Lilly strahlt über das ganze Gesicht und schlägt vor: „Komm, lass uns tanzen!“ Die beiden Prinzessinnen, die seit Kurzem als Topmodels arbeiten, mischen sich lachend unter ihre tanzenden Freunde.
Plötzlich ruft jemand: „Feuer!“ Im selben Moment schrillt der Alarm los. Jemand reißt das Fenster auf und sieht nach draußen. Tatsächlich: In der Etage direkt unter den Feiernden brennt es lichterloh. Flammen schlagen aus den Fenstern im 41. Stockwerk.
„Oh nein!“, ruft Rosa entsetzt. „Wir sind verloren! Oh Lilly! Wären wir nur nicht auf diese Party gegangen!“
„Stimmt, wir sind im 42. Stockwerk. Hier kommen wir nie lebend heraus.“
„Quatsch!“, ruft plötzlich eine Stimme vom Fenster her. „Superlora hat eine besondere Lassoseilbahn dabei. Damit können wir alle auf die sichere andere Straßenseite rutschen!“
„Toll, Lora! Jetzt hast du mal wieder alles versaut!“ Wütend setzt Jule ihre Lillybarbie mitten in die Partytänzerinnen. „Wir hatten doch abgemacht, dass Prinz John die Prinzessinnen rettet!“
Jule ist meine Freundin. Lora ist auch meine Freundin. Meistens spiele ich mit Jule oder mit Lora. Manchmal versuchen wir zu dritt zu spielen. Aber fast immer kommt Streit dabei heraus. Jule versucht auf ihre Juleart zu spielen und Lora spielt auf ihre Loraart. Leider ist beides sehr verschieden.
Ich stöhne. „Vielleicht kann der Prinz ja der sein, der die Seilbahn erfunden hat“, schlage ich vor.
„Fallschirm ginge auch!“, meint Lora.
„Ganz klar, der Prinz hat zufällig ein paar Fallschirme in seinem Kleiderschrank rumliegen!“, sagt Jule ironisch. „Dann lieber die Seilbahn. Die macht er aus Betttüchern … vielleicht.“
„Ja!“, ruft Lora begeistert. „Bis zum Dach vom Nachbarhaus!“
„Okay …“, lenkt Jule ein. „Aber wie kann er die da festmachen?“
„Deshalb ist es ja eine Lassoseilbahn“, erklärt Lora. „Er wirft das Seil wie ein Lasso aus dem Fenster und dann bleibt es am Dach vom Nachbarhaus hängen und fertig.“
„Gut“, sage ich schnell, damit es nicht schon wieder Streit gibt.
„Ich bau die Seilbahn“, erklärt Lora. „Darf ich die Wolle hier nehmen?“ Sie hält ein Knäuel mit blauer Wolle in die Luft, mit der ich versucht habe zu häkeln. „Meinetwegen.“ Ich zucke mit den Schultern.
Die Barbiefeier findet auf meinem Bett statt. Deshalb hatte ich gedacht, dass wir die Barbies von meinem Bett auf den Boden abseilen, aber Lora hat scheinbar einen anderen Plan. Sie öffnet das Fenster, knotet das eine Wollfadenende an den Fenstergriff und wirft das Knäuel in unseren Garten hinunter. Dann rennt sie aus dem Zimmer und die Treppe hinunter.
„Sie ist schon ein bisschen verrückt …“, sagt Jule, als Lora gegangen ist.
„Weiß ich …“, sage ich. Aber genau das ist es, was ich an Lora so lustig finde. Jedenfalls wird es mit ihr nie langweilig.
Jetzt steht sie im Garten und ruft, dass wir zum Fenster kommen sollen. Wir laufen beide hin und sehen Lora am Gartenzaun stehen. Sie hat die Wolle am Zaun festgeknotet und zeigt uns begeistert Daumen hoch. „Ich komm wieder rein!“, ruft sie. „Dann kann die Rettungsaktion beginnen!“
Drinnen binden wir Rosa und Lilly an den Prinzen. Den Prinzen binden wir an den Wollfaden, damit es so aussieht, als hielte er sich mit den Händen am Seil fest. Dann lassen wir ihn am Seil aus meinem Fenster über unsere ganze Wiese bis an den Gartenzaun rutschen. Jedenfalls war das der Plan, aber auf halber Strecke bleibt Prinz John mit meinen beiden Lieblingsbarbies plötzlich hängen.
„Oh nein!“, ruft Lora, „Prinz John hängt mitten über der größten Straße von ganz New York und kann sich gleich nicht länger halten! Er braucht Hilfe! Hoffentlich gibt es jemanden, der helfen kann …“
„Nicht schon wieder Superlora!“, ruft Jule.
„Doch!“ sagt Lora bestimmt.
Und ich muss schrecklich lachen.
„Mann, mit euch kann man einfach nicht normal spielen!“, beschwert sich Jule.
„Es liegt doch gar nicht an uns! Es liegt an Prinz John. Er ist doch stecken geblieben!“, verteidige ich Lora und mich. Jetzt lachen Lora und ich zusammen. Jule guckt noch kurz beleidigt, aber dann lacht sie mit.
Draußen herrscht ein ganz feiner Nieselregen. Prinz John und meine Prinzessinnen hängen mitten über unserer Gartenwiese, die seit Kurzem endlich nicht mehr braun, sondern grün ist, wie es sich für eine richtige Wiese gehört.
„Hey John, rutsch weiter!“, ruft Lora dem Barbieprinzen zu und schüttelt an der Wolle. Der Prinz rutscht nicht weiter. Stattdessen reißt die Wolle und der Prinz fällt mit seinen Begleiterinnen mitten ins Erdbeerbeet. Das ist der einzige Ort in unserem Garten, wo kein Gras ist, sondern nur Erde. Und die ist bei dem Wetter natürlich richtig nass. Na toll!
Später beim Abendessen beschwert sich Mama über die Wolle am Zaun.
„Die machst du bitte gleich noch ab, Mia!“, sagt sie.
Ich nicke und damit ist das Thema zum Glück erledigt.
„Nebenan wird verkauft“, sagt Papa.
„Das hab ich mir gedacht. Die haben doch kürzlich schon die Möbel rausgeräumt“, erwidert Mama. Sie hat sich ein Tragetuch umgebunden, in dem meine Schwester Lilly schläft.
„Bei Frau Stein?“, frage ich entsetzt.
Mama nickt.
„Ich dachte, sie kommt bald wieder!“, rufe ich.
Mama schüttelt den Kopf und sieht mich mitleidig an. Sie weiß ja, dass Frau Stein, unsere alte Nachbarin, meine Freundin ist und dass ich immer gern zu ihr gegangen bin.
Ich stehe auf und gehe in den Garten, um die Wolle vom Gartenzaun abzureißen. Jetzt kann ich nichts mehr essen. Nebenan wird verkauft, hat Papa gesagt. Nebenan wird verkauft heißt: Frau Stein kommt nie wieder zurück. Ich gucke zu ihrem Haus hinüber und spüre dieses schreckliche Loch in mir. Sie war die beste Nachbarin der Welt, und dass sie nicht wiederkommt, ist die allerschrecklichste Nachricht der Welt.
Draußen nieselt es noch immer, aber das ist gut. Weil es so ein schreckliches Weinwetter ist, das genau zu meiner Traurigkeit passt.
Kundenstimmen
Eine Echtheits-Überprüfung der Bewertungen hat vor deren Veröffentlichung nicht stattgefunden. Die Bewertungen könnten von Verbrauchern stammen, die die Ware oder Dienstleistung gar nicht erworben oder genutzt haben.
15.06.2016ElasBookinette Mia hat nun zwei beste Freundinnen - Jule und Lora. Obwohl es manchmal schwierig für sie ist, mit beiden gleichzeitig befreundet zu sein, freuen sich alle auf die bevorstehende Klassenfahrt und planen schon eifrig Mitternachtspartys, die Zimmeraufteilung und viele Streiche. Als es allerdings nicht die vorhergesehene Zimmeraufteilung gibt, scheint auch alles andere nicht wie geplant zu laufen.
"Mia und
was wirklich zählt" ist bereits der zweite Teil, den die Autorin Martina Groß mit dem Mädchen Mia als Hauptfigur geschrieben hat. Den ersten Teil haben wir bereits als Hörbuch und meiner Meinung nach ist es auch besser, wenn man diesen bereits kennt. Denn so hat man doch einiges an Vorwissen über z.B. die Freundschaft zwischen Mia und Lore oder auch die ehemalige Nachbarin Frau Stein, mit dem das Lesen einfach mehr Spass macht. Sicherlich kommt man auch so gut mit dem zweiten Teil zurecht, allerdings waren wir froh, den ersten Band bereits zu kennen.
Auch hier geht es wieder um Themen wie Freundschaft, Zusammenhalt oder auch den Glauben, der immer wieder mit in die Geschichte eingebracht ist. In einer altersgerechten Weise gelingt es der Autorin meiner Meinung nach hervorragend, all diese Themen in eine für Kinder lesenswerte Geschichte zu verpacken, egal ob die Kinder das Buch nun selbst lesen oder vielleicht sogar gemeinschaftlich vorgelesen wird.
Jedes einzelne Kapitel wird mit einer schwarz-weiß Illustration begonnen und zusammen mit der Überschrift hat man so schon eine kleine Vorahnung, was denn vielleicht im Folgenden passieren könnte. Auch das Cover wirkt einladend und spricht sicherlich genau die richtige Zielgruppe der jungen Leser-/innen an.
Empfohlen für Kinder ab 7 Jahren, erschienen im Francke-Verlag.
› mehr...