Sie haben ziemlich lange dafür gebraucht. Und ich persönlich glaube, dass der Geist Gottes ihre Gedanken dabei geleitet hat. Warum hat es denn dann trotzdem so lange gedauert, bis sich die Christen einig darüber waren, wie das mit der Dreieinigkeit Gottes zu verstehen ist? Ich glaube, das liegt daran, dass es hier um das Wesen Gottes geht und nicht um die Beschaffenheit eines Big Macs, einer Balkonpflanze oder eines Gummibärchens. Hätten die ersten Christen behauptet, das Wesen Gottes an einem Dienstagnachmittag um halb 4 gecheckt zu haben, so wäre mir das ziemlich verdächtig. Ich würde entweder glauben, dass sie sich nicht viel Mühe gegeben haben oder dass Gott in Wirklichkeit gar nicht so göttlich ist. Denn wenn ein Mensch so fix das Wesen Gottes verstehen könnte, was wäre das denn für ein mickriger Gott, den mein kleiner Bordcomputer sofort begreifen würde!
Als die ersten Christen über die Dreieinigkeit nachgedacht haben, stellten sie fest, dass es in der Bibel gar nicht so viele Stellen dazu gibt. Deshalb gab es auch immer wieder irgendwelche Sonderlinge, die alles Mögliche über Gottes Wesen behauptet haben. Einer zum Beispiel hieß Montanus und der hat gesagt, dass er der Heilige Geist wäre. Spätestens dann mussten die restlichen Christen, die noch alle Nadeln am Baum hatten, hingehen und erklären, warum Montanus einen Sockenschuss hatte.
Die Bibel spricht oft von Vater und Sohn. Sie spricht natürlich auch vom Heiligen Geist, aber zu dem kommen wir etwas später. Fangen wir erst mal mit zwei an, nicht gleich mit drei. Dass die Bibel von Vater und Sohn spricht, muss ja irgendetwas bedeuten. Klar war auch den frühen Christen, dass es nicht geschlechtlich gemeint sein konnte, denn Gott wird an einer Stelle auch mal als Mutter bezeichnet und einmal sogar als Henne. Also musste es etwas anderes bedeuten, dass die Bibel gerade die Wörter Vater und Sohn verwendet. Vielleicht sollte es eine Art von Hierarchie andeuten. Das konnte aber auch irgendwie nicht sein, denn im Johannesevangelium steht, dass Jesus ganz Gott war, nicht weniger. Das wird im Philipperbrief auch nochmal betont: Jesus war Gott gleich, nicht untergeordnet oder weniger göttlich.
Wieso spricht die Bibel dann so oft von Vater und Sohn? Könnte sie nicht auch von Bruder und Bruder reden? Da sie das offensichtlich nicht tut, muss Vater und Sohn eine andere Bedeutung als die geschlechtliche oder die hierarchische haben. Was zeichnet denn Vater und Sohn aus? Der Sohn wird immer vom Vater gezeugt, hervorgebracht. Der Vater zeugt den Sohn, er bringt den Sohn hervor. Wenn es aber vor aller Zeit (also noch vor der Schöpfung) einen Zeitpunkt gegeben hätte, wo der Vater da war und der Sohn noch nicht, dann wäre der Sohn nachgeordnet, erschaffen und somit nicht ganz Gott. Er wäre weniger göttlich. Und wir haben eben ja gesehen, dass die Bibel sagt, dass das nicht der Fall ist.
Jetzt haben wir eine Zwickmühle. Die Wörter Vater und Sohn deuten an, dass der eine den anderen zeugt bzw. hervorbringt, aber das darf niemals irgendwann passiert sein, sonst wäre der Sohn ja untergeordnet. Eine schöne Zwickmühle, was?! Spätestens jetzt wird uns klar, warum die ersten Christen das Geheimnis der Dreieinigkeit nicht an einem Dienstagnachmittag um halb vier gelüftet haben.
Die Lösung ist folgende: Der Vater bringt tatsächlich den Sohn hervor, aber nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt vor aller Zeit, sondern immerwährend und dauernd und das schon immer. Es gab kein erstes Mal. Es war immer schon so. Es ist ein andauernder, nie endender Vorgang. Er wird niemals aufhören. Wir Theologen formulieren das so: Der Vater zeugt in Ewigkeit den Sohn. Man könnte auch sagen: Seit aller Ewigkeit und bis in alle Ewigkeit bringt der Vater den Sohn hervor. Und beide hauchen den Geist, der sie umhüllt und eint. Und auch dieses Hauchen des Geistes geschieht nicht irgendwann zum ersten Mal, sondern war schon immer und wird immer sein. Vater und Sohn hauchen in Ewigkeit den Geist, der sie umhüllt und umgibt und sie eint.
Wenn du dir das jetzt so ein bisschen vorstellst, hast du wahrscheinlich ein Bild vor Augen. Eine Wolke, die sich bewegt, oder eine Flüssigkeit, die in Bewegung ist. Und das ist ganz nah an dem, wie sich die Christen die Dreieinigkeit vorstellen. Gott ist nicht statisch, er ist nicht ein einsamer Gott an der Spitze von allem. Er ist nicht bewegungslos. Gott ist in sich selber Gemeinschaft. Gott ist in sich selber Bewegung. Gott ist in sich selber Beziehung. Gott ist in sich selber Liebe. An der Spitze von allem, was es gibt (also unbelebter Materie wie Steine, dann die Pflanzen und Tiere, die Menschen und vielleicht Engelswesen) steht nicht ein einsamer Gott, sondern an der Spitze von allem, was es gibt, steht Gemeinschaft, Beziehung und Bewegung.
Seit allen Ewigkeiten bringt der Vater den Sohn hervor und seit allen Ewigkeiten hauchen die beiden den Heiligen Geist, der sie seit allen Ewigkeiten umhüllt und umfängt. Gott ist in seinem innersten Wesen Gemeinschaft, Beziehung und Bewegung. Vielleicht können wir jetzt auch verstehen, wie es eigentlich zur Schöpfung gekommen ist. Und ob Gott das schnell gemacht oder sich viel Zeit dabei gelassen hat, ist egal: Es gibt ein Universum. Es gibt eine Erde mit Menschen drauf. Weil Gott in sich selbst Beziehung und Gemeinschaft und Liebe ist, drängt alles in ihm danach, etwas zu erschaffen. Brodelnde Liebe, kochende Leidenschaft, sich immer bewegende Beziehung drängt automatisch nach außen. Das Universum, die Erde, die Menschen sollen ein sichtbares Abbild des unsichtbaren Wesens Gottes sein. Sonst wäre ja dieses geheimnisvolle und unglaubliche, aber auch ultrageniale Wesen Gottes für alle Zeiten verborgen geblieben. Gott ist Beziehung und Bewegung in sich selbst. Liebe und Beziehung drängen immer danach, aus sich herauszugehen und nicht bei sich zu bleiben. Gott erschafft das Universum, die Erde und die Menschen. Und die Schöpfung soll gleichzeitig ein sichtbares Abbild seines unsichtbaren Wesens sein. Wow! That's it! Great!
Fossi Bäumer