Atlanta, Gegenwart und 1930er/1940er-Jahre:
Eigentlich sah Allies Zukunft so vielversprechend aus: Ein Zentrum für pferdegestützte Therapie auf dem Gestüt ihrer Großmutter Dale. Die Hochzeit mit Austin, einem jungen Tierarzt ...
Doch als ihre Großmutter stirbt, erfährt Allie, dass ein Immobilienhai das Anwesen an sich gerissen hat. Wie besessen sucht sie nach Hinweisen auf das versprochene Erbe, um das Gestüt zurückzukaufen. Doch statt auf Reichtümer stößt Allie auf einen Schatz ganz anderer Art.
Dales überraschend unkonventionelles Leben entführt Allie nicht nur in die faszinierende Welt des Spring- und Dressurreitens in den 1930er-Jahren, sondern auch an die Küste South Carolinas. Dort enthüllt sich ihr vor dem Hintergrund der Atlantikschlacht die Geschichte einer großen, tragischen Liebe.
Erschüttert von dramatischen Familiengeheimnissen, aber auch inspiriert durch das außergewöhnliche Leben ihrer Großmutter und deren Glaubensmut beginnt Allie, ihre eigenen Entscheidungen zu hinterfragen ...
€ 18,00
Preise inkl. MwSt., keine Versandkosten innerhalb Deutschlands ab € 10,00.
€ 0,00 inkl. MwSt.
Allie, Freitag, 6. März 2020
Um ehrlich zu sein, hatte ich ordentlich Respekt davor gehabt – nein, im Grunde eine Heidenangst –, mich in Austin zu verlieben.
Die Sache schien zu schön, um wahr zu sein. Meine ziemlich begrenzte und recht erfolglose Erfahrung auf dem Dating-Markt hatte bisher so ausgesehen: Wenn ich einen Mann mochte und das Gefühl auf Gegenseitigkeit zu beruhen schien, hatte er ziemlich schnell die Nase voll von meiner Pferdevernarrtheit. Und die Beziehung ging den Bach hinunter.
Aber mit Austin war es anders gewesen. Er hatte eine Engelsgeduld mit mir.
Und noch mehr als das: Er ermutigte mich in meinen Plänen für Hickory Hills. »Wir wissen beide, was pferdegestützte Therapie im Leben eines Menschen bewirken kann«, hatte er gesagt, als ich endlich den Mut gefasst hatte, ihm genauer von meinen Plänen für das Grundstück meiner Großmutter Dale zu erzählen. Dann hatte er meine Hand genommen. »Und ich kenne dich, Allie. Du willst etwas bewegen, mehr als alles andere. Das ist für dich wie Luft zum Atmen.« Er hatte mich angegrinst. »Also, diese Luft, gepaart mit dem Duft von Pferdemist.«
Oh, Austin! Ja, ich wollte etwas bewegen, aber das Einzige, was ich jetzt bewirkt habe, ist ein ringloser Finger und ein geplatzter Traum.
Ich scrollte durch meine Fotos und fand das eine, das wir von uns gemacht hatten, nachdem er mir den Ring angesteckt hatte. Es war nicht mehr mein Hintergrundbild, aber ich hatte es natürlich nicht gelöscht.
Auf diesem Foto hatte ich denselben Gesichtsausdruck wie meine liebe Nana Dale auf der Schwarzweißfotografie. Wie sehr sie diesen Jungen namens Tommy geliebt haben musste! Jedes der eingerahmten Fotos in diesem Zimmer verriet, wie liebestrunken dieses hübsche junge Mädchen gewesen war, der perfekte altmodische Ausdruck für so viel Gefühl. Hatte Tommy es gewusst? Nana Dale wollte, dass ich ihre Kirschholzkiste fand, damit ich die nötigen Finanzen hatte, um das Haus zu halten, aber sie hatte auch gewollt, dass ich das Rätsel um sie und Tommy löste.
»Jedes Mal, wenn du seinen Namen sagst, bekommst du feuchte Augen. Wieso? Was ist passiert?« Oft hatte ich sie das gefragt. »Bitte erzähl mir, was geschehen ist.«
Aber sie hatte diesem Wunsch nie entsprochen und jetzt sehnte ich mich selbst nach einer verlorenen Liebe.
Meine Finger strichen über das Bild und ich betrachtete die zwei engelsgleichen Gesichter. Nana Dale und Tommy waren noch Teenager, aber ihre Gesichter strahlten bereits etwas aus, das dem Beginn wahrer Liebe glich, da war ich mir sicher.
Meine eigene Brust schwoll an mit einer quälenden Mischung aus Freude und Schmerz.
Austin und ich waren noch vor einem halben Jahr Seite an Seite auf den Pferden unterwegs gewesen, ich auf Foxtrot, er auf Jeep, und wir hatten dieses Foto nachgestellt, nur aus Spaß, und weil auch wir jung und verliebt gewesen waren. Und weil Austin fest entschlossen war, mir dabei zu helfen, tief durchzuatmen, lockerzulassen und das Leben zu genießen.
»Allie, den größten Teil des Papierkrams hast du schon hinter dir. Wir sind fast am Ziel, aber heute nehmen wir uns mal frei.«
Auch Austin brauchte dringend eine Pause. Er war zwar sehr belastbar, aber ich machte mir dennoch Sorgen um ihn: Er hatte gerade in einer vielbeschäftigten Tierarztpraxis angefangen, seine Mutter musste eine Chemo über sich ergehen lassen und sein Vater, mit dem er schon lange zerstritten war, hatte zum dritten Mal geheiratet.
»Heute denken wir mal nicht über gute oder schlechte Neuigkeiten nach, Allie«, sagte er. »Heute genießen wir einen richtig schönen Nachmittag auf dem Rücken unserer Pferde und machen es uns nach Strich und Faden gemütlich, hörst du?«
Ich grinste.
Seite an Seite ließen wir die Pferde über die verschlungenen Pfade im Wald hinter dem Reitrondell dahintrotten, mitten im Herzen von Atlanta.
Foxtrot war ein Vollblutpferd, nervös und alles andere als langsam, auch wenn der Name etwas anderes vermuten ließ. Sie war flink wie ein Hase. Als eine Hirschkuh und ihr Kitz über den Pfad sprangen, zuckte Foxtrot zusammen, als »würde sie unter Strom stehen«. So hatte es Nana Dale immer beschrieben.
Ich atmete die frische Herbstluft ein, endlich, eine Atempause von der Schwüle Georgias.
»Hey, Allie! Komm mal her.«
Ich drehte mich um. Austin war vom Jeep abgestiegen und stand neben dem, was Nana Dale immer den »Meteoriten« genannt hatte – ein Findling, einen knappen Meter breit und tief in die Erde eingesunken. Ich drehte meine Stute um und ließ mich aus dem Sattel gleiten.
»Was ist?«
»Schöner Stein.« Austin hatte ein verschmitztes Grinsen auf den Lippen.
»Ja, schöner Stein.«
Wir parodierten eine Geschichte, die ich mein Leben lang von Nana Dale gehört hatte.
»Setz dich doch, Allie, Mädchen«, sagte Austin mit extra tiefer Stimme, damit es nach Nana Dale klang.
Brav nahm ich auf dem Stein Platz. Foxtrots Zügel hatte ich noch in der Hand und kicherte. Ich wusste, was jetzt kam. In der Geschichte saßen Dale und Tommy nebeneinander und ließen ihre jugendlichen Beine im gleichen Rhythmus vor und zurück baumeln.
Laut der Erzählung holte er dann einen Umschlag aus seiner Tasche und ließ ihn in Nana Dales Reithelm fallen. Dabei verkündete er ihr und den Bäumen ringsum: »Das, meine Liebe, ist ein Umschlag, den ich gerade deinem Kindermädchen abgeluchst habe. Er ist adressiert an eine gewisse Miss Barbara Dale Butler.«
Dale hatte so herausgefunden, dass sie sich für ein renommiertes Reitturnier qualifiziert hatte, von deren Teilnahme sie schon seit Jahren träumte. Und dann war sie vor Freude aufgesprungen und hatte Tommy so fest umarmt, bis sie plötzlich gemerkt hatte, dass sie ihn nie wieder loslassen wollte. Zumindest war Dale das einmal beim Erzählen herausgerutscht und ich hatte Austin davon berichtet.
»Also, Allie, Mädchen«, fuhr Austin fort, »ich habe sehr gute Neuigkeiten für dich.«
Austin zog einen gefalteten, ungeöffneten Umschlag aus seiner Jeans und legte ihn wie erwartet in meinen Reithelm. Sein Grinsen passte zu meinem.
Ich kniff die Augen zusammen. »Du hast ihn ja noch nicht einmal aufgemacht! Was, wenn es ein negativer Bescheid ist?«
Austin zuckte die Achseln, plötzlich ganz ernst. »Ich wollte bei dir sein, wenn du ihn aufmachst. Egal, was drinsteht.«
Kurz überkam mich Nervosität, fast Angst. Es mussten aber doch gute Neuigkeiten sein!
Aber als ich den Umschlag öffnete und das Blatt Papier auffaltete, standen da nur vier Wörter in Austins unverkennbarer Handschrift.
Willst du mich heiraten?
Als ich vom Papier aufsah, hatte er sich schon niedergekniet und hielt mir einen atemberaubenden Diamantring hin.
Ich wachte aus meiner Tagträumerei auf und versuchte, diese Erinnerungen und die stechende Trauer zu verdrängen. Als ich auf mein Handy sah, bemerkte ich erleichtert, dass es an der Zeit war, nach Chastain Park aufzubrechen. Irgendjemand hatte mir Hickory Hills genommen und ich trug auch keinen Ring mehr am Finger, aber ich hatte noch Dinge zu tun.
Dale, 1936
Sie würde sich zeitlebens daran erinnern, wie der Regenbogen seine Ankunft angekündigt hatte. Der Himmel war dunkel geworden und eiskalter Regen prasselte auf den Weg zur Scheune. Dale wartete ungeduldig auf das Ende des Gewitters, um den neuen Jungen zu sehen, dessen Pferd bald in der Scheune eingestellt werden würde.
Sie hatte sich in dem Augenblick in ihn verguckt, als er charmant und draufgängerisch in die Scheune stolziert war, das einzige Kind von Thomas und Ada Ridley. »Thomas Ridley, der sein Vermögen mit Stahl verdient hat«, hatte ihre Mutter geflüstert. »Wir sind hocherfreut, dass sie ihre Pferde bei uns einstellen!«
»Hi, wie geht’s?«, sagte er, die strahlenden, kastanienbraunen Augen voller Leben. »Ich bin Tommy.«
Sie schluckte und versuchte ihre Überraschung zu verbergen. Er sah aus wie der Kinderschauspieler Mickey Rooney.
Sie straffte das Kinn und richtete sich auf. »Freut mich. Ich bin Dale. Das hier ist meine Scheune. Meine Mutter hat gesagt, dass du vielleicht ein Pferd bei uns einstellst.« Sie tat völlig unbeeindruckt. »Ich soll dir hier alles zeigen.«
Er folgte ihr an den vierzehn Stallboxen vorbei, während sie alle Pferde benannte. »Und das hier ist meins, Mr Jinx. Nächstes Jahr fahre ich mit ihm zur National Horse Show.«
Tommy streichelte dem dunkelbraunen Pony über die Stirn. »Mr Jinx. Der ist aber hübsch. Nächstes Jahr zum großen Turnier, ja?«
»Jep. Hoffe ich zumindest.«
»Ich war dieses Jahr dort, das war echt ein Spaß!«
Dale bekam große Augen. »Du bist geritten? Du und dein Pferd, ihr wart in New York City?« Sie versuchte, ihre grenzenlose Bewunderung zu zügeln. »Wie alt bist du überhaupt?«
»Dreizehn. Ich bin in der Juniorklasse geritten, auf meinem Pferd Beau. Das war mein erstes Mal und ich war ganz gut.«
Dale hatte schon oft davon geträumt, nach New York City zu fahren, konnte es sich aber nicht wirklich vorstellen.
»Wie ist es denn dort? Ich meine, im Madison Square Garden zu reiten?«
»Du hast noch nie so viele schöne Pferde gesehen, und Menschen in ihren besten Kleidern und so vielen Farben, die dir von der Tribüne zuwinken. Man reitet in dieser riesigen überdachten Arena. Und überall blitzen die großen Kamerablitze der Reporter auf und machen die Pferde scheu, sodass sie sich aufbäumen!« Er holte Luft. Er sah so begeistert aus wie ein Kind auf dem Jahrmarkt.
Dale betrachtete diesen Jungen, der zwei Jahre älter war als sie, aber höchstens zehn Zentimeter größer, mit seinen dunklen, rotbraunen Haaren und dichten Wimpern, die seine kastanienbraunen Augen betonten. Im Lauf der nächsten Woche fand sie heraus, dass sie immerzu funkelten und dass er über sich und seine Größe einfach lachen konnte.
Setzte man Tommy aber auf ein Pferd, wurde er zum Riesen. »Hast du überhaupt keine Angst?«, hatte Dale ihn gefragt, als er mit Beau zum ersten Mal über das Ein-Meter-Hindernis gesprungen war. Wie er durch das Reitrondell donnerte, bereitete ihr Herzrasen. Er war draufgängerisch, aber auch herzallerliebst.
»Ich dachte mit zehn, ich müsste sterben. Aber ich habe überlebt. Jeder Tag ist für mich ein Geschenk. Ich meine, ich hätte sterben sollen, verstehst du? Schätze, Gott hat auf mich aufgepasst.«
Jeder in Atlanta kannte die Geschichte von dem leichtsinnigen Sohn der Ridleys, der mit seinem Vollblüter mit einem Stockmaß von 1,62 Meter über eine fast anderthalb Meter hohe Steinmauer springen wollte, aber dagegen geprallt war und sich eine Gehirnerschütterung und ein gebrochenes Bein eingehandelt hatte.
»Ich habe davon gehört. Du bist echt mutig.«
Tommy grinste sie an. »Nein, Dale Butler, du bist mutig. Ich habe gehört, wie du euren Stallburschen vor dem Tornado gerettet hast.« Er beugte sich näher. »Ich werde dich DB nennen. Okay?«
Sie zuckte die Achseln. »DB für Dale Butler?«
»Vielleicht. Oder DB für die Beherzte.« Er zwinkerte ihr zu und Dale wurde rot.
»Was für eine Schönheit!«, rief Dale, als Tommys dunkelbrauner Wallach auf Hickory Hills eintraf. Er hatte den feinen Kopf eines Vollblüters und winzige Ohren, die immer wieder nach hinten und vorn zuckten.
Tommy tätschelte die Stirn des Braunen. »Jep. Beau ist große Klasse. Sanftmütig und geschmeidig. Und er kann springen.« Tommy sah sie an. »Vielleicht könntest du auf der Stute deiner Mutter reiten. Wie heißt sie nochmal?«
»Krystal Klear ist ihr Showname. Wir nennen sie einfach Krystal.«
»Ich habe deine Mutter auf ihr gesehen, letzte Woche. Die Stute springt auch gut. Nächstes Jahr fahren wir mit beiden Pferden nach New York: Wir reiten in derselben Klasse. Das wird toll.«
Einen Augenblick lang ließ sie sich von seiner Begeisterung mitreißen. Dann sank sie in sich zusammen. »Sicher. Das wäre toll.« Es gab nur ein Problem. Geld. Sie hatte die Sorgenfalten auf dem sonst immer so hübschen Gesicht ihres Vaters und die Geschäftspapiere auf seinem Schreibtisch gesehen und sie wusste um den Druck, unter dem er stand.
Dale vermutete, dass sie die National Horse Show in New York in nächster Zeit nicht würde besuchen können. Ihre Mutter kümmerte all das nicht. Sie gab das Geld weiter mit vollen Händen aus, trug Kaschmir und Perlen und verschloss die Augen davor, wie Dales Vater die Schultern hängen ließ oder beim Abendessen mit leerem Blick aus dem Fenster starrte, die Gabel in der Luft.
»Wusstest du, dass man das Alter eines Pferdes an seinen Zähnen ablesen kann?« Tommy stand neben Mr Jinx und öffnete mit einiger Kraftanstrengung das Maul des Ponys, bis man das weißrosafarbene Zahnfleisch und die langen, gelblichbraunen Zähne sehen konnte. »Wow! Der ist uralt, DB.« Er zeigte auf die Backenzähne. »Siehst du, wie abgenutzt die sind, und trotzdem lang? Jede Wette, er ist über dreißig.«
Dale näherte sich dem Kopf von Mr Jinx so weit, dass sie Tommys Fingerknöchel an ihrer Wange spüren konnte. Dann gab sie Mr Jinx einen Kuss. »Psst. Das tut ihm weh, wenn du so über ihn redest.«
In den nächsten zwei Wochen verbrachten sie die Nachmittage damit, die Lippen von Pferden und Ponys hochzuklappen und ihr Alter zu raten. Tommy legte die Regeln fest. »Für jede richtige Antwort schuldet der andere einem zehn Cent. Wenn keiner von uns richtig liegt, muss niemand zahlen.«
»Das ist ein doofes Spiel«, fand sie, aber da sie Tommy dabei nahe sein konnte, machte sie mit.
Mitte August hatte Tommy die National Horse Show bereits vergessen. »Ich werde bei den nächsten Olympischen Spielen reiten«, sagte er und verfluchte im nächsten Atemzug die Deutschen.
Dale hatte noch nie Schimpfwörter aus dem Mund eines Jungen gehört, noch dazu einem, der erst dreizehn war. »Du willst zu Olympia?«
»Natürlich. 1940. Ich will der jüngste Reiter im amerikanischen Team werden. Diese Deutschen gewinnen nicht noch einmal wie in diesem Jahr sechs Goldmedaillen, nicht jede verdammte Goldmedaille im Reitturnier.«
Dale richtete sich auf. »Davon habe ich gehört. Mama sagte, die Deutschen hatten einen unfairen Heimvorteil.«
»Und ob sie den hatten!«
»Ich verstehe aber nicht, wie du es bis 1940 zu den Olympischen Spielen schaffen willst. Ich dachte, man muss Offizier sein, um an den Reitturnieren teilnehmen zu können.«
Ein roter Schimmer kroch hinter die Sommersprossen auf seinen Wangen. »Ich gehe zur Kavallerie, irgendwie. Außerdem können sich Regeln auch ändern, weißt du.«
Dales Eltern hatten die Olympischen Spiele in Berlin am Radio verfolgt. Dale hatte auch zugehört. Während des zweiwöchigen Sportwettbewerbs hatte ihr Vater mehr als einmal gesagt: »Das ist doch Betrug! Ein Vorwand für die aufwieglerische deutsche Propaganda! Gott sei Dank gibt es Jesse Owens. Er ist ein mutiger Mann.«
Später, als die Deutschen alle Wettbewerbe im Reiten für sich entschieden hatten, war sein Gesicht rot vor Wut gewesen und blass von einer anderen Regung, die Dale nicht hatte einordnen können.
»So etwas hat es noch nie gegeben«, raunte er ihrer Mutter zu. »Pass bloß auf. Das ist kein gutes Zeichen.«
»Was meinst du, Jeremiah? Kein gutes Zeichen wofür, für die Reitkunst?«, hatte sie träge gefragt und einen Zug von ihrer Zigarette genommen.
Dale würde nie vergessen, wie der Blick ihres Vaters, normalerweise freundlich und sanft, hart wurde, und wie er die Hände zu Fäusten ballte, während das Rauschen im Radio die aufgeregte Stimme des Ansagers ertränkte.
»Ich meine für die ganze Welt.«
Elizabeth Musser
Elizabeth Musser wuchs in Atlanta auf. Seit dem Abschluss ihres Studiums englischer und französischer Literatur an der Vanderbilt Universität in Tennessee ist sie als Missionarin tätig. Heute lebt sie mit ihrem Mann Paul in der Nähe von Lyon in Frankreich. Die beiden haben zwei Söhne.