihr gewünscht. Sie versucht zudem zu stark, Daniel zu missionieren. Dadurch wurde sie mir immer unsympathischer - zumal sie bei ihren Versuchen zum Teil auch sehr naiv agiert. Da hätte ich mir bei ihr noch mehr an "gesundem Menschenverstand" gewünscht.
Alles in allem ist das Buch leicht zu lesen und eine wunderbare Lektüre für Zwischendurch.
› mehr...
12.07.2019Tigerbaer Im Rahmen einer Leserunde durfte ich "Die Lady von Bolton Hill" von Elizabeth Camden lesen. Das Buch ist im Francke-Verlag erschienen. Es war das erste Buch der Autorin für mich.
Daniel Tremain und Clara Endicott verbindet eine innige Freundschaft im Kinder- bzw. Jugendalter. Die gemeinsame Liebe zur Musik lässt alle gesellschaftlichen Grenzen zwischen ihnen verschwinden, denn eigentlich hätten sich die
Beiden, die aus so unterschiedlichen Welten stammen - Daniel lebt mit seiner Familie in ärmlichen Verhältnissen und Clara kommt aus einer wohlhabenden Familie - sich nie kennen gelernt. Verschiedene Lebensumstände trennen Daniel und Clara voneinander und erst 12 Jahre später kreuzen sich ihre Wege erneut. Clara ist inzwischen eine couragierte Journalistin, die auch vor Widerständen nicht zurückschreckt und Daniel hat sich mit viel Erfindungsgeist ein Unternehmen im Eisenbahnsektor aufgebaut.
In die Freundschaft von einst mischen sich romantische Gefühle und für Daniel steht fest, dass Clara die Frau seines Lebens ist und er möchte sie nicht mehr gehen lassen. Auch Clara ist sich ihrer Gefühle für ihren Jugendfreund sicher, doch der Umstand, dass sich Daniel in einem erbitterten Kampf mit einem Geschäftspartner befindet und scheinbar auch Gott keinen Platz in seinem Leben gibt, lässt sie zögern. Inmitten von Arbeiterunruhen überstürzen sich die Ereignisse für Clara und Daniel und sie müssen sich ihren Ängsten und Befürchtungen stellen.
Dank eines gut verständlichen Schreibstils lässt sich der 233 Seiten starke Roman flott lesen.
In Bezug auf den Inhalt bin ich ehrlich gesagt etwas hin- und hergerissen.
Das historische Setting fand ich spannend gewählt und auch relativ gut beschrieben. Ein wenig mehr Details wären für mich schön gewesen, aber da der Fokus auf der Beziehung zwischen den beiden Hauptprotagonisten lag, war das an für sich auch okay. Mit Clara hat die Autorin eine starke Protagonistin beschrieben, die für ihre Überzeugungen einsteht. Das hat mir gut gefallen. Auf der anderen Seite schießt Clara in ihrer Arbeit als Journalistin - gerade in einer Situation mit Daniel - auch ziemlich übers Ziel hinaus, agiert eigenmächtig, naiv und verhält sich angesichts der daraus resultierenden Situation etwas sehr blauäugig. Insgesamt ist mir Clara als Charakter im Verlauf der Handlung zu sprunghaft und verliert damit leider an Glaubwürdigkeit.
Daniel ist als männlicher Protagonist gut gelungen. Er hat seine Haltung, die er auch recht vehement verteidigt. Starrköpfig bis zur Schmerzgrenze braucht es schon einiges, um ihn vom ein Mal eingeschlagenen Weg abzubringen. Dafür fährt die Autorin die passenden "Geschütze" auf, die auch für Spannung im Handlungsverlauf sorgen.
Die Spannungsanteile entfalten sich ab ca. der Hälfte des Buchs und dabei überschlägt sich die Geschichte für mein Empfinden stellenweise und es wird recht hektisch. Gewisse Ereignisse fand ich in diesem Zusammenhang dann leider auch eher unglaubwürdig.
In der Zusammenschau ist "Die Lady von Bolton Hill" ein solider historischer Liebesroman, der sich u. a. mit dem Thema Vergebung auseinandersetzt. Die Geschichte hat wirklich viele gute Ansätze, aber das Meiste davon verpufft leider etwas bzw. wird viel zu schnell abgehandelt und so kann sich keine wirkliche Spannungskurve aufbauen.
Für mich hätte die Geschichte mehr Zeit bzw. Buchseiten gebraucht, um ihr volles Potenzial - das zweifelsohne vorhanden ist - richtig ausschöpfen zu können und bekommt deshalb 3 Bewertungssterne von mir.
› mehr...
03.07.2019Ulrike_Berlik auf lovelybooks.de Allgemeines: Während einer Leserunde bei LovelyBooks habe ich von dem Verlag der Francke-Buchhandlung ein Druck-Exemplar mit Softcover gewonnen und bedanke mich hierfür. Dieses Buch ist ein Einzelband. Jedoch handelt "Against the Tide" vom 01.10.2012 vom Leben des Alexander Banebridge, der im vorliegenden Buch eine wichtige Nebenrolle spielt. Eine deutsche Ausgabe von "Against the Tide" konnte ich nicht finden.
Autor: Die
Francke-Buchhandlung ist eine christlich orientierte Buchhandlung und legt Wert auf ebenso orientierte Schriften. Julian Müller hat den Roman ins Deutsche übersetzt.
Elizabeth Camden ist das Pseudonym der Amerikanerin Dorothy Mays. Sie hat sich für dieses Pseudonym entschieden, da die amerikanische Schauspielerin Dorothy Mays die Auszeichnung Playboy Playmate erhalten hat und in den USA bekannt ist. Als christliche Autorin wollte sie nicht mit dieser Frau in Verbindung gebracht werden.
Covergestaltung: Eine junge Frau in einer türkisfarbenen, edlen Robe steht an einem hohen Fenster. Im Hintergrund zu sehen ist ein Fluss und eine Skyline, wahrscheinlich von Baltimore. Der Titel "Die Lady von Bolton Hill" ist schnörkellos, ebenso der Name der Autorin, was einen seriösen Eindruck auf mich macht und verdeutlicht, hier geht es nicht um verspielte Liebesromantik.
Formal / zeitliche Einordnung: Der Roman beginnt mit dem Prolog 1867 und fährt dann 1879 fort. Das Geschehen spielt sich großteils in den USA ab. Dabei hauptsächlich in Vermont und Baltimore. Er ist in der dritten Person verfasst und konzentriert sich auf die Gefühle und Gedanken der Protagonisten Clara Endicott und Daniel Tremain bzw. Alexander Banebridge.
Inhalt: Daniel Tremain ist ein intelligenter Junge, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt. Durch seine Liebe zur Musik und speziell zu Chopin bekommt er Kontakt zur wohlhabenden Clara Endicott. Jahrelang sind sie freundschaftlich eng verbunden, bis ihn mit 19 Jahren ein schreckliches Ereignis trifft und sie als 16-jährige von ihm getrennt wird. Zwölf Jahre später begegnen sie sich wieder. Er ist aus eigener Kraft ein Eisenbahnmogul geworden und sie eine Journalistin, die sich aus christlicher Überzeugung für die Rechte der Arbeiter einsetzt.
Meine persönliche Meinung (Spoiler!): Den Inhalt wieder zu geben ohne zu spoilern, erscheint mir unmöglich. So lasse ich ihn in meine persönliche Meinung mit hinein fließen. Elizabeth Camden führt einen in die Welt des 19. Jahrhunderts, in der nicht nur Männer das Sagen haben, sondern zusätzlich die Reichen. Pressefreiheit existiert (in England) nicht. Selbst Gerichte lassen zu, dass Beweise vernichtet werden, die unmenschliche Arbeitsbedingungen und verbotene Kinderarbeit aufdecken. So muss Clara, die einen fundierten Artikel verfasst hat, ins Gefängnis. Vier Wochen verbringt sie in einer Zelle mit zwei Verbrecherinnen, denen sie vom christlichen Glauben erzählt. Danach muss sie nach Amerika ausreisen, um einer Verurteilung zu entgehen. Zurück in Amerika setzt sie sich weiter für die unterdrückten Arbeiter ein. Hierbei gerät ihre Kinder-/ Jugendfreundschaft zu Daniel Tremain auf den Prüfstand. Daniel glaubt nicht an Gott und hat sich von der Kirche abgewendet. Mit unnachgiebigem Hass verfolgt er den Industriellen Forsythe, dem er die Schuld am Tod seines Vaters gibt, obwohl die Gerichte den Mann freigesprochen haben. Dass Tausende von Menschen, Arbeiter und deren Familien, jahrelang unter diesem persönlichen Rachefeldzug leiden, interessiert ihn nicht. Es ist ein stetiges Hin und Her. Clara möchte ihn für den Glauben an Jesus Christus gewinnen und bittet ihn zu vergeben. Er hingegen will nicht von seinem Hass ablassen. Erst als sich Alexander Bane einmischt, die rechte Hand eines Drogenbarons (Professor), der große Teile der USA mit Opium und Schmugglerware versorgt, ändert sich Daniel. Seine Liebe zu der unerschütterlich im Glauben ausharrenden Clara ist letzten Endes größer als sein Hass auf Forsythe. Clara lernt, dass auch sie ein schwacher Mensch ist, der sich hinter Vorwürfen versteckt. Doch als sie es erkennt, vergibt sie und findet ihren Frieden.
Elizabeth Camden zeigt, dass auch verloren scheinende Menschen zu Jesus finden können, wenn Christen ihnen den Glauben ehrlich vorleben. Dass der grausame Schmuggler und Drogenhändler Alexander Banebridge zum Glauben findet und ein eigenes Buch erhalten (Against the Tide), finde ich sehr gut. Leider gibt es die Geschichte nicht in deutscher Übersetzung.
Fazit: Die Autorin schenkt uns mit diesem Buch ein wunderbares Beispiel von vergebender Liebe und Bekehrung. Gleichzeitig zeigt sie auch auf, dass es nicht immer mit Worten getan ist. Wo die Worte allein nicht reichen, muss jeder einzelne Christ auch bereit sein, den Glauben zu leben und zu praktizieren.
› mehr...
03.07.2019Dreamworx auf lovelybooks.de 1879 Baltimore. Clara ist die Tochter von Reverend Lloyd Endicott, dem Herausgeber des "Christian Crusade", einer vielbeachteten Wochenzeitung, und arbeitet als Journalistin. Seit ihrer Kindheit ist Clara mit Daniel Tremain befreundet, einem jungen Mann aus ärmlichsten Verhältnissen, der mit viel Zähigkeit und Erfindergeist zu einem sehr reichen Unternehmer wurde. Sie teilen die große Liebe zur Musik und haben so
manches Duett miteinander gespielt. Nun kehrt Clara nach mehr als 10 Jahren in England nach Baltimore zurück und trifft schon bald darauf auf ihren alten Jugendfreund Daniel, aber sein Hass auf einen Konkurrenzunternehmer lässt die beiden schon bald auseinanderdriften, denn Daniel hegt seit dem Tod seines Vaters in dessen Fabrik Rachegedanken und bringt so nicht nur seine eigenen Arbeiter gegen sich auf, sondern auch von Clara entfernt er sich damit immer mehr. Werden die Gefühle zwischen den beiden doch noch zu einer gemeinsamen Zukunft führen?
Elizabeth Camden hat mit "Die Lady von Bolton Hill" einen spannenden und fesselnden historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig-leicht und nimmt den Leser schnell mit in ein vergangenes Jahrhundert, wo noch andere gesellschaftliche Regeln galten und arbeitende Frauen die Ausnahme bildeten, die die Autorin mit ihrer bildhaften Sprache wunderbar wiederaufleben lässt. Der Leser heftet sich unsichtbar mal an die Fersen von Clara, mal an die von Daniel, aber es gibt auch noch einen dritten Handlungsstrang um einen kriminellen Drogenbaron und seinen Ziehsohn, der auf den ersten Blick so gar nicht zur Geschichte passen will. Das Thema Arbeitsbedingungen und der Kampf für bessere Bedingungen und höhere Löhne wird in diesem Buch sehr präsent abgehandelt, zeigt aber auch die völlig egoistischen Ansichten der Inhaber auf, die ihre eigenen Ziele verfolgen, ohne ihre Angestellten zu berücksichtigen.
Der christliche Aspekt hat in diesem Roman einen großen Stellenwert, denn es geht um Vergebung und die Rückkehr zum Glauben. Wie sehr Hass und Rachegedanken einen Menschen verändern, Freundschaften zerbrechen und sogar vereinsamen lassen, wird hier sehr gut dargestellt. Es wird aber auch aufgezeigt, dass ständiges Missionieren den gegenteiligen Effekt haben kann und nicht von Erfolg gekrönt ist. Nur mit Verständnis, Mut, Geduld und Liebe kann es gelingen, das Herz des anderen zu öffnen, so dass Gott dort wieder Einzug halten kann.
Die Charaktere sind sehr detailliert und lebendig entworfen worden, sie wirken aufgrund ihrer individuellen Eigenschaften sehr realistisch und glaubwürdig. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen hoffen, bangen und mitfiebern. Clara ist eine sehr intelligente und mutige Frau, die für die Dinge einsteht, die ihr am Herzen lieben. Sie hegt keinerlei Standesdünkel und unterstützt jeden, der ihre Hilfe benötigt. Sie ist sehr direkt und kämpft für diejenigen, denen es schlecht geht. Daniel hat sich mit Fleiß und Cleverness aus der Armut zu einem reichen Mann entwickelt, der viel Macht und Einfluss besitzt, die er für seinen Rachefeldzug auch einsetzt. Er ist stur, unversöhnlich und schiebt jeden zur Seite, der ihm im Weg steht. Claras Bruder Clyde ist eine interessante Persönlichkeit, in dem man zuerst einen Snob vermutet, um dann festzustellen, dass er sich den Schwächsten verschrieben hat. Auch Bane, Mr. Forsythe und Reverend Endicott geben der Geschichte die richtige Würze, um durchweg zu faszinieren und zum Nachdenken anzuregen.
"Die Lady von Bolton Hill" ist ein wunderschöner Roman über Familienbande, Seelenverwandte, verschiedene Ansichten, Rachegelüste, Vergebung und eine Liebe, die sich wiederfindet. Herrlich erzählt und durchweg spannend zu lesen. Verdiente Leseempfehlung!
› mehr...
03.07.2019Lesestern auf lovelybooks.de "Die Lady von Bolton Hill" von der Autorin Elizabeth Camden ist im Francke Buch Verlag erschienen und erzählt von einer starken Liebe, die auf unüberwindbare Grenzen trifft. Clara Endicott, Tochter eines Pastors und erfolgreichen Herausgebers einer christlichen Zeitung verliebt sich in Daniel Tremain, einem Jungen aus der Arbeiterschicht. Zwei Welten treffen aufeinander, die in der Liebe zur Musik zusammenfinden.
Doch die Jugendliebe wird getrennt und die Wege der beiden gehen auseinander. Während Clara eine erfolgreiche Journalistin in London wird und sich für die Rechte von unterprivilegierten Arbeitern einsetzt, entwickelt sich Daniel zu einem einflussreichen Großindustriellen in Baltimore, der sein Macht-Imperium auf Rache aufbaut. Nach 12 Jahren unfreiwilliger Trennung begegnen sich die beiden wieder und die alte Liebe erwacht neu. Doch die Zeit ist nicht stehen geblieben und so werden sie nicht nur mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit, sondern auch mit dem was inzwischen passiert ist, konfrontiert.
Themen wie Schuld und Vergebung stehen im Mittelpunkt der Handlung. Dabei kristallisieren sich ihre unterschiedlichen Lebens- und Glaubensvorstellungen heraus und eine gemeinsame Zukunft scheint unvereinbar. Elizabeth Camden erzählt in einem sehr flüssig geschriebenen Schreibstil. Man taucht in das Geschehen ein und begibt sich mit den beiden Protagonisten Clara und Daniel in eine fesselnde Liebesgeschichte mit jede Menge Abenteuer und Spannungselementen. Zeitweise hat man das Empfinden mitten in einem Thriller gelandet zu sein. Außer den beiden Protagonisten gibt es noch viele andere starke Charaktere und Nebenschauplätze, die das Handlungsgeschehen bestimmen. Einer dieser etwas mysteriösen Nebenschauplätze wird in die Geschichte verwebt, dadurch wird manches aufgelöst aber einiges bleibt offen und lässt mich als Leserin mit vielen Fragen zurück...
Fazit: Ein wunderbares historisches Lesevergnügen mit einer Mischung aus unterschiedlichen Genren, das man einmal angefangen nicht mehr aus der Hand legen kann, und zu dem es hoffentlich bald ein ergänzendes oder fortsetzendes Werk in deutscher Sprache geben wird.
› mehr...
03.07.2019AmberStClair auf loyelybooks.de Wieder einmal sehr einfühlsam geschrieben und beschrieben. Man konnte sich alles sehr gut vorstellen und in dieser fein gesitteten Geschichte eintauchen und sich dabei entspannen. Der Schreibstil ist einfach hervorragend. Sehr flüssig und eine wunderbare Aussprache was mir sehr gut gefällt. Die geschichtlichen Begebenheiten kamen auch nicht zu kurz und wurden sehr gut mit in dieser Geschichte verwoben. Die
beiden Hauptpersonen sind sehr sympathisch und kommen auch gut herüber. Man kann ihre Handlungen sehr gut nachvollziehen.
Wie immer ein wunderschönes Buch von dieser Autorin. Die immer spannende Geschichten die einen fesseln schreibt. Mir persönlich gefallen ihre Bücher sehr gut, weil sich immer alles so schön zusammen fügt. Keine unschönen Wörter, immer alles gut bedacht und gut formuliert, da diese Bücher im christlichen Glauben geschrieben sind.
Eine klare Leseempfehlung, für Leser die diese Art von Geschichten mögen!
› mehr...
03.07.2019Ellysetta_Rain auf lovelybooks.de Der bildhafte Schreibstil liest sich leicht und flüssig, die Seiten fliegen nur so dahin. Das Buch ist aus der dritten Erzähl-Perspektive von Clara und Daniel geschrieben, so dass man ihre Gedanken und Gefühle hautnah miterleben kann. Ab und zu kommt auch ein anderer Charakter zu Wort. Die authentischen und sympathischen Charaktere sind mit ihren Stärken und Schwächen sowie Gefühlen
sehr gut dargestellt und beschrieben worden, so dass ich nicht anders konnte, als mit ihnen mitzufühlen und mitzufiebern. Beide sind nicht perfekt, sie machen Fehler und das macht sie eben authentisch. Auch die Nebencharaktere sind sehr gut dargestellt worden, vor allem Claras Bruder Clyde hat mir sehr gefallen. Ich könnte mir sehr gut ein Buch über seine Geschichte vorstellen. Ebenso gibt es einen anderen Charakter, der mich auf seine Geschichte neugierig macht. Diese ist bisher noch nicht übersetzt worden und im Englischen unter dem Titel "Against the Tide" erschienen. Ich hoffe sehr, dass dieses Buch ebenfalls übersetzt wird.
Man spürt sofort die Verbundenheit zwischen Clara und Daniel, obwohl sie jahrelang keinen Kontakt zueinander hatten. Ihre Neckereien haben mich immer wieder zum Schmunzeln und Lachen gebracht. Beide sind starke Persönlichkeiten, vor allem Clara hat mich mit ihrem Mut und ihrer Hilfsbereitschaft beeindruckt. Daniel ist blind vor Rache, was man im Laufe der Geschichte einerseits besser verstehen kann, aber andererseits auch fassungslos ist, wie weit er bereit ist und wäre zu gehen. Aber wie gesagt, beide sind menschlich und authentisch dargestellt, sie sind nicht perfekt und machen Fehler. Schön fand ich die gemeinsamen Szenen der beiden, wenn sie sich durch kleine Gesten ihre Zuneigung zeigen.
Insgesamt wurde ich sehr gut unterhalten. Die Charaktere sind sehr gut und authentisch dargestellt worden, die Umgebung hatte ich sehr schön vor Augen und neben Humor kam auch die Spannung nicht zu kurz. Der Epilog hätte in meinen Augen gerne noch ausführlicher sein können, aber das ist meckern auf sehr hohem Niveau, so dass es wunderbare 5 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung für alle gibt, die historische Romane mit starken Frauen, einer gefühlvollen Liebesgeschichte und über den Glauben lieben.
Fazit: Ein sehr gefühlvoller und schöner Liebesroman vor historischem Hintergrund mit zwei starken Charakteren, die aber auch Fehler machen und nicht perfekt sind.
› mehr...
20.05.2019S. Degenhardt / Smilla507 Der Prolog beginnt im Jahr 1867, in dem Daniel, ein junger, aus ärmlichen Verhältnissen stammender Mann, mit dem plötzlichen Tod seines Vaters konfrontiert wird. Trost findet er im gemeinsamen Musizieren mit Clara Endicott. Die enge Freundschaft zwischen den beiden wird von Claras Vater, der sich für seine Tochter etwas besseres erhofft, nicht gern gesehen. Und so schickt er sie
nach London, weit weg von Daniel.
Zwölf Jahre später ist Clara eine erfolgreiche Journalistin, die Ungerechtigkeiten aufdeckt. Sie setzt sich für die Rechte der Arbeiter ein. Daniel hingegen hat es geschafft, eine eigene Eisenbahngesellschaft zu gründen und ist nun ein wohlhabender Geschäftsmann. Als Clara wieder nach Baltimore zurückkehrt, treffen sie aufeinander. Als hätte es die langjährige Trennung nie gegeben, knüpfen sie nahtlos an ihrer Freundschaft an. Allerdings haben sie nun völlig entgegengesetzten Überzeugungen.
Ihre Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt. In Daniel schlummert eine große Verbitterung, die im Unfalltod seines Vaters begründet ist. Er ist voller Wut gegenüber dem damaligen Fabrikbesitzer, sinnt nach Rache und Gerechtigkeit. Clara sinnt auch nach Gerechtigkeit, indem sie mit den Gewerkschaften sympathisiert. Daniel gerät da schnell in den Fokus ...
... und damit hat die Autorin einen historischen Roman geschrieben, der meine Erwartungen völlig über den Haufen schmiss. Zunächst ging ich davon aus, dass die Musik eine große Rolle spielen würde. Diese ist eher Hintergrundrauschen und ein gemeinsames Hobby. Im Fokus stehen vielmehr die ersten Gewerkschaften, außerdem noch ein weiteres Thema, das ich absolut nicht auf dem Schirm hatte. Es kommt in historischen Romanen eher selten vor und sorgte für viel Spannung zum Ende hin.
Ein Konflikt zwischen Daniel und Clara ist der Glaube an Gott. Mit dem möchte Daniel nichts mehr zu tun haben, gibt ihm die Schuld an dem, was geschehen ist. Und Clara nimmt kein Blatt vor den Mund, eckt damit bei Daniel an. Elizabeth Camden zeigt anhand der beiden, wie schwer der Weg der Vergebung sein kann. Außerdem kann es sehr schwer sein zu erkennen und zu aktzeptieren, wenn aus Freundschaft mehr wird. ;)
Der Schreibstil ist gewohnt flüssig und bildhaft, man kann ihre Romane sehr gut lesen, abtauchen und dabei neue Facetten geschichtlicher Hintergründe kennenlernen. Nicht umsonst gehört E. Camden zu meinen Lieblingsautorinnen!
› mehr...
19.05.2019LEXI Lass nicht zu, dass dieser Junge dich von deinen Lebenszielen abbringt.
"Damals waren wir zu jung, um zu begreifen, dass sich manche Träume einfach nicht erfüllen. Und trotzdem haben wir sie geträumt, und sie haben uns die Jahre damals versüßt. Das war die schönste Zeit meines Lebens."
Reverend Lloyd Endicott ist Herausgeber der Wochenzeitung "The Christian Crusade" in Baltimore und ein
allseits geschätzter und geachteter Mann. Für seine beiden Kinder Clyde und Clara hat er nach dem frühen Tod seiner Ehefrau nur das Beste im Sinn. Er ermöglicht ihnen eine hervorragende Ausbildung und erzieht sie im christlichen Glauben. Doch die aus der gemeinsamen Leidenschaft für die Musik entstandene enge Freundschaft der hoch begabten Clara mit dem armen Sohn eines Bergarbeiters ist ihm ein Dorn im Auge. Kurzerhand schickt er seine Tochter zu ihrer Tante Helen nach London, wo Clara sich mit den Jahren einen Namen als mutige und ehrgeizige Journalistin macht. Clara kämpft für die Rechte der Armen und gegen die Kinderarbeit. Sie opfert dafür den Traum, mit ihrer Musik Karriere zu machen. Als sie zwölf Jahre später London aufgrund ihrer kontroversen Artikel verlassen muss und nach Baltimore zurückkehrt, stellt Clara fest, dass sich ihre Gefühle für Daniel Tremain nicht verändert haben. Doch aus dem mitfühlenden, musikalisch hochbegabten und intelligenten Jungen mit den großen Träumen ist inzwischen ein einflussreicher und mächtiger Mann geworden. Er verfolgte seine Ziele mit großer Hartnäckigkeit und befindet sich auf einem unerbittlichen Rachefeldzug gegen jenen Mann, der den Tod seines Vaters verschuldet hat. Daniel ist verbittert und hat sich darüber hinaus vom Glauben seiner Kindheit abgewandt. Werden Clara und Daniel es schaffen, zur Vertrautheit ihrer Jugendzeit zurückzufinden und die schier unüberwindlichen Hindernisse aus dem Weg zu räumen"
Elizabeth Camden beschreibt im vorliegenden Buch den Weg eines armen Bergarbeitersohnes zu einem brillanten Erfinder, der durch seine Intelligenz und seine genialen Ideen zu einem der mächtigsten Industriellen Amerikas avanciert. Schuld und Vergebung sind zentrale Themen in diesem Roman, der auch die Bemühungen der Gewerkschaft um bessere Arbeitsbedingungen anspricht. Mit der weiblichen Hauptfigur Clara Endicott skizziert Elizabeth Camden eine ungewöhnliche junge Frau, die große Courage aufbrachte, um ihren Traum vom Schreiben wahr zu machen. Obgleich Clara in einem imposanten Herrenhaus im privilegierten Bolton Hill lebte, fand sie in Daniel Tremain einen Seelenverwandten, der ihre Leidenschaft für die Musik teilte. Daniel wird als ehemals wichtigster Mensch in Claras Leben große Aufmerksamkeit zuteil. Die Veränderung seiner Person betrifft nicht nur Äußerlichkeiten und sein Lebensumfeld, sondern vielmehr auch sein bewegtes Innenleben. Daniels Seele ist von Hass und Rache zerfressen, er gilt bei seinen Geschäftspartnern und den Mitgliedern der Gesellschaft als gefährlich und unnahbar. Elizabeth Camden versteht es hervorragend, die Emotionen und Glaubenskämpfe ihrer Charaktere darzustellen. Ihr einnehmender Schreibstil und ihre Fähigkeit, den Figuren der Handlung Leben einzuhauchen, begeistern mich bei jedem einzelnen ihrer Romane. Der Glaube spielt in diesem Buch eine tragende Rolle und wird von der Familie Endicott in jeder Hinsicht gelebt. Clara fungiert als Verkünderin des Evangeliums und setzt sich dafür ein, dass zwei ganz besondere Menschen in diesem Buch ihren Weg zu Gott finden.
"Die Lady von Bolton Hill" aus der Feder einer meiner favorisierten christlichen Autorinnen wartet mit viel Herz, einer Fülle der widersprüchlichsten Emotionen, einem kleinen Spannungsmoment und christlichen Werten auf. Es handelt sich um eine Lektüre, die mir ausgezeichnet gefallen hat und die ich sehr gerne weiterempfehle.
› mehr...
04.03.2019Monika S.-W. Ein wunderbarer Roman über zwei Menschen, die durch ihre "Musikfreude" zusammengefunden haben. Trotz ihrer nicht selbstgewählten Trennung finden sie auch nach vielen Jahren wieder zusammen. Im Kern geht es um Schuld und Vergebung, die nicht allen gleich leicht fällt, letztendlich aber denen, die sich darum bemühen, Befreiung und Freiheit schafft.
Spannend und sehr gut erzählt.