Aber Amelia wagte es nicht, eine Pause einzulegen.
Außerhalb der Steinmauern von Winterwood Manor prasselte ein erbarmungsloser Eisregen auf die Erde nieder und wurde von Windböen, die über das Moor wehten, kräftig angepeitscht. Vor nicht allzu langer Zeit hatte dieser Wind beruhigende Schlaflieder gesummt. Jetzt, im grauen Licht der Morgendämmerung, klang sein klagendes Heulen wie ein flüsterndes, Unheil verkündendes Omen.
Aus einem anderen Zimmer auf dem langen Korridor hallte das Weinen eines Säuglings durch Winterwoods alte Gemäuer. Wenigstens das Neugeborene würde sich von dem Grauen der letzten drei Tage erholen. Katherine hingegen würde den nächsten Sonnenaufgang wahrscheinlich nicht mehr erleben.
Amelia rieb sich die Stirn und sehnte sich danach, die Erinnerungen an die Entbindung, die schrecklich verlaufen war, auszulöschen. Besorgte Stunden waren in Tage des Grauens übergegangen, und jetzt wurde der Atem ihrer bewusstlosen Freundin immer schwächer. Jeder mühsame Atemzug verriet, dass es vielleicht ihr letzter sein könnte.
Das tanzende Flammenlicht warf Schatten auf Katherines aschfahle Wangen. Schweiß lief an ihrem Hals hinab. Feuerrote Locken klebten auf ihrer feuchten Stirn. Amelia tauchte ein Tuch in eine Schüssel und ließ kühles Wasser über die fiebrig glühende Haut ihrer Freundin rieseln. Als das Wasser sie berührte, zuckten Katherines Augenlider. Hoffnungsvoll zog Amelia die Hand zurück und sank neben dem Bett auf die Knie.
„Katherine!“ Amelia umklammerte den Arm ihrer Freundin. „Katherine, hörst du mich?“
Ein Stöhnen kam über Katherines rissige Lippen, dem ein schwacher Husten folgte. „Wo ist der Brief?“ Ihre Stimme klang trocken. Heiser.
Traurig deutete Amelia mit dem Kopf zu dem Brief auf dem Schreibtisch hinüber. „Dort liegt er.“
„Versprich mir, dass du ihn ihm geben wirst.“
„Natürlich.“
„Mein Kind. Lucy.“ Katherines schwaches Flüstern erstickte, da ein Schluchzen ihr die Kehle zuschnürte. „Bitte lass sie nicht allein. Du bist bald alles, was sie hat.“
Ein erdrückender Schmerz erfüllte Amelia, der sich tief in ihr Herz bohrte und ihren Brustkorb zusammenschnürte. Sie streichelte Katherines feuchte Hand. „Ich gebe dir mein Wort.“
Katherine atmete langsam aus und schloss die Augen.
Die Luft wurde dünner. Das erstickende Grauen des Todes schlich sich ins Zimmer. Der Tod blieb im Schatten stehen und machte sich wie ein ungebetener Gast breit. Er beobachtete sie. Er wartete.
Amelia zitterte. Sie ließ Katherines Hand los und ballte ihre eigenen Hände zu verkrampften Fäusten, um ihr Zittern einzudämmen. Wie konnte Gott das zulassen? Wie konnte er es wagen, ihr schon wieder einen Menschen wegzunehmen, den sie liebte? Wenn sie glauben würde, dass ein Gebet helfen könnte, würde sie verzweifelt zu Gott rufen. Aber sie hatte den Schatten des Todes schon zu oft gesehen. Gebet hatte noch keinem Menschen, den sie liebte, das Leben gerettet. Sie machte sich keine Illusionen, dass es dieses Mal anders wäre.
Amelia schluckte den Kloß in ihrer Kehle hinunter und begann, einen Psalm zu rezitieren. Katherine würde in diesen Worten Trost finden, auch wenn sie selbst nichts Tröstliches darin entdecken konnte. „Der Herr ist mein Hirte“, begann sie. „Nichts wird mir fehlen.“
Mit geschlossenen Augen bewegte Katherine ihre aufgesprungenen Lippen und flüsterte langsam und stockend mit. „Er weidet mich auf saftigen Wiesen und führt mich zum frischen …“
Katherines Stimme brach. Ihre mühsamen Atemzüge wurden von einem flachen Keuchen abgelöst. Dann atmete sie nicht mehr.
Amelia schaute wie erstarrt den leblosen Körper vor sich an. Ihre Glieder zitterten, dann wurden sie wie taub. Fassungslos blieb sie wie angewurzelt sitzen und konnte sich nicht bewegen. Sie hatte keine Tränen mehr.
Das Weinen eines Säuglings durchdrang die unheimliche Stille des Todes und riss sie aus ihrem Trancezustand. Mit vorsichtigen, ehrfurchtsvollen Bewegungen drückte Amelia die Lippen auf Katherines Stirn und zog dann das Leinentuch über das blasse Gesicht ihrer Freundin.
Deine Güte und Liebe werden mich begleiten mein Leben lang; in deinem Haus darf ich für immer bleiben.
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08.11.2015LEXI Manchmal geschehen Dinge, die nicht in unserer Hand liegen
Der Lebensweg der jungen Erbin von Winterwood Manor scheint bereits fest vorgegeben zu sein. Die attraktive und intelligente Amelia Jane Barrett mit den leuchtenden saphierblauen Augen und den goldblonden Locken steht nach dem Tod ihrer Eltern noch unter der Vormundschaft ihres Onkels George, der die Verlobung seiner Nichte mit dem attraktiven
Edward Littleton arrangiert hat. Der charmante junge Mann scheint Amelia allem Anschein nach liebevoll zugetan, doch bereits in der Verlobungszeit bröckelt seine Fassade und es zeigt sich eine egoistische, skrupellose und durchaus berechnende Seite an dem ehrgeizigen Verehrer. Als er seine Weigerung kundtut, das mutterlose Kind von Amelias Freundin nach der Vermählung weiterhin unter dem Dach von Winterwood Manor wohnen zu lassen, begehrt seine junge Braut auf. Sie hatte Katherine Sterling auf deren Sterbebett versprochen, sich zeitlebens um die kleine Lucy zu kümmern. Das süße Mädchen mit den kupferfarbenen Locken und den großen braunen Augen, die ihrer Mutter so sehr ähnelte, war ihr in den vergangenen neun Monaten bereits wie eine eigene Tochter ans Herz gewachsen. Als der Marinekapitän Graham Canton Sterling Amelia bei einem Landurlaub aufsucht, um seine Tochter zum ersten Mal in die Arme zu schließen, erwartet die lebhafte Erbin ihn mit einem abenteuerlichen Plan und unterbreitet ihm ein verwegenes Angebot?
Ich denke, ich ging mit den richtigen Erwartungen an dieses Buch heran. Das Coverfoto und der Klappentext versprachen einen historischen Liebesroman und der Inhalt hat mich diesbezüglich auch nicht enttäuscht. Zwar handelt es sich bei den Protagonisten um klischeebehaftete ?junge, schöne, vermögende, erfolgreiche und äußerst charakterstarke Menschen?, dennoch konnte ich mich dem Zauber von Sarah Ladds Schreibstil nicht entziehen.
Es kämpfte Gut gegen Böse, wobei der Einsatz der Protagonisten in Form von klugen Schachzügen und Hartnäckigkeit sowie einer großen Portion des Glaubens an Gott und dessen hilfreichem Eingreifen letztendlich von Erfolg gekrönt wurde. Sarah Ladd brachte durch den Bösewicht des Buches einen beträchtlichen Spannungsfaktor ins Buch, der sich bis zum Ende hin noch gehörig steigerte und mich als Leser regelrecht mitfiebern ließ. Hierbei kam jedoch keinesfalls die Romantik zu kurz ? und besonders Liebhaber historischer Romane, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts spielen, werden hierbei voll auf ihre Kosten kommen.
Fazit: Ein romantisches Liebesmärchen mit intriganten Verwicklungen und ungewöhnlich hohem Spannungsfaktor und einer Protagonistin, die zwar versucht, ihr Leben soweit wie möglich in ihre eigenen Hände zu nehmen, hierbei aber dennoch stets auf Gottes Plan für ihr Leben vertraut und letztendlich einsieht, dass seine Wege die besten sind.
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03.11.2015Danny Amelia wusste, was sie zu tun hatte. Sie wusste es, seit Kapitän Graham Sterling nach Eastmore Hall zurückgekehrt war. Ihr Plan würde aufgehen. Er musste einfach aufgehen. Sie hatte ihn von allen Seiten beleuchtet und jeden Einwand berücksichtigt und hatte im Geiste ihre Argumente aufgeführt. Jetzt musste sie nur noch den Kapitän von ihrem Plan überzeugen.
* * *
England,
1814
Nach dem Tod ihrer Freundin übernimmt die junge Erbin des Anwesens Winterwood, Amelia Barrett, die Fürsorge der kleinen Lucy. Sie schließt das Kind in ihr Herz und liebt sie wie eine eigene Tochter.
Doch Amelia steht kurz vor der Hochzeit mit Edward Littleton. Zunehmend abgestoßen von seiner Hartherzigkeit und seiner scheinbaren Gier nach ihrem Erbe, sucht sie verzweifelt nach einem Weg, wie sie weiter für die kleine Lucy sorgen kann. Ein idealer Plan wäre, Lucys Vater, dem Kapitän Graham Sterling, den Vorschlag zu unterbreiten sie zu heiraten...
* * *
"Die Erbin von Winterwood" ist ein unterhaltsamer christlicher Liebesroman aus dem Francke-Verlag und das erste in Deutschland veröffentlichte Werk von Sarah Ladd.
Schauplatz ist das England des frühen 19. Jahrhunderts. Gekonnt setzt Ladd ihre Schauplätze und Charaktere in Szene und entführt ihren Leser so in die Vergangenheit.
Auch wenn die Liebesgeschichte zwischen den Protagonisten Amelia und Graham deutlich im Vordergrund steht, so schafft es Ladd doch auch ausgezeichnet, den christlichen Gedanken und die christliche Botschaft stets präsent zu halten. Bei beiden Protagonisten spürt man die Verbundenheit mit Gott und ihre Hinwendung zum Gebet.
Ohne in Sentimentalitäten abzudriften, erzählt Ladd, wie sich Amelia und Graham einander finden. Es ist eine zarte und leise Liebe.
Gespickt wird diese mit einer spannungsgeladenen Rahmenhandlung, die den Leser ab der zweiten Hälfte des Buches in Atem hält.
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25.10.2015Dreamworx England 1814. Noch am Sterbebett verspricht Amelia Barrett, Erbin von Winterwood Manor, ihrer Freundin Kathrine, sich immer um deren neugeborene Tochter Lucy zu kümmern. Doch Amelia sitzt in einer Zwickmühle. Sie kann ihr Erbe erst antreten, wenn sie verheiratet ist. Amelia ist zwar mit Edward Littleton verlobt, aber immer mehr zweifelt sie an seinen wahren Beweggründen für die Heirat,
zumal Edward Lucy nach der Hochzeit nicht mehr im Haus haben möchte. Da sich Amelia an das Versprechen zu ihrer Freundin gebunden fühlt und auch Lucy inzwischen wie eine eigene Tochter liebt, sucht sie verzweifelt nach einer Lösung. Deshalb wendet sie sich an Kathrines Ehemann Kapitän Graham Sterling, als der nach langer Seereise seine Tochter Lucy zum ersten Mal sieht und macht ihm einen Heiratsantrag. Doch Edward Littleton will sich nicht so ohne weiteres geschlagen geben und legt Amelia jede Menge Steine in den Weg. Wird sich Amelia gegen Edward wehren können und das Leben führen dürfen, dass sie sich wünscht? Wie wird Graham auf den Heiratsantrag reagieren?
Sarah Ladd hat mit ihrem Debüt ?Die Erbin von Winterwood? einen wunderbaren und spannenden historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist sehr eingängig und bringt den Leser bereits mit den ersten Seiten in ein vergangenes Jahrhundert, wo die Umgangsformen, die Lebensweise und die gesellschaftlichen Regeln sich noch sehr von den gegenwärtlichen unterschieden und den Frauen noch nicht so viel Mitspracherecht zugestanden wurde. Die Spannung wird langsam aufgebaut und nimmt während der Handlung immer mehr an Fahrt auf. Die Charaktere sind interessant und vielschichtig gezeichnet, nicht immer ist gleich ersichtlich, wer zu den Guten oder zu den Bösen gehört. Amelia ist eine sympathische Protagonistin, die ihren eigenen Kopf besitzt, doch oftmals hat sich Bedenken, diesen auch durchzusetzen. Sie wirkt manchmal etwas verunsichert, doch innerhalb der Handlung wächst ihr Selbstbewusstsein immer mehr. Amelia hat ein gutes Herz, Empathie für ihre Mitmenschen und eine gute Intuition. Sie möchte ihr Leben selbst bestimmen und für die Menschen da sein, die sie liebt. Edward ist ein selbstsüchtiger, selbstverliebter Gockel, der skrupellos seinen eigenen Wünschen nachgeht und sich keine Gedanken über die Bedürfnisse anderer macht. Amelias Cousine Helena ist schwer zu durchschauen, ihre Gedanken kreisen um ihre eigene Zukunft und die Möglichkeiten, die sie in der Gesellschaft haben wird. Graham ist ein Mann von Ehre, der seiner verstorbenen Frau sehr verbunden war und sich um die Zukunft seiner Tochter sorgt. Er ist verantwortungsbewusst und steht Ungerechtigkeit, Gewalt und Verrat sehr streng gegenüber. Auch die Nebenprotagonisten sind mit ihrem Verhalten eine wunderbare Ergänzung innerhalb der Handlung und geben dem Leser einen guten Einblick in die gesellschaftliche Situation des damaligen Jahrhunderts.
Die immer wieder in die Geschichte eingebrachten christlichen Psalmen und Gebete passen wunderbar zu der jeweiligen Situation, sind aber auch eine Bereicherung für den Leser, der diese christlichen Botschaften für sich selbst ebenfalls anwenden kann. Hauptsächlich geht es in diesem Roman um Gottvertrauen, das sowohl Amelia als auch Graham zeitweise fehlt und das sie sich durch ihre Gebete erhoffen.
?Die Erbin von Winterwood? ist ein sehr unterhaltsamer und spannender Roman, der allen gefallen dürfte, die historische Romane lieben und sich von einer schönen Liebesgeschichte verzaubern lassen wollen. Absolute Leseempfehlung für ein gelungenes Debüt.
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18.10.2015Klaudia K. Die Handlung des Romans spielt im England des 19. Jahrhunderts.
Amelia Barrett soll Edward Littleton heiraten, um ihr Erbe Winterwood Manor übernehmen zu können.
In der damaligen Zeit war es üblich, dass für die Damen einer Familie entsprechende Herren der Gesellschaft für eine standesgemäße Ehe bestimmt wurden. So hat auch der Onkel diesen jungen Mann für sie gewählt. Amelia empfindet jedoch
nichts für Edward, zumal er ihre kleine Adoptivtochter Lucy nicht akzeptieren möchte. Lucy ist das Kind ihrer verstorbenen Freundin Katherine, der sie auf dem Sterbebett versprach, sich um das Kleine zu kümmern. Der Vater des Kindes, Kapitän Graham Sterling fährt regelmäßig zur See und kann sein Kind nicht mit auf die gefährlichen Reisen nehmen und ist glücklich, dass sich Amelia um seine Tochter kümmern würde. So gab sich Amelia treu und mit liebevoller Hingabe Ihrer Aufgabe als Pflegemutter hin. Der für Amelia bestimmte Heiratskanditat lehnt es jedoch ab, dass Amelia sich in einer Ehe weiter um Lucy kümmern dürfe. So schlägt Amelia dem Vater des Kindes, Kapitän Sterling, ein Geschäft vor, um Lucy nicht zu verlieren. Mit dem geplanten Arragement könnte Kapitän Sterling wieder ruhig in See stechen und wüsste seine Tochter gut versorgt.
Doch ist die Idee, insbesondere in der Zeit des 19. Jahrhunderts, alles andere als leicht in die Tat umzusetzen.
In meinen Augen ist der Debütroman von Sarah Ladd hervorragend gelungen und überzeugt in einer emotional sehr spannenden Story. Die miteinander agierenden Charaktere sind sehr gut inszeniert und brillieren durch die ganz offensichtliche Liebe der Autorin, die menschlichen Wesenszüge ihrer Romanfiguren detailliert und authentisch zu modellieren.
So haben wir mit diesem Roman eine wundervolle und interessante Beschreibung der damaligen Zeit vor uns. Die Lektüre ermöglicht eine mühelose und eindrucksvolle Reise in die Zeit des England im 19.Jahrhundert.
An vielen Stellen des Werkes lassen sich in emotional fesselnder Stimmung die christlichen Botschaften hinter der Handlung klar erkennen. Ganz besonders gelungen fand ich hierbei, dass die Autorin sehr geschickt die Umgangsformen einer Gesellschaft des 19. Jahrhunderts wählte, um diese Botschaften noch deutlicher und eindringlicher hervortreten zu lassen. Dies erfordert eine außerordentlich präzise Recherchearbeit, damit die Authentizität nicht in ein Klischee abgleitet. Genau dieser erstklassigen Recherche der Autorin ist es zu verdanken, dass der Roman einen so ausgewogenen und soliden Rahmen für die Handlung und damit letztendlich darin aufleuchtenden christlichen Botschaften geschaffen hat. Kein Wunder, dass mich die Lektüre von der ersten bis zur letzten Seite fesselte. Einmal mit dem Lesen begonnnen, konnte ich das Buch nur schwer zur Seite legen. Wie auf einem starken Fluß treibend, führte mich die spannende Handlung bis zum Ende mit sich.
Für mich ist es daher kein Wunder, dass die Autorin mit diesem Roman den ACFW Genesis Award für historische Romantik gewann.
Ich freue mich schon heute auf einen neuen Roman von Sarah Ladd.
So möchte ich mich sehr herzlich bei Francke Verlag für die Publikation dieses schönen Buches bedanken.
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