Er hatte sie mit einem leichten Augenzwinkern bedacht, da er vermutete, sie bereite alles für ein romantisches Rendezvous vor. Er grinste immer noch, als er – vor einer halben Stunde – einen Servierwagen mit einem köstlichen Menü für zwei Personen ins Zimmer gerollt hatte. Der Junge war nicht älter als achtzehn oder neunzehn, blond und fröhlich. Er könnte in der Hitlerjugend gewesen sein, überlegte Cameron. Sein Auftreten ließ nicht erahnen, dass sein Land vor knapp einem Jahr eine vernichtende militärische Niederlage erlitten hatte. Er sah eher wie ein Kind aus, das Spaß haben wollte. Cameron gab ihm ein großzügiges Trinkgeld, damit er seine Freundin zum Essen und ins Kino ausführen konnte. Wenigstens ein Liebespaar sollte heute Abend glücklich sein.
Dieses Glück würde es hier im Zimmer 214 des Hotels Schmidt in Nürnberg nicht geben. Schon als der Servierwagen gekommen war, hatte Cameron gewusst, dass sie keinen Appetit auf Rinderbraten, gratinierte Kartoffeln und Sahnekarotten hätte. Das war alles nur symbolisch, genauso wie das Kerzenlicht und die eleganten Gedecke. So hatten Alex und sie ihren ersten Hochzeitstag verbringen wollen. Miteinander. Alex hatte vorausgesehen, dass sie vielleicht nicht zusammen sein könnten, aber gehofft, es könnte den Schmerz über ihre Trennung lindern, wenn sie irgendwie im Geiste miteinander verbunden wären. In den wenigen Briefen, die sie dank Robert Wood von der amerikanischen Botschaft in Moskau, der als Mittelsmann für ihre unerlaubte Kommunikation diente, einander geschickt hatten, hatten Alex und Cameron sogar die Uhrzeit für ihr Festessen festgelegt. Da Cameron bereits wusste, dass sie zu diesem Zeitpunkt in Deutschland wäre, hatten sie sich für neunzehn Uhr mitteleuropäischer Zeit entschieden, was bedeutete, dass es in Moskau einundzwanzig Uhr war.
Jetzt, in dieser Minute, saß Alex in Moskau ebenfalls an einem Tisch, wahrscheinlich in seiner kleinen Wohnung, mit Kerzenlicht und einem guten Essen, soweit er das in einem Land, das sich immer noch nicht von der Lebensmittelknappheit erholt hatte, bewerkstelligen konnte. Was auf ihren Tellern lag, war unwichtig, egal, ob es Borschtsch und Brot oder Chateaubriand war. Alex saß an einem Tisch und starrte ebenfalls ein leeres Gedeck und einen leeren Stuhl an.
Waren sie verrückt? War dies das morbideste Ritual, das sich Menschen je ausgedacht hatten?
Tränen stiegen Cameron in die Augen. Oh, wie sie es hasste zu weinen! Sie hatte Menschen, die in Selbstmitleid aufgingen, nie viel Mitgefühl entgegengebracht. Aber sie konnte ihre Melancholie nicht so leicht abschütteln. Schon an ihrem Hochzeitstag hatte sie gewusst, dass sie sich auf eine scheinbar unmögliche Situation einließen. Sie hatte es gewusst, aber irgendwie hatte sie es nicht wirklich geglaubt. Sie erinnerte sich an das, was sie zu Alex gesagt hatte, als sie ihm einen Heiratsantrag machte:
Alex, in der Ehe liegt eine Kraft. Ich weiß es! Eine tiefe, geistliche Kraft und eine Macht, die uns in der Zukunft wieder zusammenführen wird. Das weiß ich ganz sicher.
Jetzt wurde ihr bewusst, dass sie, als sie das Wort Zukunft benutzt hatte, an Wochen oder ein paar Monate gedacht hatte. Nicht an ein ganzes Jahr und an ein endloses Zählen von Tagen! Sie waren damals beide so voller Hoffnung gewesen, dass sie sogar die Idee verworfen hatten, gemeinsam davonzulaufen, weil Alex dadurch gezwungen gewesen wäre, als Flüchtling zu leben, als Deserteur aus seiner Armee, dem die Todesstrafe drohte. Im Rückblick fragte sie sich jetzt, ob es das Risiko nicht vielleicht wert gewesen wäre. Die Welt war groß und hatte viele Orte, an denen man sich verstecken konnte. Aber keiner von ihnen beiden war dafür geschaffen, sich ständig zu verstecken. Alex hatte schon einmal versucht, vor seinen Problemen in Amerika davonzulaufen, und wusste aus Erfahrung, dass mit Davonlaufen keine Probleme gelöst wurden.
Außerdem würden sie, wenn sie davonliefen und sich versteckten, ihr Vertrauen darauf, dass Gott sie versorgte, verleugnen. Für Cameron war der Glaube sehr wichtig, dass Gott die Herrschaft über ihrer beider Leben hatte. Wenn sie selbst die Kontrolle gehabt hätte, wäre vielleicht einiges anders gelaufen, aber sie musste glauben, dass Gottes Weg der bessere war, egal, wie es auf den ersten Blick aussah.
Mit stoischer Entschlossenheit hob sie den silbernen Deckel vom Servierteller. Der Duft nach Rindfleisch in Rotweinsoße stieg ihr in die Nase. Sie war seit dem Kriegsende lang genug in Deutschland gewesen, um zu wissen, dass man kein Essen verschwendete, egal, wie melancholisch man gestimmt sein mochte. Aus diesem Grund hatte sie nur eine kleine Portion bestellt. Sie nahm sich das Fleisch, dann einige Kartoffeln und Karotten auf ihren Teller. Den zweiten Teller ließ sie leer. Als sie einen Bissen von dem Fleisch nahm, dachte Cameron an Alex, an ihre erste Begegnung im Luftschutzbunker in Moskau, daran, wie sie ihn überredet hatte, mit ihr auf das Hausdach zu steigen und zu sehen, was während der Bombardierung passierte. Er hatte sie für verrückt gehalten. Sie lächelte. Wahrscheinlich waren ihm die meisten ihrer späteren ausgefallenen Aktionen genauso verrückt vorgekommen. Trotzdem hatte er sich in sie verliebt, während sie wahrscheinlich schon gleich beim ersten Mal dort oben auf dem Dach ihr Herz an ihn verloren hatte, als sie ihn mit ihrem Freund, Johnny Shanahan, verglich und in Alex eine Tiefe entdeckte, einen vielschichtigen Charakter, der Johnny und so vielen anderen Männern aus ihrem Bekanntenkreis fehlte.
Sie versuchte, sich das genaue Bild von Alex ins Gedächtnis zu rufen, seine große, starke Gestalt, seine leicht gewellten Haare und diese unglaublichen blauen Augen. Aber das Bild in ihrem Kopf war verschwommen. Seine Augen, die seine Gefühle oft widerspiegelten, wie ein tiefer Teich einen klaren, schönen Sommertag widerspiegelt, waren – trüb.
Panik und Ärger rangen in ihrem Herzen miteinander. Es war nicht fair, dass sie nur ein blasses Bild hatte, mit dem sie sich trösten konnte.
„Nein, diese Richtung wollte ich nicht einschlagen!“, schalt sie sich.
Cameron sprang auf und trat an den Nachttisch, wo sie die Bibel fand, die ihre Mutter ihr vor ihrer Abreise aus den Staaten nach Deutschland gegeben hatte. Zwischen den Seiten, auf denen die Psalmen standen, steckten die Fotos, die ihre Freundin Edna bei ihrer Hochzeit gemacht hatte. Sie waren schwarz-weiß und klein, bis auf eines, das Cameron von einem Fotografen des Journal hatte vergrößern lassen. Ihr Herz schlug höher, als sie das glückliche Paar betrachtete, das vor dem Altar der lutherischen Kirche in dem deutschen Dorf stand. Im Hintergrund waren die Auswirkungen der Bombenangriffe zu sehen: ein Buntglasfenster, das teilweise zerstört war, und eine Ecke des Daches, durch das man den Himmel sehen konnte. Aber das war nicht weniger ungewöhnlich als das Brautpaar selbst, das sich an den Händen hielt und sich tief in die Augen schaute. Sie waren kaum passend für eine Hochzeit gekleidet – Cameron in ihrer Armeekleidung und Alex in einem schlecht sitzenden, gebrauchten Anzug, den sie einem Bauern aus dem Dorf abgekauft hatten.
In einem Anflug von Sentimentalität, die für Cameron völlig untypisch war, küsste sie ihre Fingerspitze und berührte Alex’ Gesicht auf dem Foto.
„Ich liebe dich, Alex“, murmelte sie.
Auf eine seltsame Weise, die sie sich nicht erklären konnte, war sie sicher, dass er in diesem Moment genau das Gleiche sagte.
Ich liebe dich, Kamruschka ... Die schweigende Botschaft gelangte über fast zweitausend Kilometer, die sie voneinander trennten, in ihr Herz.
Alex hatte recht gehabt. Dieses Ritual war eine gute Sache. Aber bitte, Gott, betete sie, meinen zweiten Hochzeitstag will ich nicht auch noch so verbringen!
Kundenstimmen
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19.10.2017marpije " Heimat meines Herzes " ist die vierte Teil aus der Reihe "Sturmzeiten " wir begleiten die Schwestern Hayes in Jahren 1946 - 1948.
Der zweite Weltkrieg ist vorbei, ein bisschen Normalität ist in das Leben von Familie Hayes zurückgekhert , doch die Dämonen aus der Vergangenheit sind noch längst nicht verschwunden.
Cameron und Alex müssen der Hochzeitstag einsam feiern, weil
Alex die Sowjetunion nicht verlassen kann, er ist in eine Spionage verwickelt und nur dank Hilfe von seinem Freund bleibt am Leben.
Blair kann nicht vergessen was war auf die Philippinen passiert, sie ist glücklich mit Gary aber tief im inneren sie trauert weiter....
Jackie muss auch nach den Krieg mit den Vorurteilen kämpfen, sie als Frau von japanischen Mann und Mutter von japanischen Kind hat, in meinen Augen , besonders schwer - ihr geliebte Mann ist tot und sie ist ständig mit die Rassismus konfrontiert.
Die drei Schwestern reisen zusammen nach Russland um Alex zu retten, dort erleben sie sehr intensive und gefährliche Zeit....
Wie in vorherigen Bänden schon , auch hier hat Judith Pella meisterhaft die wahre historische Hintergrund mit die Familiengeschichte Familie Hayes verbunden. Die Beschreibungen von zerstörten Russland sind authentisch und sehr bewegend geschrieben, das Leben hinter der eiserne Vorhang war schwer und kontrolliert , die Leute dort haben fast keine Freiheiten mehr und die Zensur hat sich noch breiter gemacht.
Die Personen sind lebendig dargestellt und die Charaktere mit vielen persönlichen Merkmalen ausgestatet, die unterschiedliche Gefühle sind gut spürbar und die innerliche Änderungen merkbar.
Die Reihe soll unbedingt nacheinander gelesen sein, weil der Inhalt dicht verbunden ist.
Ich kann die Familiensaga nur weiter empfehlen, sehr gute Geschichte mit vielen spannenden Momenten , emotional und gefühlvoll geschrieben.
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18.10.2017dorli "Heimat meines Herzens" ist der vierte und abschließende Band der Sturmzeiten-Reihe. Die letzte Etappe der Geschichte rund um Cameron, Blair und Jackie Hayes beginnt im April 1946 - der Kalte Krieg greift um sich, die Spannungen zwischen Westmächten und Ostblock werden immer stärker.
Für Cameron und Alex bedeutet dies, dass sie, durch den Eisernen Vorhang getrennt, ihren ersten Hochzeitstag nicht
gemeinsam verbringen können. Die zahlreichen von Alex gestellten Ausreiseanträge wurden abgelehnt, Cameron hat auf ihre vielen Visaanträge nicht einmal eine Antwort erhalten. Als sich für Alex unerwartet eine Möglichkeit auftut, die Sowjetunion zu verlassen, zögert er daher nicht und lässt sich auf einen folgenschweren Handel ein"
Jackie vermisst Sam immer noch sehr. Sie fühlt sich allein und sehnt sich nach einem Mann, der ihre Einsamkeit vertreibt und ihrer halbjapanischen Tochter Emi ein guter Vater ist. Trotz vieler Verabredungen stellt es sich jedoch als schwierig heraus, jemanden zu finden, mit dem sie sich eine Beziehung vorstellen könnte"
Blair lebt mittlerweile mit ihrem Mann Gary in Washington. Gary hat nach Kriegsende schnell eine Stelle im Pentagon bekommen. Finanziell geht es den beiden gut, doch die grausigen Erlebnisse während ihrer Zeit auf den Philippinen wirken nach und der bisher unerfüllte Wunsch nach einem weiteren Kind macht besonders Blair zu schaffen"
Judith Pella hat ihre Protagonisten im Laufe der Jahre viel durchmachen lassen und hört auch in diesem Band nicht damit auf, ihre Akteure in Extremsituationen zu katapultieren. Diesmal ist es Alex, der, nachdem er bei einer geheimdienstlichen Aktion aufgeflogen ist, Gewalt und Folter zu spüren bekommt. Für Cameron, die überraschend eine Möglichkeit bekommt, nach Moskau zu reisen und von ihren Schwestern und Gary begleitet wird, beginnt eine lange Zeit des Hoffens und Bangens.
Neben den Hauptprotagonisten bereichern auch zahlreiche Nebenfiguren die Handlung - einer sticht dabei besonders hervor: Oberst Anatoli Bogorodsk. Der Beamte des MWD entpuppt sich als ein Mann, dem die menschlichen Tugenden und Werte wichtig sind und der sich trotz möglicher persönlicher Konsequenzen gegen ein fast übermächtiges System stellt.
Judith Pella gelingt es ganz hervorragend, die vorherrschende Stimmung der Nachkriegszeit wiederzugeben und auf den Leser zu übertragen. Die beängstigende Atmosphäre des Kalten Krieges ist durchweg deutlich zu spüren, besonders die Skrupellosigkeit der Geheimdienste wird von der Autorin intensiv geschildert.
"Heimat meines Herzens" hat mich genauso begeistert, wie auch schon die vorhergehenden Bände. Die Sturmzeiten-Reihe hat mir nicht nur spannende, unterhaltsame Lesestunden beschert, sondern mir auch facettenreiche Einblicke in den Verlauf des Zweiten Weltkrieges ermöglicht. Es war interessant und mitreißend, die Hayes-Schwestern kennenzulernen, sie auf ihrem Weg durch eine ereignisreiche, aufwühlende Zeit zu begleiten und Verzweiflung, Angst und Schrecken, aber auch Glück und Freude mit ihnen zu teilen.
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16.10.2017Martinas Buchwelten ******ACHTUNG, KANN SPOILER ENTHALTEN!*****
Im Abschlussband der Sturmzeitentetralogie befinden wir uns in der Nachkriegszeit. Wie schon in den Vorgängerbänden schließen die Bücher lückenlos aneinander an.
Alle drei Hayes-Schwestern sind in die USA zurückgekehrt und versuchen ihr Leben wieder aufzunehmen. Blair und Gary leben in Washington, nachdem Gary eine Festanstellung im Pentagon erhalten hat. In ihrem Leben fehlt es an nichts,
außer an Kindern. Doch der ersehnte Nachwuchs stellt sich nicht ein.
Cameron feiert ihren ersten Hochzeitstag alleine, ebenso Alex. Ihre Ausreise- bzw. Einreisebewilligungen werden immer wieder abgelehnt. Dazu trägt auch die neue Spannung zwischen den beiden Supermächten bei, die immer größer wird. Die Aussichten auf eine gemeinsame Zukunft sehen düster aus....
Jackie sollte sich langsam wieder nach einem Partner umsehen, ist die Meinung ihrer Mutter und auch ihrer Schwiegermutter. Doch die Amerikaner sehen in den Japanern noch immer ihre Feinde und das fremdländische Aussehen ihrer Tochter ist nicht unbedingt ein Vorteil. Doch Jackie ist auch noch nicht bereit einen neuen Mann in ihr Leben zu lassen und die potentiellen Bewerber tragen auch nicht wirklich dazu bei, sich neu zu verlieben.
Alex erhält in der Zwischenzeit ein verlockendes Angebot, um endlich an eine Ausreisebewilligung zu kommen und lässt sich auf einen Deal mit einem zwielichtigen US-Geheimagent ein. Doch Alex Unternehmungen bleiben nicht unentdeckt und er wird festgenommen. Sein Schicksal ist somit besiegelt....
Als Cameron diese Neuigkeit erfährt, setzt sie alles daran endlich nach Russland zu gelangen und Alex herauszuholen. Das "wie" ist ihr noch ein Rätsel, aber sie muss einfach vor Ort bei ihrem Mann sein. Durch eine unverhoffte Hilfe bekommt sie die langersehnten Papiere und reist sofort nach Moskau. Blair und Gary lassen sich in die Botschaft nach Moskau versetzen, um Cameron beizustehen und auch Jackie hat sich dazu entschieden Cameron zu helfen. Überraschender Weise erhält auch sie eine Einreisebewilligung und geht nach Moskau. Diese "Zufälligkeit", dass plötzlich alle drei Schwestern einreisen dürfen, nachdem Cameron vorher jahrelang erfolglos darum gekämpft hat, war mir etwas zu unrealistisch. Dies stellt aber das einzige Manko am Buch dar.
In Russland treffen wir auf einige alte Bekannte und bangen mit Cameron und ihren Schwestern um das Leben von Alex. Aber auch Semjon kommt wieder ins Spiel und bringt noch mehr Schwung in die Geschichte, genauso wie zwei plötzliche Verehrer von Jackie.
Der Großteil des Romans spielt diesmal in Moskau. Der Autorin gelingt es wieder meisterhaft die Zeit des Kalten Krieges zwischen Amerika und der Sowjetunion darzustellen. Die Hoffnung, dass nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Normalität wieder einkehrt, zerschlägt sich sehr rasch. Cameron entdeckt schnell, dass die Spitzeleien und die Überwachung noch härter durchgeführt werden, als bei ihrem letzten Besuch. So sieht sie anfangs auch überhaupt keine Chancen an Alex ranzukommen.
Der Schreibstil ist gewohnt bildhaft. Die Figuren sind mir schon im ersten Band ans Herz gewachsen und sind so real und liebenswert, dass ich nun einen richtigen Abschiedsschmerz verspüre, diese nun gehen zu lassen. Zum Abschluss der Tetralogie rund um die Hayes-Töchter kann ich nur sagen, dass ich diese Reihe jedem empfehle, der Familiensagen, die im Zweiten Weltkrieg spielen, liebt. Die Bücher sollten aber unbedingt der Reihe nach gelesen werden!
Fazit:
Ein krönender Abschluss der Tetralogie rund um die Hayes Töchter, der mich insgesamt total überzeugt hat. Natürlich ist nicht jeder Band der Reihe gleich stark, aber ich habe die 5 Sterne immer sehr gerne vergeben. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschiede ich mich von dieser Reihe, die einen ganz besonderen Platz in meinem Bücherregal einnehmen wird.
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15.10.2017LEXI HEIMAT MEINES HERZENS
Mit dem vierten und letzten Band der Sturmzeiten-Reihe präsentiert Judith Pella eine Geschichte, die es mit den drei Vorgängerbüchern durchaus aufnehmen kann. Die Autorin versetzt ihre Leser in die Zeit nach der Beendigung des Krieges, die gesamte Handlung erstreckt sich auf einen Zeitraum von drei Jahren, nämlich von 1946 bis 1948. Der Schauplatz des Geschehens ist im
Gegensatz zu den vorangehenden Büchern diesmal jedoch vorrangig Russland.
Während Cameron, die älteste Tochter von Keagan Haye, sich immer noch im von den Sowjets besetzten Berlin befindet und alles versucht, endlich wieder nach Russland einreisen zu dürfen, lebt ihre Schwester Blair mittlerweile mit ihrem Ehemann Gary in Washington. Gary fand eine Anstellung im Pentagon und es fehlt den beiden an nichts. Einzig die unerfüllte Hoffnung auf ein Kind trübt das Glück der beiden. Jacqueline, die jüngste der Hayesschwestern, trauert immer noch tief um ihren vor eineinhalb Jahren verstorbenen Ehemann Sam. Sie liebt ihre kleine Tochter Emi und arbeitet als Lehrerin, fühlt sich jedoch trotz ihrer engen Familienbande oft einsam. Die Tatsache, dass ihr verstorbener Ehemann japanischer Herkunft war und auch ihre gemeinsame Tochter asiatische Gesichtszüge aufweist, sorgen nicht nur für Vorurteile und rassistische Anfechtungen, sie scheinen zudem auch ihre Chancen auf eine neue Partnerschaft unmöglich zu machen. Noch dazu vergleicht Jackie jeden potentiellen Bewerber mit ihrer großen Liebe - ein Vergleich, dem bislang noch kein Mann standhalten könnte. Jackies Ansicht nach kann niemand ihrem geliebten Ehemann und Seelengefährten Sam das Wasser reichen.
Nach Camerons unzähligen gescheiterten Versuchen, ein Einreisevisum in die Sowjetunion zu erhalten, sickern plötzlich Informationen über dramatische Entwicklungen Camerons Ehemann Dr. Alexej Rostowschikow betreffend durch. Alex galt in seinem Heimatland als Kriegsveteran und Held des Großen Vaterländischen Krieges. Seine Auswanderungsanträge wurden jedoch kategorisch abgelehnt, die Spannungen zwischen den ehemaligen Verbündeten Amerika und Russland wachsen permanent. Als Alex ein verlockendes Angebot von einem amerikanischen Geheimdienstagenten bekommt, setzt er schließlich alles auf eine Karte, um aus der Sowjetunion ausreisen und mit seiner Ehefrau vereint zu sein. Das lebensgefährliche Unterfangen wird jedoch aufgedeckt, Alex wird inhaftiert und verhört. In ihrer tiefsten Verzweiflung bietet sich Cameron unverhofft eine Möglichkeit, zu ihrem Mann zu gelangen. Spontan beschließen Blair, Gary und Jackie, sie dabei zu begleiten. Auf diese Weise beginnt ein großes und äußerst gefährliches Abenteuer mit dem Ziel, Dr. Alexej Rostowschikow aus Russland zu befreien. Die Protagonisten dieses Buches erhalten jedoch durch Robert Wood, den stellvertretenden Konsul der Botschaft, Hilfestellung. Zudem bietet ein sehr mächtiger ehemaliger Freund von Alex seine Unterstützung an, begibt sich damit indessen selbst ebenfalls in höchste Gefahr. Ein atemberaubender Wettlauf gegen die Zeit beginnt, und niemand weiß, wem er noch trauen darf.
Die Autorin hat sich in ihrem vierten und letzten Band dieser Buchreihe allergrößte Mühe gegeben und wartet mit einem hohen Spannungsbogen auf. Das Leben im Land hinter dem Eisernen Vorhang ist gefährlicher als je zuvor, unablässige Überwachung und Bespitzelung sind an der Tagesordnung. Man darf sich als Leser zudem auch darauf freuen, bekannte Figuren aus den Vorgängerbüchern wiederzutreffen. Judith Pellas einnehmender Schreibstil, die exzellente Charakterzeichnung und die hohe Wertigkeit des christlichen Glaubens sind ganz große Merkmale dieser imposanten Reihe, die durch "Heimat meines Herzens" ihren krönenden Abschluss findet.
Ich wage nicht zu behaupten, dass dieser finale Band tatsächlich der schönste und emotionalste dieser Reihe wäre, denn sie haben mir allesamt hervorragend gefallen. "Heimat meines Herzens" weist jedoch meines Erachtens den größten Spannungsbogen auf und bescherte mir ein wundervolles, tief berührendes, absolut stimmiges und an manchen Stellen auch tränenreiches Finale. Ich schloss dieses eindrucksvolle Buch mit dem tiefen Bedauern darüber, dass ich nun von den mir im Verlauf der Geschichte lieb und vertraut gewordenen Personen Abschied nehmen musste. Der Ausgang einiger Schicksale war für mich zunächst nicht ganz zufrieden stellend. Nach Beendigung dieser Reihe muss ich der Autorin jedoch zugestehen, dass Judith Pellas gesamte Inszenierung im Sinne des Erschaffens von Authentizität geschuldet war und ihr dies auf vortreffliche Weise gelungen ist.
Fazit: Die Sturmzeiten-Reihe von Judith Pella stellt ein erstklassiges Lese-Highlight dar, das ich uneingeschränkt weiter empfehlen kann. Da die einzelnen Bücher jedoch aufeinander aufbauen, sollten sie meiner Meinung nach nicht unabhängig voneinander gelesen werden.
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08.10.2017peedee Spannend und aufwühlend
Sturmzeiten, Band 4: Der Krieg ist endlich vorbei. Nun könnte sich alles normalisieren, wenn da nicht das ungeklärte Verbleiben von Camerons Mann Alex wäre. Er kann nicht aus Russland raus, Cameron kann seit zwei Jahren nicht rein. Diese Ausweglosigkeit lässt Alex dazu verleiten, für den amerikanischen Geheimdienst zu arbeiten - sein Lohn: die Flucht. Doch es
läuft nicht alles nach Plan. Gary, Blair und Jackie wollen Cameron unbedingt helfen, Alex zu retten und machen sich nach Russland auf"
Erster Eindruck: Mir gefällt das Cover mit den alten Koffern hinter dem Vorhang sehr gut; es ist von den Farben her zurückhaltend und passt hervorragend zu den anderen Bänden.
Dies ist Band 4 der Reihe und ich empfehle unbedingt, mit Band 1 zu beginnen. In dem vorliegenden Band begleiten wir die Hayes" von April 1946 - November 1948.
Cameron: Eine wirklich schwierige Situation für Cameron, lange nicht zu wissen, was mit ihrem Mann ist. Später erfährt sie, dass er verhaftet wurde. Jeder weiss, dass es in russischen Gefängnissen keine "Kuschelpolitik" gibt. Als ich die Beschreibungen der Folter gelesen habe, die Alex (stellvertretend für viele andere Menschen auch) erleiden musste, wurde mir schier schlecht. Wirklich grauenhaft!
Blair: Rein äusserlich geht es Blair und ihrem Mann Gary gut - er hat einen guten Job und sie führen ein angenehmes Leben. Doch etwas fehlt"
Jackie: Sowohl ihre Mutter als auch ihre Schwiegermutter sind der Meinung, dass Jackie sich ein neues Leben - mit einem neuen Mann - aufbauen sollte. Aber die bisherigen Männer waren alle nichts für sie: sobald sie sagte, dass sie ein Kind hat und dieses auch noch halb-japanisch ist, ist alles aus. Tragisch, oder" Da kommt ihr die Abwechslung mit der Reise nach Russland gerade recht.
In Russland gibt es für den Leser ein Wiedersehen mit anderen "alten" Bekannten: Juri, Sophia, Anatoli, Robert "Bob" - und auch Semjon. Die Zeit in Russland ist für alle drei Schwestern sehr intensiv. Sie sind froh, dass sie einander haben. Es wird auch das eine oder andere Problem angesprochen, das seit langem für Missstimmung bei den Schwestern geführt hat. Der Glaube und die Liebe eint die Schwestern. Ich würde gerne viel erzählen, doch will ich auch nicht spoilern. Es gab für mich wirklich sehr viele intensive und bewegende Momente" einer davon ist sicherlich die Rede, die Keagan am Ende des Buches hält" schluck.
Band 1 habe ich in der Print-Version gelesen, dann ab Band 2 als E-Book, da mir die kleine Schrift und die zu dicht beschriebenen Seiten im ersten Band wirklich Mühe gemacht haben. Mit E-Book ist alles prima. Ich kann mich hier nur von den Vorgängerbänden wiederholen: Einen historischen Roman zu schreiben, stelle ich mir immer sehr aufwändig vor, da dies einen immensen Rechercheaufwand bedeutet. Die Autorin hat es meisterhaft geschafft, die Personen lebendig erscheinen zu lassen. Nun habe ich die Hayes" so lange begleitet und es fällt mir nicht leicht, sie gehen zu lassen. Ein unwahrscheinlich spannender und aufwühlender letzter Band. Von meiner Seite gibt es ganz klar 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung! Danke.
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