Stadtrat Jim Jamison unterbrach ihn und merkte an, der alte Schmuck sei doch völlig in Ordnung. Der Bürgermeister konterte mit: „Ich wette, du weißt nicht einmal, wie der alte Weihnachtsschmuck aussieht, Jim.“
Das Band lief weiter, aber außer dem kratzenden Geräusch der Kassette war nichts zu hören. Jim hatte Zeit geschunden und sich den Schweiß von der Stirn gewischt, bevor er sagte: „Es ist viel zu heiß, um über Weihnachtsschmuck nachzudenken. Du liebe Güte, es ist August. Wir sollten lieber darüber sprechen, dass Zebrastreifen aufgemalt werden müssen, bevor die Schule anfängt. Jetzt, wo die Schulen die Rassentrennung aufheben, könnten Zebrastreifen besonders wichtig sein.“
„Warum das denn, Jim? Meinst du, unsere schwarzen Jungen und Mädchen wissen nicht, wo sie über die Straße gehen sollen?“ Die Verärgerung in der Stimme des Bürgermeisters war nicht zu überhören.
David schaltete das Kassettengerät aus und las die Bemerkung, die er mitten in seine Notizen von der Sitzung geschrieben und mit dicken Strichen eingerahmt hatte. Editorial über Neuanfänge schreiben. Friedliche Neuanfänge. Die Nachricht, dass der Schulrat von Hollyhill dafür gestimmt hatte, die Rassentrennung in den Schulen aufzuheben, war vor einigen Wochen die Titelgeschichte des Banner gewesen. Im Juli hatte der Kongress das Bürgerrechtsgesetz beschlossen, deshalb war es höchste Zeit, dass Hollyhill ebenfalls in das moderne Zeitalter eintrat. Doch David vermutete, dass die Schließung der Volksschule im West End, in dem so gut wie alle schwarzen Familien in Holly County lebten, mehr damit zu tun hatte, dass das alte Schulgebäude ein neues Dach gebraucht hätte, und weniger mit dem Bürgerrechtsgesetz.
Niemand in Hollyhill erwartete irgendwelche Probleme. Der Superintendent, Aaron Boyd, hatte David erklärt, die Rassentrennung in den Schulen sei nur deshalb noch nicht früher aufgehoben worden, weil die schwarze Bevölkerung ihre Schule im West End und Mrs Rowlett nicht hatte aufgeben wollen. Sie unterrichtete dort die fünfte bis achte Klasse und es hieß, sie sei die beste Lehrerin im ganzen County. In diesem Herbst würde sie in der High School von Hollyhill Latein unterrichten. David griff nach dem Block, der für den Fall, dass ihm Ideen für Berichte und Artikel kamen, immer neben dem Telefon lag, und schrieb darauf: Francine Rowlett interviewen. Dann schaltete er seufzend den Kassettenrekorder wieder ein, um sich die weitere Diskussion anzuhören.
Jim antwortete dem Bürgermeister. Er schrie ihn zwar nicht direkt an, aber viel fehlte nicht. „Ich finde nur, dass die Sicherheit unserer Kinder Priorität haben sollte. Aller unserer Kinder! Und Zebrastreifen können dabei helfen.“
Jetzt ergriff Harry Williams das Wort. „Wir müssten die Bestimmungen des Bundesstaates kennen. Bestimmt gibt es Vorschriften, wo die Übergänge sein sollten und wie breit sie sein müssen.“ Harrys Sohn war Anwalt in Grundy, sodass er es als seine Pflicht betrachtete, auf jedes potenzielle rechtliche Problem hinzuweisen.
Bürgermeister Palmors Stimme wurde etwas lauter, als er sagte, sie sprächen schließlich von städtischen Straßen, also spiele es keine Rolle, was die Gesetzgebung des Bundesstaates besage. Hier schaltete David das Abspielgerät erneut aus. Anschließend hatte sowieso niemand mehr etwas Hörenswertes gesagt und es war nichts weiter entschieden worden. Irgendwann hatte Ramona Sims, die das Protokoll führte, hinter vorgehaltener Hand gegähnt, auf ihre Uhr geblickt und anschließend verkündet, sie müsse ihren Sohn vom Baseballtraining abholen. Sie hatte ihren Kugelschreiber klicken lassen, ihr Notizbuch zugeklappt und die Sitzung beendet.
Also versuchte David ein Editorial darüber zu schreiben, dass die Mitglieder des Stadtrats und der Bürgermeister gemeinsam zum Wohle der Stadt arbeiten sollten. Aber nachdem er sich seinen Text noch einmal durchgelesen hatte, beschloss er, dass es interessanter sein würde, der Farbe der besagten Zebrastreifen beim Trocknen zuzusehen, falls der Stadtrat sich jemals einigen würde, wo sie nun aufgemalt werden sollten. Vielleicht sollte er sein Editorial über die richtige Anbringung von Zebrastreifen schreiben. Seinen Text über „friedliche Neuanfänge“ wollte er sich bis zu dem Mittwoch aufheben, an dem die Schule wieder begann.
Dabei würde er seine Worte sorgfältig wählen müssen. Er wollte nicht die Art Zeitungsherausgeber sein, die den Stift schwang, um einen Streit vom Zaun zu brechen, nur damit sie neue Schlagzeilen hatten. In Hollyhill hatte es nie Rassenprobleme gegeben. Erst letzte Woche hatte Bürgermeister Palmor zu David gesagt, Hollyhill könne sich glücklich schätzen, solche „guten Neger zu haben, die keine Sitzblockaden und Demonstrationen veranstalten, nur um Schwierigkeiten zu machen.“
David war nicht näher auf das Thema eingegangen. Stattdessen hatte er das Gespräch darauf gelenkt, ob die Hitzewelle wohl bald enden würde oder nicht. Wenn er jetzt daran zurückdachte, kam er sich wie ein Feigling vor. Er hätte den Bürgermeister daran erinnern sollen, dass vor Gott alle Menschen gleich waren. Schon vor Jahrhunderten hatte Paulus den Galatern geschrieben: Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.
So etwas sollte David auch den Menschen von Hollyhill schreiben. Dass allen Menschen in ihrem Land gewisse unveräußerliche Rechte zugesichert wurden. Aber stattdessen füllte er die Seite mit Worten, die nichts bewirken würden, außer seine Leser einzuschläfern. David knüllte das Blatt Papier zusammen und warf es in Richtung Papierkorb. Es fiel daneben.
David starrte auf das neue, leere Blatt auf seinem Notizblock und spürte, dass seine Augen wieder schwer wurden. Wenigstens war es nicht seine Predigt für Sonntag, über der er ständig einschlief, obwohl ihm diesbezüglich auch noch eine zündende Idee fehlte. Er fühlte sich so abgestanden, wie der Redbone River ausgesehen hatte, als sie gestern Abend auf dem Weg zur Gebetsstunde daran vorbeigekommen waren und Tante Love erklärt hatte, die Hunds-tage hätten offiziell begonnen.
Es war nicht einfach, Woche für Woche neue Ideen für Editorials oder Predigten zu finden. Natürlich vertraute er Gott, was die Ideen für die Predigten betraf, aber David musste seinen Teil beisteuern, indem er betete und in der Heiligen Schrift forschte. Er konnte nicht erwarten, dass er am kommenden Sonntag auf die Kanzel von Mt. Pleasant steigen, den Mund öffnen und eine fertige Predigt hervorsprudeln würde.
Es dauerte seine Zeit, die richtige Botschaft zu formulieren, das in Worte zu fassen, was Gott ihnen sagen wollte. Es dauerte seine Zeit, Editorials zu formulieren, die mehr waren als nur Lückenfüller. Es dauerte seine Zeit, den Hollyhill Banner zu setzen, auch wenn er nur einmal in der Woche erschien. Und Zeit war etwas, das in Davids Leben rar war, seit der Tornado im Juli die Clay’s Creek Baptist Church weggefegt und Wes unter einer Eiche begraben hatte, sodass sein rechtes Bein nahezu zertrümmert war.
David verließ sich seit Jahren darauf, dass Wes die Druckerpresse in einem funktionstüchtigen Zustand hielt. Zum Glück war nichts Wesentliches kaputtgegangen, seit Wes ins Krankenhaus eingeliefert worden war. David hatte gewusst, dass Wes die Zeitungen zum Postamt brachte, von wo aus sie an die Abonnenten verteilt wurden, und zu den Lebensmittelläden, den Drogerien und dem Imbiss, wo sie zum Verkauf standen. Er hatte gewusst, dass Wes die meisten Anzeigen gestaltete und setzte. Allerdings hatte er nicht gewusst, wie viele Stunden das alles dauerte, bevor er es selbst hatte tun müssen.
Jeder Mensch hatte die gleiche Anzahl Stunden am Tag zur Verfügung, ermahnte David sich. Der Herr hatte ihm diesen Tag, den 13. August 1964, gegeben und ihm keine einzige Stunde vorenthalten. Aber in letzter Zeit reichten vierundzwanzig Stunden einfach nicht aus. Manchmal kam es David so vor, als wäre sein eigenes Leben von einem Tornado getroffen worden, bei all dem, was seit Juni geschehen war.
Es war nicht nur der Banner. Er hatte eine volle Pastorenstelle in Mt. Pleasant angenommen, nachdem die Gemeinde dort beschlossen hatte, dass sie einen Pastor einstellen konnten, der eine Exfrau in Kalifornien hatte und eine unverheiratete Tochter, die Ende September ein Baby erwartete. Bei dem Gedanken an Tabithas Baby, sein Enkelkind, musste David lächeln.
In den vergangenen zwei Wochen, nachdem die Nachricht von dem Baby die Runde gemacht hatte, waren einige Leute auf der Straße stehen geblieben, um ihm zu sagen, wie leid ihnen Tabithas „Schwierigkeiten“ täten, und zu fragen, ob sie das Kind zur Adoption freigeben wolle. Ein Baby brauche schließlich Mutter und Vater. Das sei Gottes Plan.
Aber das bedeutete nicht, dass der Herr nicht bei einem Plan B helfen konnte, wenn der erste Plan schiefging. Das hatte David am eigenen Leib erfahren. Gott hatte ihm vor vierzehn Jahren geholfen zurechtzukommen, als Adrienne es David überlassen hatte, Jocie großzuziehen.
Er erinnerte sich daran, wie er Jocie auf dem Arm gehalten hatte, nachdem Adrienne wieder in ihrem Schlafzimmer verschwunden war und die Tür hinter sich geschlossen hatte. Jocie war so winzig gewesen – beinahe zerbrechlich, da sie kaum mehr als fünf Pfund gewogen hatte – und einen Augenblick lang hatte er panische Angst gehabt. Aber dann hatte sie die Augen aufgeschlagen und ihn direkt angesehen, während ihre Lippen sich zu einem Lächeln verzogen. Es spielte keine Rolle, dass die Fachleute sagten, Neugeborene könnten gar nicht scharf sehen und lächelten nur, weil sie Blähungen hätten. Sie wüssten noch nicht, was Lächeln und was Stirnrunzeln war. David hatte das Gefühl gehabt, dass ihr Wesen sich ihm zuwandte. In diesem Augenblick hatte sie sein Herz erobert und war für immer sein Schatz geworden.
Zum Glück war sie bei dem Tornado nicht verletzt worden. David blickte auf seine Uhr. Wo war Jocie? Eigentlich hätte sie längst da sein sollen, um mit ihm zusammen Wes aus dem Krankenhaus abzuholen. Sie mussten vor drei Uhr dort sein und es war eine lange Fahrt, selbst wenn sie keinen Lastwagen vor sich hatten. Wenigstens hatten die ganzen Fahrten zum Krankenhaus David die Gelegenheit gegeben, jede Menge Zeit mit Jocie zu verbringen. Gott konnte aus allem etwas Gutes entstehen lassen.
David legte seine Notizen in eine Mappe und ließ sie auf den Stapel Papier in seinem Eingangskorb fallen. Vielleicht wartete Jocie in der Druckerei auf ihn. Sie hatte ihm geholfen, die Anzeigen zu setzen, und in den letzten Wochen praktisch jeden Tag gearbeitet, außer wenn sie Tante Love im Haushalt hatte helfen müssen. An diesem Morgen war sie zu Hause geblieben, um Tante Love zu helfen, im Wohnzimmer ein Bett für Wes herzurichten. Der Mann konnte schließlich nicht gut allein in seiner Wohnung über dem Zeitungsbüro bleiben. Er würde ja nicht einmal die Treppe hinaufkommen.
Wes konnte kaum durchs Krankenhauszimmer laufen, und das war auch kein Wunder, wenn man bedachte, wie die Stangen, die seine Knochen zusammenhielten, aus dem Gips herausragten. Allmählich sah er wirklich wie der Außerirdische vom Jupiter aus, der er manchmal vorgab zu sein.
Die Ärzte hatten vorgeschlagen, Wes solle ins Pflegeheim von Hollyhill ziehen, bis sein Bein so weit verheilt war, dass ein kleinerer Gips ausreichte, aber David konnte sich Wes nicht in einem Rollstuhl an diesem Ort vorstellen, an den alte Menschen gingen, um zu sterben. So alt oder schwach war Wes nicht. Sein Bein würde wieder heilen. Es musste einfach. David brauchte ihn, um die Arbeit beim Banner zu erledigen. Und um Jocie Jupitergeschichten zu erzählen. David wünschte sich, dass das Leben wieder normal verlief, aber vielleicht war normal nicht im Bereich des Möglichen, wenn ein Tornado das Leben durcheinandergewirbelt hatte.
Kundenstimmen
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30.09.2018claudi-1963 "Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus."
Kentucky 1964: Josie und Wes haben sich von dem schweren Tornado erholt, doch Wes der dabei schwer verletzt wurde muss wohl noch lange Zeit warten bis er wieder auf sein Motorrad steigen kann. Was aber vielleicht auch gut so ist, den
so liest er im Krankenhaus die Bibel und bleibt nach der Entlassung erst mal in der Obhut von David und seiner Familie, die ihn pflegen und versorgen. Doch dieses Jahr soll auch wieder viel Unruhe nach Hollyhill bringen, den eine neue Familie, die Hearndons zieht nach Hollyhill und möchte eine Apfelplantage errichten. Josie lernt bei einem kleinen Unfall auch gleich Noah den Sohn der Familie kennen. Doch diese Familie ist was besonderes, sie sind schwarz und Zella, Davids Hilfe beim Banner ahnt schon das es Ärger geben wird. Den in diesem Jahr wurde die Rassentrennung in den Schulen aufgehoben und Myra Hearndon ist eine Frau die sich nicht alles gefallen lässt. Während alle auf den ersehnten Regen warten, brauen sich ganz andere Wolken über Hollyhill zusammen. Aber da ist auch noch das warten auf Tabithas Baby und Davids Liebe zu Leigh auf die man sich freuen darf. Und kann Josie endlich auch Ronnie Martin vergeben, der für das damalige Unglück mitverantwortlich ist"
Meine Meinung:
Dieses Buch fängt da an wo "Der Duft von Flieder" aufgehört hat, deshalb würde ich auch jedem Leser empfehlen erst dieses Buch zu lesen. Die Autorin hat hier wieder einen wunderbaren Roman geschrieben, der mich teils sehr stark emotional berührt hat. Der Schreibstil ist sehr gut und einmal angefangen, kann man das Buch kaum mehr weglegen. Die großen Themen sind Vergebung, vergeben, Liebe, Hoffnung, aber auch Hass und Tod. Am Ende war ich so ergriffen, das auch mir die Tränen liefen, deshalb rate ich jedem die Taschentücher parat zu legen. Dieses Buch ist wie mehrere Predigten auf einmal, auch wenn es nur eine erfundene Geschichte ist, steckt so viel Wahrheit darin. Sehr gut war auch die aufgegriffene Thematik um die Aufhebung der Rassengesetze, die einen großen Raum einnahm. Ich musste mehrmals schlucken, wie heftig es zu dieser Zeit als ich 1 Jahr alt war, zu ging. Keiner sollte unter seiner Rasse, Herkunft, Geschlecht oder Hautfarbe leiden oder ausgegrenzt werden, das wird hier schön in diesem Buch behandelt. Deshalb von mir 5 von 5 Sterne für einen eindrucksvollen, christlichen Roman, der im Juni mit dem 3 Band beendet wird, auf den ich mich schon sehr freue. Wer gerne christliche Romane liest, dem kann ich diese Buchreihe nur empfehlen.
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08.08.2017Uhu1 Der zweite Teil der Triologie der Autorin Ann H. Gabhart ist wahrlich ein Garten der Hoffnung! Vergebung und Neuanfang sind möglich, das zeigt die Autorin eindrücklich auf. Die Bewohner von Hollyhill, schon im ersten Band ans Herz der Leser gewachsen, ziehen die Leser unverändert in ihren Bann. Jocie entwickelt sich vom unbeschwerten, glücklichen Mädchen zum krisenerprobten Teenager. Als wäre
es nicht genug nach dem Tornado, zieht der nächste Sturm auf... Die Ereignisse überschlagen sich und selbst der sonst so unerschütterliche Glauben von David wird hart auf die Probe gestellt. Ob Jocie ihr Lachen wiederfindet" Und David" Findet er irgendwann die Zeit Leigh seine Liebe zu gestehen und ihr den Hof zu machen"
Die Geschichte greift die Geschichte der Rassentrennung und Freiheitskämpfe auf. Die Bewohner von Hollyhill sind herausgefordert, Nächstenliebe nicht nur zu predigen, sondern auch zu leben. Auch dann, wenn es bedeutet, Opfer zu bringen und unpopuläre Meinungen zu vertreten.
Ein tiefgründiger Roman über Nächstenliebe, Vergebung und Neuanfang. Etwas ernsthafter als der erste Band, aber alles in allem wieder ein grosser Lesegenuss! Für alle, die detailreiche Romane mit Sinn und Tiefgang mögen.
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16.07.2017LEXI Eine Plantage der Hoffnung. Ein Garten der Hoffnung.
Im vorliegenden Nachfolgeband von "Der Duft von Flieder" setzt Ann H. Gabhart die Geschichte um die liebenswerte Familie Brooke aus Hollyhill fort. Obgleich David Brooke als Herausgeber der Zeitung "Hollyhill Banner" und Prediger der Baptistengemeinde Mt. Pleasant alle Hände voll zu tun hat, bietet er dennoch jedem Gemeindemitglied stets sein offenes Ohr
und seine tatkräftige Unterstützung an. Die Rückkehr seiner schwangeren Tochter Tabitha in ihr Elternhaus, die liebevolle Aufnahme und Betreuung seines schwer verletzten Freundes Wesley Green und die zunehmende Vergesslichkeit von Tante Lovella sorgen zudem dafür, dass in seinem Haushalt keine Langeweile aufkommt.
Im Zentrum dieser Erzählung steht jedoch - wie bereits im ersten Band dieser Reihe - seine quirlige, aufgeweckte jüngere Tochter Jocelyn. Josie ist stille Beobachterin, Denkerin, Fotografin für den "Banner", Tochter, Schwester, mitfühlende und aufmerksame Klassenkameradin - und quirlige Chaotin mit einer Vorliebe für ihr permanent defektes Fahrrad, ihren Hund Zeb und ihren "Jupiter-Freund" Wes, den sie wie einen leiblichen Großvater in ihr Herz geschlossen hat und innig liebt.
Die Autorin lässt ihre Leserschaft erneut in die Geschicke dieser sympathischen Familie eintauchen und an den kleinen Kümmernissen, aber auch an großen Tragödien teilhaben. Doch die Menschen in Hollyhill werden von ihrem tiefen Glauben an Gott getragen. In Zeiten der Not, der Angst und schlimmer Ereignisse erstarkt der Zusammenhalt. Ann H. Gabhart hat auch ein gewichtiges und ernstes Thema eingebracht - die Aufhebung der Rassentrennung und den Umgang der Menschen mit dieser Tatsache. Sie schreibt von den Aktivitäten eines gewalttätigen und rassistischen Geheimbundes, der besonders in den Südstaaten für Angst, Schrecken und Verheerung sorgte: des Ku-Klux-Klans. Die Autorin berichtet von den tragischen Auswirkungen des blinden Hasses, von dem Leid der Betroffenen, aber auch von jenen mutigen Menschen, die sich gegen diesen Hass wehren und schützend vor die Opfer stellen. Sie schreibt von christlicher Nächstenliebe, dem Glauben an Gott und von Vergebung.
Der einnehmende Schreibstil der Autorin hat mich bereits im ersten Band vollkommen für Ann H. Gabhart eingenommen. Der Glaube ist ein wichtiges Element in ihrer Erzählung, den sie das gesamte Buch hindurch geschickt und unaufdringlich durch Reden und Handeln ihrer Protagonisten einbringt. Ihre tief berührende Geschichte wird von den Emotionen getragen, die Figuren äußerst authentisch dargestellt. Obgleich die kleine Jocie Brooke wie bereits erwähnt die Hauptperson der Handlung darstellt, dominiert sie diese nicht, sondern fungiert eher als stete Beobachterin, friedensstiftende Vermittlerin und Erzählerin. Die Autorin hat sich mit der Darstellung ihrer Nebenfiguren mindestens ebenso viel Mühe gegeben wie mit ihrer Protagonistin, und zu meiner großen Freude trifft man auch im vorliegenden Nachfolgeband auf alle Personen aus dem Erstling "Der Duft von Flieder".
Fazit: "Ein Garten der Hoffnung" war ein wundervoller zweiter Band einer Reihe, der alle meine Erwartungen vollständig erfüllte. Es war eine herzerwärmende, bereichernde und wunderschöne Lektüre, die ich uneingeschränkt weiter empfehle. Ich freue mich bereits auf den dritten Band!
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12.05.2017Klaudia K. Der Roman "Ein Garten der Hoffnung" ist der zweite Teil einer gelungenen Trilogie von Ann H. Gabhart.
Kentucky 1964.
Nachdem das ruhige Städtchen Hollyhill von einem Tornado heimgesucht wurde kämpft Jocie mit großen Schuldgefühlen. Der alte Wes half in selbstloser Art während der Naturkatastrophe und wurde schließlich so schwer am Bein verletzt, dass er nun einen Vollgips ertragen muß. David Brooke,
Jocies Vater, beschließt ihn zu sich nach Hause zu nehmen um sich in angemessener Weise um ihn kümmern zu können. Jocie und Wes profitieren voneinander, denn schon von klein auf sah sie in ihm den Ersatzopa, den sie sich immer so sehr wünschte. Wes verlor seine Familie unter tragischen, nicht genau bekannten Umständen. So ist er glücklich in derart liebevoller Weise aufgenommen zu werden. Schon bald hört er viel über den Glauben, der in ihm langsam und stetig seine heilende Wirkung entfaltet. Ob Gott ihm die tief im Inneren seiner Seele bohrende Schuld vergibt"
Der Roman überzeugt durch viele facettenreich inszenierte Personen, deren Schicksale und Charaktereigenschaften dazu beitragen die Haupthandlung aufs Beste in Szene zu setzen. So hofft Tabitha, die Schwester von Jocie, hoch schwanger und ledig, eine kleine süße Tochter zur Welt zu bringen, während die originelle Tante Love zu jeder Lage und zu allen Situationen einen biblischen Spruch auf den Lippen hat. In die junge hübsche Leigh, die über ihre Art einen Raum zu erhellen vermag wenn sie ihn betritt und auch die traurigsten Gemüter zum Lachen bringen kann, verliebt sich langsam aber sicher David, Jocies Vater.
Die Story spielt in den Vereinigten Staaten von Amerika Mitte der 1960er Jahre - zu einer Zeit in der die Rassentrennung gerade eben offiziell abgeschafft wurde. In dieser interessanten Epoche lässt die Autorin nun eine farbige Familie in Hollyhill ankommen und eine Plantage mit Apfelbäumen errichten. Eigentlich stört dies nur wenige der Einwohner Hollyhills. Die Schwierigkeiten beginnen jedoch mit dem Hass des Klu-Klux Klans. Dieser führt auch in jener Gegend seine eigene Regie und will seine Vorstellungen einer sozialen Gesellschaft mit Gewalt verwirklichen. Was wird mit der afroamerikanischen Familie Hearndon und ihrer Apfelplantage, die sie "Garten der Hoffnung" genannt haben geschehen"
In meinen Augen ist dieser Roman ein absoluter Edelstein! Seine leichte schwungvolle Sprache ermöglicht müheloses und entspanntes Lesen. Das mehr als ansprechende Thema ist lebendig inszeniert und motiviert den Leser in die Story einzutauchen und sich von ihr von Seite zu Seite - aufs Beste unterhalten - weitertreiben zu lassen. Jocie ist ein sehr lebensfrohes Mädchen, die für ihre Mitmenschen sehr viel Liebe im Herzen trägt. Bei der Lektüre erschien es mir so, als würde diese Liebe über die lebensfrohen, zum Lächeln ermunternden Dialoge auch auf mich übergehen.
Das ernste Thema der Rassentrennung, insbesondere in der US-amerikanischen Gesellschaft wurde ausführlich und solide beleuchtet. Auch hier war für mich, wie in der übrigen Story auch, das feine Gespür der Autorin zu bemerken, wie Themen und Kommentare des Christlichen Glaubens in unaufdringlicher Weise an genau den richtigen Schlüsselszenen eingeflochten werden können, um die Aufmerksamkeit des Lesers dafür zu schärfen. Dass unser Glaube im Roman eine so große Rolle spielt, war das allerschönste Highlight für mich. Vergebung und Glaube sind von zentraler Bedeutung in diesem sehr schönen Roman.
Ich habe mich schon lange auf diesen Roman "Ein Garten der Hoffnung" gefreut. Bald erscheint der dritte Teil, der die Auflösung der Trilogie bringen wird. Ich warte schon sehnsuchtsvoll auf sein Erscheinen.
"Ein Garten der Hoffnung" ist ein bewegender Roman, der so hervorragend geschrieben ist, dass ich mich meiner ab und an kullernden Tränen nicht schämen muss. In meinen Augen ist das Werk, wie auch sein erster Teil sehr empfehlenswert.
Danke an Francke Verlag für den ergreifenden Roman und die Publikation dieser herrlichen Trilogie.
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