Nister, am 12. September 1728
»Wohin gehen wir, Großvater?« Karl passte seine Schritte denen des alten Mannes an, der sich laut schnaufend auf seinen Gehstock stützte. Es fiel Karl schwer, den Waldweg nicht entlangzurennen, wie er es normalerweise tat. Er liebte es, durch den Wald zu streifen, von Stein zu Stein zu springen, über umgestürzte Baumstämme zu balancieren und seine kratzige Kehle mit dem frischen Wasser aus einem der sprudelnden Bäche zu kühlen. Hier draußen war er frei.
Frei von lästigen Aufgaben, frei von dem Spott seiner Geschwister oder der Schelte seines Vaters, der ihm immer wieder vorhielt, wie er als Zwölfjähriger zu sein hatte.
Für seinen Großvater Jakob war er jedoch gern bereit, sich zurückzunehmen. Großvater schimpfte nie mit ihm. Sie redeten nicht viel, was Karl manchmal bedauerte. Er genoss es, dass er bei dem alten Mann einfach nur er selbst sein durfte. Das war schon immer so gewesen.
Jetzt verweilte Jakob einen Moment und deutete mit seinem Stock auf den großen Felsen, der wie eine Nase aus dem Berg ragte. Karl nickte. Er wusste, dass es dort eine Höhle gab. Als er noch kleiner gewesen war, hatte er vor den Fledermäusen Angst gehabt, die darin wohnten. Sie waren ihm noch immer etwas unheimlich, aber zusammen mit Großvater Jakob fürchtete er sich nicht.
Sie mussten noch zwei Pausen einlegen, bis sie den Höhleneingang erreicht hatten. Eine beklemmende Enge legte sich um Karls Herz. Seinem Großvater ging es nicht gut. So langsam war er noch nie gegangen und er hatte auch noch nie so schwer geatmet. Nun lehnte er sich an die Felswand, das Gesicht kreideweiß, derweil ihm die Schweißtropfen von der Stirn perlten. Er hielt den Gehstock fest umklammert, obwohl er die Wand im Rücken hatte.
Nach einer Weile beruhigte sich seine Atmung und er sah Karl eindringlich an. »Zwei große Schritte hinein, dann siehst du links einen Stein, etwa auf Augenhöhe. Schau, ob du ihn findest, Karl.«
Karl machte zwei große Schritte in die Felsnische und suchte die Wand ab. Er fand nichts.
»Schau genau hin.«
»Da ist nichts.« Noch während er es sagte, fielen ihm zwei merkwürdige Löcher auf, die fast wie Augenhöhlen wirkten. Karl schluckte und sah sich zu seinem Großvater um.
»Zieh ihn heraus.«
Mit einem mulmigen Gefühl im Magen trat Karl näher an die Stelle heran, steckte Daumen und Mittelfinger in die Öffnungen und zog. Etwas Sand rieselte herab und er meinte, eine leichte Bewegung verspürt zu haben.
»Musst dich schon anstrengen, sonst bekommst du ihn nicht aus dem Loch.«
»Mach du das, Großvater«, sagte Karl und trat unsicher zurück. Aus der Höhle drang ein muffiger Geruch und es behagte ihm nicht, dass er nicht sehen konnte, was sich in der Dunkelheit verbarg.
»Nein. Entweder du schaffst es oder wir kehren um.«
Karl biss sich auf die Unterlippe. Sein Blick streifte die Ledermappe, die sein Großvater schon den ganzen Weg über an seine Brust presste, als wäre sie ein wertvoller Schatz. Was wohl darin war? Wollte er sie hier verstecken?
Er atmete einmal tief durch und griff wieder nach dem Stein. Wenn Großvater sagte, man könne ihn herausziehen, dann musste es so sein. Großvater sagte immer die Wahrheit. Mit aller Kraft zerrte Karl an dem Stein und stieß einen überraschten Schrei aus, als er ihn tatsächlich ein Stückchen aus der Wand zog. Der Schrei wurde von den Wänden der Höhle zurückgeworfen. Karl fuhr herum und rannte ein Stück vom Eingang weg.
Jakob grinste ihn an, aber keine spöttische Bemerkung kam über seine faltigen Lippen. Er winkte nur. »Hab keine Angst, mein Junge. Komm. Du kannst das.«
Sein Herz klopfte wild, aber Karl kam wieder näher.
»Schau, wie weit er schon heraussteht. Jetzt musst du ihn mit beiden Händen packen.«
Karl presste die Zähne aufeinander und trat entschlossen auf den Stein zu. Mit einigem Rütteln schaffte er es schließlich, ihn aus der Öffnung zu ziehen und auf den Boden zu legen. Dahinter verbarg sich eine geräumige Nische, die offensichtlich aus dem Felsen gehauen worden war. »Hast du das gemacht?«, fragte er staunend.
»Vor langer Zeit.« Jakob schob tatsächlich die Ledermappe in das Versteck. Dann legte er Karl eine Hand auf die Schulter und sah ihm in die Augen. »In dieser Mappe befindet sich etwas, das dir helfen kann, solltest du einmal in Not geraten. Ich weiß, du bist anders. Und wir, die wir anders sind, haben es oft nicht leicht, bis wir unseren Platz in der Welt gefunden haben. Wenn du nicht mehr weiterweißt, dann erinnere dich an mich. Erinnere dich an diesen Ort. Hüte dieses Geheimnis gut, denn nur, wenn du ganz auf dich allein gestellt bist, wird dir dieser Schatz zum Segen werden. Lüftest du es zu früh, wird man es dir wegnehmen.« Jakob tippte mit dem Gehstock auf den Stein. »Nun steck ihn zurück.«
»Willst du mir nicht verraten, was in der Mappe ist?«, fragte Karl, während er den Stein hochstemmte und wieder in die Öffnung schob.
»Nein.«
Sie traten beide zurück und betrachteten die Wand. Nichts deutete darauf hin, dass es dort ein Versteck gab. Man erkannte die beiden Grifflöcher nur, wenn man direkt davorstand.
Langsam machten sie sich auf den Heimweg.
»Warum sind wir anders?« Dass er anders war, wusste Karl schon lange. Seine beiden Brüder hänselten ihn oft, weil er lieber allein unter einem Baum saß und schnitzte, als mit ihnen zu toben. Wo sie sich einen Spaß daraus machten, Vogelnester zu plündern oder Schafe umzuwerfen, kümmerte er sich um verletzte Tiere oder zog ein Lämmchen auf, dessen Mutter gestorben war. Es war sein Glück, dass er so gern die Tiere versorgte, sonst hätte sein Vater ihn als völligen Nichtsnutz abgetan.
»Das ist die falsche Frage, Karl. Nicht warum, sondern wozu. Wozu dient deine Andersartigkeit? Das musst du dich fragen.«
»Wozu dient deine?«
»Zu heilen, was zerbrochen ist.«
Als Karl an diesem Abend nach der Stallarbeit in die Stube kam, saß Jakob in seinem Sessel und betrachtete nachdenklich den Knauf seines Gehstocks. Karls Herz machte einen Hüpfer. Er hatte seinem Großvater diesen Stock geschenkt und den Knauf selbst geschnitzt. Es hatte eigentlich ein Hundekopf werden sollen, aber das harte Holz des knorrigen Astes, den er im Wald gefunden hatte, hatte sich mit aller Macht gewehrt. Anders konnte er sich die schielende Fratze nicht erklären, die auf dem Knauf prangte.
Großvater hatte herzhaft gelacht, als er ihm den Stock geschenkt hatte. Und seither stützte er sich darauf. Es machte Karl unendlich stolz.
»Ist alles in Ordnung bei deinen Schützlingen?«, fragte Jakob.
»Ja, Großvater.« Karl setzte sich auf die Bank neben ihn. Aus der Küche drang das Gezanke seiner jüngeren Schwestern, die beide versuchten, der jeweils anderen ihre Aufgaben zuzuschieben. Karl lehnte sich entspannt zurück und streckte in der wohligen Gewissheit die Beine aus, seine eigenen bereits erledigt zu haben.
»Du hast Talent, mein Junge.«
Jakobs Worte rissen Karl aus seinen Gedanken. Er schaute seinen Großvater an, doch der zeichnete mit dem Mittelfinger seiner linken Hand die Gesichtszüge der Fratze auf dem Knauf nach. Zum bestimmt hundertsten Mal fragte Karl sich, wo der Zeigefinger geblieben war. Eine weiße Linie zog sich über den Handrücken, die blasse Spur einer alten Narbe. Wann immer eins der Kinder gefragt hatte, was passiert war, hatte Großvater ihnen ein neues Märchen aufgetischt. Mal hatte ein Fisch den Finger abgebissen, dann war es ein Wolf gewesen, ein anderes Mal hatte er sich zu tief in der Nase gebohrt oder ihm war im Wald ein kleines Männlein begegnet, das ihm den Finger weggezaubert hatte.
»Ich weiß, du glaubst, der Knauf wäre missglückt, aber das stimmt nicht. Du hast erkannt, was in diesem Stück Holz steckt.«
»Aber es sollte ein Hund werden!«
»Der Hund steckte aber nicht im Holz. Ein Handwerker hätte trotzdem einen Hund daraus gemacht. Aber du, Karl, du bist ein Künstler. Ein Künstler erzwingt nichts. Er arbeitet mit seinem Kunstwerk, nicht dagegen. In diesem Ast steckte eine Fratze und du hast sie hervorgelockt. Sie ist herrlich und bringt mich immer wieder zum Lachen.«
»Jetzt nicht«, erwiderte Karl trotzig. Er wusste nicht so recht, was er mit dem anfangen sollte, was sein Großvater da sagte, obwohl es eigentlich genau sein Empfinden ausdrückte. In gewisser Weise erschreckte es ihn, dass Jakob diese Wahrheit kannte, ohne dass Karl etwas davon preisgegeben hatte.
»Nicht laut. Aber in mir lacht es.«
Kundenstimmen
Eine Echtheits-Überprüfung der Bewertungen hat vor deren Veröffentlichung nicht stattgefunden. Die Bewertungen könnten von Verbrauchern stammen, die die Ware oder Dienstleistung gar nicht erworben oder genutzt haben.
16.02.2024irveliest Den kleinen Karl und seinen alten Opa verbindet ein ganz besonderes Band. Der Junge ist so ganz anders als seine Brüder und die – sowie auch der Vater – gehen nicht gerade zimperlich mit ihm um. Die Mutter hingegen ist ein sanftmütiger Mensch, und auch Jakob verabscheut Gewalt, vor allem die gegen Kinder. Daher ist er immer ein sicherer
Hafen für Karl. Zumindest solange er lebt.
Ich fühlte mich den beiden sofort nah. Vielleicht, weil Karl mich an meinen älteren Sohn erinnert hat, vielleicht, weil ich zu einer meiner Omas ein ähnlich emotionales Verhältnis hatte wie der Junge zu seinem Opa. Als Jakob stirbt, ist mir das sehr nahe gegangen. Er hat zwar Karl ein Geheimnis anvertraut für den Fall, dass der Junge irgendwann nicht mehr weiterweiß, und sorgt somit quasi über den Tod hinaus für seinen Enkel, aber das nutzt Karl zunächst wenig.
Immer wenn ihm alles zu viel wird, flüchtet sich der Junge in den Stall zu den Tieren. Dort ist sein Ort der Ruhe, des inneren Friedens – und der Schnitzerei, für die der Junge großes Talent hat. Doch eines Tages gerät Karl in eine hoffnungslose Situation und anstatt alles in die Waagschale zu werfen und für sein Recht zu kämpfen, beschließt er, seinen eigenen Weg zu gehen. Jakob ist ihm dabei immer wieder ganz nah und als Karl einmal das Wasser bis zum Hals steht, erinnert er sich an das, was der Großvater ihm einst anvertraut hat....
Ich bin in diesem Roman versunken. Die Charaktere sind so lebendig und authentisch beschrieben, ebenso gut hat die Autorin die relevanten gesellschaftlichen Zustände der damaligen Zeit – wir befinden uns im 18. Jahrhundert – eingearbeitet und wie Annette Spratte die landschaftlichen Gegebenheiten beschreibt, lässt erkennen, wie sehr sie dieses Fleckchen Erde liebt.
Dies alles bildet die überzeugende Kulisse für eine großartige Geschichte, die in einem wunderbar flüssigen Stil geschrieben ist, die trotz der Schwere dennoch durch die Glaubensimpulse immer wieder federleicht wird und die von tiefer Liebe, Hingabe und großem Gottvertrauen erzählt. Der Titel ist perfekt gewählt für diesen Roman!
Denn wir begleiten nicht nur Karl auf einem Stück seiner Lebensreise, sondern die Autorin entführt uns zudem immer mal wieder in die Vergangenheit, um bestimmte Phasen aus Jacobs Leben zu reflektieren. Es hat mich zutiefst berührt, wie der Mann die Ablehnung und Widerstände, die er oft in seinem Leben erleben musste, weggesteckt hat. Sein Gottvertrauen war so tief, dass er nie die Hoffnung verloren hat und der Verzweiflung und Verbitterung, die vermutlich viele Menschen befallen hätten, keinen Zutritt gewährt hat.
Jetzt, wo ich die Geschichte reflektiere, läuft mir wieder eine Gänsehaut den Rücken herunter. Denn sie ist zart und stark zugleich. Ich wollte sie gleichzeitig schnell und langsam lesen. Schnell, weil mich das Erzählte sehr gefesselt und berührt hat – mehr als einmal kullerten die Lesetränchen –, langsam, weil ich wollte, dass dieses Buch nie endet, weil es meine Seele so gut nährte.
Dieser Roman war der erste, aber sicher nicht der letzte von Annette Spratte für mich!
› mehr...
13.02.2024Jutscha Hier hätte ich mit Freuden auch 10 Sterne vergeben - mein absolutes Jahreshighlight
Dieses Buch, das im Westerwald des 18. Jahrhunderts spielt, ist mein absolutes bisheriges Jahreshighlight. Es geht um Karl und dessen Großvater Jakob, dessen Geschichte sich in tragischer Weise mit Karl wiederholt. Karl ist ein sehr ruhiges, in sich gekehrtes Kind, das immer wieder Spott seiner Brüder und
seines Vaters auf sich zieht. Nur sein Großvater, der früh die Begabung für Holzarbeiten und Schnitzereien bei ihm erkennt, ermutigt ihn immer wieder. Schließlich vertraut er ihm ein Geheimnis an, das er nur lüften soll, wenn er wirklich nicht mehr weiter weiß.
Nach dem Tod des Großvaters hat Karl es sehr schwer. Die Spannungen zwischen ihm und seinem Vater bzw. Brüdern spitzen sich zu, als es zu einem folgenschweren Unfall kommt. Karl packt seine Sachen sowie die Bibel seines Großvaters und verschwindet, weil er um sein Leben fürchtet. Er versucht, sich mit seiner Leidenschaft, dem Holz, ein Leben aufzubauen. Nebenher begibt er sich auf Spurensuche, denn der Nachlass seines Großvaters birgt viele Geheimnisse.
Wird er es schaffen, sein Leben in den Griff zu bekommen und zu beweisen, dass er ein guter Mensch ist" Und wird er die Geheimnisse seines Großvaters lüften"
Die Geschichte spielt in zwei Zeitsträngen, nämlich denen von Jakob und Karl. Dabei wird klar, dass sich die beiden Lebenswege sehr ähneln und viele Parallelen bestehen. Während Karls Geschichte chronologisch erzählt wird, erfährt der Leser von Jakob lediglich Häppchen in verschiedenen Lebensabschnitten, die scheinbar keinem Zeitstrahl folgen. Dennoch lösen sich die Fragen, die sich der Leser stellt, nach und nach auf und zum Schluss wird der Kreis in einer absolut unvergleichlichen Art und Weise geschlossen.
Der Westerwald ist nicht weit weg von mir, und die Orte der Handlung sind mir teilweise bekannt. Ich mag es immer sehr, wenn ich die Örtlichkeiten zumindest ein wenig kenne. Aber ich schiebe es nicht alleine darauf zurück, dass dieser Roman mir so gut gefallen hat. Der Schreibstil ist einfach wunderbar und ich war von Anfang an direkt in der Geschichte drin. Karl und Jakob sind sehr sympathische Protagonisten, denen ich, hätte ich zu dieser Zeit gelebt, ohne Bedenken mein Leben anvertraut hätte. Zum Glück gab es auch für Jakob und Karl Menschen, die vorbehaltslos hinter ihnen standen. Alles könnte sich genauso zugetragen haben, ich habe mich direkt in die Zeit zurückversetzt gefühlt. Die Geschichte ist plausibel und logisch aufgebaut und zum Schluss blieben keine Fragen offen.
Wer die Kombination aus Historie, Handwerk und gelebter Geschichte liebt, dem kann ich das Buch absolut und uneingeschränkt empfehlen. Ich war total gefesselt und wollte es gar nicht mehr aus der Hand legen. So muss ein guter Roman sein. Ich bewerte das Buch mit absolut verdienten 5 von 5 Sternen. Aber selbst 10 Sterne wären mehr als verdient.
› mehr...
07.02.2024Anschi Bücherwurm Ein toller Roman, der mich ähnlich gepackt hat, wie "Die Kannenbäckerin" der gleichen Autorin. Ich habe ihn innerhalb von 3 Abenden gelesen.
Ein wenig anstrengend waren die unregelmäßigen Zeitsprünge... und am Ende ein kleiner Zeitfehler in den Überschriften, nach dem die Schwangerschaft ein Jahr zu spät endete, was aber wahrscheinlich wenigen Lesern wirklich auffallen wird. Insgesamt aber ein tolles
Buch, das ich als Buchhändlerin sicher weiterempfehlen werde!
› mehr...
16.01.2024Marianne Zum Glück hat Karl seinen Großvater. Der versteht ihn wie kein anderer. Seine beiden Brüder sind wild und laut, für seinen Vater ist er zu weichlich und verträumt. Der sensible Junge fühlt sich in seiner Familie fehl am Platz, erst recht nach dem Tod des geliebten Großvaters.
Als eine junge Frau Arbeit auf seinem Hof findet, freut sich Karl sehr.
Er bewundert sie aus der Ferne, schnitzt ihr einen Löffel als Geschenk. Das Schnitzen ist Karls Leidenschaft. Zu gern würde er mehr über die Holzverarbeitung lernen.
Eines Tages geschieht ein großes Unglück, und Karl muss schnell weg. Dieser schwere Weg öffnet ihm die Tür zur Erfüllung seiner Träume. Dabei wird ihm auch das Vermächtnis seines Großvaters zum Segen.
Dieses Buch erzählt vor allem von Karl, der Anfang des 18. Jahrhunderts im Westerwald lebt. Dazwischen erhält der Leser Einblicke in das geheimnisvolle Leben seines Großvaters rund dreißig Jahre früher. Die zwei Erzählebenen greifen geschickt ineinander über und machen gespannt auf den Fortgang der Geschichte.
Karl, mit seinen Herausforderungen, wächst dem Leser schnell ans Herz. Auch andere Gestalten werden so gut beschrieben, dass sie lebendig werden. Die besondere Stärke dieses Buchs ist jedoch die Behandlung von lebenswichtigen Fragen. Anhand von Karl und seinem Großvater, erleben Leser wie schwer und doch notwendig es ist zu vergeben, selbst wenn man Unrecht erlebt. Die Alternative wäre Bitterkeit und somit eine allmähliche Vergiftung des Lebens.
Interessant ist auch die Darstellung des Lebens vor dreihundert Jahren. Neben dem Möbelbau und der Schnitzerei, erfährt man Wissenswertes über die Köhlerei, das Reisen und die Standesunterschiede.
Der Glaube an Gott spielt eine wichtige Rolle bei dieser Erzählung. Die Hinweise darauf fügen sich auf natürliche Weise in die Geschichte ein.
Fazit: Eine historische Erzählung, die sich vor allem durch wertvolle Gedanken über Bitterkeit und Vergebung auszeichnet. Sehr empfehlenswert!
› mehr...
19.12.2023Klaudia K. Der Roman "Das Holz aus dem wir geschnitzt sind" von Annette Spratte ist ein reicher Schatz an wundervollen und sehr wertvollen Weisheiten des Lebens.
Die Handlung spielt im 18. Jahrhundert in Westerwald. Karl ist schon seit seiner frühester Kindheit ein introvertierter Mensch. Er liebt es, sich einsam dem Schnitzen zu widmen, und findet einen Gleichgesinnten in seinem Großvater Jakob.
Von seinen
Brüdern und seinem Vater wird er belächelt und als sonderlich abgetan. Sein Großvater vertraut Karl kurz vor seinem Tod ein Geheimnis an, das ihm später zugute kommt. Als Jakob stirbt, muss Karl sich alleine beweisen und ist seinen Brüdern weiter ein Dorn im Auge. Eines Tages kommt es zu einer familiären Tragödie und Karl verlässt die Familie. Jetzt ist er auf sich alleine gestellt und nur sein Onkel Adam bietet ihm Obdach und Hilfe.
Weitere Schicksalsschläge zwingen ihn schließlich, in einem Kloster einzukehren, wo ihm Schnitzereien seines Großvaters auffallen. Da endlich fällt ihm wieder das Geheimnis und Vermächtnis Jakobs ein, der schließlich zum Rettungsanker seines Lebens wird.
Die gefühlvolle Erzählweise Annette Sprattes präsentiert den Roman als ein beeindruckend berührendes Werk, dessen Hauptfigur Karl die Leser so mitfühlen lässt.
Die Prägung durch seinen Großvater war sehr entscheidend und wichtig in Karls Leben. Über die Güte und dem Glauben Jakobs erwuchs in Karl Vergebung und Liebe für seinen Bruder.
Die so wertvolle Botschaft des Glaubens, dem anderen immer wieder die Hand zu reichen, zu verzeihen und nicht nach ursächlicher Schuld zu fragen, überzeugt und berührt gleichermaßen zutiefst.
Dieser Roman wird noch lange in mir nachschwingen und in so angenehmer Erinnerung bleiben, denn er ist etwas ganz Besonderes für mich, zumal der Glaube Jakobs in so eindrucksvolle Weise an seinen Enkel weitergegeben wird.
Selbst der Epilog ist so großartig geschrieben und der faszinierte Leser erfährt wie Karl sich gegenüber seinen Kindern verhält. So haben wir mit "Das Holz aus dem wir geschnitzt sind" von Annette Spratte einen großartig geschriebenen Roman in Händen, den ich so liebend gerne empfehlen möchte.
› mehr...
14.12.2023Irve liest Den kleinen Karl und seinen alten Opa verbindet ein ganz besonderes Band. Der Junge ist so ganz anders als seine Brüder und die – sowie auch der Vater – gehen nicht gerade zimperlich mit ihm um. Die Mutter hingegen ist ein sanftmütiger Mensch, und auch Jakob verabscheut Gewalt, vor allem die gegen Kinder. Daher ist er immer ein sicherer
Hafen für Karl. Zumindest solange er lebt.
Ich fühlte mich den beiden sofort nah. Vielleicht, weil Karl mich an meinen älteren Sohn erinnert hat, vielleicht, weil ich zu einer meiner Omas ein ähnlich emotionales Verhältnis hatte wie der Junge zu seinem Opa. Als Jakob stirbt, ist mir das sehr nahe gegangen. Er hat zwar Karl ein Geheimnis anvertraut für den Fall, dass der Junge irgendwann nicht mehr weiterweiß, und sorgt somit quasi über den Tod hinaus für seinen Enkel, aber das nutzt Karl zunächst wenig.
Immer wenn ihm alles zu viel wird, flüchtet sich der Junge in den Stall zu den Tieren. Dort ist sein Ort der Ruhe, des inneren Friedens – und der Schnitzerei, für die der Junge großes Talent hat. Doch eines Tages gerät Karl in eine hoffnungslose Situation und anstatt alles in die Waagschale zu werfen und für sein Recht zu kämpfen, beschließt er, seinen eigenen Weg zu gehen. Jakob ist ihm dabei immer wieder ganz nah und als Karl einmal das Wasser bis zum Hals steht, erinnert er sich an das, was der Großvater ihm einst anvertraut hat....
Ich bin in diesem Roman versunken. Die Charaktere sind so lebendig und authentisch beschrieben, ebenso gut hat die Autorin die relevanten gesellschaftlichen Zustände der damaligen Zeit – wir befinden uns im 18. Jahrhundert – eingearbeitet und wie Annette Spratte die landschaftlichen Gegebenheiten beschreibt, lässt erkennen, wie sehr sie dieses Fleckchen Erde liebt.
Dies alles bildet die überzeugende Kulisse für eine großartige Geschichte, die in einem wunderbar flüssigen Stil geschrieben ist, die trotz der Schwere dennoch durch die Glaubensimpulse immer wieder federleicht wird und die von tiefer Liebe, Hingabe und großem Gottvertrauen erzählt. Der Titel ist perfekt gewählt für diesen Roman!
Denn wir begleiten nicht nur Karl auf einem Stück seiner Lebensreise, sondern die Autorin entführt uns zudem immer mal wieder in die Vergangenheit, um bestimmte Phasen aus Jacobs Leben zu reflektieren. Es hat mich zutiefst berührt, wie der Mann die Ablehnung und Widerstände, die er oft in seinem Leben erleben musste, weggesteckt hat. Sein Gottvertrauen war so tief, dass er nie die Hoffnung verloren hat und der Verzweiflung und Verbitterung, die vermutlich viele Menschen befallen hätten, keinen Zutritt gewährt hat.
Jetzt, wo ich die Geschichte reflektiere, läuft mir wieder eine Gänsehaut den Rücken herunter. Denn sie ist zart und stark zugleich. Ich wollte sie gleichzeitig schnell und langsam lesen. Schnell, weil mich das Erzählte sehr gefesselt und berührt hat – mehr als einmal kullerten die Lesetränchen –, langsam, weil ich wollte, dass dieses Buch nie endet, weil es meine Seele so gut nährte.
Dieser Roman war der erste, aber sicher nicht der letzte von Annette Spratte für mich!
› mehr...
13.12.2023Kristina Eine spannende und berührende Geschichte
Westerwald im 18. Jahrhundert: dort lebt Karl, ein stiller Junge mit einer großen Begabung fürs Schnitzen. Von seinen älteren Brüdern oft ausgelacht und geärgert, findet er Verstehen und großen Rückhalt bei seinem Großvater Jakob. Doch dann stirbt der Großvater und Karls Leben wird schwieriger... bis zu dem Tag als ein Unglück geschieht und Karl seine
Familie verlassen muss. Karl geht in die Stadt und versucht seine Leidenschaft für Holz zum Beruf zu machen. Als sein Leben erneut aus den Fugen gerät, erinnert Karl sich an ein Geheimnis, dass der Großvater ihm anvertraut hat und er begibt sich auf Spurensuche...
„Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind“ ist ein berührender und zugleich spannender Roman, der eine Familiengeschichte erzählt. Karl habe ich mich sofort nahe gefühlt und während der Geschichte mit ihm gehofft und gebangt, mich mit ihm gefreut und mit ihm mitgelitten. Karl ist anders als seine Geschwister und Altersgenossen und trifft immer wieder auf Unverständnis und muss so manchen harten Schicksalsschlag hinnehmen, er wird von seiner Familie verstoßen, findet aber auch Fürsprecher und seine große Liebe. Trotz allem, was ihm widerfährt, bleibt er sich selbst treu und versucht keine Bitterkeit in sein Herz zu lassen, im Gegenteil, er ist immer zur Vergebung bereit... Interessant ist auch die Lebensgeschichte von Jakob, die in einer zweiten Zeitschiene mit Karls Geschichte verwoben ist. Dank unterschiedlicher Schriftarten kann man beide Erzählstränge sehr gut auseinanderhalten. Mich haben beide Geschichten gleichermaßen gefesselt und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.
Der Schreibstil der Autorin lässt sich sehr gut lesen und sie zeichnet ein genaues Bild der damaligen Zeit, lässt den Leser am Leben auf dem Dorf und in der Stadt teilhaben. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und es zählt zu den Highlights des Jahres. Sehr gern empfehle ich den Roman weiter.
› mehr...
05.12.2023Wolkenspiel Eine tiefgehende, bewegende Geschichte, die noch nachwirkt
Der Titel hat mich zunächst überhaupt nicht angesprochen. Aber nach vielen Empfehlungen wollte ich den Roman unbedingt lesen. Und nun weiß ich auch, dass der Titel PERFEKT ist.
Karl hat eine sehr innige und tiefe Beziehung zu seinem Großvater Jakob. Karl ist irgendwie "anders" und wird entsprechend von seinem Umfeld behandelt. Nur der Großvater
schätzt, wertachtet und unterstützt das Besondere in Karl. Im Laufe des Romans erfährt man, dass auch Jakob als Kind ähnlich "anders" war und entsprechend behandelt wurde. Karl muss so manchen (ungerechten) Schicksalsschlag hinnehmen, aber die positive Prägung durch die Liebe seines Großvaters hilft ihm dabei. Ich will nicht zuviel verraten, denn das wäre schade für das Leseerlebnis.
Ich hatte letztlich immer einen Bleistift parat, da Annette Sprange so viele schöne Aussagen verwendet, dass ich sie unbedingt markieren wollte. So kann man sich z.B. mit der Frage beschäftigen: Warum sollte man besser sein wollen? Oder: Die wirklich starken Männer beschützen die Schwachen. Oder: Warum ist es für Menschen so leicht, sich von äußeren Umständen blenden zu lassen?
Lass nicht zu, dass eine Situation dich bitter macht. Suche die Versöhnung und vergib das Unrecht, das dir angetan wurde!
Ich habe mit Karl gelitten und mich mit ihm gefreut und vor allem habe ich ihn bewundert, wie er manches ertragen hat und mit Situationen umging OHNE zu verbittern.
Dieses Buch ist aboslut lesenswert und eins meiner absoluten Highlights des Jahres 2023. Ein Buch, das berührt und unterhält, aber auch noch nachwirkt in seiner Aussage.
› mehr...
13.11.2023Sonja Nachdem ich viele begeisterte Stimmen über den neuen Roman von Annette Sprattegelesen habe und ich ihre vorherigen historischen Romane schon richtig überzeugend und fesselnd fand, habe ich mir diesen schon bald nach Erscheinen gekauft und auch schnell angefangen zu lesen. Einmal angefangen konnte ich das Buch kaum aus den Händen legen, bis ich es durchgelesen hatte. Es ist eine
so gefühlvolle Geschichte, voller Angst, Leid und tragischen Ereignissen bei den Protagonisten, aber es steckt auch voller Hoffnung, Mut, Kraft, Glaube und Liebe. Als Leser taucht man ein und meint mitten drin zu stecken, die Figuren, die Wälder, die verschiedenen Orte, in denen es spielt, vor Augen zu haben. Man schließt gerade den jungen Karl und seinen Großvater Jakob ins Herz. Was gerade hinter Jakobs Vergangenheit steckt wird, da der Roman auf zwei Zeitebenen erzählt wird, dem Leser erst nach und nach klar, was alles damals passiert ist, warum Jakob so handelt, aber auch warum Karl erst lange nach Jakobs Tod alles erfährt.
Annette Spratte hat mich mitgenommen in diese Zeit in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, hat mich mitfühlen und mitleiden lassen, ich habe mitgebangt und mitgehofft, mich aber auch mitgefreut. Habe mir Gedanken gemacht, wie hätte ich reagiert, wie hätte mich dieses oder jenes Ereignis verändert. Eine fesselnde Geschichte, die einen noch nach dem Zuklappen der Buchdeckel lange gedanklich beschäftigt.
Und um was geht es eigentlich" 1728 in einem kleinen Dorf im Westerwald: Der junge Karl wird von seinen älteren Brüder oft gehänselt und gedemütigt, nur sein Großvater Jakob hält die Hand über ihn und spendet ihm Trost. Als dieser stirbt, flüchtet sich Karl in seine Schnitzerei, die ihn von jeher fasziniert und beruhigt hat. Doch nach einer Tragödie wird alles noch viel schlimmer und Karl bleibt nur ein einziger Ausweg. Parallel wird in Einschüben Jakobs Geschichte erzählt, über seine glückliche Ehe und zurückspringt auf seine düstere Kindheit und Jugendzeit. Der Kreis schließt sich.
› mehr...
07.11.2023Andrea Wittler In diesem tief zu Herzen gehenden Roman befinden wir uns im 18. Jahrhundert im
Westerwald.
Wir begleiten Karl, einen feinfühligen, harmoniebedürftigen kleinen Jungen bis hin zum erwachsenen Mann. Schon früh hat er seine Leidenschaft für die Schnitzerei entdeckt und übt sich daran, unter anderem im elterlichen Schafstall. Seine Brüder haben nur Hohn und Verachtung für ihn über. Karl zieht sich immer
mehr in sein Inneres zurück, schweigt zu vielem und geht den Konfrontationen lieber aus dem Weg.
Nur bei seinem über alles geliebten Großvater Jakob fühlt er sich angenommen und
verstanden. "Wir sind anders als die anderen" saag sein Großvater oft zu ihm. Er lehrt ihn ihn auch immer wieder, das Böse mit dem Guten zu überwinden.
Doch dann stirbt Jakob und für Karl bricht eine Welt zusammen.
Und es kommt noch schlimmer, als eine Tragödie in seinem Elternhaus passiert.
Was wird aus Karl? Er erinnert sich an ein Geheimnis, das Jakob ihm anvertraut hat und eine große Lebensreise beginnt. Doch wo führt sie hin?
Der Roman ist so spannend und herzergreifend, dass man viel mitweint und mitleidet. Was mich sehr bewegt hat, wie Karl das Vorbild und die Annahme seines Großvaters geprägt haben. Das Gebet war ein großer Anker in den dunkelsten Zeiten seines Lebens. Ganz hervorragend ist Karls Wachstum herausgearbeitet, was auch seinem bedingungslosen Gottvertrauen geschuldet ist.
Die anderen Protagonisten sind alle auf ihre Art und Weise charakterlich authentisch. Karl hat durch seinen Lebensweg Gott in allem geehrt und wurde reich gesegnet. Aus Hass wurde Liebe, aus Verachtung Anerkennung und aus Leid Segen.
Jeder sollte dieses Buch lesen.
› mehr...
07.11.2023Agnes Mülders Was für ein starkes, emotional berührendes Buch! Es ist das erste Buch, das ich von Annette Spratte las. Wenn ihre Bücher alle so sind, dann muss ich diese umgeben von Taschentuch-Boxen lesen.
Annette hat dem Hauptcharakter Karl einen schönen Charakterzug gegeben. Auch die Nebencharaktere waren für mich authentisch und realistisch beschrieben. Die Beschreibung des Lebens im 18. Minuten Jahrhundert
konnte ich mir sehr gut vorstellen und es führte mir lebhafte Bilder vor Augen. Mehrmals musste ich innehalten, um meine Augen trocknen zu lassen, die beim Lesen nass geworden sind.
Direkt im Prolog liest der Leser von der tiefen Zuneigung zwischen Karl und seinem Großvater. Später im Buch offenbart es sich, warum es so war. Karl wird als ein sensibles Kind beschrieben. Das bleibt er auch als er zum Mann herangewachsen ist. Statt mit seinen Brüdern herumzutoben und sich mit ihnen zu raufen, zog er die Gesellschaft des Großvaters vor. Auch war ihm die Arbeit im Stall lieber, denn die Tiere quälten und ärgerten ihn nicht. Er erledigte seine Arbeiten immer zügig, um dann Zeit zum Schnitzen zu haben. Nach dem Tod des Großvaters verliert Karl seinen Beschützer und ist dem Spott und Gemeinheiten, seiner älteren Brüder schutzlos ausgeliefert. Es kommt sogar so weit, dass einer von ihnen ihm nach dem Leben trachtet. Was hat Karl getan?
Ich bewunderte Karl für seine Stärke, wie er alles still über sich ergehen ließ. Woher nahm Karl diese Kraft und Stärke?
Der Glaube in diesem Buch kommt in vielen Dingen zum Vorschein: Bibelzitate, das Leben im Kloster als Rückzugort, um zur Ruhe zu kommen und Frieden zu finden. Ebenso durch die Einstellung der Hauptcharaktere zum Glauben. Dieses Buch zeigt auf, dass nicht vorschnell geurteilt werden sollte, dass jede Geschichte zwei Seiten hat. Es ist ein sehr gutes Buch, das ich gern und von Herzen weiterempfehle.
› mehr...
30.10.2023Märchens Bücherwelt In einer Welt voller Vorurteile und Egoismus zeigt dieser warmherzige, ergreifende Roman, was passiert, wenn Menschen mit feinen, sensiblen Antennen und einem besonderen Gespür für die Welt um sie herum verurteilt, erniedrigt und abgelehnt werden.
Die besondere Beziehung zwischen dem jungen Karl und seinem Großvater Jakob hat mich sehr beeindruckt und oft zu Tränen gerührt, einfach weil beide als Außenseiter,
als anders betrachtet werden und ständig damit zu kämpfen haben. Verspottet, ausgegrenzt, als schwach bezeichnet, selbst von der eigenen Familie, hinterlässt viele Narben und gleichzeitig Fragen. Während man Karl begleitet, der ständig für alles verantwortlich gemacht wird, ohne die Schuldfrage zu klären, der an sich selbst zweifelt und dabei doch so sanft, liebevoll und feinsinnig ist, erhält man gleichzeitig Rückblicke in das Leben seines Opas, was mich sehr berührt und innerlich doch viele Male zerrissen hat.
Karls Talent für die Schnitzerei gibt ihm Zuflucht und aufgrund des guten Einflusses und Zuspruchs seines Opas, verfolgt Karl tapfer und mutig seine Ziele und erhält auch die Möglichkeit, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen.
Nach dem Verlust seines Großvaters und eskaliert auch die häusliche Situation durch ein familiäres Unglück, so dass Karl auf sich allein gestellt ist, einzig seine Freundschaft zu der Magd Anna gibt ihm Mut und Hoffnung und nach und nach entdeckt er auch, was seinem Großvater widerfahren ist.
Diese Geschichte ist ein Meisterwerk, eine Kunst, weil es hier nicht um Gut und Böse geht, um irgendwelche Schuldzuweisungen, sondern dazu auffordert, hinter die Kulissen des anderen zu schauen, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu respektieren.
Immer wieder wird durch die Rückblicke, Bibelzitate und gute Klosterfreunde des Großvaters hervorgehoben, wie Gott jeden Einzelnen betrachtet, was für ihn den Wert eines Menschen ausmacht und dabei wächst Karl über sich selbst hinaus, was ich unglaublich spannend und stark fand.
Der Bezug zwischen der Kunst aus einem einfachen Stück Holz Besonderes zu schaffen und dem, wie wir in Gottes Hand sind ist eine geniale Idee, was das Buch so einzigartig, so lebendig, gefühlvoll und besonders macht.
Gott sieht mehr in jedem einzelnen von uns, als wir selbst begreifen und teilweise akzeptieren wollen und wer sind wir, dass wir den Wert eines anderen Menschen in Frage stellen oder uns Rechte herausnehmen, die uns nicht zustehen. Die Einzigartigkeit jedes Menschen wird durch diesen Roman deutlich hervorgehoben, ebenso wie die Macht der Vergebung und der Liebe.
Für mich ein absolutes Lesehighlight, ein Roman, den man niemals vergessen darf, den man immer wieder lesen kann und sollte und sich jeder dabei die Frage stellt: Aus welchem Holz bin ich geschnitzt!
› mehr...
30.10.2023annislesewelt Wow, was für ein Buch, was für eine Geschichte!
Ich sage es jedes Mal, aber diesmal stimmt es wirklich: Es ist der beste Spratte aller Zeiten.
Die Geschichte um Karl und Jakob zieht einen in den Bann, einmal angefangen kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Es geht um Karl, der von seinen Brüdern, aufgrund seiner warmherzigen und feinen
Art oft verlacht wird, ja sogar Gewalt erlebt, und nun plötzlich allein durchs Leben kommen muss.
In einem zweiten Erzählstrang geht es um Jakobs Vergangenheit und man wird bei beiden in turbulente Tage hineingenommen.
Sowohl Karl als auch sein Großvater Jakob, sind liebevoll, herzlich und angenehm beschrieben.
Der Glaube ist fein mit der Geschichte verwoben, vielleicht für den ein oder anderen etwas anderes als erwartet und doch so schön, so zu Herzen gehend und auf den Punkt gebracht.
Ich bin total in die Geschichte gefallen und habe sie geliebt.
Sie hat mich gepackt und nicht losgelassen. Schön zu Beginn berührte sie mich tief, doch mit jeder Seite stürmten mehr Gefühle auf mich ein. Häufig musste ich schlucken, soviel Schmerz zog durch mein Herz und auf den letzten Seiten kamen Tränen.
Das Ende ist perfekt. Wenn sich alles so ineinander fügt wie hier, dann bin ich überwältigt.
Die Geschichte beschäftigt mich immer noch und ich werde sie direkt ein zweites Mal lesen.
"Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind" spricht von Vergebung, von Stärke, von Liebe und Zuversicht.
Es geht darum, einzigartige Menschen zu sehen, ihren Wert zu erkennen und sie "Sein" zu sein. Gleichzeitig geht es auch darum, Lügen, die über uns ausgesprochen werden, um uns kleinzumachen, zu erkennen, abzuschütteln und freizuwerden.
Der neue Spratte ist phänomenal und von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.
› mehr...