1. Kapitel
Anna
Chicago, Illinois
1897
Ich liege noch im Bett und genieße den herrlichen Zustand zwischen Träumen und Wachen, als die Nachricht eintrifft. Unser Hausmädchen hat sie auf einem Tablett in mein Schlafzimmer gebracht, zusammen mit Tee und Toast und einem weich gekochten Ei. Als ich sehe, von wem der Brief stammt, bin ich auf einen Schlag hellwach. Die nächsten Augenblicke werden mein Leben verändern.
Ich reiße den Umschlag auf und ziehe die Karte he-raus.
Von: Detektei Pinkerton
Agenten R. J. Albertson und M. Mitchell
An: Miss Anna Nicholson
Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass wir Details über Ihre Mutter, Christina de Jonge, in Erfahrung gebracht haben, die Sie möglicherweise interessieren. Bitte lassen Sie uns wissen, zu welchem Zeitpunkt wir Ihnen unsere Ergebnisse erläutern können.
Ich schlage die Bettdecke zurück und springe so hastig aus dem Bett, dass das Mädchen überrascht einen Schritt zurückweicht. »Wartet der Kurier, der diese Nachricht gebracht hat, noch auf eine Antwort von mir?«, frage ich. Ich kann mich nicht daran erinnern, wie das Mädchen heißt. Es ist neu und sehr scheu. Mutter verlangt viel von unseren Dienstboten und nur wenige halten es lange bei uns aus. Dieses arme Ding habe ich auch schon in Tränen aufgelöst gesehen.
»I…ich weiß nicht genau, Miss Anna. Soll ich nachsehen gehen?« Sie sieht sich um, als suche sie einen Platz, an dem sie das Tablett abstellen könnte. Die Tasse klirrt auf der Untertasse.
»Nein, bitte warte einen Moment.« Ich krame in meinem Schreibtisch nach Briefpapier und einem Stift, um eine Antwort zu schreiben. Ich bin mir sicher, dass der heutige Tag bereits gut mit Terminen gefüllt ist, aber ich bin so aufgeregt, dass ich mich an keinen einzigen davon erinnern kann. Die Detektive von Pinkerton haben einen guten Ruf und sind Experten darin, Geheimnisse aus der Vergangenheit auszugraben, deshalb habe ich schon ungeduldig auf einen Bericht von ihnen gewartet. Rasch kritzele ich eine Nachricht an die Agenten Albertson und Mitchell aufs Papier und bitte sie, heute um drei Uhr herzukommen. Dann falte ich den Briefbogen, schiebe ihn in einen Umschlag und versiegele ihn. »Bring das sofort dem Kurier«, sage ich zu dem Mädchen. Dann entreiße ich ihm das Tablett und drücke ihm stattdessen den Umschlag in die Hand. »Beeil dich!«
»Jawohl, Miss Anna.«
Als sie gegangen ist, fällt mir ein, dass ich zum Mittagessen bei der Mutter und der Schwester meines Verlobten eingeladen bin. Diese Verabredung wird sich gewiss bis drei Uhr hinziehen, da bin ich mir sicher. Nun, dann werde ich mich eben einfach entschuldigen müssen. Mutter wird darüber verärgert sein, aber das ist nicht zu ändern. Ich warte seit Wochen auf Neuigkeiten über meine leibliche Mutter, seit ich im Juli aus Michigan zurückgekehrt bin.
Während ich mittags bei der Gartenparty Tee trinke und winzige Sandwiches esse, kann ich an nichts anderes denken als an den Bericht der Detektive. Williams Mutter hat dieses Mittagessen geplant, um mich ihren langjährigen Freundinnen und deren Töchtern als die Verlobte ihres Sohnes vorzustellen. Der Herbsttag ist so schön, dass wir draußen in den makellos gepflegten Gärten hinter dem Anwesen der Wilkinsons essen. Auf dem Rasen zwischen den Blumenbeeten sind Tische und Stühle arrangiert worden und die Tische sind mit weißen Leintüchern, feinem Porzellan und Silberbesteck gedeckt. Dienstmädchen schenken den Tee aus silbernen Teekannen ein und reichen die Häppchen auf silbernen Tellern an. Die Atmosphäre ist heiter, die Vögel zwitschern und die Luft ist vom Duft der letzten Sommerrosen erfüllt, die an den Rankhilfen hinaufklettern.
Mutter sieht aus wie eine Königin, während sie mit Williams Mutter plaudert. Sie strahlt, als wäre sie die Braut in spe und nicht ich. Diese Heirat wird ihren Status in der Chicagoer Gesellschaft um mehrere Stufen anheben. Ich sitze ein Stück entfernt mit Williams Schwester Jane, seiner Tante Augusta und zwei Cousinen an einem Tisch. Eigentlich sollte ich mit vornehmer Begeisterung zuhören, wie sie über William reden und mir von ihren Erwartungen an unseren Hochzeitstag erzählen, aber ich kann kaum still sitzen. Meine einzige Aufgabe ist es, hübsch auszusehen, höflich Konversation zu machen und das Essen zu genießen, aber mir wird zunehmend unbehaglich zumute, so als müsste ich dringend irgendetwas anderes tun. Ich habe keine Ahnung, was. Aber irgendetwas Nützliches.
Als endlich das Dessert gereicht wird, bin ich das Lächeln leid. Ich bin von Natur aus schüchtern und nicht gewohnt, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Immer wieder muss ich auf die kleine Uhr sehen, die an meinem Mieder befestigt ist – ein Geschenk von Mutter und Vater. Die Zeit scheint im Schneckentempo zu verstreichen. Mutter bemerkt, wie ich auf die Uhr blicke, und schüttelt diskret den Kopf, um mich an meine Manieren zu erinnern. Ich hatte nie ein Problem damit, die Regeln zu befolgen, die meine gesellschaftliche Stellung mit sich bringt, bis ich im Sommer eine Woche mit meiner Großmutter Geesje in Michigan verbracht und gesehen habe, wie befreiend ein einfacheres Leben sein kann.
Jane, die fünf Jahre jünger ist als ich, beugt sich vor, um mir etwas zuzuflüstern. Sie ist schlank und dunkelhaarig wie William und ihre braunen Augen funkeln übermütig, als sie verstohlen auf eine modisch gekleidete junge Frau zeigt, die in der Nähe des Springbrunnens sitzt. »Hast du Clarice Beacham schon kennengelernt?«, fragt sie.
»Nur kurz. Warum?«
»William hat ihr eine Weile den Hof gemacht, bevor er dich kennengelernt hat. Clarice war außer sich vor Wut, als er sie deinetwegen hat sitzen lassen.«
»Es wundert mich, dass sie heute gekommen ist.«
»Meine Mutter und ihre Mutter sind sehr alte Freundinnen. Es war von Anfang an ihre Idee, sie und William zusammenzubringen, nicht seine.«
»Ich verstehe.« Clarice ist mit Abstand die schönste Frau bei dieser Gesellschaft und ihr kastanienbraunes Haar ist nach der neuesten Mode frisiert. Sie strahlt ein Selbstbewusstsein aus, das ich nie hatte. Es zeigt sich in der Art, wie sie sitzt und geht und sich mühelos mit den anderen Frauen unterhält. Und doch finde ich, dass ein Wort sie am besten beschreibt, das nicht freundlich ist: hochmütig – als wären Reichtum und Luxus und Privilegien ihr Geburtsrecht. Aber ich wage es nicht, sie zu verurteilen, denn ich hatte den Großteil meines bisherigen Lebens die gleiche Einstellung, auch wenn ich meine Stellung in der Gesellschaft durch Adoption erlangt habe und nicht durch meine Geburt.
»Clarice beobachtet dich seit Monaten ganz genau«, erzählt Jane mir, »und wartet nur darauf zuzuschlagen, falls es mit dir und William nicht klappt.«
Ich frage mich, warum Jane sich mir so anvertraut. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, fügt sie hinzu: »Ich erzähle dir das nur, damit du achtgibst, was du in ihrer Gegenwart sagst. Clarice würde alles tun, um William zurückzubekommen.«
Es macht mich nervös zu wissen, dass ich eine Rivalin habe, und dazu noch eine so schöne und skrupellose. »Ich verstehe. Danke für die Warnung, Jane.«
»Gern geschehen. Dich mag ich viel lieber als Clarice. Ich hoffe, wir werden Freundinnen.«
»Das hoffe ich auch.« Ich ergreife ihre Hand und drücke sie. Wie habe ich mich nach einer guten Freundin gesehnt!
Die Dienstmädchen huschen mit gerüschten Schürzen durch den Garten, füllen Teetassen auf und reichen Tabletts mit feinen Teekuchen herum. Ich werfe erneut einen Blick auf die Uhr. Als ich wieder aufsehe, kommt Clarice auf mich zu.
»Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Verlobung«, sagt sie lächelnd. Sie setzt sich auf den freien Stuhl neben mir, während die anderen Gäste sich erheben, um zu anderen Tischen zu gehen.
»Danke, Clarice.«
»Williams Mutter hat mir erzählt, dass Sie vor Kurzem in die Stadt zurückgekehrt sind, nachdem Sie im Sommer einige Wochen fort waren.«
»Äh ... das stimmt.« Ich frage mich, ob Mrs Wilkinson Clarice auch erzählt hat, dass der Grund dafür eine kurze Trennung von William und mir war, bevor wir uns wieder versöhnt haben. »Mutter und ich haben einige Zeit in einem Badeort in Michi- gan verbracht«, sage ich zu ihr. »Es war sehr schön und erholsam dort.«
»Wieso haben Sie Chicago denn verlassen?« Es ist sehr aufdringlich, solche neugierigen Fragen zu stellen, und ich bin froh über Janes Warnung.
»Chicago kann in den Sommermonaten schrecklich heiß sein«, sage ich mit einer wedelnden Handbewegung. »Konnten Sie der Stadt auch ein wenig entkommen?«
»Das würde ich gar nicht wollen. Hier gibt es so viele aufregende Dinge zu erleben, dass ich Angst hätte, etwas zu verpassen. Außerdem würde ich, wenn ich einen so attraktiven Verlobten wie William hätte, keinen einzigen Tag von seiner Seite weichen.« Darauf habe ich keine Antwort. »Hören Sie, Anna«, sagt sie und legt ihre Hand auf meine. »Wir kennen einander noch nicht sehr gut, aber ich hoffe, wir können Freundinnen werden. Meine Familie und die von William sind seit einer Ewigkeit befreundet, also werden Sie und ich beinahe wie Schwestern sein, wenn Sie ihn heiraten. Ob Sie wohl einen Nachmittag freihaben, an dem Sie mit mir zu Mittag essen könnten? Dann könnten wir uns ein wenig besser kennenlernen, nur wir zwei. Bitte sagen Sie Ja.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen. Wir müssen sehr bald etwas ausmachen.« Ich frage mich, was sie vorhat, und bin erleichtert, als Mutter sich zu uns gesellt, bevor Clarice mich dazu drängen kann, ihr einen konkreten Termin zu nennen. Mutter hat mehr Erfahrung mit intriganten Frauen als ich. Während sie und Clarice sich unterhalten, wandern meine Gedanken zu meinem Treffen mit den Pinkerton-Detektiven in einer Stunde und ich frage mich, was sie wohl herausgefunden haben. Natürlich möchte ich mehr über meine leibliche Mutter wissen, aber ich hoffe auch zu erfahren, wer mein leiblicher Vater ist. Dank meiner Großmutter weiß ich, dass Mama unsterblich in einen Mann namens Jack Newell verliebt war und dass sie gemeinsam davongelaufen sind, einen Tag, nachdem ein Großteil von Holland, Michigan, durch ein Feuer zerstört worden war, darunter auch die Fabrik, in der Jack arbeitete. Die beiden haben sich nach Chicago aufgemacht, ohne zu wissen, dass in derselben Nacht auch weite Teile der sogenannten windigen Stadt in Flammen aufgegangen waren. Ich habe Augenzeugenberichte vom Großen Brand von Chicago gelesen und frage mich, ob Mama und Jack nach all der Zerstörung dort wohl Arbeit und Obdach gefunden haben.
Es ist halb drei, als Clarice endlich davonschlendert. Ich stehe auf und teile Mutter mit, dass ich gerne gehen möchte. Ihre gelassene Fassade bröckelt. »Wir können jetzt nicht gehen«, flüstert sie. »Das wäre unhöflich.«
»Einige der anderen Damen gehen auch«, sage ich und deute mit einem Nicken auf zwei aufbrechende Gäste.
»Aber du bist der Ehrengast!«
»Du kannst gerne noch länger bleiben, wenn du magst, Mutter. Ich werde die Kutsche zu dir zurückschicken.«
Mutters Wangen röten sich. Es ist schwer zu sagen, ob sie wütend auf mich ist, weil ich so früh gehen will oder weil ich es wage, mich ihr zu widersetzen. Vielleicht beides. Ich mache Anstalten zu gehen, aber sie steht auf und packt meinen Arm, um mich aufzuhalten. »Was soll das, Anna? Ist dir nicht gut?«
Ich könnte lügen und so tun, als wäre ich krank, aber das wäre falsch. »Die Detektive, die Vater beauftragt hat, kommen heute um drei Uhr. Sie haben Neuigkeiten in Bezug auf Mama. Ich muss gehen.«
Ich sehe, dass sie hin- und hergerissen ist, weil sie nicht weiß, ob sie bleiben soll, um nichts zu verpassen, oder besser mit mir gehen, um mich im Auge zu behalten. Sie beschließt, mich zu begleiten, und während wir unserer Gastgeberin danken und uns höflich verabschieden, wappne ich mich für den Vortrag, der gewiss kommen wird. Mutter enttäuscht mich nicht. Sobald wir in unserer Kutsche sitzen, sagt sie: »Als dein Vater und ich eingewilligt haben, die Detektei Pinkerton zu beauftragen, dachten wir nicht im Traum daran, dass dies dein Leben auf diese Weise durcheinanderbringen würde.«
»Es tut mir leid, aber ich hatte das Mittagessen ganz vergessen, als ich die Detektive für drei Uhr bestellt habe. Außerdem war die Gesellschaft doch sowieso fast vorbei.«
»Das ist keine Entschuldigung. Als Ehrengast hättest du als eine der Letzten gehen sollen, nicht als eine der Ersten.«
»Ich hoffe, dass die Detektive Informationen darüber haben, wer mein richtiger Vater ist.«
Mutter schürzt die Lippen, als würde ihr das dabei helfen, ihre Verärgerung zu beherrschen. Als sie schließlich spricht, klingt sie ruhig, aber ich weiß, dass sie es innerlich nicht ist. »Genügt es denn nicht, dass du die Geschichte deiner Mutter kennst und weißt, wie sie gestorben ist? Den Rest musst du vergessen, Anna, und dein Leben weiterleben.«
»Aber ich will auch etwas über meinen Vater wissen. Wenn es wirklich Jack Newell ist, würde ich gerne erfahren, was mit ihm geschehen ist und warum ich mich überhaupt nicht an ihn erinnern kann.«
»Du könntest Dinge erfahren, die sehr zwielichtig sind. Diesen Stein dreht man besser nicht um.«
»Ich kann nicht anders. Ich will es wissen.«
»Hör mir zu.« Wieder packt sie mich am Arm und senkt ihre Stimme, als wollte sie nicht, dass uns jemand hört, obwohl die einzige Person, die nah genug ist, um etwas zu hören, unser Kutscher ist – und er würde doch niemals Familiengeheimnisse ausplaudern, oder? »Es ist durchaus möglich, dass deine Eltern nie verheiratet waren, Anna. Wenn das so ist, dann müssten wir William und seine Familie darüber unterrichten.«
»Natürlich werde ich es William erzählen. Er wird schließlich mein Ehemann. Und er wird ebenso sehr wie ich wissen wollen, wer ich wirklich bin.«
»Das ist nicht wahr. Du bist die Einzige, die von dieser Frage besessen ist. William und seine Familie würden es lieber nicht wissen.«
Ich starre sie überrascht an. »Haben sie dir das gesagt? William hat es mir gegenüber nie erwähnt.«
»Seine Mutter hat mir gegenüber auf sehr feinfühlige Weise durchblicken lassen, dass sie die Vergangenheit lieber auf sich beruhen lassen würden. Ein Großteil der Chicagoer Gesellschaft weiß nicht einmal, dass du adoptiert bist, geschweige denn, wie es dazu kam, denn offen gesagt geht das niemanden etwas an. Williams Mutter und ich sind beide der Meinung, dass wir die Vergangenheit ruhen lassen sollten. Als Williams Frau musst du über jeden Zweifel erhaben sein. Wir können nicht zulassen, dass geschmacklose Einzelheiten über deine Eltern deinen Ruf beschädigen.«
»Ich verspreche, dass niemand außerhalb unserer Familie jemals erfahren wird, was ich herausfinde. Aber ich muss weitersuchen, bis ich die Wahrheit kenne.«
»Wenn sie erst einmal entfesselt ist, kann die Wahrheit nur selten verborgen bleiben. Je mehr man versucht, sie zu vertuschen, desto anstößiger werden die Gerüchte. Und du musst auch an deine Kinder denken. Alles, was du über deine Vergangenheit erfährst, wird auch Teil ihrer Vergangenheit sein.«
»Ich schäme mich nicht für meine Mutter. Sie ist bei dem Versuch, mich zu retten, umgekommen.«
»Und dein Adoptivvater hat sich in Lebensgefahr gebracht, um dich zu retten. Vergiss das nicht. Ihm schuldest du auch ein gewisses Maß an Diskretion.«
Ich weiß, dass sie recht hat, aber ich kann meine Neugier trotzdem nicht beherrschen. Den restlichen Heimweg über schweige ich, während ich mir fest vornehme, mir den Bericht der Detektive anzuhören und dann einen Strich unter die Sache zu machen.
Als wir zu Hause ankommen, parkt vor dem Haus bereits eine kleine Kutsche und unser Butler sagt mir, dass die Herren von Pinkerton im Salon warten. Ich nehme meinen Hut ab, während ich hineineile, um die beiden zu begrüßen. Nach den üblichen Höflichkeitsfloskeln reicht Agent Albertson mir einen maschinengeschriebenen Bericht und wir setzen uns auf die Sofas, um über das Geschäftliche zu reden.
»Wir haben eine Heiratsurkunde mit dem Namen Ihrer Mutter gefunden. Christina de Jonge hat Jack Newell im Oktober 1871 geheiratet.«
Das Herz hüpft mir in der Brust. »Sie haben also geheiratet!« Ich blicke zu Mutter auf und sehe, dass sie erleichtert ist zu hören, dass ich kein uneheliches Kind bin. Ich bin auch erleichtert. Insgeheim übe ich meinen echten Namen – Anneke Newell. »Konnten Sie noch etwas über Jack in Erfahrung bringen?«, frage ich.
»Wir verfolgen noch einige mögliche Hinweise. Sie haben uns ja gesagt, dass er Arbeiter war, also durchsuchen wir die Mitgliederlisten verschiedener Gewerkschaften nach seinem Namen. Sobald wir etwas finden, werde ich Ihnen Bescheid geben.«
Ich blicke wieder auf den Bericht in meiner Hand. »Hier steht, dass sie zwei Wochen nach dem Großen Brand von Chicago geheiratet haben«, sage ich. »Das ist zwei Wochen, nachdem sie Michigan verlassen haben.«
»Ja. Die Trauung wurde von einem Friedensrichter in einem Dorf namens Cicero vorgenommen. Da das Feuer die Innenstadt von Chicago und alle Aufzeichnungen der Behörden vernichtet hat, wurden die meisten rechtlichen Vorgänge in der Stadt durch den Brand behindert. Deshalb haben wir beschlossen, die Akten über Eheschließungen in den Nachbarorten zu durchkämmen, und dort haben wir diese Urkunde gefunden. Sie hatten uns ja erzählt, dass Christina und Jack nach Chicago gekommen waren, um Arbeit zu suchen, und nach dem Brand gab es viel Arbeit in der Baubranche, aber es gab nicht viel Wohnraum. Christina hat eine Adresse in Cicero als ihren Wohnort angegeben.«
»Waren Sie bei dieser Anschrift? Gibt es das Haus noch?«
»Ja, das waren wir. Es ist eine Pension, die seit etwa dreißig Jahren in Betrieb ist. Wir haben mit der Wirtin Mrs Marusak gesprochen und der Beschreibung nach meint sie, sich an Ihre Mutter zu erinnern.«
Ich springe von meinem Diwan auf, zu aufgeregt, um sitzen zu bleiben. »Ich will mit ihr reden. Können Sie mich zu ihr bringen?«
»Natürlich, wenn Sie das möchten.« Agent Albertson erhebt sich ebenfalls.
»Anna, Liebes. Hast du vergessen, dass du für heute Abend Pläne hast?«, fragt Mutter und tut dabei so, als wäre sie ganz ruhig. »Ich fürchte, meine Tochter hat nicht die Zeit, heute Nachmittag mit Ihnen bis nach Cicero und wieder zurück zu reisen«, erklärt sie den Detektiven.
»Wie ist es mit morgen?«, frage ich.
»Das wird auch nicht möglich sein«, sagt Mutter. »Dein Kalender ist für die ganze restliche Woche voll, Liebes.«
»Aber es muss doch einen Nachmittag geben, an dem ich genug Zeit dafür aufbringen kann. Können wir nicht irgendetwas absagen?« Nachdem sie den Kalender befragt hat, den sie immer höchst gewissenhaft führt, erklärt Mutter mir, dass es angesichts unserer vielfältigen gesellschaftlichen Verpflichtungen und zweier wichtiger Kleideranproben frühestens morgen in einer Woche möglich sein wird, nach Cicero zu reisen. Ich weiß nicht, wie ich es aushalten soll, so lange zu warten. Einen kurzen Moment kommt mir mein Vorsatz in den Sinn, diese Suche zu beenden, aber meine Neugier überwiegt jede Angst vor dem, was ich in Cicero möglicherweise über meine Eltern herausfinden werde.
Als William und ich uns am Abend zum Essen treffen, zeige ich ihm den maschinengeschriebenen Bericht. »Es war eine riesige Erleichterung zu erfahren, dass meine Geburt nicht mit einem Makel behaftet ist«, erkläre ich ihm. Er nickt, zeigt aber wenig Begeisterung, während er das Blatt kurz überfliegt und es anschließend einmal faltet und zur Seite legt. Wir befinden uns in dem eleganten Speisesaal des privaten Herrenklubs, zu dem er und sein Vater gehören, dem einzigen Bereich, zu dem Frauen Zutritt haben. Die vornehme Umgebung und die gedämpfte Atmosphäre geben mir das Gefühl, flüstern zu müssen.
»Soll ich für uns beide bestellen?«, fragt William, als der Ober erscheint.
»Ja, aber nichts zu Schweres. Wie du weißt, hat deine Mutter heute ein Mittagessen für mich gegeben.« William bestellt und der Ober geht. »An manchen Tagen kommt es mir vor, als würde ich nur in meine Kutsche ein- und wieder aussteigen, ein Kleid nach dem anderen anziehen, Tee trinken und mich höflich durch eine Folge extravaganter Mahlzeiten knabbern. Als ich bei Oma Geesje in Michigan war, haben wir einmal frische Tomaten aus ihrem Garten mit Käse und Brot zu Abend gegessen. Es war eine herrliche Mahlzeit.«
William lächelt geduldig und ergreift meine Hand. »Ich wollte heute allein mit dir speisen, weil wir so viel zu besprechen haben. Wenn wir bei gesellschaftlichen Anlässen zusammen sind, haben wir kaum Zeit, über wichtige Dinge zu reden.« Ich werfe einen Blick in Richtung Detekteibericht, den er beiseitegelegt hat. Das ist mir im Augenblick am wichtigsten, aber ich merke, dass er William nicht interessiert.
»Du hast recht«, nicke ich. »Wir essen kaum jemals ungestört. Sag mir, was du auf dem Herzen hast.«
»Wir haben immer noch keinen Termin für unsere Hochzeit. Mutter hat mir gesagt, dass ihr Damen viel Zeit braucht, um alle Vorbereitungen zu treffen, aber wie viel Zeit genau?«
»Ich weiß nicht. Schließlich habe ich noch nie geheiratet«, erwidere ich mit einem neckischen Lächeln.
William beugt sich vor, legt eine Hand auf meine Wange und streicht zärtlich mit dem Daumen darüber. »Ich möchte so bald wie möglich mein Leben mit dir beginnen, Anna – und nicht weiter zwei getrennte Leben führen, die sich kaum jemals überschneiden, wie wir es jetzt tun. Ich brauche dich als meine Partnerin und meinen charmantesten Aktivposten in dieser verrückten Welt der Finanzen, zu der ich gehöre.«
Ich denke daran, wie streng Mutter im Augenblick meinen gesellschaftlichen Kalender kontrolliert und bis zum Rand mit Aktivitäten füllt, und frage mich, ob meine Verpflichtungen als Williams Ehefrau mich vielleicht sogar noch mehr in Beschlag nehmen werden. In mir macht sich das Gefühl breit, in einer Falle zu sitzen – was albern ist, da mein Leben mir noch nie selbst gehört hat. Ich konnte noch nie machen, was ich wollte.
»Am liebsten würde ich dich gleich morgen heiraten«, sagt William. »Sind vier Monate genügend Zeit? Wir könnten unsere Hochzeit gleich zu Beginn des neuen Jahres feiern.«
Ich nehme seine Hand und drücke sie. »Wir können heiraten, wann immer wir wollen. Schließlich ist es unsere Hochzeit. Unser Leben. Das neue Jahr gemeinsam zu beginnen, klingt wundervoll.« Meine Worte gefallen ihm und er hebt meine Hand an seine Lippen und küsst sie.
»Du bist so schön, Anna.« Ich weiß, dass er es ehrlich meint, aber trotzdem muss ich unwillkürlich an Clarice Beacham und ihr herrliches kastanienbraunes Haar denken. Im Vergleich zu ihr bin ich höchstens hübsch.
Der Ober kehrt mit Williams Getränk und dem ersten Gang unserer Mahlzeit zurück – Spargelcremesuppe. Aus irgendeinem Grund muss ich an die holländische Erbsensuppe denken, die Oma Geesje gekocht hat, und ich erinnere mich daran, dass Derk und ich unaufhörlich gelacht haben, während wir die Suppe aßen – obwohl ich nicht mehr weiß, warum wir lachen mussten. Ich vermisse Derk. Er und William sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht. William ist attraktiv und elegant, ein wahrer Gentleman in seinem maßgeschneiderten Anzug und dem gestärkten weißen Hemd. Er ist ebenso verschlossen wie der Tresor in der Bank seines Vaters und es entspräche überhaupt nicht seinem Charakter, über einem Teller Suppe laut zu lachen. Derk hingegen ist ganz schlicht und ungekünstelt, so ehrlich und offen wie der blaue Himmel über dem Lake Michigan. Für ihn ist es ebenso natürlich, über seine Gedanken und Gefühle zu sprechen, wie zu atmen.
»Wir müssen entscheiden, wo wir nach unserer Hochzeit leben wollen«, sagt William und unterbricht damit meine Gedanken. Ich schelte mich dafür, dass ich die beiden Männer miteinander vergleiche. Immerhin ist es William, den ich heiraten werde. »Wir müssen entscheiden, ob wir ein neues Haus bauen oder ein altes renovieren wollen. So oder so sind dafür Zeit und Planung nötig, und je früher wir damit beginnen, desto eher wird unser Haus fertig sein. Obwohl ich bezweifle, dass irgendein Haus bis zum Januar fertig würde. Was meinst du?«
Manche Frauen machen sich vielleicht etwas aus Einzelheiten wie seidenen Vorhängen und türkischen Teppichen und Kristallkronleuchtern, aber zu denen gehöre ich nicht. Schon die Vorstellung, entscheiden zu müssen, wie ich in einem riesigen Herrenhaus einen Raum nach dem anderen mit Möbeln füllen soll, schnürt mir beinahe die Luft ab. Ich lege meinen Suppenlöffel ab und schiebe den Teller von mir. »Ich finde ... es wäre mir lieber, wenn du alle Entscheidungen in Bezug auf das Haus treffen könntest. Ich vertraue deinem Urteil vollkommen.« Ich hoffe, meine Antwort gefällt ihm, aber an seiner gerunzelten Stirn erkenne ich, dass dem nicht so ist.
»Ich dachte, ein Haus auszusuchen wäre etwas, das wir beide zusammen tun könnten.«
Ich suche nach den richtigen Worten und bekomme etwas Aufschub, als der Ober erscheint, um unsere Suppenteller abzuräumen und den Fischgang aufzutragen. Das Filet hat einen starken fischigen Geruch, der in meiner Kehle brennt. »Es gibt so vieles, was ich im Moment bedenken muss«, sage ich, als der Ober gegangen ist. »Ich muss unglaublich viel vorbereiten und gleichzeitig bin ich gerade dabei, etwas über die Vergangenheit meiner leiblichen Eltern zu erfahren und herauszufinden, wer ich bin.« Ich zeige auf den Bericht der Detektive.
»Ist deine Vergangenheit genauso wichtig wie die Person, die du jetzt bist? Und die du sehr bald sein wirst – meine Frau? Warum sollte die Vergangenheit überhaupt eine Rolle spielen, wenn wir doch unsere ganze gemeinsame Zukunft vor uns haben? Außerdem ist es nicht einmal deine Vergangenheit. Du bist hier in Chicago aufgewachsen, bei den Nicholsons – den Eltern, die dich großgezogen haben.«
Jetzt merke ich, dass er ärgerlich wird, so wie Mutter an diesem Nachmittag. Ich muss darauf achten, dass diese Besessenheit, wie Mutter es nennt, nicht zwischen mich und die Menschen, die ich liebe, gerät. »Du hast recht«, erwidere ich. »Wenn du schon irgendwelche Häuser oder Grundstücke im Sinn hast, könnten wir doch am Sonntagnachmittag dort vorbeifahren und sie uns zumindest von außen ansehen.«
»Das würde ich gerne tun«, sagt William lächelnd. Wieder einmal wird mir bewusst, wie attraktiv er ist, und ich erinnere mich an Clarice Beachams Bemerkungen an diesem Nachmittag. Möglich, dass sie immer noch versucht, ihn zurückzugewinnen, aber William gehört mir und ich gehöre ihm. Der Gedanke entlockt mir ein Lächeln.
Auf der Kutschfahrt nach Hause legt William den Arm um mich und drückt mich an sich. War meine Mama glücklich und zufrieden, wenn sie mit Jack Newell zusammen war? Sie hat ihn so sehr geliebt, dass sie mit ihm durchgebrannt ist und ihn geheiratet hat. Wieder einmal wandern meine Gedanken zu der Wirtin, die glaubt, sich an meine Eltern zu erinnern. Wie soll ich es aushalten, bis nächste Woche darauf zu warten, sie kennenzulernen und mehr zu erfahren?
Kundenstimmen
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15.07.2021 KleinerVampir 
Buchinhalt: Chicago, 1897: Anna Nicholson steht kurz vor ihrer Hochzeit mit dem Bankierssohn William, als sie eine Detektei beauftragt, nach Hinweisen auf ihre leiblichen Eltern zu suchen. Jemand hat das Gerücht gestreut, Anna wäre ledig geboren worden: ein derartiger Skandal würde sowohl ihre Adoptiveltern als auch die Familie ihres Bräutigams beschmutzten. Dabei liebt Anna William gar nicht ? die
Verlobung ist lediglich ein gesellschaftliches Arrangement? Währenddessen nimmt Annas Oma Geesje, eine holländische Einwanderin, die junge Cornelia bei sich auf. Diese wird von ihrem Großvater, einem ehemaligen Geistlichen, bevormundet und vollkommen lieblos behandelt. Ist doch ihr Großvater der einzige noch lebende Verwandte nach dem Tod ihrer Eltern ? aber auch Cornelia hat ein tragisches Geheimnis? Persönlicher Eindruck: Mit ?Ufer der Erinnerung? setzt Bestsellerautorin Lynn Austin ihren Roman ?Töchter der Küste? fort, der die Vorgeschichte zu diesem Roman bildet. Allerdings sind Vorkenntnisse nicht zwingend notwendig ? die Handlung kann prima auch für sich alleine gelesen und verstanden werden. Der Roman erzählt zwei zunächst völlig unabhängige Geschichten, die erst gegen Ende zu einer zusammenwachsen: einerseits geht es um die in reichen Verhältnissen groß gewordene Anna, die bei ihren Adoptiveltern im reichen Chicagoer Bürgertum lebt und ihre Hochzeit mit dem Bankierssohn William plant. Das klingt alles märchenhaft ? doch Anna ist nicht wirklich glücklich. Das Arrangement dient mehr oder minder dem Abwenden des Bankrotts von Annas Adoptivvater. Gerüchte über ihre Herkunft machen die Runde und Anna steht vor dem Entschluss: sie muss die Wahrheit über ihre leiblichen Eltern herausfinden. Auf der anderen Seite erzählt der Roman die Geschichte der jungen holländischen Auswanderin Cornelia, die mit ihrem gestrengen Großvater in die kleine Ortschaft Holland in Michigan kommt und ein trauriges Geheimnis hütet. Das Mädchen ist von Schuldgefühlen und der Lieblosigkeit ihres einzigen Angehörigen derart geplagt, dass sie sich nur mit Mühen öffnet. Verbindendes Glied bei alledem ist Annas leibliche Großmutter Geesje, ebenfalls aus Holland in die USA ausgewandert. Geesje ist eine fromme und liebevolle Frau, eine Säule ihrer Kirchengemeinde und Dreh- und Angelpunkt für die beiden Einzelgeschichten. Durch Geesje fand Anna im 1. Band zum Glauben an Jesus und auch hier ist Geesje es, die Cornelia Stück für Stück aus ihrer Verzweiflung holt und der Liebe Gottes anvertraut. Die Autorin schafft es auch in diesem Buch vortrefflich, eine heimelige, angenehme Atmosphäre und einen gut recherchierten Hintergrund für ihre Erzählung zu schaffen. Man erfährt viel über das Leben in zwei völlig unterschiedlichen Gesellschaftsschichten im ausgehenden 19. Jahrhundert. Während Anna ein Leben im Luxus vor sich hat, Zofen und Bedienstete ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen, leben die Menschen im kleinen Dorf Holland in Michigan eher bodenständig, um nicht zu sagen ärmlich. Der Tagesablauf ist harte Arbeit und das Leben verläuft hier einfach so, wie in jedem Westerndorf zwischen Farmen, Schulhaus, Gemischtwarenladen und Kirche ? es wird hier aber echte Gemeinschaft gelebt. Dennoch sind beiden Hauptfiguren (Anna und Cornelia) nicht glücklich mit ihrer Situation. Was ihnen fehlt: der Bezug zu Nächstenliebe, Geborgenheit und der Glaube an Gottes Plan im Leben. All das sind Themen des stark ausgeprägten christlichen Aspekts dieses Buches ? zusammen mit der Frage nach Schuld, Vergebung und unerschöpflicher Liebe. Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, es bietet dem Leser allerhand Stoff zum Nachdenken und Reflektieren des Gelesenen. Dennoch empfand ich zweitweise die Handlung auch ein bisschen zäh, besonders in den Passagen um die reiche Anna. Trotz allem kann ich den Roman guten Gewissens weiter empfehlen!
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17.10.2019Karl Albietz 
Das Buch ist eine Fortsetzung des bekannten Romans "Töchter der Küste", in dem die Verfasserin den Aufbau der Siedlung "Holland" in der Nähe des Lake Michigan schildert. Bei Geesje und Anna, den beiden Hauptpersonen des ersten Buches, blieben noch so viele Fragen unbeantwortet, dass man richtig gespannt in die Lektüre des zweiten Buches eintaucht.
Anna weiss inzwischen, dass sie adoptiert
wurde. Sie weiss auch, wer ihre Mutter war: Christina, die Tochter von Geesje. Diese hat vor Jahren die Enge der niederländischen Kolonie nicht mehr ertragen, ist mit einem jungen Mann durchgebrannt und seither spurlos verschwunden. Beim Versuch einer Rückkehr in ihr Elternhaus, zusammen mit ihrer dreijährigen Tochter, kommt Christina bei einem Schiffsunglück ums Leben. Anna wird gerettet. Reiche Eltern adoptieren sie. Dadurch gehört sie zur Oberschicht von Chicago. In Kürze soll sie einen reichen Mann heiraten, den sie eigentlich gar nicht liebt und der zudem ihre religiöse Einstellung absurd findet. Sie weiss, wer ihre Mutter war, aber wer/wo ist ihr Vater" Der Mann, mit dem ihre Mutter durchgebrannt war, kann es nicht gewesen sein, denn Anna wurde erst später geboren. Eine dramatische Suche beginnt, die schlussendlich bei einem bekannten Advokaten endet. Der Skandal in der High Society von Chicago ist vorprogrammiert.
Spannend ist Annas Fragen nach dem Willen Gottes. Zuerst ist es nur eine Ahnung, dass es einen Gott gibt, der sich um sie kümmert und ganz andere Pläne hat als sie. Aber alle Versuche, diesen Gott ernster zu nehmen als die vornehme Oberschicht von Chicago, scheitern. Sie hätte sich gern für die verarmte Bevölkerung der Stadt eingesetzt, aber "so etwas macht man bei uns einfach nicht". Die Spannung steigt, als Annas Hochzeit immer näher kommt. Und im Hintergrund wartet Derk, ein Mann aus ihrer niederländischen Verwandtschaft, der sie liebt und alles daran setzt, sie für sich zu gewinnen.
Eine dramatische Wende nimmt die Geschichte, als eine schwere Krankheit Anna an den Rand des Todes bringt. Sie überlebt schliesslich, bleibt aber für ihr Leben gezeichnet. Der behandelnde Arzt eröffnet ihr, dass sie wegen ihrer geschwächten Gesundheit nie in der Lage sein wird, Mutter zu werden. Das ergibt im Blick auf ihre vornehme Hochzeit eine völlig neue Ausgangslage.
Lynn Austin hat die Gabe, den Charakter der einzelnen Personen mit einem feinen Stift nachzuzeichnen. Auch gelingt es ihr, die Spannung über eine längere Zeit aufrecht zu erhalten, bis sich plötzlich eine überraschende Lösung abzeichnet, mit der niemand mehr gerechnet hatte. Für Christen interessant wird es dort, wo die selbstverständliche Frömmigkeit der niederländischen Einwanderer auf das orthodoxe Christentum der Aristokratie von Chicago prallt. Auf beiden Seiten völliges Unverständnis. Der Leser wird indirekt herausgefordert, seine eigenen Position zu reflektieren.
Alles in allem eine gelungene Fortsetzung von "Töchter der Küste". Man fragt sich unwillkürlich, woher Lynn Austin ihre Fachkenntnis hat. Stammt sie selber aus einer der geschilderten Familien. Oder ist die ganze Handlung ihrer eigenen Phantasie entsprungen - was bei einem Roman ja durchaus erlaubt wäre. Auf jeden Fall hat sie mir mit diesen beiden Büchern spannende Stunden beschert, die ich nicht missen möchte.
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11.10.2019nirak03 auf lovelybooks.de 
Eine junge Frau steht kurz davor die Ehe einzugehen. Es ist Anna Nicholson aus Chicago, die den reichen attraktiven William heiraten soll. Die Ehe ist von ihren Eltern arrangiert und soll den Bankrott der Familie Nicholsons verhindern. Anna stellt die Entscheidung ihrer Eltern nicht infrage, aber vorher möchte sie unbedingt noch klären, wer ihre wahren Eltern sind. Sie weiß,
sie wurde adoptiert und die Mutter ihrer leiblichen Mutter hat sie bereits kennen und lieben gelernt. Für Anna beginnt die Suche nach ihrem Leben. Sie hofft auf Antworten und findet viele Fragen. Wird sie das Geheimnis ihrer Geburt lüften können und wird sie wirklich William heiraten, obwohl ihr Herz einem anderen gehört?
Lynn Austin schreibt gefühlvolle Romane und veröffentlicht diese in einem christlichen Verlag. „Ufer der Erinnerung“ ist die Fortsetzung von „Töchter der Küste“. Ich habe den ersten Band nicht gelesen, aber da es einige kleine Zusammenfassungen während der Handlung gibt, bekommt man einen guten Überblick über die vergangenen Ereignisse. Mir hat jetzt nicht zwingend etwas gefehlt.
Anna wird als Mädchen beschrieben, die sich in ihr Schicksal fügen will, aber auch Hoffnungen und Träume hat. Sie wird als wohlerzogene Tochter der höheren Gesellschaft Chicagos aus dem Ende des 19. Jahrhunderts dargestellt. Gleichzeitig gibt es einen zweiten Handlungsstrang der von ihrer Oma Geesje erzählt. Geesje ist eine Frau mit viel Vergangenheit, sie hat Liebe zu geben und strahlt dies auch aus. Sie nimmt eine junge Frau bei sich auf und versucht dieser ihren Lebensmut zurückzugeben. In einem Nebenstrang wird die Geschichte von Cornelia erzählt. Das Mädchen stammt, wie alle Protagonisten aus Holland. Sie sind in die USA eingewandert, in der Hoffnung hier ein besseres Leben zu finden.
Mir hat die Geschichte rund um Anna und ihre Familie gut gefallen, eigentlich. Die Geschichte ist in verschiedene Handlungsstränge aufgeteilt. Zum einen Anna, um die es hier eigentlich geht. Dann den von Oma Geesje. Ihre Geschichte wird weitererzählt. In Rückblenden erfährt man auch so nach und nach, was mit der Mutter von Anna geschehen ist. Alle Teile werden aus der Ich-Perspektive erzählt, sodass das Gefühl entsteht, direkt bei dem jeweiligen Protagonisten zu sein. Auch das hat mir gefallen, allerdings fand ich, dass einige Nebenschauplätze zu viel waren. Sie hatten mit der eigentlichen Handlung nicht wirklich etwas zu tun. Haben wohl nur gezeigt, das Geesje ein gutes Herz hat und es immer wieder schafft die Menschen an die Liebe Gottes glauben zu lassen.
Mir war von Anfang an klar, dass es hier um den Glauben an Gott und seine Beziehung zu den Menschen gehen würde. Ich lese das auch ganz gern, aber hier war es mir ein wenig zu viel. Für alles und jedes Verhalten fanden Geesje oder Anna eine Begründung zu Gott dazu. Sie haben gebetet, wann immer ihre Zeit es erlaubt hat. Sicher ist der Glaube wichtig und gut. Der Trost, den man finden kann, wurde glaubhaft hervorgehoben, aber mir war es ein bisschen zu viel des guten.
Ein kleines Gegengewicht gab es da mit dem reichen Sohn William. Für ihn zählte nur Geld und gutes Ansehen. Er hatte aber auch nicht wirklich die Chance sein Verhalten zu überdenken oder sich zu ändern, entweder nicht die Chance oder nicht die Ambitionen dafür. Sein Charakter wurde doch recht eindimensional dargestellt. Es gab noch einige Protagonisten mehr, die diese Geschichte bereichert haben.
„Ufer der Erinnerung“ ist ein Roman über die Liebe, Hoffnung und den Glauben an Gott und in sich selbst. Er erzählt gefühlvoll die Lebensgeschichte zweier junger Frauen. Ist Liebesgeschichte und Lebensgeschichte in einem. Wunderbar zu lesen.
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11.10.2019lieberlesen21 auf lovelybooks.de 
„Ufer der Erinnerung“ ist der Folgeband von „Töchter der Küste“ , geschrieben von der christlichen Erfolgsautorin Lynn Austin, aus dem francke Verlag mit ca 420 Seiten. Für den Leser ist es eine schöne Wiederbegegnung mit alten bekannten Protagonisten vor allem mit Geesje und Anna, aber auch für den neuen Leser, der den ersten Band nicht kennt, ist es eine
wunderschöne und sehr bereichernde Lektüre.
Die Handlung spielt in der Gegend von Chicago, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als es zb noch keine Autos gab. Anna ist durch ihre Eltern in der höheren Gesellschaft zuhause, an Luxus und ein Leben mit Dienstboten gewohnt und soll William Wilkinson heiraten, um die finanzielle Stellung der Eltern zu stabilisieren, auch wenn es für Anna keine Liebesheirat sein wird, fügt sie sich ihrer Eltern zu Liebe in ihr Schicksal. Es kommt wie es kommen muss, das Schicksal greift ein und Anna ergreift ein anderes Leben, an der Seite eines angehenden Pastor, den sie aus Liebe heiraten kann.
Den ganzen Roman durchzieht ein starkes Gottvertrauen auf den richtige Weg, die richtige Entscheidung und Führung durch Gott. Gewohnt flüssig und sehr gut und leicht lesbar, schreibt Austin ihren Roman, der neben dem Inhalt auch eine christliche Botschaft hat und zeigt wie gut und befreiend es sich mit Gottvertrauen und dem Rechnen von Gottes Eingreifen lebt.
Ich würde mich sehr freuen, wenn sich die beiden Bände zu einer Trilogie erweitern würden. Sehr gerne vergeben ich die maximalen 5 Sterne.
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11.10.2019415416 auf lovelybooks.de 
Eine starke Liebe
Chigaco 1897. Die junge Anna Nicholson ist von einem reichen Ehepaar adoptiert worden, nachdem ihre Mutter bei einem Schiffsunglück ums Leben kam. Anna , richtiger Name Anneke , war zu dieser Zeit 3 Jahre alt. Anna hat ein tolles Leben und vermißt nichts. Allerdings soll sie William heiraten, denn ihr Vater benötigt einen Kredit bei der Bank,
die Williams Vater gehört. Annas Herz gehört allerdings Derk, einen jungen angehenden Pastor, der wie sie aus den Niederlanden stammt. Anna macht sich mit der Hilfe von einer Privatdetektei auf Spurensuche ihrer verstorbenen Mutter. Sie möchte wissen, ob sie verheiratet gewesen ist bei ihrer Geburt und sie damit also nicht als Bastard geboren ist. Für Anna ist enorm wichtig. Annas Oma Geesje wohnt auch in den USA. Sie ist als 17-jähriges Mädel mit ihren Eltern nach Holland gezogen. Leider starben ihre Eltern 1 Jahr später an Malaria. Geesje ist die einzige verwandte, die Anneke hat. Geesje nimmt die junge Cornelia bei sich auf, die mit ihrem Opa aus den Niederlanden übergesiedelt ist. Cornelia hat starke Probleme und Geesja hat alle Mühe ihr Vertrauen zu gewinnen. Anna hat inzwischen viele Neuigkeiten über die Vergangenheit ihrer Mutter erfahren, was ihren jetzigen Eltern und auch ihrem Verlobten William nicht passen.
Ich war sehr traurig als dieses Buch zu Ende gewesen ist! Ich hätte noch viel länger weiter lesen können! Bisher mein Lese-Highlight in diesem Jahr! Dass dies eine Fortsetzung ist, wußte ich nicht. Aber man benötigt zum Verstehen dieses Romans auch nicht.
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11.10.2019pallas auf Lovelybooks.de 
Die Forsetzung "Ufer der Erinnerung " von Lynn Austin war als emotionales und spannendes Werk ein genauso großer Lesegenuß wie es schon der erste Teil "Töchter der Küste" war.
Anna Nicholson kehrt von ihrer Großmutter Geesje schon nach recht kurzer Zeit wieder zu ihren Adoptiveltern, die in Chicago wohnen, zurück. Auf sie wartet eine große Hochzeit mit William, dem wohlhabenden
Erbe einer Bank. Obwohl Anna die ersten zaghaften Versuche wagt, ihren Glauben anzuwenden und hierbei stets ihre Großmutter Geesje als großes Vorbild vor Augen hat, begegnet sie in William einem Mann, der den christlichen Lehren kaum Bedeutung schenkt. Anna quälen die Gedanken um ihre leiblichen Eltern und so engagiert sie schließlich Detektive um zumindest etwas über das Schicksal ihrer Mutter erfahren zu können. Damit löst sie allerdings ungewollt einen Skandal aus und wird von der feinen Gesellschaft kalt zurückgewiesen. Der Schmerz über dieses Verhalten lässt sie nicht ruhen und veranlasst sie, nun auch noch nach Schicksal ihres leiblichen Vaters nachzuforschen. Die Überraschung ist groß als sie ihn schließlich findet. Anna erkrankt plötzlich lebensgefährlich , dabei zeigt sich in einem besonderen Menschen ein wahrer Freund, der sie wirklich liebt.
Geesje nimmt ein junges Mädchen Namens Cornelia bei sich auf. Sie ist mit ihrem Großvater Marinus aus den Niederlanden ausgewandert. Cornelia ist sehr verschlossen und trägt ganz offensichtlich ein Geheimnis mit sich. Ihr Großvater ist ein sehr strenger, unnachgiebiger und hartherziger Mann. Er hat sich in einem Gefängnis aus Gesetzen und Regeln eingeschlossen, in dem mitmenschliche Gnade und Barmherzigkeit keinen Platz haben. Geesje sieht sich nun mit diesen beiden Menschen vor eine große Aufgabe gestellt. Wird es ihr gelingen die seelischen Mauern von Cornelia und dem Großvater niederzurreißen?
Derk, der Anna bei dem Besuch ihrer Großmutter kennen lernte, kann es kaum verwinden als diese schließlich doch William heiraten muss. Seine Liebe zu ihr ist so rein und ehrlich, dass er angesichts des festgesetzten Hochzeitstermins keinen anderen Ausweg mehr sieht als sich ihr zu offenbaren. Derks ehrlicher und solider Charakter zeichnet ihn als Ehrenmann in jeder Lebenslage aus. Wie schön wäre es doch für den Leser, wenn Anna und Derk zusammen kommen könnten. Sie wäre sogar bereit ihr ganzes wohlbehütetes Leben aufzugeben um die Frau von Derk sein zu können. Doch aus finanziellen Gründen und um ihre Adoptiveltern zu retten, scheint sie gezwungen zu sein, eine Ehe mit William einzugehen. William, der sehr von sich eingenommen ist, wird Annas Leben nach seinen Gedanken und Wünschen bestimmen wollen.
Die Romane von Lynn Austin sind stets Werke mit wunderbarem Tiefgang und inhaltlich wertvoller Substanz. In dieser Geschichte wird eine besondere Dynamik durch abwechselnde Erzählperspektiven erzielt, die sowohl von unterschiedlichen Personen als auch unterschiedlichen Zeitebenen ausgehen. So wechseln sich die Sichtweisen über die Erzählperspektiven von Anna und Geesje in der Gegenwart sowie die unterschiedlichen Zeitperspektiven aus der Erlebniswelt der Mutter ab. Über diesen literarischen Kunstgriff wird eine sehr schöne, abwechslungsreiche Dynamik in die Story gebracht.
Die Kernbotschaft in dieser Geschichte dreht sich um Vergebung und das unerschütterliche Vertrauen auf Gott. Die herzzerreißenden Stoßgebete Geesjes in schwierigen Momenten berühren den Leser zu tiefst und werden auch im eignen Alltag nachhallen. Diese liebenswerte Romanfigur war für mich ein Vorbild für eine von Herzen gütige und verständnisvolle Großmutter. Bei ihr war Cornelia sehr gut untergebracht und ich war mir sicher, dass sie bei ihr Heilung erfährt. Es war die reinste Freude mitzuerleben, wie sich Cornelia im Lauf der Zeit entwickelte. Wie Geesje ihren Alltag und die damit verbundenen Probleme bewältigte, beeinflusste sehr viele Menschen der Romanwelt.
In diesem schönen Roman erlebt der Leser hautnah und überzeugend mit, wie sich aus einer beginnenden Freundschaft zwischen Anna und Derk langsam und allmählich eine sehr viel tiefere Beziehung entwickelte, die im christlichen Glauben eine starke unerschütterliche Basis hatte, auf der sich über das darauf wachsende Vertrauen schließlich ihre Ehe hervorging. Für mich war dies ein Beispiel wie eine Ehe entstehen sollte.
Der Roman "Ufer der Erinnerung" hat mich emotional zu tiefst berührt. Ich war traurig als ich die letzten Zeilen las und mich aus dieser schönen Welt verabschieden musste. Ein dritter Teil wäre noch schön, aber ich fürchte, dass es wohl keinen geben wird.
Vielen Dank an den Francke Verlag für die Publikation dieses wunderschönen Werkes .
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11.10.2019Germania auf lovelybooks.de 
Meine Meinung: Mir hat das Buch gut gefallen. Der Schreibstil ist sehr angenehm, die Personen liebevoll beschrieben. Die Tatsache, dass das Buch auf verschiedenen Zeitebenen spielt und auch die erzählenden Personen wechseln, macht das Buch spannend und lebendig ohne den Lesefluss zu stören. Annas, aber auch Geesjes und Derks Glauben spielen eine große Rolle. Gerade Anna findet in der
Bibel die Kraft, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Ein Buch, das Mut macht, seinen eigenen Weg zu gehen!
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04.10.2019ann-marie 
Liebend gerne und wenn möglich noch mehr als 5 Sterne!
Ich hatte das große Glück, im Rahmen einer Leserunde diesen großartigen Roman kennenlernen zu können. Mein erster Roman dieser Autorin - auf keinen Fall der letzte!
Auch wenn es sich bei dem vorliegenden Roman um eine Fortsetzung der "Töchter der Küste" handelt, hat dies den Lesegenuss nie erschwert:
Der als "historischer
Roman" eingestufte Geschichte handelt von der jungen und begüterten Anna Nicholson, die kurz vor Beginn des 20. Jahrhunderts in Chicago William, den einzigen Sohn eines reichen Geschäftsmannes heiraten will. Anna, die nach einem Besuch bei ihrer gläubigen Großmutter in der Stadt Holland, Michigan, ihren Alltag in der Großstadt Chicago nun auch nach der Bibel ausrichten will, stößt damit bei ihrem Verlobten auf großes Unverständnis. Obwohl sie ahnt, dass es nach ihrer Heirat kein einfacher Glaubensweg für sie sein wird, ist sie der Meinung, dass diese Heirat Gottes Wille ist, da sie damit ihren Adoptivvater vor einem finanziellen Ruin bewahren kann. Daran kann auch ihre Freundschaft mit Derek Vander, einem angehenden Pastor, den sie während ihres Aufenthaltes bei ihrer Großmutter kennengelernt hat, nichts ändern. Auch wenn sie spürt, dass sie womöglich mehr als rein freundschaftliche Gefühle für Derek hegen könnte. Mehr zum Inhalt soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Nur so viel: Anna bleibt ihrem Glauben treu und Gott besitzt ungeahnte Möglichkeiten, um krumme Wege gerade zu biegen!
Neben diesem Handlungsstrang um Anna gibt es aber auch Neuigkeiten über Geesje, Annas Großmutter. Sie wird aus heiterem Himmel mit der Inobhutnahme einer jungen niederländischen Auswandererin und ihres grießgrämigen Großvaters, der zudem in den Niederlanden als Pastor tätig war, konfrontiert. Geesje gelingt es auf rührende Weise, das Vertrauen der jungen Cornelia zu gewinnen bis hin zu deren großem Vertrauensbeweis, ihre Lebens- bzw. Leidensgeschichte zu erfahren. Dank Geesjes glaubensstarker Überzeugungskraft trägt sie maßgebend zu einer Versöhnung zwischen Großvater und Enkelin bei, wobei sie sich aber auch nicht davor scheut, Zweifel und Ängste zuzugeben und notfalls auch Freundinnen aus ihrer Kirchengemeinde ins Vertrauen zu ziehen und um Gebetsunterstützung zu bitten.
Bei diesem Roman handelt es sich um die Fortsetzung des Romans "Töchter der Küste". Auch wenn mir dieser Roman nicht bekannt war, wurden durch eine geschickte Erzählweise wichtige Bestandteile in den nun vorliegenden Roman eingearbeitet, sodass man schnell mit Annas Vorgeschichte vertraut war. Allerdings hat mich "Ufer der Erinnerung" so fasziniert, dass ich mir als Ergänzung nun auch den Vorgängerroman zulegen werde.
Die Autorin verfügt über einen hervorragenden Schreibstil. Mitreißend, realitätsnah, spannend, glaubwürdig - vor allem, was das Praktizieren des Glaubens im Alltag beinhalten kann und vor allem, wie es in der heutigen Zeit - jederzeit - umgesetzt werden kann. Mir persönlich hat dazu besonders die Darstellung von Geesje besonders gut gefallen. Aber auch bei Anna gibt es einiges (zumindest für mich) Neues in der Umsetzung der Bibel in den Alltag zu entdecken.
Dies war mein erster Roman, den ich von Lynn Austin gelesen habe - auf keinen Fall der letzte. Ganz im Gegenteil! Ich habe für mich persönlich eine Autorin entdeckt, die nicht nur hervorragende Romane schreiben kann, sondern die ihre Protagonisten mit Eigenschaften ausstattet, die Mut machen, die Hoffnung vermitteln und die man sehr gerne persönlich kennenlernen möchte, um mehr von ihnen zu hören und zu lernen.
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02.09.2019Lexi auf lovelybooks.de 
Anna „Anneke“ Nicholson betrachtet nach dem Besuch bei ihrer Großmutter Geesje die Welt, in der sie lebt, mit anderen Augen. Sie fühlt sich angesichts ihrer gesellschaftlichen Verpflichtungen gefangen und empfindet ihr Dasein als nutzlos. Geesjes einfaches Leben und ihre stete Bereitschaft, alles mit anderen Menschen zu teilen, haben sie tief beeindruckt. Zurück in ihrer Heimatstadt Chicago bringt die mitfühlende
junge Frau nur langsam den Mut auf, gegen den Luxus und die Exzesse der wohlhabenden Gesellschaft aufzubegehren. Um den finanziellen Ruin ihrer Familie abzuwenden, willigte sie ein, den aufstrebenden Geschäftsmann William Wilkinson aus einer wichtigen Chicagoer Familie zu heiraten. Der Mann möchte Anna die Welt zu Füßen legen, versteht jedoch weder das Bestreben seiner Verlobten, etwas über ihre leiblichen Eltern herauszufinden, noch ihren leidenschaftlichen Wunsch, Gott zu dienen. Darüber hinaus denkt Anneke oft an Derk Vander Veen, der ihr in Holland ein guter Freund geworden ist. Während Derk offen mit Anna über seine Gedanken und Gefühle sowie über seinen Glauben sprach, lehnt William ihren Wunsch nach tiefgründigen Gesprächen rigoros ab. Anna fühlt sich gefangen und ist nicht glücklich mit der Richtung, die ihr Leben genommen hat.
Geesje de Jonge lebt in der Kleinstadt Holland in Michigan und hat dank des regen Briefwechsels mit ihrer geliebten Enkelin Anneke Anteil an deren Leben. Geesje besitzt einen sehr starken Glauben, tut vielen Menschen Gutes, und zeigt ihnen Gottes Liebe. Ihrem Sohn zuliebe nimmt sie eine junge Einwanderin namens Cornelia Den Herder bei sich auf. Die siebzehnjährige Niederländerin verlor bei einem Brand beinahe ihre gesamte Familie, ihr einziger noch lebender Verwandter ist ihr Großvater Marinus Den Herder. Der große und würdevolle Mann ist ehemaliger Pastor, er verhält sich kalt und unnachgiebig. Sein Stolz und seine Sturheit veranlassen ihn nicht selten zu einem gnadenlosen und unbarmherzigen Verhalten. Cornelia trägt schlimme Erinnerungen und eine drückende Last mit sich herum und macht es Geesje schwer, Zugang zu ihr zu finden.
Im Nachfolgeband des beeindruckenden Romans „Töchter der Küste“ befasst sich Lynn Austin im Jahre 1897 mit Anna „Anneke“ de Jonge, die nach dem tragischen Schiffsunglück und dem Tod ihrer Mutter Christina von der wohlhabenden Chicagoer Familie Nicholson adoptiert wurde. Die beiden Schauplätze der Handlung – Holland (Michigan), und Chicago (Illinois) – stellen zugleich auch die Wohnorte der beiden Protagonistinnen Geesje und Anna dar. Die eindrucksvollen Schilderungen der Autorin vermitteln ein detailliertes Bild der Verpflichtungen und Zwänge der besseren Gesellschaft. Sie offenbaren ein Leben, das Anna seit dem Besuch bei ihrer Großmutter Geesje als sinnlos und leer empfindet. Der Gehorsam und die große Liebe zu ihren Eltern veranlassten die junge Frau dazu, sich den Wünschen und Erwartungen anderer zu fügen. Annas Wunsch, Gott zu dienen und ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen, stößt auf Ablehnung und Widerstand.
„Du hast doch nicht die Bibel zitiert, oder? Kein Wunder, dass sie beleidigt waren. Ich dachte, du wüsstest, dass man in höflicher Gesellschaft nicht über Religion oder Politik redet.“
„Mein Leben fühlt sich an wie ein Kreisel, den jemand anders dreht und über den ich keinerlei Kontrolle habe. Aber ich bin fest entschlossen, von jetzt an herauszufinden, wie ich ihn selbst lenken kann. „
Annas hartnäckige Suche nach Hinweisen auf ihre leiblichen Eltern steuert schließlich auf einen Wendepunkt in dieser Geschichte zu und sorgt für einen Eklat in der Gesellschaft.
Mit der tief gläubigen und liebevollen Geesje und ihrer Enkeltochter Anna präsentiert die Autorin zwei wundervolle Protagonistinnen, die mir bereits im Vorgängerband sehr ans Herz gewachsen sind. Doch auch die Nebenfiguren der Handlung wurden hervorragend charakterisiert. Sie ermöglichten es mir, tief ins Geschehen einzutauchen und ihre Gedanken und Emotionen hautnah mitzuerleben. Während ich für die stille, unsichtbar wirkende Cornelia Den Herder sofort Sympathie und später Mitleid empfand, waren Marinus Den Herders altmodische Ansichten, seine herrische und lieblose Art und vor allem sein Umgang mit der wohlmeinenden Geesje nicht nur für Geesje eine regelrechte Herausforderung. Mit Annas Verlobtem William Wilkinson konnte ich mich nach wie vor nicht anfreunden. Der verschlossene und disziplinierte junge Mann weist egoistische Züge auf, er stellt seinen gesellschaftlichen Status und die öffentliche Meinung über seine Beziehung zu Anna. Annekes Rivalin Clarice Beacham würde ich als klassische Antagonistin bezeichnen. Angesichts ihrer Skrupellosigkeit und ihres selbstsüchtigen und bösartigen Vorgehens entwickelte ich eine starke Aversion gegen sie. Derk Vander Veen war bereits im Vorgängerband meine favorisierte handelnde Figur. Seine schlichte, ungekünstelte Art und sein respekt- und liebevoller Umgang mit seinen Mitmenschen machen ihn zum absoluten Sympathieträger. Der angehende Pastor liebt Anneke, möchte ihrem Glück jedoch nicht im Wege stehen. Durch Annas Nachforschungen erfährt man in diesem Band auch vom Schicksal ihrer Mutter Christina, die mit ihrem damaligen Freund Jack Newell durchbrannte und nie wieder nach Holland zurückkehrte.
Obgleich ich Bücher in der Kombination Präsens und Ich-Form grundsätzlich meide, war ich von der ersten Seite an im Bann dieser Geschichte. Lynn Austins Schreibstil kann ich einfach nur als hervorragend bezeichnen. Die Autorin besitzt das Talent, ihre Leserschaft sofort in die Geschichte einzubeziehen. Ihre lebendigen Schilderungen von Örtlichkeiten und Handlungen, aber auch die wundervolle Charakterzeichnung ihrer Figuren, machten die Lektüre dieses Buches zu einem reinen Vergnügen. Der Glaube hat bei Lynn Austins Werken einen sehr hohen Stellenwert. Die Protagonisten verleihen ihren Ängsten und Hoffnungen Ausdruck und bringen diese im Gebet vor Gott. Der enge Zusammenhalt und der wertschätzende und liebevolle Umgang miteinander zeichnen Geesjes Familie und Kirchengemeinde aus.
„Ich weiß, dass er nicht liebenswert erscheint. Aber die nicht liebenswerten Menschen sind es, die unsere Liebe besonders nötig haben.“
FAZIT: Dieser Roman bescherte mir eine ganz besonders beeindruckendes Leseerlebnis und hat mir ausgezeichnet gefallen. In dieser tief vom Glauben geprägten Geschichte darf man an der Seite der beiden starken Frauen miterleben, wie sie aller Widerstände zum Trotz ihren Weg im Leben finden. „Ufer der Erinnerung“ ist ein erstklassiger und tief berührender Roman einer begnadeten christlichen Autorin, den ich uneingeschränkt weiterempfehle. Über eine Fortsetzung und ein Wiedersehen mit den sympathischen Charakteren der beiden Bände würde ich mich über alle Maßen freuen.
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05.08.2019dorli 
Chicago, 1897. Anna Nicholson wird in wenigen Monaten den Bankierssohn William Wilkinson heiraten, obwohl sie sich seit dem Kurzbesuch bei ihrer Großmutter Geesje in Holland/Michigan zu dem angehenden Pastor Derk hingezogen fühlt. Doch Annas Adoptivvater steckt in finanziellen Schwierigkeiten und die Hochzeit mit William ist der einzige Weg, die Nicholsons vor dem sicheren Ruin zu bewahren. Anna möchte ihr
Leben nach der Bibel ausrichten, doch das ist leichter gesagt als getan, denn zum einen lassen ihr die gesellschaftlichen Verpflichtungen und Aktivitäten kaum Zeit, sich mit Gottes Wort zu beschäftigen, und zum anderen lehnen sowohl ihre Adoptiveltern wie auch William Gespräche über geistliche Themen ab. Der Aufenthalt in Michigan hat Annas Wunsch bestärkt, Licht in das Dunkel um ihre leiblichen Eltern zu bringen - eine Spurensuche, die der High-Society nicht verborgen bleibt und die Gerüchteküche zum Brodeln bringt.
Ein zweiter Handlungsstrang spielt in Michigan. Die 17-jährige Cornelia ist mit ihrem Großvater aus den Niederlanden ausgewandert und findet bei Geesje eine Bleibe. Cornelia hat Furchtbares erlebt und bräuchte dringend Hilfe, doch Geesje findet nur schwer Zugang zu dem Mädchen.
"Ufer der Erinnerung" ist die Fortsetzung von "Töchter der Küste" - obwohl ich den ersten Band nicht gelesen habe, konnte ich dem Geschehen bestens folgen und war schnell mit den Akteuren vertraut. Beide Handlungsstränge werden von der Autorin sehr mitreißend erzählt. Man fiebert mit Anna mit, ob sie mehr über ihre Wurzeln herausfindet; genauso leidet man mit Cornelia mit und hofft, dass sie Heilung finden wird.
Lynn Austin stellt ein wichtiges Thema in den Mittelpunkt ihrer Geschichte - es geht um Klatsch und Tratsch, um üble Nachrede, um das Verbreiten von Gerüchten bis hin zum Mobbing. Um zu verdeutlichen, welche zerstörerische Kraft in Gerüchten steckt, hat Lynn Austin das Thema auf vielfältige Weise in die Handlung eingebaut. So darf Anna weder ihren Glauben ausleben, noch kann sie sich für ein soziales Projekt engagieren, weil befürchtet wird, dass es Gerede gibt und damit Williams Ansehen und Karriere schaden nehmen könnte.
Williams Ex-Freundin Clarice verbreitet Gerüchte, um sie als Instrument für ihren Racheplan zu nutzen. Aus Angst vor Klatsch und Tratsch verbietet Großvater Marinus Cornelia, sich ihren Kummer von der Seele zu reden und nimmt dabei in Kauf, dass Cornelia ihre furchtbaren Erlebnisse nicht verarbeiten kann und ihren Lebenswillen verliert. Annas Freundinnen lästern über eine Bekannte, deren Vater in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist und schließen sie aus der Gemeinschaft aus. Am Ende sind es ihre innere Stärke und vor allen Dingen ihr gewachsener Glaube, die Anna trotz aller Unwegsamkeiten die richtigen Entscheidungen treffen und ihr Glück finden lassen.
"Ufer der Erinnerung" hat mir sehr gut gefallen - eine Geschichte, die aufzeigt, dass man seinen eigenen Weg gehen und sich nicht von den Ansichten und dem Gerede anderer ausbremsen lassen sollte.
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04.08.2019Dreamworx 
1897 Chicago. Anna Nicholson ist mit dem Bankierssohn William Wilkinson verlobt, dessen Familie nicht nur wohlhabend ist, sondern zur oberen Gesellschaftsschicht von Chicago gehört. Mit der Hochzeit möchte Anna ihren Adoptivvater vor dem Bankrott retten, denn er hat finanzielle Schwierigkeiten und hat Schulden bei der Bank. Anna sieht einem Leben in Reichtum entgegen, doch insgeheim wünscht sie sich, sich
mehr sozial zu engagieren und vor allem eine Zukunft mit dem zukünftigen Pastor Derk, den Nachbarn ihrer Großmutter Geesje, die in Michigan lebt. Außerdem möchte Anna unbedingt mehr über ihre leiblichen Eltern herausfinden, was allerdings von der Chicagoer Gesellschaft und vor allem von William nicht begrüßt wird und ihrem Ruf schaden könnte. Doch Anna lässt sich nicht beirren und findet mit viel Glück das alte Tagebuch ihrer Mutter, das ihr endlich die Wahrheit ihrer Herkunft offenbart. Gleichzeitig wird sie von einer alten Flamme Williams unter Druck gesetzt die Verlobung zu lösen, sonst würde es einen Skandal in Bezug auf ihre Abstammung geben. Wird Anna tatsächlich Williams Frau oder folgt sie ihrem Herzen"
Lynn Austin hat mit "Ufer der Erinnerung" einen wunderschönen und gefühlvollen historischen Roman vorgelegt. Der flüssige und einfühlsame Schreibstil überzeugt schon mit den ersten Zeilen und öffnet dem Leser die Tür zur Vergangenheit, wo er sich unsichtbar an Annas Seite heftet, um sie bei ihren Nachforschungen und ihren persönlichen Kämpfen beobachten kann, während ihre Gedanken- und Gefühlswelt für ihn offen liegen. Durch wechselnde Handlungsstränge erhält der Leser gleichzeitig die Möglichkeit, auf Oma Geesjes Spuren zu wandeln, die ebenso einige Aufregungen und schwierige Situationen im kleinen Ort Holland zu meistern hat. Außerdem gönnt die Autorin dem Leser durch die Tagebucheinträge von Annas Mutter auch noch einen Blick in die Vergangenheit, wodurch sich manche Dinge endlich erklären. Die sich abwechselnden Perspektiven geben der Handlung einiges an Spannung und lassen den Leser miträtseln, wie die einzelnen Dinge wohl ausgehen werden, wer sich als Spion betätigt und welche Schicksalsschläge so mancher durchmachen musste, dass er keine Freude mehr am Leben hat. Die Autorin hat ein besonderes Händchen dafür, christliche Botschaften in ihrer Geschichte zu verpacken, so geht es hier nicht nur um Vertrauen in Gott, sondern auch um Mitgefühl, Barmherzigkeit und vor allem um Vergebung, was wunderbar in dem Roman umgesetzt wurde.
Die einzelnen Charaktere sprühen vor Leben, wirken glaubwürdig und sehr authentisch, so dass es dem Leser sehr leicht fällt, ihnen zu folgen, mit ihnen zu fühlen, zu leiden und vor allem zu hoffen. Anna ist eine liebenswerte junge Frau, die es allen recht machen möchte. Sie ist vielleicht manchmal etwas naiv, aber ihr Herz sitzt am rechten Fleck und sie würde alles für diejenigen tun, die sie liebt, auch wenn sie dafür Opfer bringen müsste. Geesje ist eine alte Dame, die ihren Glauben lebt und ein mitfühlendes Herz besitzt. Sie kümmert sich um die Gestrauchelten, ist geduldig und gibt Mut. Derk ist eine ehrliche und liebevolle Seele, immer hilfsbereit und vor allem lebt er mit Gottvertrauen. Der Dominee ist ein harter Mann, der sich von den Menschen entfernt hat und auch von Gott. Er ist oft ungerecht und will anderen seinen Willen aufzwingen. Clarice ist eine falsche Schlange in Engelsgestalt. William ist ein Mann ohne Charakter, er ist oberflächlich und lässt sein Leben von gesellschaftlichen Vorstellungen beherrschen. Aber auch die übrigen Nebendarsteller wissen zu überzeugen und geben der Handlung immer wieder ein neues Gesicht.
"Ufer der Erinnerung" ist ein wunderschöner historischer Roman über alte Familiengeheimnisse, Glaubensfragen, Hoffnungen, Liebe und vor allem Entscheidungen, die das Leben fordert. Toll zu lesen und langanhaltend im Gedächtnis verbleibend. Absolute Leseempfehlung!!!
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01.08.2019H.Köther 
Dieses Buch ist die Fortsetzung von: Töchter der Küste.
Anna Nicholson ist mit neuer Hoffnung zu ihrem Verlobten William nach Chicago zurückgekehrt. Zurückgelassen hatte sie Derk, einen Mann, der ihr Herz bewegt hat und der viel einfühlsamer ist als William. Wird William ihr die Freiheit geben, ihren Glauben, so wie sie es möchte zu leben? Auch bei Oma Geesje passiert
Neues. Ein ehemaliger holländischer Pfarrer mit seiner verschüchterten und tief verwundeten Enkelin wird in ihrer Gemeinde einquartiert. Oma Geesje nimmt sich dieser Enkelin Cornelia an. Dabei muss sie manche Kämpfe mit dem Dickkopf „Opa Dominee“ ausfechten.
Gerade dieser neue Einschub gibt dem Buch noch eine besondere Würze. Mir gefällt besonders gut die Oma Geesje. Die Autorin hat sie mit besonderen Charaktereigenschaften ausgestattet (Güte, Langmut, Aufrichtigkeit) dass man gerne bei ihr Gast sein möchte und mit ihr im lauschigen Garten zu verweilen.
Ich halte diese Fortsetzungsgeschichte noch stärker als den ersten Band. Sehr lesenswert. Habe ich im Urlaub leider schon in zwei Tagen durchgelesen.
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30.07.2019Marianne Müller 
In dieser Fortsetzung von "Tochter der Küste" sucht Anna nach Hinweisen auf ihre leiblichen Eltern. Sie kennt inzwischen ihre Großmutter, Geesje, und mit Hilfe einer Detektei möchte sie mehr über die Umstände ihrer Geburt erfahren. Ihre verstorbene Mutter verließ schon als junges Mädchen ihr Zuhause, darum ist auch ihre Großmutter gespannt, was Anna über ihre Mutter herausfindet.
Anna wurde von
einer wohlhabenden Familie adoptiert. Ihr Verlobter verkehrt in denselben gesellschaftlichen Kreisen wie ihre Adoptiveltern und kann ihr ein Leben in Luxus bieten. Aber als Annas Glauben wächst und sie die Lebensweise ihrer Großmutter besser kennenlernt, entfremdet sie sich mehr und mehr vom Lebensstil ihres reichen Verlobten. Sie spürt außerdem, dass sie in Gefahr steht ein völlig fremdbestimmtes Leben zu führen. Vor allem ist sie nicht sicher, ob sie ihren Verlobten liebt. Im Nachbarn ihrer Großmutter hat sie einen treuen Freund gefunden, der alles für sie tun würde und sie auch als eigenständige Persönlichkeit schätzt. Aber mehr kann wohl nicht daraus werden, denn Annas Verbindung mit dem reichen William soll die Zukunft ihrer Adoptiveltern sichern, denen Anna so viel verdankt.
Eine zweite Erzählung wird mit dieser Geschichte verwoben. Geesje möchte die verzweifelte, siebzehnjährige Cornelia unterstützen, die mit ihrem Großvater aus Holland gekommen ist. Als das Vertrauen zwischen den beiden Frauen wächst, erfährt Geesje mehr über das tragische Ereignis, das Cornelia und ihr Großvater zu der weiten Reisen bewegte.
Die Bestseller-Autorin Lynn Austin schafft mit dieser historischen Erzählung Charaktere, die man meint persönlich zu kennen. Anna ist noch unsicher in ihrem neugefundenen Glauben. Sie bemüht sich darum das Richtige zu tun, auch wenn es sie viel kostet. Der Leser bangt mit, wenn sie schwere Entscheidungen trifft, zum Beispiel, ob sie mehr von ihrer Vergangenheit aufdecken will. Geesje ist eine weise, alte Frau. Manchmal meint sie es vielleicht zu gut, wenn sie anderen eindringlich rät, was sie tun sollen, aber sie ist auch zur Korrektur bereit. Cornelias Großvater geht einen schweren Weg der Selbsteinsicht. Mit jeder Persönlichkeit, die im Laufe der Geschichte Erkenntnis gewinnt, lernt der Leser so manches für sein eigenes Leben. Der Glaube, der vor allem bei Geesje und Derk sichtbar wird, ist eine große Stütze und Hilfe für den Alltag. Gnade und Wiederherstellung spielen bei dieser Erzählung ebenso eine Rolle, wie die Bereitschaft Gott zuliebe unbequeme Entscheidungen zu treffen.
Fazit: Eine spannende, historische Erzählung, bei der Leser ganz nebenbei wichtige Lebenslektionen lernen. Ein sehr empfehlenswertes Buch für genussvolle Lesestunden.
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26.07.2019Klaudia K. 
Die Forsetzung "Ufer der Erinnerung " von Lynn Austin war als emotionales und spannendes Werk ein genauso großer Lesegenuß wie es schon der erste Teil "Töchter der Küste" war.
Anna Nicholson kehrt von ihrer Großmutter Geesje schon nach recht kurzer Zeit wieder zu ihren Adoptiveltern, die in Chicago wohnen, zurück. Auf sie wartet eine große Hochzeit mit William, dem wohlhabenden
Erbe einer Bank. Obwohl Anna die ersten zaghaften Versuche wagt, ihren Glauben anzuwenden und hierbei stets ihre Großmutter Geesje als großes Vorbild vor Augen hat, begegnet sie in William einem Mann, der den christlichen Lehren kaum Bedeutung schenkt. Anna quälen die Gedanken um ihre leiblichen Eltern und so engagiert sie schließlich Detektive um zumindest etwas über das Schicksal ihrer Mutter erfahren zu können. Damit löst sie allerdings ungewollt einen Skandal aus und wird von der feinen Gesellschaft kalt zurückgewiesen. Der Schmerz über dieses Verhalten lässt sie nicht ruhen und veranlasst sie, nun auch noch nach Schicksal ihres leiblichen Vaters nachzuforschen. Die Überraschung ist groß als sie ihn schließlich findet. Anna erkrankt plötzlich lebensgefährlich , dabei zeigt sich in einem besonderen Menschen ein wahrer Freund, der sie wirklich liebt.
Geesje nimmt ein junges Mädchen Namens Cornelia bei sich auf. Sie ist mit ihrem Großvater Marinus aus den Niederlanden ausgewandert. Cornelia ist sehr verschlossen und trägt ganz offensichtlich ein Geheimnis mit sich. Ihr Großvater ist ein sehr strenger, unnachgiebiger und hartherziger Mann. Er hat sich in einem Gefängnis aus Gesetzen und Regeln eingeschlossen, in dem mitmenschliche Gnade und Barmherzigkeit keinen Platz haben. Geesje sieht sich nun mit diesen beiden Menschen vor eine große Aufgabe gestellt. Wird es ihr gelingen die seelischen Mauern von Cornelia und dem Großvater niederzurreißen"
Derk, der Anna bei dem Besuch ihrer Großmutter kennen lernte, kann es kaum verwinden als diese schließlich doch William heiraten muss. Seine Liebe zu ihr ist so rein und ehrlich, dass er angesichts des festgesetzten Hochzeitstermins keinen anderen Ausweg mehr sieht als sich ihr zu offenbaren. Derks ehrlicher und solider Charakter zeichnet ihn als Ehrenmann in jeder Lebenslage aus. Wie schön wäre es doch für den Leser, wenn Anna und Derk zusammen kommen könnten. Sie wäre sogar bereit ihr ganzes wohlbehütetes Leben aufzugeben um die Frau von Derk sein zu können. Doch aus finanziellen Gründen und um ihre Adoptiveltern zu retten, scheint sie gezwungen zu sein, eine Ehe mit William einzugehen. William, der sehr von sich eingenommen ist, wird Annas Leben nach seinen Gedanken und Wünschen bestimmen wollen.
Die Romane von Lynn Austin sind stets Werke mit wunderbarem Tiefgang und inhaltlich wertvoller Substanz. In dieser Geschichte wird eine besondere Dynamik durch abwechselnde Erzählperspektiven erzielt, die sowohl von unterschiedlichen Personen als auch unterschiedlichen Zeitebenen ausgehen. So wechseln sich die Sichtweisen über die Erzählperspektiven von Anna und Geesje in der Gegenwart sowie die unterschiedlichen Zeitperspektiven aus der Erlebniswelt der Mutter ab. Über diesen literarischen Kunstgriff wird eine sehr schöne, abwechslungsreiche Dynamik in die Story gebracht. Die Kernbotschaft in dieser Geschichte dreht sich um Vergebung und das unerschütterliche Vertrauen auf Gott. Die herzzerreißenden Stoßgebete Geesjes in schwierigen Momenten berühren den Leser zu tiefst und werden auch im eignen Alltag nachhallen. Diese liebenswerte Romanfigur war für mich ein Vorbild für eine von Herzen gütige und verständnisvolle Großmutter. Bei ihr war Cornelia sehr gut untergebracht und ich war mir sicher, dass sie bei ihr Heilung erfährt. Es war die reinste Freude mitzuerleben, wie sich Cornelia im Lauf der Zeit entwickelte. Wie Geesje ihren Alltag und die damit verbundenen Probleme bewältigte, beeinflusste sehr viele Menschen der Romanwelt.
In diesem schönen Roman erlebt der Leser hautnah und überzeugend mit, wie sich aus einer beginnenden Freundschaft zwischen Anna und Derk langsam und allmählich eine sehr viel tiefere Beziehung entwickelte, die im christlichen Glauben eine starke unerschütterliche Basis hatte, auf der sich über das darauf wachsende Vertrauen schließlich ihre Ehe hervorging. Für mich war dies ein Beispiel wie eine Ehe entstehen sollte.
Der Roman "Ufer der Erinnerung" hat mich emotional zu tiefst berührt. Ich war traurig als ich die letzten Zeilen las und mich aus dieser schönen Welt verabschieden musste. Ein dritter Teil wäre noch schön, aber ich fürchte, dass es wohl keinen geben wird. Vielen Dank an den Francke Verlag für die Publikation dieses wunderschönen Werkes!
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23.07.2019peedee 
Wohlverdiente 5 Sterne
Waves of Mercy, Band 2: Chicago, 1897. Anna steht vor der Hochzeit mit William, dem einzigen Sohn einer einflussreichen Chicagoer Familie. Sie langweilt sich, denn sie will mehr vom Leben, als nur Dinnerpartys und Teegesellschaften zu geben. Ihr Verlobter verbietet ihr, sich sozial zu engagieren oder öffentlich über den Glauben zu sprechen. Sie muss immer wieder
an Oma Geesje denken, die sie erst vor Kurzem kennengelernt hat - und an Derk, den zukünftigen Pastor. Anna, die als Kleinkind adoptiert wurde, versucht, mehr über ihre leiblichen Eltern zu erfahren und löst unerwarteterweise eine Lawine aus"
Erster Eindruck: Das Cover gefällt mir sehr gut - ich mag stimmungsvolle Fotografien in Verbindung mit Wasser. Die Frau, die auf dem Felsen sitzt, ist mir erst beim näheren Betrachten aufgefallen.
Das Buch spielt hauptsächlich 1897 in Chicago sowie Holland, Michigan, USA, und in Rückblenden 1871/72 (USA) sowie 1893 (Niederlande). Dies ist der Folgeband zu "Töchter der Küste", den ich erst vor ein paar Tagen gelesen habe. Das vorliegende Buch kann sicherlich ohne Kenntnisse des Vorgängerbandes gelesen werden, aber für mehr Lesegenuss empfehle trotzdem, die Reihenfolge einzuhalten.
Annas Heirat steht bevor, aber sie interessiert sich nicht für die Hochzeitsvorbereitungen - im Grund der Dinge will sie William gar nicht heiraten. Sie will mit dieser Verbindung die finanziellen Schwierigkeiten ihres Vaters beseitigen und sich dafür opfern. Seit sie ihre Oma Geesje kennengelernt hat, fällt ihr auf, wie langweilig und wenig sinnvoll ihr Tagesablauf ist. Wenn Anna in Holland ist, kann sie sein, wie sie wirklich ist, aber in Chicago erdrücken sie die gesellschaftlichen Verpflichtungen. William interessiert sich nicht wirklich für ihre Belange - sie muss lernen, ihre Bedürfnisse zu äussern und dafür einzustehen. Die Recherchen über ihre leiblichen Eltern bzw. ihren Vater bringen grosse Unruhe mit sich.
Geesje kriegt einen Hausgast: Cornelia, die 17-jährige Enkelin von Dominee den Herder, die aus den Niederlanden kommen. Der Dominee, der im Nachbarhaus bei Derk und seinem Vater Unterschlupf findet, wirkt wütend und unnahbar, aber vielleicht versteckt er seine Sorge um die Enkelin hinter dieser Wand aus Wut" Was haben die beiden erlebt" Wieso haben sie so ein schlechtes Verhältnis" Geesje hat ihre Freundinnen gebeten, mit ihr für Cornelia und ihren Grossvater zu beten. Schön fand ich, dass es ihr sofort leichter ums Herz wurde, da sie die Last mit den anderen teilen konnte. Die Wortgefechte mit dem Dominee über die Auslegung der Bibel haben mir gut gefallen.
Derk hat mir - wie bereits in Band 1 - sehr gut gefallen. Ein junger Mann mit Charakter, der zu seinen Überzeugungen steht.
Fazit: Beeindruckend, dramatisch, ergreifend - ein wunderbares Buch über den Glauben, Erwartungen und Entscheidungen, das man mit leisem Seufzer nach der letzten Seite zuklappt. Wohlverdiente 5 Sterne.
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