Meine Liebe zu Jesus wurde tiefer und größer und in jedem Ferienlager, auf jeder Freizeit gefestigt.
Wovon mein Herz voll war, davon ging auch mein Mund über, und so spielte ich mit meinen Freundinnen fröhlich „Kinderstunde“. Ich lud die Kinder aus der Nachbarschaft ein und übte mich als Missionarin. Ob das den andern gefiel oder nicht und wie sie über mich dachten, war mir nicht so wichtig. Ich fragte meine Lehrerin, ob ich der Klasse ein Lied vorsingen dürfte, und sang aus vollem Herzen und Kehle Lieder wie „Zünde an dein Feuer, Herr, im Herzen mir …“
Zu meiner Konfirmation wählte ich sehr bewusst den Spruch aus Psalm 100,2: „Dienet dem HERRN mit Freuden, kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken.“ Ja, das wollte ich: Gott dienen, mit Freude, von ganzem Herzen, mit ihm leben, von ihm reden, mit ihm wirken.
Doch dann kam eine Zeit in meinem Leben, die ganz anders war. Ich stand nicht mehr vor der Klasse und sang voller Freude von Gott. Nein, ich war zur Außenseiterin geworden, gehörte zu denen, die gemieden wurden, die nicht dazugehörten. Diese Erfahrung tat tief drinnen sehr weh und eine große Einsamkeit breitete sich aus. So überstand ich Jahr um Jahr in der Schule und hungerte nach Leben und Zugehörigkeit. Der Glaube war nach wie vor das tragende Fundament für mich, hatte aber an Lebendigkeit verloren. Er war äußerliche Fassade ohne überzeugende Ausstrahlung.
Und dann kam die Sucht, um die Leere zu füllen – die Sucht nach dem Nichts, besser gesagt nach Hungern, Abmagern, Trainieren, Kalorien verbrauchen. Ich rutschte immer tiefer in die Essstörung Magersucht. Zuerst unbewusst und peu à peu, dann ganz bewusst, um Gramm für Gramm loszuwerden.
Alles wurde mir zum Zwang, zum Muss. Sogar der Glaube wurde zum streng kontrollierten Leistungs-System, bis zum Zusammenbruch. Endlich!
Nun, am Ende meiner Kraft, am Tiefpunkt meines Lebens, begegnete mir Gott ganz neu, ganz anders und so wohltuend. Ich durfte loslassen, mich fallen lassen, nicht mehr müssen, nicht mehr funktionieren, sondern sein …
Das ging nicht von heute auf morgen, sondern es begann ein jahrelanger, aber lohnenswerter Weg, Schritt für Schritt. Noch immer bin ich unterwegs und buchstabiere bis ins Innerste die Liebe und Annahme Gottes, weil ich bin – und nicht, weil ich leiste.
In diesem Prozess entschied ich mich neu, den Weg mit Gott zu gehen und mich meinen Fragen und Zweifeln zu stellen, auch meinen Glauben zu hinterfragen und hinterfragen zu lassen – von Freunden, von meinem Mann, im Studium, im Gespräch mit anderen. Was und an wen glaube ich? Wer ist mein wahrer Halt im Leben? Warum glaube ich und warum so, wie ich es tue? Dieses Fragen hat mich gestärkt. Bis heute.
Heile Welt? Nein, ich will mich nicht belügen. Es bleibt ein Unterwegssein. Die erste Entscheidung für Gott in meiner Kindheit war der Anfang von einem langen Weg. Ohne das „Ja!“ von Gott zu mir wüsste ich nicht, wo ich heute wäre.
Aber ich weiß: In meinem Leben brauche ich immer wieder neu die Hinwendung zu und die Hingabe an Gott, damit er erneut sein Feuer in mir entzündet.
Denn nach und nach entdecke ich Anteile in mir, die lieber ohne Gott durchs Leben wollen, lieber so, wie es ihnen am besten passt. Immer wieder steht das Ego im Weg und möchte selbst im Leben herrschen. Und immer wieder neu bin ich eingeladen, Gott auch in diese Lebensräume einzuladen und sie ihm zu überlassen.
Mein Konfirmationsspruch ist mir in den letzten Jahren wieder sehr wichtig geworden, insbesondere als Pfarrerin. Er ist in meinem Talar-Innern eingestickt, um mich beständig daran zu erinnern und wieder neu dazu einzuladen, mit Freuden mit Gott unterwegs zu sein, so wie ich bin – echt, ganz, authentisch –, und mich mit meinen Gaben ins Reich Gottes einzubringen: „Dienet dem HERRN mit Freuden!“
Ja, das will ich von ganzem Herzen – mit Gott!
Sabine Herold (sh)
Bibelvers
Psalm 100
Ein Lied für den Dankgottesdienst
Jubelt dem HERRN zu, ihr Völker der Erde!
Dient ihm voll Freude, kommt zu ihm mit fröhlichen Liedern!
Erkennt, dass der HERR allein Gott ist! Er hat uns geschaffen, wir gehören ihm! Wir sind sein Volk, das er umsorgt wie ein Hirte seine Herde.
Geht durch die Tempeltore ein mit Dank, betretet die Vorhöfe mit Lobgesang! Preist ihn und rühmt seinen Namen!
Denn der HERR ist gut zu uns, seine Gnade hört niemals auf, für alle Zeiten hält er uns die Treue.
Gebet
Umgeben von deiner Liebe
Am Anfang meines Lebens
steht dein bedingungsloses JA zu mir.
Du bist der Gott, der mich ins Dasein liebte und liebt.
Am Ende meines Lebens
empfängst du mich mit deiner Liebe.
Du bist der Gott, der mich nach Hause bringt.
In Tiefen meines Lebens
bist du mit mir, leidest und weinst mit mir.
Du bist der Gott, der mit mir durch die Tiefen geht.
Auf Höhen meines Lebens
erkenne ich, dass nicht meine Kraft und Weisheit
das geleistet haben –
du bist der Geber aller guten Gaben, Herr.
So umgibst du mich mit deiner Liebe –
im Gestern, im Morgen, in Tiefen und auf Höhen –
jetzt und hier und immer!
sh