PJ McKinley träumt seit Jahren davon, in ihrer Heimatstadt eine eigene Pension mit angeschlossenem Restaurant zu eröffnen. Doch der talentierten Köchin und Konditorin fehlt es am Wesentlichen: Sie verfügt weder über die finanziellen Mittel noch über die geeignete Lokalität, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen.
Als die Besitzerin einer wunderschönen historischen Villa im Ort einen Wettbewerb auslobt und dem Gewinner ihr Haus in Aussicht stellt, scheint PJs Traum mit einem Mal zum Greifen nah. Wäre da nur nicht ein Mitbewerber, der ebenfalls unbedingt gewinnen will. Und dessen Pläne so herzergreifend klingen, dass PJ ihm das Haus sogar fast freiwillig überlassen hätte ...
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Kapitel 1
PJ McKinley wollte gerade das Licht ausmachen, als sie ein Geräusch hörte. Reglos blieb sie in ihrem Bett sitzen, die Hand über dem Tablet erstarrt.
Rums.
Wahrscheinlich war es nur der Wind. Oder die alte Heizung oder ein loser Fensterladen. Sie wohnte erst seit einer Woche in ihrem Haus und war mit den Geräuschen noch nicht vertraut. Sie sollte sich entspannen, anstatt sich von nichts und wieder nichts einen Schrecken einjagen zu lassen.
PJ speicherte die Änderungen, die sie gerade an ihrem Marketingplan vorgenommen hatte.
Inzwischen war der Plan beinahe perfekt. Noch zwei Tage. Sie holte tief Luft und sog den würzigen Duft der Fettuccine Carbonara ein, die sie vor ein paar Stunden gekocht hatte. Nächstes Mal würde sie statt Frühstücksspeck Pancetta nehmen, um etwas weniger Rauchgeschmack zu bekommen. Und vielleicht ein bisschen weniger Parmesan und dafür einen Schluck Weißwein.
Bumm.
Das Geräusch kam ganz aus der Nähe. Von der Veranda. Hastig schwang PJ die Füße aus dem Bett. Das war zwar noch kein Fall für den Notruf, aber sie würde sich deutlich besser fühlen, wenn sie ihr Handy in der Hand hielt. Leider hatte sie es zum Aufladen in der Küche gelassen. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
Hör auf, dich verrückt zu machen, PJ.
Dies war Chapel Springs und nicht Indianapolis. Aber sie war es gewohnt, auf einem Campus zu wohnen, umgeben von Dutzenden Studenten, nicht allein. Und schon gar nicht in einem Haus im Wald, das ein Stück abseits von der Straße lag.
Plopp.
PJs Herz raste. Diesmal war es noch näher. An der Haustür. Sie ermahnte sich, das Atmen nicht zu vergessen.
Sie musste ihr Handy holen, trotz des vorhanglosen Panoramafensters und ihres dünnen Schlafanzugs, der nur aus einem ärmellosen Top und Shorts bestand. Jetzt war eindeutig der Zeitpunkt für einen Notruf gekommen. Sich zu verstecken, brachte schließlich nichts, wenn jemand einbrach. Sie rutschte von ihrer Bettkante und durchquerte auf Zehenspitzen den Raum.
Bitte, Gott … Ich weiß, es ist eine Weile her, dass wir miteinander gesprochen haben, aber –
Gerade als sie das Wohnzimmer erreicht hatte, rüttelte es am Türknauf. PJ schnappte nach Luft und ihr Blick schnellte zur Tür. Das Licht aus ihrem Schlafzimmer fiel in den dunklen Raum und ließ den Metallknauf aufblitzen.
Er drehte sich.
Jetzt wurde ihr Atem ganz flach. Denk nach, PJ! Sie packte den ersten Gegenstand, den sie sah: ein französisches Veilchen in einem rustikalen Tontopf. Dann huschte sie hinter die Tür und hob den Blumentopf genau in dem Moment über ihren Kopf, als die Tür aufging.
Ihr stockte der Atem. Ihre Finger krallten sich um den Topf. Die Tür flog auf, schlug gegen ihre nackten Zehen, prallte davon ab und schlug gegen den Körper, der hereinstolperte. Ein Mann. Groß und kräftig.
PJ stellte sich auf die Zehenspitzen, zielte auf seinen Kopf und ließ den Topf so fest sie konnte herunterkrachen. Der Ton zerbarst in ihren Händen und ein kleiner Schrei entwich ihrer Kehle.
Der Mann grunzte und schwankte. Bitte, bitte, bitte! Dann stürzte er mit einem dumpfen Aufprall zu Boden.
„Du meine Güte, du meine Güte.“ PJ tänzelte von einem Fuß auf den anderen. Ihre Hände zitterten und ihre Beine waren vom Adrenalin ganz weich. Rasch schaltete sie das Licht ein, bereit, nach der nächsten Waffe zu greifen.
Aber der Mann rührte sich nicht. PJ sprang über ihn und lief zu ihrem Telefon. Dann wählte sie die Notrufnummer und berichtete Nancy Lee von dem Einbruch, die versprach, Sheriff Simmons sofort rüberzuschicken. Aber PJ wusste, was das bedeutete. Der Sheriff bewegte sich im Schneckentempo und sie hatte einen gefährlichen Verbrecher bäuchlings in ihrem Wohnzimmer liegen. Einen Verbrecher, der jeden Augenblick aufwachen konnte.
Ryan! Er würde schneller hier sein. PJ drückte die entsprechende Kurzwahltaste, rief ihren Bruder an und schilderte ihm die Lage mit einigen unzusammenhängenden Sätzen.
„Schließ dich in deinem Zimmer ein und nimm dein Telefon mit“, sagte er. „Ich bin in drei Minuten da.“
PJ legte auf und starrte mit gerunzelter Stirn den reglosen Brocken auf dem Boden an. Noch nicht einmal eine Woche wohnte sie allein und schon brauchte sie die Hilfe ihrer Familie.
Der Mann trug Jeans und ein dunkles T-Shirt. Sie fragte sich, warum er keine Jacke anhatte. Es war Mai und noch ziemlich kühl. Aber vielleicht froren abgebrühte Kriminelle nicht. Er hatte kurze dunkle Haare und kräftige Arme, von denen einer nach hinten weggestreckt war und der andere zum Kopf hin gebogen. Sie kniff leicht die Augen zusammen, als sie etwas auf dem Fußboden entdeckte. War das Blut?
Auf Zehenspitzen ging sie ein Stück ins Wohnzimmer zurück. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Es war Blut, sah sie, als sie näher kam. Es verklebte seine dunklen Haare und sammelte sich mit beunruhigender Geschwindigkeit auf dem Holzboden in einer Lache.
Ach, du liebe Zeit, ich habe ihn getötet!
Auf keinen Fall würde sie nach seinem Puls fühlen. Sie hoffte nur, dass er nicht auf ihrem Fußboden verblutete. An seiner Stirn bildete sich bereits eine Beule, aber das Blut kam vom Hinterkopf.
Gott sei Dank, dass Ryan unterwegs war. Er war bei der Freiwilligen Feuerwehr und als Rettungssanitäter ausgebildet. Sollte sie die Blutung stillen? Aber was, wenn der Mann aufwachte? Zögernd entfernte sie sich wieder von ihm, blieb aber in der geöffneten Schlafzimmertür stehen, als würde ihr Bruder dadurch schneller erscheinen.
Zwei Minuten später hörte sie das Summen eines Motors und das Knirschen von Schotter. Ryan oder der Sheriff. Sie würde eher auf ihren Bruder wetten.
Eine Wagentür schlug zu und gleich darauf kam Ryan durch die offene Haustür hereingestürmt.
Er machte sich mit der Situation auf ihrem Fußboden vertraut und warf ihr dann einen Blick zu. „Ich habe doch gesagt, du sollst dich in deinem Zimmer einschließen.“
„Er hat geblutet.“
Sie näherte sich dem Mann. Jetzt, wo ihr Bruder da war, fühlte sie sich viel mutiger. Mit dem Fuß stieß sie den Eindringling an, bis er auf den Rücken rollte.
„Mister? Hallo Mister?“ Sein Brustkorb hob und senkte sich. „Er atmet. Gott sei Dank.“
Ryan kniete sich hin, fühlte den Puls des Mannes und begutachtete seine Wunde.
PJ ließ den Blick über das Gesicht des Fremden wandern. Es war ein nettes Gesicht. Ein bisschen ähnelte es dem des Footballspielers Tom Brady mit dem kantigen Kinn und den langen dunklen Wimpern, die jetzt auf seinen Wangen ruhten. Auf seiner Stirn stand ein Schweißfilm. Wie ein Verbrecher sah er nicht aus, so viel stand fest.
Als ob du schon so viele Verbrecher gesehen hättest …
„Hol ein Handtuch und drück es auf seinen Kopf“, sagte Ryan.
Sie rannte los, holte das Gewünschte und kniete dann neben dem Mann nieder, damit sie ihm das Handtuch auf den Kopf legen konnte.
„Womit hast du ihn niedergeschlagen?“
Sie zeigte auf die Überreste des Tontopfs und die herumliegende Erde nebst Blumen. „Mit dem Einzugsgeschenk von Mom und Dad. Tja, das hat nicht lange überlebt.“
„Ist schließlich nicht so, als hätte es jemals eine Überlebenschance gehabt.“
PJ warf ihrem Bruder einen strafenden Blick zu, den dieser jedoch nicht bemerkte, weil er gerade anfing, die Wunde zu säubern.
Eine Minute später runzelte er die Stirn und legte eine Hand auf die Stirn des Bewusstlosen. „Er fühlt sich ganz heiß an.“
„Was bedeutet das?“
Ryan blickte kurz zu ihr auf. „Das bedeutet, dass er krank ist.“
„Aber warum sollte jemand, der krank ist, in mein Haus einbrechen?“
Ryan sah sich um. Dann hob er etwas Glänzendes vom Boden auf und hielt es hoch. Einen Schlüssel. „Vielleicht ist er ja gar nicht eingebrochen.“
Jetzt fiel PJ noch etwas auf, das sie vorher nicht bemerkt hatte. Eine kleine graue Reisetasche, die zwischen Couchtisch und Sofa gelandet war. „Guck mal.“
Ryans Blick folgte dem ihren. „Sieht aus, als wäre dein Einbrecher möglicherweise gar kein Einbrecher.“
Kapitel 2
Als Cole Evans erwachte, hatte er rasende Kopfschmerzen. Sein Körper bebte vor Schüttelfrost und er kuschelte sich tiefer in die warme Decke. In der Nähe ertönte eine Stimme. Wasser tropfte und dann senkte sich etwas Kühles auf seine Stirn.
Wo war er? Cole kämpfte gegen die Benommenheit an und versuchte die Augen zu öffnen. Irgendwo zwitscherte ein Vogel. Wieder sprach jemand. Eine Frauenstimme, angenehm, mit einem leichten Singsang. Er träumte. Dann hörte er Gesang. Jemand sang, aber schief.
Er konnte nicht einmal richtig träumen.
„Cole? Hallo, Cole. Aufwachen.“
Cole kämpfte gegen den Sog des Vergessens an und streckte sich nach dem Traum aus. Nach einem himmlisch süßen Blumenduft. Schmerz durchzuckte seinen Körper. Er stöhnte.
„Sie sind also am Leben. Machen Sie die Augen auf? Ich muss nämlich zur Arbeit und der Gedanke, Sie den ganzen Tag allein hier zurückzulassen, gefällt mir nicht besonders.“
Wieder nahm er den Kampf mit seinen Augenlidern auf und diesmal gewann er. Ein Engel mit braunem Haar beugte sich über ihn. Mit Rehaugen und seidigem Haar.
„Gott sei Dank. Ich dachte schon, ich hätte Sie umgebracht.“
Er befeuchtete seine Lippen. „Wo bin ich?“ Seine Kehle war trocken wie Sägemehl.
„Hier, bitte schön.“ Sie hielt ihm einen Strohhalm an die Lippen und er trank gierig. „Diesmal scheinen Sie fitter zu sein. Doc Lewis hat nach Ihnen gesehen. Sie sind ziemlich krank. Na ja, und dann habe ich Ihnen auch noch eins übergebraten.“ Eis klirrte, als sie das Glas abstellte.
Cole ließ den Kopf aufs Kissen fallen und schloss die Augen eine Sekunde lang, während er atmete, als hätte er gerade einen Boxkampf hinter sich.
„Sie haben eine Gehirnerschütterung. Tut mir leid.“ Die Frau schnitt eine Grimasse, während sie sich über seinen Kopf beugte und etwas anhob. Sie duftete nach Blumen und Sonne. Er sog den Geruch tief ein.
Jetzt runzelte sie die Stirn. „Oh, das sieht nicht gut aus.“
Er schloss einen Moment lang die Augen. „Wo bin ich noch mal?“
„Sie erinnern sich nicht? Sie sind in mein Haus eingebrochen. Das heißt, Sie hatten einen Schlüssel, und als Sie wach wurden, haben Sie gesagt, dass Sie dieses Haus gemietet haben. Ich vermute, es hat irgendein Missverständnis gegeben, sodass Sie streng genommen nicht eingebrochen sind. Und es ist auch nicht mein Haus, sondern ich habe es den Sommer über gemietet. Sie sind gewissermaßen in meinem Ferienhaus. Oder besser gesagt: im Schuppen im Garten meines Ferienhauses.
Jedenfalls heiße ich PJ McKinley. Ich weiß schon, wer Sie sind: Cole Evans. Mein Bruder hat in Ihrer Brieftasche nachgesehen. Sorry, aber er hat sich verrückt gemacht, weil ich mich um Sie kümmern wollte, also hat er Sheriff Simmons gebeten, Sie zu überprüfen – aber keine Angst, Sie sind sauber. Sonst hätte er nicht erlaubt, dass Sie hierbleiben, aber der Arzt hat gesagt, Sie seien nicht transportfähig, und Sie haben gesagt, Sie wüssten nicht, wo Sie hin sollten – können Sie sich an irgendwas davon erinnern?“
Hatte er ihre Stimme für angenehm gehalten? Sie war zu laut und redete zu viel. Cole sah sich in dem winzigen Raum um, der nur spärlich möbliert war und an jeder Wand Fenster hatte, sodass zu viel Licht hereinkam. Er stöhnte.
„Sie haben wahrscheinlich Kopfschmerzen, nicht wahr?“ Susi Sonnenschein streckte die Hand nach etwas auf dem Nachttisch aus und er hörte das Geräusch von Tabletten, die in einer Flasche zusammenschlugen. Sie ließ zwei davon in seine Hand fallen, während sie weiter über ihr Haus plauderte.
Cole hob den Kopf, um noch einen Schluck Wasser zu trinken, dann legte er ihn wieder ab und schloss die Augen. Er dachte an das Letzte zurück, woran er sich erinnerte. Dass er nach Chapel Springs in Indiana gefahren war, während sein Körper sich angefühlt hatte, als hätte er am Tag zuvor ein anstrengendes Training absolviert. Er hatte eine Matschbirne gehabt und ein flaues Gefühl im Magen.
Chapel Springs. Der Wettbewerb. Die Präsentation. Er riss die Augen auf. „Welcher Tag ist heute?“
„Mittwoch.“
Er hatte einen Tag verloren. Wo waren seine Sachen? Er versuchte sich aufzusetzen.
Doch die Frau drückte ihn mit einer Hand wieder in die Kissen. „Hey, Moment mal. Was haben Sie vor?“
Er schwang seine in Jeans gekleideten Beine über die Bettkante und spürte, wie das Zimmer sich drehte. „Wo sind meine Sachen?“
„Hören Sie, es geht Ihnen wirklich nicht gut. Sie müssen sich wieder hinlegen.“
Er sah sich im Zimmer um, bis sein Blick auf die graue Reisetasche fiel. Dann stand er auf und durchquerte mit wenigen Schritten das kleine Zimmer, während er gegen den Schwindel anblinzelte.
„Sie sollten nicht aufstehen. Schließlich haben Sie eine Gehirnerschütterung und Sie sind krank.“
Cole zog den Reißverschluss seiner Tasche auf und kramte darin, bis er die Mappe gefunden hatte. Erst jetzt beruhigte sich sein rasender Herzschlag wieder etwas. Er schwankte.
„So, das reicht. Zurück ins Bett.“ Ihre Hand legte sich um seinen Bizeps und zog vergeblich daran.
„Wie spät ist es?“
„Morgens. Es ist mein Ernst, Sie müssen wieder ins Bett.“
Widerwillig ließ er sich von ihr zum Bett ziehen. Ihre Hände fühlten sich auf seiner heißen Haut angenehm kühl an. Die Mappe hielt er fest umklammert. Er musste vor heute Abend noch eine Menge tun. Und irgendwie musste er diese Benommenheit loswerden, um klar denken zu können.
„Da drüben habe ich Ihnen etwas zu essen hingestellt. Sie haben bestimmt Hunger. Meine Mutter wird ein paarmal vorbeikommen und nach Ihnen sehen, so wie sie es gestern auch gemacht hat. Ich muss die Tür offen lassen, weil ich den Schlüssel verloren habe – eine lange Geschichte.“
Cole sank auf die dünne Matratze und blinzelte wieder, um das Schwindelgefühl zu vertreiben. Die Frau fühlte seine Stirn und sah ihn dann lange an, als wollte sie sein Geheimnis ergründen. „Ihr Fieber hat nachgelassen. Das ist gut.“
Etwas kribbelte in Coles Magen, als er ihr in die Augen sah.
„Also … ich hoffe, Sie sind so weit in Ordnung, weil ich sonst zu spät zur Arbeit komme. Es ist kein toller Job, aber alles, was ich im Moment habe, und ich darf die Stelle nicht verlieren, weil ich sonst aus dem Haus ausziehen muss. Und dann würden die anderen nie Ruhe geben …“ Der letzte Satz war eher ein Murmeln.
„Mir geht es gut.“ Oder vielmehr: Es würde ihm gut gehen, sobald er alle seine Unterlagen bereit und wieder einen klaren Kopf hatte. Und Ruhe. Das würde auch helfen.
„Okay: Wasser hier, Tabletten und Essen da drüben. Ich komme erst spät abends wieder, aber Sie können so lange bleiben, bis es Ihnen besser geht, schließlich habe ich Ihnen die Gehirnerschütterung verpasst.“
Cole lehnte sich in die Kissen zurück und wartete darauf, dass der Schwindel nachließ.
An der Tür drehte die Frau sich noch einmal um, sodass die glatten Haare über ihre Schultern flogen. Dann sah sie ihn streng an. „Bleiben Sie im Bett!“
Das würde er. Jedenfalls eine Weile. „Ja, Ma’am.“
Und dann war sie fort und mit ihr der Blumenduft und das Geplauder.
PJ schlüpfte durch die Tür von Grandmas Dachboden und sah sich in dem Antiquitätengeschäft um. Es dauerte einen Moment, bis ihre Augen sich nach dem hellen Sonnenschein draußen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Ihr Arbeitstag war wie im Flug vergangen. In Fionas Süßigkeitenladen waren viele Kunden gewesen und ihre Arme schmerzten davon, auf der Marmorplatte Fudge auszurollen.
Der vertraute Geruch alter Schätze stieg ihr in die Nase. Als Kind hatte sie viele Sommernachmittage hier verbracht und in Kleiderschränken gespielt und Dinge kaputt gemacht.
„PJ!“ Ihre Mutter durchquerte mit einem Staubwedel in der Hand den Raum und drückte PJs Arm. Mit ihren blauen Augen und ihrem gewinnenden Lächeln war Joanne McKinley nach wie vor eine schöne Frau. „Du siehst richtig geschäftsmäßig aus. Das Rot steht dir unheimlich gut.“
„Kaum zu glauben, dass es so weit ist. Ich bin schrecklich nervös.“
„Entspann dich. Diese Menschen kennen dich schon dein ganzes Leben lang.“
„Das ist es ja, wovor ich Angst habe. Sie erinnern sich daran, wie ich in meiner Windel den Mittelgang der Kirche hinuntergerannt bin, wie ich vor Lonnie Terrells Limonadenstand demonstriert habe und an tausend andere dumme Dinge.“
Ihre Mutter sah sie warmherzig an. „Du warst tatsächlich immer für eine Überraschung gut, als du noch klein warst.“
PJ zupfte an ihrem Rock herum.
„Du siehst wunderschön aus und du bist gut vorbereitet. Atme tief durch und zeig ihnen, wie sehr dein Herz dafür brennt.“
Ihr Handy verkündete mit einem leisen Pling, dass eine SMS eingegangen war. PJ blickte auf ihr Display. „Das ist Kayla. Sie wünscht mir viel Glück.“ Kayla war ihre Freundin aus dem College.
„Hast du ihr von deinem gefährlichen Eindringling erzählt?“ Die Lippen ihrer Mutter zuckten belustigt.
„Ich kann dir sagen, er ist wie eine Abrissbirne in mein Wohnzimmer gepoltert. Zu Tode erschreckt hat er mich. Wie ging es ihm heute Nachmittag?“
„Besser. Das Fieber ist nicht mehr so hoch. Und er ist ansprechbar, wie du gesagt hast. Höflich, wenn auch nicht sehr gesprächig.“
„Den Eindruck hatte ich auch.“
„Er sieht ein bisschen aus wie Tom Brady, der Quarterback der New England Patriots“, sagte ihre Mutter, „obwohl ich das nicht gerne zugebe.“
„Ich weiß.“ Schließlich waren sie hier auf dem Gebiet der Indianapolis Colts und damit verband sie automatisch eine gewisse Hassliebe mit deren Erzrivalen, den New England Patriots. PJ hielt sich die Hand vor den Mund, weil sie niesen musste. Noch ein Niesen folgte. „Super. Wahrscheinlich bekomme ich eine Erkältung. Das hat man davon, dass man einen Fremden pflegt.“ Sie nieste noch einmal.
Ihre Mutter schwenkte den Staubwedel. „Oder deine Stauballergie meldet sich wieder.“
„Oh. Stimmt, das könnte sein.“ Wieder zog PJ an ihrem Rock. „Ist der zu kurz?“
„Überhaupt nicht. Du bist einfach nur daran gewöhnt, Hosen zu tragen. Geh mit erhobenem Haupt in die Sitzung und sieh ihnen in die Augen. Du hast einen großartigen Plan für das Wishing-Haus und das werden sie erkennen.“
„Ja, aber meine Konkurrenz hat bestimmt auch tolle Pläne.“
„Du hast den Vorteil, dass es für dich ein Heimspiel ist. Mrs Simmons liebt dich und sie weiß, dass du nur das Beste für Chapel Springs willst.“
„Das stimmt.“
Ihre Mutter ging zum Eingang und drehte das Schild auf „Geschlossen“. Dann sah sie auf die Uhr. „Jetzt muss ich nach einem jungen Mann sehen und du hast ein wichtiges Bewerbungsgespräch.“ Sie öffnete die Tür.
PJ schlüpfte an ihr vorbei nach draußen. Auf dem Bürgersteig drehte sie sich noch einmal um. „Wünsch mir Glück!“
„Noch besser: Ich werde für dich beten.“
Ach ja. Das natürlich auch. „Danke, Mom.“
Denise Hunter
Denise Hunter hat bereits über 20 Romane geschrieben, die in den USA mit etlichen Preisen ausgezeichnet wurden. Neben dem Schreiben genießt sie es, mit ihrer Familie zu reisen und Schlagzeug zu spielen. Zusammen mit ihrem Mann und ihren drei Söhnen lebt sie in Indiana.
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